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Kant und Religion

Hemme

New Member
Registriert
25. Mai 2008
Beiträge
5
Wie war der Standpunkt von Kant in Bezug auf Religion und Glaube? Irgendwie habe ich da mehrere wiedersprüchliche Sachen gelesen. Glaubte Kant an einen Gott?
 
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AW: Kant und Religion

Hallo, Hemme
Mit Kant habe ich mich in meiner Jugend etwas befasst. Und aus diesen Tiefen hole ich jetzt hervor, was ich in Deiner Frage zu “ meinem Wissen” gemacht habe.

Kant ist nämlich ganz “ raffiniert” an die Frage nach einem absoluten Gott heran gegangen.
So, wie er reale Ideale - also im Leben verwirklichbare - uns als Handlungsanweisungen gibt - der Kategorische Imperativ - ist der bekannteste , meint er in Analogie, auch transzendentale Ideale zu erkennen. ( Unendlichkeit= Gott,Seele und Freiheit).
DAS transzendentale ( also mit unseren Sinnen ( empirisch) nicht erfahrbare Ideal ist Gott als Gedachtes Höchstes, Unwidersprochenes.
Wir können Gott nie real erkennen --- können ihn uns aber denken und an ihn als Ideal glauben.
Und Gedachtes ist in einer gewissen Weise ebenfalls real ....
So kann man GOTT glauben, um zu existieren.
Er nimmt diese transzendentalen Ideen als Regulative an.
Halt eben auch, damit wir “ wilden Menschenhorden” nicht aufhören sollen, über Unbegreifliches nachzudenken.

Soweit mirbekannt ist, hat sich Kant NIE zu dezidierten Äußerungen über seinen Glauben an das Konstrukt Gott provozieren lassen. Es hätte ihn seinen Job als bravaer preußischer Professor gekostet -, hätte er sich zur NICHTEXISTENZ eines realen Gottes bekannt.

Mir scheint es und schien es aber immer so, als ob er Gott nur als Konstrukt des menschlichen Verstandes sah: quasi als Notwendigkeit im Ethisierungsprozess der Menschengeschichte.

lg.
Marianne
 
AW: Kant und Religion

Danke - das entspricht auch meinen Einschätzungen. Und finde es gut formuliert. Mich hatte nur eine Textstelle in Sofies Welt irritiert.

Seine christliche Überzeugung war deshalb auch eine wichtige Grundlage für seine Philosophie. Wie Berkeley wollte auch er das Fundament des christlichen Glaubens retten.
 
AW: Kant und Religion

Wie war der Standpunkt von Kant in Bezug auf Religion und Glaube? Irgendwie habe ich da mehrere wiedersprüchliche Sachen gelesen. Glaubte Kant an einen Gott?

Meines Erachtens glaubte Kant wirklich an Gott. Er hat zwar bewiesen, dass die Gottesbeweise keine Beweise sind, aber er war auch davon überzeugt, dass der Mensch um glücklich zu sein und um ein moralisch einwandfreies Leben führen zu können, an einen Gott und ein Leben nach dem Tode glauben muss.


Liebe Grüße,
Albert
 
AW: Kant und Religion

Marianne (oben:)

Soweit mirbekannt ist, hat sich Kant NIE zu dezidierten Äußerungen über seinen Glauben an das Konstrukt Gott provozieren lassen. Es hätte ihn seinen Job als bravaer preußischer Professor gekostet -, hätte er sich zur NICHTEXISTENZ eines realen Gottes bekannt.

Mir scheint es und schien es aber immer so, als ob er Gott nur als Konstrukt des menschlichen Verstandes sah: quasi als Notwendigkeit im Ethisierungsprozess der Menschengeschichte.

Hallo Marianne,

Deine Ansicht über Kant
scheint mir ehrlich interessant.


Gruß
von
Reinhard70
:):):)
 
AW: Kant und Religion

Hallo !

Ich bin für dieses Thema sehr dankbar.

Immanuel Kant war ja auch einer der - m.E. - wenigen Moralphilosophen, nämlich einer, der sich an den Begriff "gut" heranwagte: "Gut ist der sittliche Wille".

Beschäftigt man sich mit "gut", kommt man an - irgendeiner - Religion wohl kaum vorbei.

Wenn ich mir denke, wie oft wir - ungenau - "gut" sagen:

Ein Essen ist eigentlich nicht "gut", sondern schmackhaft bzw. lecker, eventuell bekömmlich.

Er/sie hat "gute" Kenntnisse auf diesem oder jenem Gebiet; gemeint sind umfangreiche und gründliche Kenntnisse.

