AW: Kölner Aufruf gegen Gewaltspiele
Die Fragen, die den gesellschaftlichen Diskurs endlich mal weiterbringen würden.
Du glaubst, dass deine Fragen den gesellschaftlichen Diskurs weiterbringen?
Etwa hier im Forum?
Die Fragen, die dann aber jedesmal in einer verlogenen, heuchlerischen "Debatte" über "Killerspiele" oder Musikrichtungen untergehen. Eine "Debatte", die nur bis zur nächsten aufsehenerregenden Schlagzeile geführt werden wird. Dann macht man weiter wie vorher.
So wie hier im Forum?
Wenn sich Jugendliche hinter ihrem PC verschanzen dann frage ich, warum?
Antwort: Weil sie offensichtlich keine lohnenswerteren Aktivitäten kennen.
Jetzt meine Frage an die Pädagogen hier unter uns: Warum ist das so?
Warum gibt es so viele Leute in meiner Generation, die lieber "Killerspiele" spielen als mit Kumpels auf der Straße zu kicken oder Baumhäuser zu bauen?
Warum glotzt man lieber "Cobra 11" als mit Spielzeug-Autos zu spielen?
Warum schauen so viele junge Leute Pornos, statt selber eine ernsthafte Liebesbeziehung zu pflegen?
Ich nehme an, du hast deine Leute gefragt, so wie ich die meinigen.
Auch diese sagen: Es gibt ja sonst nichts!
Meine Hinweise auf die Vielzahl der Freizeitsmöglichkeiten bei Vereinen, etwa Fußball-, Handball-, Tischtennis-, ja, auch Schützen-, Schach-, Tanz-, Gesangsvereine etc. in städtischen Einrichtungen, wie Bolzplätzen, Radwegen, Skateboardplätzen etc. beantworteten sie mit:
Das ist doch fad. Da muss man sich ja anstrengen. Da muss man ins Freie gehn. Da muss man hinfahren.
Es ist bequemer, zu Hause an den PC zu siten.
Also: Sie sind zu faul, um den Arsch hochzukriegen. Weil sie verzogen sind, weil sie alle ihre Bedürfnisse jederzeit und umgehend erfüllt bekamen. Weil sie alles haben wollen, aber nichts dafür tun.
Allerdings muss man einräumen, dass Spiel- und Bolzplätze, vor allem in Städten, aber auch in den Dorf, wo ich aufgewachsen bin, viele Beschränkungen haben. Zeitliche, man darf also nur am Nachmittag altersmäßige, man darf nur bis zu einen bestimmten Alter - meistens 14 Jahre und nicht laut spielen. Also bleiben die Jungendlich, bei denen das Freizeitproblem eben am virulentesten ist, ausgesperrt.
Die Verstädterung nimmt Kindern und Jugendlichen Spiel- und Betätigungsraum.
Als ich Kind war, stand unser Haus am Rande des Dorfes. Es gab Obstwiesen, Hecken, Gesträuch, Haine, wo man Fangen, Verstecken, Fussball, Cowboy und Indianer spielen konnte, auf Bäume klettern, um Obst zu holen und auch Baumhäuser - sehr zum Unwillen der Besitzer - bauen konnte.
Das ist heute nicht mehr möglich. Längst sind dort Wohnungen gebaut worden. Und ein gar nicht kleines Industriegebiet. Und die noch nicht bebauten Flächen stehen unter Naturschutz.
Aber es gibt in dem Dorf mehrere Fussball- und auch Tennisplätze, wo man auch privat spielen kann.
Aber dazu muss man eben das Rad hernehmen und zwei Kilometer fahren. Und da ist es wieder einfacher, sich an den PC zu setzen.
Oder vor den Fernseher, um diese unsäglichen Sitcoms, Comicfilme, die auch fast alle Gewalt zeigen, und die Leutevorführshows anzusehen.
Ich weiß nicht genau, wie es mit den persönlichen Beziehungen steht, aber was ich so beobachte, so gibt es da Experimente genug, die aber nicht länger als einen Monat, meist weniger lang andauern.
Aber auch da sind es meist die ersten kleinen Probleme und Unstimmigkeiten, die eine ernsthafte Arbeit an den Beziehungen verhindern, weil man sich da wieder anstrengen und beherrschen muss. Und das liegt denen eben nicht.
Schon das Lesen eines Buches ist offensichtlich zu mühselig, sodass sich bis auf wenige Ausnahmen, die meisten sich stolz damit brüsten, noch nie ein Buch zuende gelesen zu haben. Und wer dies von sich gibt erhält Szenenapplaus.
Dann will ich dies noch erwähnen:
Gestern war ich in einer Gruppe von zwölf Jungen und zwei Mädchen, zwischen sechzehn und zweiundzwanzig Jahren. Von selbst haben diese zugegeben, sowohl Egoshooter als auch Pornos auf ihren PCs haben.
Die beiden Mädchen nicht und auch ein Junge nicht, weil er keinen PC hat.
Diese Jugendlichen sollen durch diese Weiterbildungsmaßnahme einen Ausbildungsplatz finden. Sie haben entweder keinen oder einen schlechten Schulabschluss.
Ich unterrichte Deutsch und Landeskunde, also Geschichte, Geografie und Politik.
Das Interresse dieser Leute, die da im untersten Netz der Gesellschaft hängen, ist bei 90% der Teilnehmer - 10!
Es mag anderswo besser aussehen, doch wenn ich mir anhöre, was auch an Realschulen und Gymnasien los ist, dürfte der Unterschied nicht allzugroß sein.
Und noch dies:
Ich habe den Kölner Aufruf vorgestellt und ausgehängt. Keiner nochmals: KEINER hat auch nur einen Blick darauf geworfen.
Sie wollten einfach keinen Zusammenhang zwischen Gewaltspielen und Gewaltbereitschaft zugeben.
Argumente lauten etwa so: Der Amokläufer trug eine Hose, er aß Brot, also sind alle Hosenträger und Brotesser potentielle Amokläufer.
So weit, so schlecht!
Fritz