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Negatives Bild der Naturwissenschaft

  • Ersteller Ersteller Robin
  • Erstellt am Erstellt am
scilla schrieb:
Hallo Miriam

was hälst Du eigentlich von AUGUSTE COMTE?

Tja, wie war das? Wir sind uns nie persönlich begegnet - was wir beide sehr bedauert haben. Unsere Korrespondenz aber war beachtlich. Wir unterhielten uns über so unterschiedliche Themen wie:

"Was macht den Menschen zum Klugscheißer?"
"Was ist der Grund der dazu führt sich unverständlich auszudrücken?"
"Wieso müssen manche ihre Zeitgenossen madig machen um überhaupt Aufmerksamkeit zu erwecken?"

Nun, manchmal ärgerte es Comte, dass Menschen sich zu Worte melden - ohne ein gründliches Wissen zu haben. Dies hat er dann so schön zusammmengefasst im Satz:

„Savoir pour prévoir, prévoir pour pouvoir“​

Na ja, wer kann sich mit einer prévoyance rühmen, wenn er kein savoir hat - schon gar kein savoir-vivre?

In Erinnerung an Auguste verbleibe ich etwas melancholisch

Miriam

Ach so? War das etwas off topic?
 
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Robin schrieb:
Die Wahrscheinlichkeiten berechnen könnte, wie komplex ein System sein muss, dass ein Einfluss von außen zum Beispiel kontraproduktiv ist und warum.
Ist insofern schon unklar, weil nicht gesagt ist auf welches Ziel hin der Eingriff kontraproduktiv wäre. Der Begriff „kontraproduktiv“ allein schon implementiert einen „höheren“ oder „tieferen“ Sinn, ein Interesse.
Die Systmetheorie wendet Evolutionstheorie auf Kultur an
Nun aber ist die Evolutionstheorie selbst wieder eine mechanistische Theorie. Die ältesten „Systembetrachtungen“ sind jene von Sadi Carnot (der „Carnot’sche Kreisprozess“ war das erste System, das kontinuierlich Energie von einem Reservoir zu einem anderen transportierte unter Leistung von mechanischer Arbeit). Die Thermodynamik irreversibler Prozesse, welche ja in die Fließgleichgewichte komplexer biologischer Systeme grundlegend eingeht, ist reine Physik.
Grundsätzlich:

Der Carnot’sche Kreisprozess läuft NUR, weil jemand will, dass er läuft

Weil jemand die Bedingungen herstellt, dass er laufen kann! Dessen ist sich jeder Naturwissenschaftler völlig klar, er ist ein Artefakt, auch wenn er ganz wesentliche Momente in der Natur brauchbar abbildet. Erst wenn er läuft, kann ich sein Laufen frei von Sinn, Moral, Zweck betrachten.

Die Systemtheorien sind nur von der Beschränkung auf linearen Kausalitäten abgegangen! Sie beziehen Kybernetik, Rückkoppelung, synergistische Phänomene, Chaostheorie, Selbstorganisation mit ein. Also nichts, was über ein mechanistisches Weltbild hinausginge. Wenn es gut geht kommt man immer zu einem System von mathematischen Gleichungen, welche Wahrscheinlichkeiten berechnen, meist jedoch nicht!
Sie schließt mithin Sinn, Moral und Werte aus - um Sinn, Moral und Werte neu beschreiben zu können.
Man kann aber etwas, das man aus der Betrachtung ausschließt, nicht beschreiben, auch nicht neu! Das, was man beschreiben will muss Gegenstand der Betrachtung, Gegenstand des Experimentes sein. Auch wenn Systemwissenschaften Zweck und Wollen nicht explizit betrachten, so gehen die Folgen von Zweck und Wollen sehr wohl in die Beschreibungen ein, sie bestimmen nicht nur die Vektoren „Flüsse“ innerhalb des Systems sondern auch seine Randbedingungen. Implizit Zweck und Wollen zu beschreiben, es aber zu verschweigen, oder gar zu leugnen, um dann aus dieser Beschreibung einen neuen Sinn, einen neuen Zweck zu generieren, hieße einen neuen Mythos zu schaffen, der etablierte Machtverhältnisse außerrational rechtfertigen soll. „Eine unsichtbare Hand“ die alles regelt ist aber ein sehr religiöses Motiv. Ich denke diese „neue Religion von hinten“, weniger die Naturwissenschaft, der diese in die Schuhe geschoben wird, erzeugt das Unbehagen.

Insofern hat scilla aber recht, wenn er fragt, wessen Willen außer dem seinen ein Wissenschafter noch verfolgt. Die „Vordermänner“ werden normalerweise ja angegeben, wer sich hinter ihnen verbirgt, allerdings nicht.