Wie oft wird wohl ein Politiker "gut" sagen und "machterhaltend" oder "machtgewinnend" meinen ?​

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Kant und Religion

Wie oft wird wohl ein Politiker "gut" sagen und "machterhaltend" oder "machtgewinnend" meinen ?

Hallo Zeili,

Bei den Politikern und Politikerinnen (!) bist Du möglicherweise
etwas (!) zu pessimistisch. (Allerdings bin ich heute auch
ziemlich hoffnungslos.) Könnte Kant uns eines Besseren belehren?
Gruß
von
Reinhard
((:)))
 
AW: Kant und Religion

Wie oft wird wohl ein Politiker "gut" sagen und "machterhaltend" oder "machtgewinnend" meinen ?

Hallo Zeili,

Bei den Politikern und Politikerinnen (!) bist Du möglicherweise
etwas (!) zu pessimistisch. (Allerdings bin ich heute auch
ziemlich hoffnungslos.) Könnte Kant uns eines Besseren belehren?
Gruß
von
Reinhard
((:)))
Ich denke, wenn sich mehr Politiker mit der Definition von "gut" nach Kant befassen würden, ein bisschen noch ihre Fantasie spielen ließen, könnten sie auf das Ergebnis kommen, dass der "sittliche Wille" eventuell eine Sozialleistung ist.

Zum Beispiel ist das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe in Österreich schon jahrzehntelang nicht angehoben worden. In welchem Jahrhundert befindet man sich da geistig eigentlich ? Denkt man, alle Arbeitslosen sind zu faul zum Arbeiten oder hängt man gar der vorsintflutlichen Spinnerei nach, dass Arbeitslose auch nichts zu essen brauchen ?

Als zweites kam mir zu Ohren, dass manche alleinerziehende Elternteile noch mit einem monatlichen Einkommen unter € 1000,- auskommen müssen. Das soll mir ein Politiker einmal vorhüpfen, wie das gehen soll. Hier könnte man in der Politik wirklich zeigen, dass man "gut" ist. Immanuel Kant hat sich diese Gedanken sicher nicht gemacht, weil ihm so fad war.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Kant und Religion

Ich denke, wenn sich mehr Politiker mit der Definition von "gut" nach Kant befassen würden, ein bisschen noch ihre Fantasie spielen ließen, könnten sie auf das Ergebnis kommen, dass der "sittliche Wille" eventuell eine Sozialleistung ist.

Hallo, Zeili!

Ja, das könnte ich mir auch gut vorstellen. Aber ob da Optimismus
angebracht ist, ...? Hoffen wir doch ein wenig auf den Nachwuchs!
In Österreich, in Deutschland, in Europa - weltweit.

Melde mich bei Gelegenheit mal wieder.

Gruß
von
Reinhard70
 
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AW: Kant und Religion

So, wie er reale Ideale - also im Leben verwirklichbare - uns als Handlungsanweisungen gibt - der Kategorische Imperativ - ist der bekannteste , meint er in Analogie, auch transzendentale Ideale zu erkennen. ( Unendlichkeit= Gott,Seele und Freiheit).
... Wir können Gott nie real erkennen --- können ihn uns aber denken und an ihn als Ideal glauben. ... Soweit mirbekannt ist, hat sich Kant NIE zu dezidierten Äußerungen über seinen Glauben an das Konstrukt Gott provozieren lassen. Es hätte ihn seinen Job als bravaer preußischer Professor gekostet -, hätte er sich zur NICHTEXISTENZ eines realen Gottes bekannt.

Ergänzend dazu eine Zusammenfassung seiner Gedanken aus der Vorrede zur 'Kritik der praktischen Vernunft':

  1. Die reine Vernunft kann 'Gott' und die 'Unsterblichkeit' weder erkennen noch einsehen noch behaupten.
  2. Der dem moralischen Gesetz verbundene Wille - die praktische Ausprägung der 'reinen Vernunft' - findet 'Gott' und die 'Unsterblichkeit' als apriori gegebene Objekte vor. Sie sind sein höchstes Gut.
  3. Die reine Vernunft hat das Bedürfnis subjektive Notwendigkeiten, sofern sie 'gesetzt', d.h. apriori gegeben sind (wie z.B. auch Raum und Zeit, Ursache-Wirkung, ...) zu bestätigen und gibt so der praktischen Vernunft Sicherheit in ihrem Fürwahrhalten und Handeln.

vgl. Immanuel Kant: Werke in zwölf Bänden. Band 7, Frankfurt am Main 1977, S. 107-120. oder
http://http://www.zeno.org/Philosophie/M/Kant,+Immanuel/Kritik+der+praktischen+Vernunft/Vorrede

manni
 
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