AW: Sarrazin Doktrin - eine Rezension
Hallo Timirjasevez.
Der Begriff der U-Boot Christen (die nur zwei mal im Jahr auftauchen: Weihnachten und – wenn überhaupt – Ostern) ist ja fast ein stehender Begriff.
Ich meine, dass die konfessionelle Bindung insgesamt abnimmt und selbst gläubige Christen glauben heute noch in den seltensten Fällen den Mythos in seiner Wortwörtlichkeit.
Zugleich nimmt m.E. eine allgemeine nicht konfessionell gebundene Spiritualität zu, die aber in einem sehr schillernden postmodernen Gewand daherkommt und manchmal recht egozentrische Züge hat, also mit klassischer (soziozentrischer) Religiosität wenig gemein hat.
Ich denke man trifft bei einem modernen Terrorismus auf eine seltsame Mischung. Man benutzt die Erkenntnisse und technischen Errungenschaften der westlichen Wertegemeinschaft, verachtet sie aber gleichzeitig und bleibt seinem Traditionalismus verhaftet.
Die Gründe sind hier vermutlich vielschichtig.
Kennst Du Heinsohns youth bulge These?
Kurz gesagt: In vielen Ländern mit Geburtenüberschuss, gibt es keine definierten sozialen Rollen, für die zweiten, dritten und nachfolgenden Söhne. Aber auch die wollen was aus ihrem Leben machen und suchen nun nach Abenteuern, die sich im kritischen Alter von 15 bis 30 häufig in Gewalt entladen (Kriege, Bürgerkriege). Dabei gibt es natürlich Faktoren, die die Gewaltbereitschaft entschärfen. Die passende Ideologie wird nachgeliefert, ist nach Heinsohn aber nicht unsächlich verantwortlich, noch der ärgste Hetzer braucht die Massen, die ihm folgen. Das würde den Islam als gewalttätige Religion entlasten und Heinsohn zufolge hat Huntington seine eigene These aus dem Kampf der Kulturen, vom aggressiven Islam der überall im Clinch liegt zurückgenommen, zugunsten der youth bulge These. Ich habe das mal bei Huntington nachgeblättert und es stimmt, das Problem war, das Buch war schon im Druck und die Revision wurde auf Seite 400schlagmichtot irgendwo reingestellt, ohne das an die große Glocke zu hängen.
"Ein letzter und der wichtigste Punkt: Die Bevölkerungsexplosion in muslimischen Gesellschaften und das riesige Reservoir an oft bechäftigungslosen Männern zwischen 15 und 30 sind eine natürliche Quelle der Instabilität und der Gewalt innerhalb des Islam und gegen Nichtmuslime. Welche anderen Gründe auch sonst noch mitspielen mögen, dieser Faktor allein erklärt zu einem großen Teil die muslimische Gewalt der achtziger und neunziger Jahre. (Huntington, Kampf der Kulturen,
Europa Verlag Hamburg 1996, S. 433)
“Contributors to the development of youth bulge theory include French sociologist Gaston Bouthoul,[1] U.S. Sociologist Jack A. Goldstone,[2] U.S. Political Scientist Gary Fuller,[3][4][5] and German sociologist Gunnar Heinsohn.[6] Samuel Huntington has modified his Clash of Civilizations theory by using youth bulge theory as its foundation:
"I don’t think Islam is any more violent than any other religions, and I suspect if you added it all up, more people have been slaughtered by Christians over the centuries than by Muslims. But the key factor is the demographic factor. Generally speaking, the people who go out and kill other people are males between the ages of 16 and 30".[7]”
(Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Warfare)
Andere sehen jedoch die Geschichte islamischer Kultur als eine argwöhnische an, die eigene Versäumnisse gerne auf äußere Feinde projiziert, es wird von allem etwas sein, aber die youth bulge These scheint mit eine starke zu sein.
Hier halte ich Wilbers Erklärung für diskutabel:
http://www.kenwilber.de/downloads/interrorismus.pdf
Hallo Timirjasevez.
Zitat von Pirroge
Deutschland.
Über die Zugehörigkeit zu den Konfessionen hinaus, ist ja nun wahrlich nicht jeder, der noch in der Kirche ist, ein gläubiger Christ, dessen Alltag durch seine Religion geprägt ist.
Hallo Pirroge,
das kitzelt mir aber den Bauch, dieses zu lesen.
Genau mit dieser Meinung bin ich an anderer Stelle schwer aufgelaufen, man schlug mir Konfessionsstatistiken, das deutsche Grundgesetz und (alles bildlich, bildlich, lieber moebius! ) Angela Merkel um die Ohren.
Aber meine Beobachtungen und Alltagserfahrungen sagen mir, dass unser säkularisierter Staat auch ein weitestgehend atheistisches Land ist.
Der Begriff der U-Boot Christen (die nur zwei mal im Jahr auftauchen: Weihnachten und – wenn überhaupt – Ostern) ist ja fast ein stehender Begriff.
