Na dann, schön, dass du bei uns weilst - ich habe aus deinem letzten Beitrag auch nicht direkt erkennen können, dass du dich resigniert abwendest.
Was den Begriff der Eudämonie angeht, so ist mir bislang nur Aristoteles Ethik bekannt, die eben auch nach diesem Prinzip benannt ist. Darum die Rückschlüsse, wie du dir vorstellen können dürftest.
Es sei mir verziehen - ich verwandt den Begriff lediglich als Kürzel für vollkommene Glückseeligkeit in der naturbedingten Wesensart
Was den "Niedergang" der Sprache angeht, muss ich dir eigentlich Widersprechen, immerhin wird durch das von dir genutzte Vokabular kein semantischer Zugewinn erzielt, man darf sich also durchaus fragen, welchen Zweck derartige Begrifflichkeiten unter diesen Umständen erfüllen. Offensichtlich führte ja gerade der Begriff der "Eudämonie" zu Irritationen, weil er aus seinem semantisch- logischen Zusammenhang gerissen wurde. Zudem wird seit - wahrscheinlich - 2000 Jahren vom Niedergang der Werte und Kultur gesprochen, der Bezug auf Sprache scheint mir zweifelhaft. Als ob der "Pöbel" (*hust*) in Athen 400 v. Christ oder in Heidelberg 1800 n. Christ eloquenter gewesen wäre als der heutige.
Nun gut, die Nivellierung der Sprache als dekadent zu bezeichnen ist nur bedingt korrekt. Dies liegt daran, dass ich mich im Allgemeinen, argumentativ zu sehr auf vermeintliche geschichtliche Faktizitäten, gestützt habe, anstatt gemäß Nietzsche (eine der wenigen Synthesen, die bei mir Affirmation finden) retroperspektivische Orientierung zu meiden.
So muss man die sprachliche Entwicklung weniger als Verfallsprozess, sondern vielmehr als allgemeine, zeitungebundene Erscheinung des affektiven Hedonismus betrachten, welcher primär in Gesellschaften unter plebejischer Führung oder in einer Krise Zustimmung findet. Die Rhetorik des Plebejers wird sich in fast jedem System auf geringem Niveau bewegen, Divergenzen bestehen lediglich darin, inwieweit dieses geringe Niveau gesellschaftliche Begutheißung findet und damit im Demokratisierungsgrad.
Die "Onomastik" betreffend habe ich den Eindruck, dass du die "Etymologie" des Wortes meinst; das Individuum kann zwar durchaus Objekt der Onomastik sein, nicht aber als Zeichen, sondern nur als konkret bezeichnetes.
Hehe, wir reden aneinander vorbei..Ich meinte damit, dass man den Begriff Individuum genauer in Augenschein nehmen sollte ( Individuum als "ungeteiltes/unteilbares" Wesen in ausgeglichenem Zustand,), anstatt, der Begriffsverfälschung oder der Abstraktion gemäß, im Individuum lediglich jemanden zu sehen, der "sein Ding macht".
Was dein weiteres Kulturkonzept angeht, so beginne ich die Verweise auf den japanischen Kulturkreis als "Fundament" deiner Ausführungen zu verstehen (ohne sie darauf reduzieren zu wollen). Besonders die Disharmonie Mensch - Umwelt kann man dir schwerlich abstreiten, auch wenn seitens der westlichen Gesellschaften offensichtlich die Neigung besteht, sich selbst als "Fehler der Evolution" zu begreifen und so auf eine recht plumpe Weise seine begrenzte Perspektive zu legitimieren. Hier teile ich deine Auffassung völlig, frage mich aber, ob "die Japaner" - die zweifelsohne einen sehr reflektierten Selbstbezug leben - ökologisch deinen Ansprüchen genügen. Immerhin ist Japan auch einer der stärksten Wirtschaftsräume dieser Welt und befindet sich damit auf dem besten Weg "in den Westen".
Meine Ausführungen nahmen Bezug auf die japanische Kultur und den japanischen Ethos vor der Industrialisierung des Landes. Gerade der Kampf gegen diese Industrialisierung war für die Samurai eine heroische Tat, aus Treue und Liebe zu ihrem Volk/ihrer Kultur.
Wenn du bezweifelst, dass die gesellschaftlichen Werte in den westlichen Systemen überhaupt zweckmäßig sind, frage ich mich, was der Bezugsrahmen einer derartigen Perspektive sein muss - meiner Meinung nach die Paradigmen einer Gesellschaft selbst, jene Grundwerte, die den Kern der Gesellschaft ausmachen und Begriffe wie "politische Kultur" formen.
Prägnant und korrekt.
Um mich kurz zu fassen: Deine Perspektive kommt mir merkwürdig vertraut vor, vll. kennst du das Buch "Ismael" von Daniel Quinn? Hier geht es genau um kulturelle Entwicklung und um das korrumpierte Selbstverständnis des Mensche als Wesen, das angeblich außerhalb der Natur stehe und seine Fähigkeit zum bescheidenen Umgang mit der Umwelt verloren habe.
Hinzu gesellt sich bei dir anscheinend noch eine tiefe Beeindruckung fernöstlicher Kultur, vermischt mit einer Art Kulturfaschismus (gar nicht wertend, als autoritäre und zentrale sowie tendenziell aristokratische / hierarchische Kulturinstitution) im Sinne einer Wiederherstellung vermeintlich verlorener Werte und Fähigkeiten.
Die argumentative Minderwertigkeit einer zu sehr retroperspektivisch orientierten Argumentation habe ich bereits eingestanden.
Wenn überhaupt, so wäre eine epigonale kulturelle Wiederbesinnung einzig mit der Orientierung an den japanischen Werten sinngemäß.
Der Kontent dieser Kultur wurde von mir ja schon angeschnitten.
Und um jetzt zum Schluss zu kommen: Ich habe etwas den Eindruck, dass du dich außerhalb v. Gesellschaft positionierst und sie zu verbessern suchst. Aus gesellschaftlicher Sicht hochgefährlich. Aus persönlicher Sicht sicher verheißungsvoll
Eine gesellschaftliche Verbesserung ist mittels aktiven Agierens kaum noch möglich. Lediglich die Hypothese, dass auch die jetztige Kultur fällt und dass die fortschreitende Zeit eine arbiträre Festlegung ist also dass die Zeit, um es zu simplifzieren, genauso gut als Kreislauf gesehen werden kann, gibt mir die Hoffnung, eines "Systemzusammenbruches" und einer völligen Neuordnung.
Diese Hoffnung hege ich als soziales Wesen. Im Übrigen sehe ich meine immanente Harmonie bei Nichterfüllung dieser Hoffnung nicht stringent als unmöglich, im Gegenteil.
cf
P.S.
Vll. hast du ja wirklich 'mal Lust, den Quinn zu studieren. Das Buch wird dir zwar rhetorisch nicht sehr gefallen, da es sehr einfach - fast schon infantil - gehalten ist, inhaltlich ist es aber durchaus inspirierend.