Gesellschaft entwickelt sich nicht evolutionär im Sinne der Darwinschen Evolutionstheorie, weil in der Gesellschaft immer der menschlicher Wille als Selektionskriterium agiert. In der natürlichen Selektion aber wirkt kein wie immer gearteter Wille, er wird höchsten anthropomorph in diese projiziert.

Wie aber kommst Du auf die Idee, dass Systemtheorien nicht auf Messdaten beruhen? Keine Statistik und nur aus ihr ergeben sich „Wahrscheinlichkeiten, ist ohne hinreichende Datenlage sinnvoll durchführbar, eine Prognose schon gar nicht.

diethelm
 
In der natürlichen Selektion aber wirkt kein wie immer gearteter Wille, er wird höchsten anthropomorph in diese projiziert.

deshalb macht es Sinn,
angewandte Wissenschaften (Wille des Auftraggebers)
von den Grundlagenwissenschaften zu trennen (Wille Gottes)

die Selektion entspricht übrigens dem Axiom (=Wille Gottes)

Gesellschaft entwickelt sich nicht evolutionär im Sinne der Darwinschen Evolutionstheorie

die Gesellschaft hat sich entwickelt!
es gibt halt regelmäßig Klimawandel,
so daß die Hochkulturen austerben


erst aus heutiger Sicht beschreibt DARWIN,
wie Arten entstehen
(Chaostheorie)

aus Sicht vor 100 Jahren beschrieb DARWIN,
wie Arten vergehen
(nur die Fittesten überleben)

LAMARCK beschrieb aus damaliger Sicht,
wie Arten enstehen
(Anpassung an veränderte Lebensbedingungen)
 
Danke Miriam

für Deine wortgetreue Beantwortung meiner Frage

was hälst Du eigentlich von AUGUSTE COMTE?

offensichtlich hattest Du kein Bock,
die Ähnlichkeiten von ROBIN und COMTE (siehe Tanja Ebenhöch) zu kommentieren

Nun, manchmal ärgerte es Comte, dass Menschen sich zu Worte melden - ohne ein gründliches Wissen zu haben.

dann hättest auch DU Deinem Ärger über ROBIN und DIETHELM Luft verschaffen müssen

Savoir pour prevoir et prevoir pour pouvoir -- knowledge for prediction, prediction for power --

schlimmes Zitat!

dahinter steckt
die Trennung von Natur und Kultur
die Trennung von Untermensch und Übermensch


Na ja, wer kann sich mit einer prévoyance rühmen, wenn er kein savoir hat - schon gar kein savoir-vivre?

savoir-vivre (empirisches Wissen über das Leben) haben nur die Älteren
(Ideologie/Empirie; Gedankenexperiment/Experiment)
 
scilla schrieb:
dann hättest auch DU Deinem Ärger über ROBIN und DIETHELM Luft verschaffen müssen

Ach scilla, sowas von daneben gegriffen! Diethelm und Robin gehören zu den Schreibern hier im Forum die ich am meisten schätze. Der eine für ... na ja, lassen wir diese Details, meine Sicht auf die beiden dürfte dir auch schnurz sein!

Was soll ich über Auguste Comte eigentlich sagen? Ich kenne ihn so wenig.
Aber wenn ich dich richtig verstehe:

scilla schrieb:
offensichtlich hattest Du kein Bock,
die Ähnlichkeiten von ROBIN und COMTE (siehe Tanja Ebenhöch) zu kommentieren

hat also schon Tanja Ebenhöch die Ähnlichkeiten zwischen den beiden kommentiert. Nebbich, warum soll ich es dann noch tun?

Also jetzt Spaß beiseite. Mein Stil in diesen Beitrag missfällt mir eigentlich. Und so frage ich dich ernsthaft scilla, warum versuchst du immer zu polarisieren? Warum denkst du, dass in einer Diskussion derjenige der dir gegenüber sitzt dein Gegner ist? Dass nur einer die Wahrheit gepachtet hat. Dass derjenige der anders argumentiert sowieso doof ist?
Wir diskutieren hier miteinander eben um unsere Meinungen zu hinterfragen. Also um die Meinung des anderen als genau so gültig zu erachten, wie die eigene. Das nennt sich auch Respekt - und das vermisse ich oft bei dir.

Und wenn ich auf etwas nicht eingehen möchte, ist das mein gutes Recht - und sollte auch nicht mit Böcke versehen werden.

Doch vielleicht sind wir mit diesen Bemerkungen nicht all zu weit vom eigentlichen Thema des Threads: vielleicht ist auch die Dialogbereitschaft zwischen verschiedenen Disziplinen nicht immer vorhanden, und wenn das breite Publikum dies mitbekommt, ist das mit ein Grund um Wissenschaften gegenüber etwas mistrauisch zu sein.

