Nein, das müssen Sie nicht. Daß Philosophie für Heidegger notwendig Weltanschauung als Haltung ist, wissen wir doch bereits. Es fehlt der entscheidende Beleg, daß das auch hinreichend ist.
Mein teurer Freund, ich rat Euch drum
zuerst Collegium Logicum.
(Mephistopheles)
Mitnichten! 'Noch Zeit' ist in solcherlei Fällen gleichbedeutend mit 'lange Leitung'.
Nun ich kann nur das aufzeigen, was bei Heidegger in den genannten Stellen zu finden ist. Und wenn er nur sagt: Philosophie ist Weltnanschauung als Haltung, bin ich nicht sicher, ob man daraus "mehr" noch machen kann, in ihrem Sinne dass Philosophie auch "hinreichend" Weltanschauung ist (statt nur "notwendig"). Mehr an Material dazu als die zitierten Stelle kann ich nicht aufzeigen.
Zur Unterscheidung von notwendig und hinreichend:
https://de.wikipedia.org/wiki/Notwendige_und_hinreichende_Bedingung
"
Notwendige Bedingung und
hinreichende Bedingung sind Begriffe aus der Theorie wissenschaftlicher
Erklärungen, die
Bedingungen in zwei verschiedene Typen unterteilen. Die unterschiedlichen Beziehungen zwischen Bedingendem und Bedingtem werden auch in der Logik, vor allem in der
Aussagenlogik behandelt."
Aussagenlogisch betrachtet ist eine
notwendige Bedingung {\displaystyle B}
für eine Aussage {\displaystyle K}
eine Aussage, die zwingend wahr (erfüllt) sein muss, wenn {\displaystyle K}
wahr ist. Es kommt also nicht vor, dass {\displaystyle K}
erfüllt ist, ohne dass {\displaystyle B}
erfüllt ist.
Der Zusammenhang wird durch die symbolische Schreibweise {\displaystyle K\rightarrow B}
ausgedrückt, sprich „K
impliziert B“ oder „aus K folgt B“. Der Pfeil, der den Zusammenhang symbolisiert, steht für die mögliche
Schlussfolgerung. Wenn sicher ist, dass {\displaystyle K}
erfüllt ist, kann man sicher sein, dass auch {\displaystyle B}
erfüllt ist; es kann also von {\displaystyle K}
auf {\displaystyle B}
geschlossen werden. Dabei ist es unerheblich, ob {\displaystyle K}
zeitlich vor oder nach {\displaystyle B}
stattfindet.
Beispiel: "Dass ein Korb da ist, ist eine
notwendige Bedingung, um Basketball spielen zu können – ohne ihn geht es nicht."
Eine
hinreichende Bedingung sorgt zwangsläufig (oder zumindest
ceteris paribus) für das Eintreten des bedingten Ereignisses. Wenn die Bedingung nicht zugleich notwendig ist, dann gibt es andere hinreichende Bedingungen, die ebenfalls zum Eintreten des Ereignisses führen. Die hinreichende, nicht notwendige Bedingung ist also ersetzbar bzw. umgehbar (
multiple Erfüllbarkeit). Mit anderen Worten: Wenn eine hinreichende Bedingung vorliegt, dann tritt das bedingte Ereignis zwangsläufig ein.
Beispiel: "Heu zu fressen, führt für den Hamster zur
Sättigung, ohne dass weitere Bedingungen erfüllt sein müssen; die Sättigung kann aber auch anders erreicht werden (z. B. mit Karotten)."
Und:
"Hinreichende und notwendige Bedingung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Dieser Abschnitt soll den zunächst oft als kontraintuitiv empfundenen Zusammenhang zwischen hinreichender und notwendiger Bedingung, wie er im Abschnitt über die materiale Implikation angesprochen wurde, wiederaufgreifen und näher ausführen.
Betrachten wir einmal mehr die materiale Implikation {\displaystyle A\rightarrow B}
.
Man sagt: A ist
hinreichend für B: Schon wenn A der Fall ist, ist auch B der Fall.
Umgekehrt kann man aber auch sagen: B ist
notwendig für A. Ohne B kann A nicht erfüllt sein.
Wie kommt dieser Zusammenhang zustande?
Wir wissen, dass die Wahrheit von A die Wahrheit von B nach sich zieht, denn A ist ja hinreichende Bedingung für B. Somit ist es einfach nicht möglich, dass A eintritt, ohne dass B damit ebenfalls eintreten würde: B ist also gezwungenermaßen der Fall, wenn A der Fall ist. B ist „notwendig“ für A.
Dieser Zusammenhang ist in Wahrheit also ziemlich einfach; Hauptgrund dafür, dass er anfangs oft als kontraintuitiv empfunden wird, ist wahrscheinlich die Schwierigkeit, zwischen den vielen Bedeutungen des umgangssprachlichen „wenn … dann“ einerseits und der rein formalen hinreichenden und notwendigen Bedingung andererseits strikt zu trennen.
