In deinem Beitrag #1934 hast du das Handeln der russischen Seite als "Erstschlag", also präventiv genannt. Ich bin jedoch der Meinung, dass der Begriff: "präemptiv" anzuwenden ist.
Die Gründe hierzu liegen ganz klar auf der Hand:
1. Der Westen hat den Russen in den neunziger Jahren verbindliche Zusagen bezüglich Osterweiterung der Nato gemacht und nicht eigehalten.
2. Folglich ist die Osterweiterung sehr weit fortgeschritten, die tatsächlich Bedrohungspotenzial aufweisen können.
3. Die Nato wollte bis heute auf die Bitte Russlands nicht eingehen und diesem Land Sicherheitsgarantien geben.
Keiner dieser Punkte ist die Vorbereitung eines unmittelbar bevorstehenden militärischen Angriffes auf Russland, daher ist "präemptiv" hier keinesfalls anzuwenden. Nicht einmal "präventiv" passt hier, denn weder Nichteinhaltung von Zusagen (die von dir behauptete VERBINDLICHKEIT müsstest du noch belegen), noch Nichteingehen auf Bitten kann man irgendwie als militärischen Angriff sehen, noch ein vages "Bedrohungspotential" durch Osterweiterung.
Wenn die Ukraine etwa am 22. Februar 2022 die an der Grenze stationierten Truppen in Russland angegriffen hätte, ja, das würde man als Präemptivschlag bezeichnen können - und wäre dennoch zu verurteilen gewesen. Aber den russische Einmarsch in der Ukraine als präemptiv bezeichnen zu wollen ist an den Haaren herbei gezogen. Also "liegen ganz klar auf der Hand" wie die "Entnazifizierung der Ukraine" und wird in der Regel nur von der selben kleinen Gruppe behauptet.
Nun muss man sich ernsthaft fragen, warum die Nato bis an die Grenzen Russland expandiert ist und trotzdem keine Sichergarantien für Russland geben möchte.
Es war weniger so dass die NATO aktiv expandieren wollte als dass etliche Länder von sich aus Sicherheit vor Russland haben und sich deshalb der NATO anschließen wollten. Die Ukraine war zu spät dran und auch zu spät bereit. Was dabei herauskommt, sehen wir jetzt. Dass die NATO Russland angreifen wollte, glaubt ja selbst Putin nicht. Er hat nur Angst, dass der "Virus der Freiheit" die russische Gesellschaft umso eher erfasst, je näher es geografisch rückt.
Russland hätte die Möglichkeit gehabt, die Länder zu überzeugen, dass der "russische Weg" besser wäre, aber aus verständlichen Gründen ist ihm das nicht gelungen. Man kann andere Länder nur durch Unterdrückung auf den russischen Weg zwingen und das ist, was Putin macht. In Weissrussland und einigen anderen Ex-Sowjet-Ländern, und jetzt will er es auch in der Ukraine praktizieren.
Das unterscheiden den russischen vom westlichen Weg. Der westliche lockt, der russische zwingt.
Kan man diese Weigerung der Nato nicht als verdeckte Bedrohung, gar als feinseligen Akt ansehen? Ich denke schon, dass das naheliegend ist.
Wie man was sieht, ist eines jeden Sache. Die Frage aber ist, wie auch sonst, welche Handlungen man dadurch setzt.
Wenn ich an den Gartenzaun gehe und der Nachbar käme her und verlangte Sicherheitsgarantien, dass ich mich nicht auf sein Grundstück, dann bin ich nicht verpflichtet welche zu geben und wenn ich sie nicht gebe berechtigt das den Nachbar nicht dazu mein Grundstück zu betreten und mich dort anzugreifen.
Man stelle sich vor, Russland würden an den Grenzen der USA das gleiche Vorgehen wie die Nato an den Tag legen. Was würde dann abgehen?
Was genau macht denn die NATO ?
Sie kommt dem Wunsch verschiedener Länder nach Beitritt nach, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen.
In deiner Vorstellung also müssten sich verschiedene Länder von sich aus vor den USA bedroht fühlen, weil sie
den westlichen Lebensstil ablehnen. Das heißt, in deinem fiktiven Szenario bräuchte es andere Länder als die,
die vorhanden sind. Und, mit anderen Ländern wären beliebige Handlungen vorstellbar.
Fazit:
Russland kann sich auf das Recht der präemptiven Selbstverteidigung berufen.
Njet.