Darüber habe ich mal in einem früheren Beitrag geschrieben - (Thread "Seelenleben - über Ich, Es und das Gehirn") - da ging es um die Lage der Psychologie heute, die in Gefahr ist ihre Eigenständigkeit zu verlieren, weil die Untersuchung geistiger Leistungen immer mehr als Angelegenheit der Hirnforschung betrachtet wird, im geringeren Masse auch der Philosophie.
Ist da nicht auch das Fehlen der Bereitwilligkeit einer eigentlichen Kommunikation festzustellen?

Woher diese Berührungsangst zwischen den Disziplinen? Sicher kommt sie nicht von der Psychologie - denn eben diese hatte die Bereitwilligkeit erkennen lassen interdisziplinär zu arbeiten.

https://www.denkforum.at/forum/showpost.php?p=51534&postcount=3
 
scilla schrieb:
jetzt weiss ich, wie lange Deine Leitung ist.
Dafür diesmal alles auf einmal, aber über die selbe lange Leitung. Ich bin zwar einer der überaus Privilegierten, die noch nicht arbeitslos sind. Doch da mir Comtes religiöse Gläubigkeit an Fortschritt fehlt, bzw. mich diese noch nicht eingeholt hat, bin ich nicht eines echten multitaskings fähig und muss, wenn auch schon technisch überholt mich eines gewissen time sharings begnügen.

Aber selbst, wäre ich ein multitasker, es hülfe mir wenig, denn ich bin, obwohl es die Feldgleichungen der allgem. Realtivitätstheorie zuließen, auch der Zeitreise nicht fähig, um gleichzeitig an zwei Orten zu sein. Dementsprechend lang ist halt meine Leitung.

Sei bitte großzügig, wenn ich mit Deiner Entwicklung nicht Schritt halten konnte.

Doch es freut mich, dass wir in der Methode der Erkenntnisgewinnung ähnlich sehen. So dürfte die Hoffnung bei mir denn doch nicht ganz aufzugeben sein.

(Wille des Auftraggebers) … (Wille Gottes)
Das mit dem Willen Gottes ist wohl eine schöne Metapher, wer wollte da nicht Gott sein? Von seiner Begrifflichkeit her wäre Gott ja „letzter Auftrageber“ von Allem und an Alle. Da verschwimmt mir die Trennung nun erst wieder.

Außerdem, meinen Experimenten entzieht sich Gott permanent und als Werkzeug habe ich ihn noch nie gebrauchen können. - Wir konnten wohl zusammen nicht kommen, denn das Wasser war viel zu tief.

Der Begriff Selektion hat sich zwar eingebürgert, ich verwende ihn auch, er ist aber trotz alledem in seiner umgangssprachlichen Bedeutung falsch. „Nur die Fittesten überleben“ ist von Herbert Spencer und Sozialdarwinismus.

Der eher unbekannten A.R. Wallace (gleichzeitig und unabhängig von Darwin an der Evolution herumwerkend), hat sehr gegen „Selektion“ gewettert, weil ihm „struggle for existence“ viel zutreffender erscheint (mir auch), wobei manchmal der „Vorteil“ ums Überleben auch in „Unfähigkeiten“ liegen kann, wie so manche flugunfähig gewordenen Vogelarten auf kleinen „windigen“ Inseln glauben machen.

Nun, Darwin ("On the Origin of Species") wie Wallace ("On the Tendency of Varieties to Depart Indefinitly From the Original Type") meinen von sich selbst, dass sie das Entstehen von Arten beschreiben, denn nur sehr selten verschwindet die ursprüngliche Art. Beide wussten schon, dass eine „vollständigste Anpassung“ an eine Umwelt am schnellsten zum Aussterben führt, weil selbst für kurzfristigste Umweltänderungen keine Variabilität zum Überleben in Nischen zur Verfügung steht. Je größer die vorhandene Variabilität einer Art, desto sicherer ihr Überleben! Also nix da mit dem Fettesten.
die Gesellschaft hat sich entwickelt!
ist zwar immer wahr, aber nie eine Aussage. Oder kommen wir da in die Nähe Spencers? S.g. Hochkulturen haben die Tendenz, Variabilitäten in ihren Subkulturen auszumerzen zu wollen. Dann reichen schon kleinere Störungen, es braucht keinen Klimawandel zum Untergang; die Ähnlichkeit mit„Evolution“ ist an den Haaren herbeigezogen!

Lamarck beschrieb seinen Irrtum, von dem Darwin und Wallace wussten, ihm aber nicht folgten (Was aber die wirklichen Verdienste Lamarcks nicht schmälern soll).

diethelm
 
Comtes hat gemeint … wobei Herbert Spencer sagt…doch A.R. Wallace ist der Meinung... und doch sieht Charles Darwin darin ... und Lamarck beschrieb .... und wo bleibt Diethelm und seine Meinung?
 