Mit dem umgangssprachlichen „wenn … dann“ möchte man fast immer einen inhaltlichen (kausalen und/oder temporalen) Zusammenhang zwischen Antecedens und Konsequens ausdrücken: „Regen verursacht Straßennässe“, „Zuerst fällt der Regen, erst nachher wird die Straße nass“. Wenn man die hinreichende Bedingung in diesem Sinn missversteht, dann ist es klar, dass die in umgekehrter Reihenfolge formulierte notwendige Bedingung „Nur wenn die Straße nass ist, regnet es“ seltsam aussieht: „Regen verursacht doch Straßennässe, wie kann daraus je gefolgert werden, dass Straßennässe Regen verursacht?“
All dies sagt die materiale Implikation aber nicht aus. „A ist eine hinreichende Bedingung für B“ meint schlicht, dass wenn die Aussage A wahr ist, auch die Aussage B wahr ist – zeitlos und zusammenhanglos, nicht etwa „später“ oder „weil“.
Analog sagt die notwendige Bedingung, „B ist eine notwendige Bedingung für A“, lediglich das aus, dass B wahr ist, sofern A es ist. Genau das ist aber die Definition des Konditionals A → B."
Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Aussagenlogik#Hinreichende_und_notwendige_Bedingung
Nun mit dem Collegium Logicum, kenne ich mich schon etwas aus, musste mir das aber erstmal wieder in Erinnerung rufen.
Allerdings war Heidegger kein unbedingter Freund der Logik:
Beleg:
"Allerdings war Carnap klar, dass diese Kritik Heidegger nicht treffen konnte,
denn Heidegger hatte die Logik als Grundlage aller Philosophie stark in ihre Schranken verwiesen."
„Wir können entweder, mit Carnap, an der formalen Logik als dem Ideal universeller Gültigkeit festhalten und uns demzufolge auf eine Philosophie der mathematischen exakten Wissenschaften beschränken; oder wir können uns,
mit Heidegger, von der Logik und dem ‚exakten Denken‘ abnabeln, mit dem Resultat, dass wir letztlich das Ideal wahrhaft universeller Gültigkeit aufgeben. Wenn ich nicht irre, dann ist es eben dieses Dilemma, das am Grund der für das 20. Jahrhundert typischen Spaltung von ‚analytischer‘ und ‚kontinentaler‘ Tradition liegt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Heidegger-Rezeption#Heidegger-Rezeption_durch_analytische_Philosophen
Daher bin ich nicht sicher, ob Heidegger es gemocht hätte, wenn wir seinen Satz "logisch aufschlüsseln".
Aber ich zeige jetzt mal wie das gehen könnte:
Zur Erinnerung: "Weltanschauung und zwar als Haltung ist <
Voraussetzung> der Philosophie. Doch was heißt hier <Vorraussetzung>?
In-der-Welt-Sein als Haltung muss geschehen, wenn Philosophieren soll sein können. Mit dem Geschehen der Weltanschauung als Haltung ist auch schon das Philosophieren erwacht. Philosophie ist schon, von Grund aus, Weltanschauung, und zwar notwendig in der Weise Haltung , was einen bestimmten Bezug zur Bergung einschließt. " (GA 27, S.379)
Und: "Lässt sich aus dem Wesen der Weltanschauung als Haltung deutlich machen, inwiefern mit ihr
notwendig das geschieht, was wir Philosophieren nannten? (S.381)
"Mit der Weltanschauung als Haltung geschieht Philosophieren." (S.386)
"In-der-Welt-Sein als Haltung muss geschehen, wenn Philosophieren soll sein können.Mit dem Geschehen der Weltanschauung als Haltung ist auch schon das Philosophieren erwacht."
Nun man kann nach den zitierten Stellen jetzt logisch aufschlüsseln:
Das In-der-Welt-sein als Haltung bzw. das Geschehen der Weltanschauung als Haltung ist die
notwendige Bedingung für das Philosophieren, für die Philosophie aus Sicht Heideggers.
Aus A ( dem Geschehen der Weltanschauung als Haltung )
folgt notwendiger Weise B (das Philosophieren, die Philosopie); A > B
Heidegger spricht selbst von der notwendigen Bedingung, zur Erinnerung: "Lässt sich aus dem Wesen der Weltanschauung als Haltung deutlich machen, inwiefern mit ihr
notwendig das geschieht, was wir Philosophieren nannten?"
Damit ist Heidegger logisch mal aufgeschlüsselt. Die Weltanschauung als Haltung ist die logisch
notwendige Bedingung für das Philosophieren. Denn ohne diese Bedingung gibt es kein Philosophieren, keine Philosophie für Heidegger (oder?).
Die Weltanschauung als Haltung kann aber soweit ich sehe
keine hinreichende Bedingung für das Philosophieren sein, denn Heidegger betont hier ja die
Notwendigkeit dieser Bedingung. Philosophieren kann aus seiner Sicht nur dadurch geschehen, dass es die Weltanschauung als Haltung gibt, eine andere Bedingung nennt er an dieser Stelle nicht.
Im Umkehrschluss kann man aber
nicht sagen, dass Philosophieren die notwendige Bedingung für die Weltanschauung als Haltung ist.
Der Fall ist damit relativ klar nach meiner Sichtweise. Und Heidegger spricht hier eben nur von einer notwendigen Bedingung für das Philosophien, was eben die Weltanschauung als Haltung ist und nicht vice versa.
Aber warum sollte das auch hinreichend so sein? Reicht hier nicht die notwendige Bedingung ? Also die Weltanschauung als Haltung als notwendige Bedingung für das Philosophieren?