Halbwahrheiten?
Ziesemann schrieb:
… ideologische Borniertheit.
merkt man vor allem an den anderen. Ein Mensch mit ein ganz klein wenig Selbstkritik argumentiert daher nicht damit, wohl wissend, …
Aber argumentieren wir über Halbwahrheiten, Unwahrheiten oder Unwissenheit weiter: „Turnvater“ Jahn, einer der Mitbegründer der Urburschenschaft war aus historischer Sicht nicht gerade als Philosemit bekannt. Einschluss aller Deutschstämmigen (Volks-, Vaterlands- und Einheitsbegriff) und Ausschluss allen Fremden (damals vor allem „Welsche“, Franzosen und Juden (so sie sich nicht völlig assimiliert hatten; - klingt mir vom heutigen Diskurs her wieder unheimlich vertraut). 1818 war die christlich-deutsche Ausbildung Grundbedingung für die Mitgliedschaft. Da Juden kein Vaterland habe und für unseres kein Interesse haben können, beschloss der Dresdener Burschentag 1920 keine Juden aufzunehmen.
Es stimmt, zwischendurch setzte sich auch so was wie Aufklärung durch, sodass zu einigen Verbindungen auch Juden Zutritt hatten, zu einzelnen sogar ohne! getauft zu sein. – Na klar kommt jetzt das große
ABER!: Ab 1880 setzte die radikale Säuberung ein und ein Wettlauf um die „Judenreinheit“ begann. Der Kyffhäuserverband schloss auch schon alle Menschen jüdischer Herkunft aus, auch wenn sie noch so gründlich getauft waren!
Viele Juden bildeten dann ihre eigenen schlagenden „Burschenschaften“ um dem „Feigheitsvorwurf“ zu entgehen und um auf antisemitische Äußerungen reagieren zu können. So manches Säbel und Pistolenduell endete tödlich, auf einer der beiden Seiten. Es wird wohl seinen Grund gehabt haben, warum in den Waidhofener Beschlüssen jedes Duell mit Juden untersagt wurde, weil sie nicht satisfaktionsfähig, also "jeder Ehre bar seien“. Dann ging der erste Weltkrieg auch vorbei mit einem überhohen Blutzoll an vaterlandstreuen und -liebenden Juden Deutschlands und mehr noch Österreichs.
Der Weimarer Republik gönnten sie nicht die Farben schwarz-rot-gold, (die wollten sie als Burschenschaftsfarben haben) sondern verlangten schwarz-weiß-rot und „Vaterländisches Völkisches Denken“ wurde zum Kernbegriff. Bereits 1920 musste jeder Burschenschafter frei von jedem jüdischem und farbigem Blute sein. (Also reiner Rassenantisemitismus und Rassismus noch vor „Mein Kampf“!) Selbst mit einem rassisch unwürdigen Menschen verheiratet zu sein führte zum Ausschluss aus der Verbindung!
Wohl waren wieder einige wenige (besonders erwähnt seien der Völkerrechtler Hans Wehberg und der Historiker Friedrich Meineke erwähnt) gegen dieses gesunde Volksempfinden, aber das Verhältnis stand 100 zu 15.000 für letzteres.
Und wieder „Ehre Freiheit, Vaterland“; - auch wenn zwischendurch nach dem 2. Weltkrieg antisemitistische Äußerungen nicht erwünscht waren, so ist doch wieder die Mitgliedschaft bei der NDP mit der „deutschen Burschenschaft“ vereinbar. Antisemitische Äußerungen haben kaum , sonstige rassitische überhaupt keine Folgen mehr.
Ich verstehe daher vollständig, dass ein gewisser Ziesemann sich aufregt über:
… eine Mischung aus Unwahrheiten, Halbwahrheiten und …
die ideologische Borniertheit hatten wir ja schon besprochen.
Ich wünsche ihm schöne Ferien! Bis zur Rente wird er wohl noch einige Zeit arbeiten müssen.
diethelm