Hallo Diethelm

ich habe heute auf dem Flohmarkt ein Buch von Konrad Lorenz erstanden: 'Der Abbau des Menschlichen' (von 1983):

man kann nicht sagen, wohin die Evolution führt,
aber er ist klar,
daß miteinander spielende Menschen (= wechselwirkende Symbionten)
gerade durch ihr Spekulieren (= gegenseitige Anpassung)
eine Höherentwicklung der Gesellschaft forcieren

DIETHELM
S.g. Hochkulturen haben die Tendenz, Variabilitäten in ihren Subkulturen auszumerzen zu wollen. Dann reichen schon kleinere Störungen, es braucht keinen Klimawandel zum Untergang; die Ähnlichkeit mit„Evolution“ ist an den Haaren herbeigezogen!

wichtig ist,
daß diejenigen,
die sich durch Zufall gefunden haben,
ein paar Blasen blubbern lassen können,
und daß sich die Hochkultur aus Wahrheitsheitsliebe für eben diese Blasen interessiert

LORENZ
Alle hochzivilisierten Völker der Erde kämpfen mit denselbem Waffen,
bedienen sich derselben Technologien
und - was wohl das Entscheidenste ist -
handeln auf demselben Weltmarkt
und versuchen mit denselben Mitteln,
einander zu übervorteilen.
Mit einem Wort:
es herrschen im Hinblick auf die Aussichten einer Weiterentwicklung unserer Kultur nahezu analoge Bedingungen,
wie sie für die Weiterentwicklung einer Tierart vorliegen,
wenn intraspezifische Selektion am Werke ist.
Die Aussichten sind also äußerst trübe.

intraspezifische Selektion?

LORENZ
Die Anpassung an eine bestimmte Gegebenheit ist mit dem Erwerb von Information über sie gleichzusetzen.
Innerartliche Selektion bewirkt nur Information über die Eigenschaften des Konkurrenten,
mit dem man im Wettbewerb steht.
Die Art erfährt durch intraspezifische Selektion nichts über die Außenwelt
und gerät also,
was diese betrifft,
ungemein leicht in ... Sackgassen der Evolution
 
Robin schrieb:
Sinn und Moral wären ja Ziele einer Gesellschaftsentwicklung.
Ich kenne Sinn nur als mögliche rationale Übereinkunft und Moral als Zwang der Mehrheit über die Minderheit. Werte werden nicht absolut, sondern nur im Kompromiss von Sinn und Moral formuliert.

Robin schrieb:
Die Systemtheorie erklärt unter vielem anderen, warum sich die Gesellschaft nicht nach Sinn und Werten entwickeln kann. Sie schließt mithin Sinn, Moral und Werte aus - um Sinn, Moral und Werte neu beschreiben zu können.
Diese negative Volte ändert - gerade solange am Gedanken der "Neubeschreibung" festgehalten wird - nichts daran, daß die Feindschaft des Menschen gegen den Menschen theoretisch unerfasst bleibt; ein radikaler Nominalismus jedoch, der jede wörtliche Bedeutung samt ihrer Verknüpfungsmöglichkeiten als menschliche Willkür erkennt, könnte das brauchbarere Instrument (das wiederum auf die Erkenntnisse der Psychoanalyse und der Systemtheorie nicht verzichten würde) sein, um wenigstens das sichtbar zu machen, was ist.
 
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Robin schrieb:
Sinn und Moral wären ja Ziele einer Gesellschaftsentwicklung.
Ich kenne Sinn nur als mögliche rationale Übereinkunft und Moral als Zwang der Mehrheit über die Minderheit. Werte werden nicht absolut, sondern nur im Kompromiss von Sinn und Moral formuliert.

Robin schrieb:
Die Systemtheorie erklärt unter vielem anderen, warum sich die Gesellschaft nicht nach Sinn und Werten entwickeln kann. Sie schließt mithin Sinn, Moral und Werte aus - um Sinn, Moral und Werte neu beschreiben zu können.
Diese negative Volte ändert - gerade solange am Gedanken der "Neubeschreibung" festgehalten wird - nichts daran, daß die Feindschaft des Menschen gegen den Menschen theoretisch unerfasst bleibt; ein radikaler Nominalismus jedoch, der jede wörtliche Bedeutung samt ihrer Verknüpfungsmöglichkeiten als menschliche Willkür erkennt, könnte das brauchbarere Instrument (das wiederum auf die Erkenntnisse der Psychoanalyse und der Systemtheorie nicht verzichten würde) sein, um wenigstens das sichtbar zu machen, was ist.
 
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