Ich meine, dass die konfessionelle Bindung insgesamt abnimmt und selbst gläubige Christen glauben heute noch in den seltensten Fällen den Mythos in seiner Wortwörtlichkeit.
Zugleich nimmt m.E. eine allgemeine nicht konfessionell gebundene Spiritualität zu, die aber in einem sehr schillernden postmodernen Gewand daherkommt und manchmal recht egozentrische Züge hat, also mit klassischer (soziozentrischer) Religiosität wenig gemein hat.
ich stimme Dir eigentlich in allem grundsätzlich zu mit folgender Anmerkung
Zitat:
Zitat von Pirroge
Falsch ist das sicher nicht, die Frage ist nur, was sind die sozialen Wurzeln.
Die Antwort: Armut, scheint da etwas vorschnell zu sein. Es sind nicht die Ärmsten der Armen, die den Terror verbreiten, es sind die halbwegs Wohlgenährten, mit Schulausbildung (weltweit gesehen).
Auch der wohlgenährte und gebildete Terrorist hat seine sozialen Wurzeln. Und Da hat sich der Islam immer als Religion der sozialen Gerechtigkeit generiert und den Gläubigen vor allem die fantastischsten Erlösungen vom irdischen Jammertal im Himmelreich versprochen. Also sind es die Armen, wenig Gebildeten, in archaisch-verzückten Wertevorstellungen Lebenden, die die Terroristen tragen.
Ich denke man trifft bei einem modernen Terrorismus auf eine seltsame Mischung. Man benutzt die Erkenntnisse und technischen Errungenschaften der westlichen Wertegemeinschaft, verachtet sie aber gleichzeitig und bleibt seinem Traditionalismus verhaftet.
Die Gründe sind hier vermutlich vielschichtig.
Kennst Du Heinsohns youth bulge These?
Kurz gesagt: In vielen Ländern mit Geburtenüberschuss, gibt es keine definierten sozialen Rollen, für die zweiten, dritten und nachfolgenden Söhne. Aber auch die wollen was aus ihrem Leben machen und suchen nun nach Abenteuern, die sich im kritischen Alter von 15 bis 30 häufig in Gewalt entladen (Kriege, Bürgerkriege). Dabei gibt es natürlich Faktoren, die die Gewaltbereitschaft entschärfen. Die passende Ideologie wird nachgeliefert, ist nach Heinsohn aber nicht unsächlich verantwortlich, noch der ärgste Hetzer braucht die Massen, die ihm folgen. Das würde den Islam als gewalttätige Religion entlasten und Heinsohn zufolge hat Huntington seine eigene These aus dem Kampf der Kulturen, vom aggressiven Islam der überall im Clinch liegt zurückgenommen, zugunsten der youth bulge These. Ich habe das mal bei Huntington nachgeblättert und es stimmt, das Problem war, das Buch war schon im Druck und die Revision wurde auf Seite 400schlagmichtot irgendwo reingestellt, ohne das an die große Glocke zu hängen.
"Ein letzter und der wichtigste Punkt: Die Bevölkerungsexplosion in muslimischen Gesellschaften und das riesige Reservoir an oft bechäftigungslosen Männern zwischen 15 und 30 sind eine natürliche Quelle der Instabilität und der Gewalt innerhalb des Islam und gegen Nichtmuslime. Welche anderen Gründe auch sonst noch mitspielen mögen, dieser Faktor allein erklärt zu einem großen Teil die muslimische Gewalt der achtziger und neunziger Jahre. (Huntington, Kampf der Kulturen,
Europa Verlag Hamburg 1996, S. 433)
“Contributors to the development of youth bulge theory include French sociologist Gaston Bouthoul,[1] U.S. Sociologist Jack A. Goldstone,[2] U.S. Political Scientist Gary Fuller,[3][4][5] and German sociologist Gunnar Heinsohn.[6] Samuel Huntington has modified his Clash of Civilizations theory by using youth bulge theory as its foundation:
"I don’t think Islam is any more violent than any other religions, and I suspect if you added it all up, more people have been slaughtered by Christians over the centuries than by Muslims. But the key factor is the demographic factor. Generally speaking, the people who go out and kill other people are males between the ages of 16 and 30".[7]”
(Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Warfare)
Andere sehen jedoch die Geschichte islamischer Kultur als eine argwöhnische an, die eigene Versäumnisse gerne auf äußere Feinde projiziert, es wird von allem etwas sein, aber die youth bulge These scheint mit eine starke zu sein.
Ich kann mich irren, aber in Ländern wie dem Irak oder Afghanistan vor Ort sind doch wohl gerade Selbstmordattentäter nicht die, die Einsicht und Bildung haben, sondern die religiös verführten Armen. Die, vor denen man sich hierzulande fürchtet, sind da natürlich ein ganz anderes Kaliber.
Hier halte ich Wilbers Erklärung für diskutabel:
http://www.kenwilber.de/downloads/interrorismus.pdf