Quantenwirklichkeit und Mystik
Frage:
Sind die Quantenebenen dasjenige, wo sich
die manifesten und unmanifesten Wirklichkeiten treffen?
KW:
Kategorisch: Nein.
Ich kenne nichts, was sich in den letzten dreißig Jahren
abgespielt hat, wo die Verwirrung noch größer wäre als
in dem, was aus Quantenphysik gemacht wird.
Es ist ein Alptraum.
Lass mich versuchen hier etwas Klarheit hineinzubringen.
Es ist derart verworren,
weil sehr viele Leute von falschen Voraussetzungen ausgehen,
und das alles dann noch durcheinander bringen.
Ich habe mich mit dem Thema übrigens in meiner akademischen
Arbeit beschäftigt, mit Biophysik, Quantenphysik und Biochemie,
und kenne mich hier gewissermaßen auch beruflich aus.
Ich kann „garantieren“,
dass die Schroedingersche Wellenfunktion absolut nichts
mit spirituellen Wirklichkeiten zu tun hat, abgesehen davon,
dass alles eine Manifestation des GEISTES ist.
Beginnen wir damit, wo die Verwirrung herkommt,
und warum Menschen glauben, dass die Quantenebene
etwas mit dem unmanifesten Geist zu tun hat.
Und mit Menschen meine ich nicht den durchschnittlichen
Menschen – wir finden diese falschen Vorstellungen auch
bei Menschen wie Deepak Chopra und Fritjof Capra,
die alle mit den besten Absichten die moderne Quantenphysik
als eine Art von Beweis für Mystik darstellen
– aber das funktioniert einfach nicht.
Die moderne Quantenrevolution, über die alle sprechen,
fand 1905 statt, als Max Planck die Vorstellung von Quanten
einführte.
Das meiste an Revolutionärem, was dadurch eingeführt wurde,
wurde bis 1925 eingeführt,
z. B. durch die Heisenbergsche Unschärferelation.
Der Zusammenbruch der Schroedingerschen Wellenfunktion,
das, worauf sich die Leute beziehen, war schon 1925 bekannt.
Dieser Durchbruch der modernen Physik liegt also
schon fast ein Jahrhundert zurück. Das ist das eine.
Zweitens:
Warum hat die Quantenwirklichkeit zu einer derartigen
Missinterpretation geführt, bis hin zum Film
„what the bleep do we know?“
Vor zwanzig Jahren war die Verwirrung so groß,
dass ich mich veranlasst sah,
das Buch Quantum Questions zu schreiben,
und ich ging zurück zu 13 Gründern und Pionieren
der modernen Quantenphysik, einschließlich Bohr,
und Heisenberg, de Broglie, Schroedinger, Eddington.
Ich schaute mir alle ihre Schriften an
– auch die von Einstein –, alles das,
was sie über Physik und Mystik geschrieben haben
und ich habe diese Passagen in das Buch aufgenommen.
In der Einführung zu dem Buch habe ich dann darauf hingewiesen,
dass nicht ein einziger der 13 Persönlichkeiten, wirklich
nicht einer von ihnen der Meinung war, dass Quantenmechanik
irgendetwas mit spirituellen Wirklichkeiten oder Mystik
zu tun hat.
Und doch waren sie alle Mystiker.
Aber sie waren Mystiker nicht wegen, sondern trotz Physik.
Das Versagen der Quantenphysik, auch nur irgendetwas
Spirituelles zu erklären, half ihnen allen dabei
zu Mystikern zu werden, im Sinn von Meta-Physik.
Das hat also nichts mit Quantenphysik zu tun.
Der Grund dafür, dass Leute das durcheinander bringen
und der Grund dafür, warum es sich ähnlich anhört ist der:
Was die Gleichungen der Quantenmechanik zu beschreiben
versuchen, sind Dinge wie z.B. der Ort eines Elektrons,
vorauszusagen, wo sich ein Elektron aufhalten wird,
das ist das, was Wissenschaft tut, z. B. vorauszusagen,
wo sich der Uranus nächstes Jahr befinden wird.
Die Newton’sche Physik tut das auf eine hervorragende
Weise, was die Voraussage von großen Objekten betrifft,
die sich [relativ] langsam bewegen.
Betrachten wir jedoch Quantenereignisse,
welche relativistische Ereignisse sind, dann haben wir es
mit einer anderen Art von Physik zu tun.
Auf diesen sehr, sehr niedrigen Ebenen
sind die einzigen Gleichungen, über die wir verfügen
um zu sagen, wo sich ein Elektron aufhalten könnte,
die Schroedingerschen Wellengleichungen.
Das ist eine Reihe von sehr sehr komplexen Differentialgleichungen.
Quadriert man die Ergebnisse dieser Gleichungen,
erhält man die Wahrscheinlichkeit dafür,
ein Elektron an einem bestimmten Ort zu finden.
Das Knifflige dabei ist,
dass man nicht genau sagen kann, wo sich das Elektron
aufhalten wird, solange man es nicht gemessen hat.
Und dann passiert etwas – und das ist das Kniffelige daran
– was man den Zusammenbruch der Schroedingerschen Wellenfunktion
nennt.
Und was das bedeutet ist, dass in dem Augenblick,
wo man diesen Wahrscheinlichkeitsraum misst,
das Elektron dann auftaucht
– oder das, was immer man misst, erscheint.
Alle Physiker, die das damals betrachtet haben,
waren jedoch nicht der Meinung,
dass die Messanordnung die Wirklichkeit erschafft,
nicht einer von ihnen.
Doch jede der heutigen Missinterpretationen tut das,
es wird gesagt, dass wenn man etwas misst,
dass dies dann in die Existenz „pufft“, und dass man so
für die Existenz eines Elektrons verantwortlich ist.
Aber das ist einfach nur narzisstischer Boomerits-Unfug.
Man kann sehen, woher das kommt, aber das gute alte
eigene Ego erschafft nun einmal keine Elektronen.
Doch es hört sich sehr mystisch an: „Whow – da ist es!“
Und von diesem ersten Fehler gelangt man zum zweiten Fehler,
und das ist ein wirklich großer Fehler.
Man kann sich endlos darüber unterhalten,
was die Schroedinger Gleichung bedeutet,
und die Philosophen tun dies seit fast einem Jahrhundert.
Schroedinger selbst war übrigens einer der tiefgründigst
gläubigen Vertreter des Vedanta-Hinduismus, und seine Schriften
über das Finden des reinen Selbst – wer bin ich?
– haben überhaupt nichts zu tun mit dem Quantenpotential.
Sie gehören zu den weltweit schönsten mystischen Schriften,
und ich habe sie natürlich in Quantum Questions aufgenommen
und empfehle jedem sie zu lesen – sie sind ganz außerordentlich.
Der zweite grundlegende Fehler ist, dass Menschen glauben
„Oh, hier muss etwas Spirituelles vor sich gehen“,
und sie nehmen das Quantenvakuumpotential oder Nullpunktfeld
oder irgendeine Art von Quantenwirklichkeit,
die unmanifest zu sein scheint, und sagen:
„Das ist GEIST, das ist Brahman, das ist das Dao,
und aus all dem erscheint die manifeste Welt“.
Und sie beziehen sich dabei auf eine konkrete Wirklichkeit
und sagen:
„Hier ist das Eine und das ermöglicht allem Anderen
wie diesem materiellen Elektron zu erscheinen.“
Und schon haben wir einen dualistischen GEIST.
Hier liegt schon der erste grundlegende Fehler.
Wirklicher nichtdualer GEIST ist die Soheit von allem,
was erscheint. Diese verursacht nichts und niemanden,
irgend etwas zu tun.
Es ist die Ist-heit, die Soheit,
die Leere von jedem einzelnen Ding im Kosmos.
Reine Leere lässt alles genau so wie es dies vorfindet.
Nichts wird durch es bewegt, weil es von nichts getrennt ist.
Eine Analogie dafür ist der Ozean und die Wellen.
Es gibt die Nässe des Ozeans,
und es gibt die Nässe der Wellen.
Und „Nässe“ ist gleichermaßen vorhanden in allen Wellen.
Eine große Welle ist nicht nasser als eine kleine Welle.
Und Nässe verursacht nicht eine einzige Welle irgendetwas
zu tun. Nässe ist gleichzeitig anwesend
in jedem Teil des Ozeans und zu allen Zeiten.
Nässe lässt den Ozean nicht erscheinen,
Nässe ist auch kein vom Ozean unterschiedenes Quantenpotenzial.
Der grundlegende Fehler liegt hier darin,
aus GEIST eine dualistische Einheit zu machen.
Es gibt drei Dinge dabei:
den wirklichen GEIST, die reine Soheit,
die nicht qualifizierbare Leere, den Grund alles Seins,
welcher gleichermaßen gegenwärtig ist
in allen manifesten und unmanifesten Dingen.
Das ist das eine, wenn wir es einmal durchnummerieren wollen.
Das zweite ist die manifeste Welt.
Und das dritte ist das Unmanifeste,
dasjenige, das die manifeste Welt erschafft.
Dies ist nicht der reine GEIST – was könnte es also sein?
Es ist die Quantenebene,
die an was auch immer angeschlossen ist.
Und jetzt betrachten wir die Physik und dasjenige,
woran die Quantenebene derzeit angeschlossen wird,
und das sind strings.
Und strings sind - was sind sie eigentlich -, sind wir
mittlerweile bei der elften mathematischen Dimension
für ihre Darstellung angelangt?
Und ich glaube, das geht noch weiter.
Als neun Dimensionen erreicht waren, war man schon der Meinung,
dass der Abstraktionsgrad so hoch ist, dass es nicht mehr
möglich sein wird, empirische Evidenz zu finden,
die eine wissenschaftlich beweisbare Entscheidung
für oder gegen die String-Theorie möglich macht.
Zur Zeit hat diese Theorie viele Anhänger
und mir gefällt sie auch, sie ist elegant, wunderschön,
ganz außerordentlich – und wenn sie stimmt, dann kann man
mit ihr vielleicht Dinge erklären, welche die Physik derzeit
nicht erklären kann ...
Doch diese Theorie ist extrem abstrakt
und befindet sich in einer Art mentalem Hyperraum
– das ist für mich OK, aber es ist nicht das,
was Leute üblicherweise mit GEIST bezeichnen,
der ja oft gerade als nicht-intellektuell
und nicht-mental angesehen wird.
Aber das sind die Probleme, in die man gerät,
wenn man versucht mit der Physik die Mystik zu beweisen.
[...]