Salut!
Pardon!, aber Zeilingers "Einwurf" und auch andere Hinweise auf die EU und Globalisierung scheinen mir hier wesentlich und absolut angebracht zu sein.
In einer Föderation bleiben die verschiedenen Schichten von Zuständigkeiten erhalten, wie auch die wichtigen nationalen Identifikationsmöglichkeiten, die sogar an Bedeutung gewinnen, wie auch schon vor mir bemerkt.
Auf die Gefahr hin, etwas am Thema vorbei zu schreiben, m.E. doch zum Thema:
Gerade wir Franzosen können diese Tatsachen z.Z. nicht, oder nur schwer kapieren -grins. Verständlich sogar, weil uns so was absolut fremd ist. Ist doch in Frankreich alles Staat, jede Verantwortung fängt dort an und hört auch beim Staat auf. Aber auch andere Europäer sind sich den Nationalstaat als Hort der demokratischen Entscheidungen gewohnt, eine neue Plattform, die dazu kam, irritiert sie; um so mehr, je weiter die EU-Einigung fortschreitet. Der Rückhalt wird weniger, weil keine supranationalen Bindungen entstanden, während die nationalen selbstverständlich erhalten blieben und
bleiben werden.
Die Wut auf die Regierungspolitik, die wirtschaftliche Lage etc. äussert sich bei uns -und nicht nur- im Unwillen, dem EU-Verfassungsvertrag zuzustimmen. Aber die Demokratie ist auf mehreren Ebenen strukturiert, viele davon sind national und werden es auch bleiben. Der Vertrag ist kein Ideal - das macht es leichter, dagegen zu sein - aber es ist das Beste, das wir z.Z. bekommen können. Wieso also nicht nehmen und für Verbesserungen sorgen? Es ist ein
Vertrag, davon wird es noch viele geben, wie auch Missstände, na und? Ginge alles auf einmal, würde man es sicherlich auch auf einmal bewerkstelligen.
Europa kann mehr in Sachen Forschung und Entwicklung tun, Qualifikation und Unternehmergeist bleiben national.
Auch die Arbeitslosigkeit in Frankreich und Deutschland ist nicht Europa-Sache. Dänemark oder auch Grossbritannien haben das Problem nicht, oder wesentlich geringer, obwohl sie auch EU-Mitglieder sind. Es liegt nicht an Europa, es liegt an der Qualität der nat. Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik. Wird diese europäisch besser koordiniert, werden sich auch -bin immer noch dieser Überzeugung- Möglichkeiten bieten.
Europa ist nicht der Transmissionsriemen der Globalisierung, dazu muss man nur in den USA, Lateinamerika, Asien oder Afrika gewesen sein. Von aussen geschaut, merkt man rasch, dass es im EU-Wirtschaftsleben immer noch die besten Spielregeln gibt, z.B. Marktwirtschaft mit sozialen Kontrollmechanismen, staatliche Infrastruktur und Sozialpartner, die ausserhalb weitgehend oder ganz fehlen. Auch die offenen Märkte sind wesentlich stärker reguliert als anderswo -Beispiel China, Thailand etc. Von China könnten wir uns 'belehren' lassen, was Marktwirtschaft wirklich bedeutet.
So ist/wird Europa für den Wettbewerb zuständig, die Sozialpolitik bleibt national.
Am 29.5. wird das franz. Volk das Referendum zum EU-Verfassungsvertrag abhalten. Die jüngste Umfrage zeigt zwar wieder eine Erholung des Ja-Trends auf 53%, dem Verhalten der oppositionellen Sozialisten sei Dank - ihre Zustimmung ist von 45 auf 56% innert einer Woche gestiegen. Wie wirksam aber die Internet-Seiten der Gegner am Schluss werden, kann heute noch niemand mit Sicherheit voraussagen.
[So haben wir z.B. den 1. Internet-Politiker, Prof. der Rechtswissenschaften Chouard. Monsieur Chouard ist aber weder Politiker noch Professor. Er behauptete es auch gar nie, machte sich nur auf seiner privaten Page ein paar nicht gerade fundierte und brillante Gedanken über den Vertrag, in den er sich auch gerade erst in letzter Zeit einzulesen versucht. Seine Fans, in der Zwischenzeit an die 330 000, machten ihn zum Idol der Gegner und aus der Tatsache, dass er 'professeur' ist -in diesem Fall Berufsschullehrer, wurde Professor der Rechtswissenschaften.
]
Was passiert aber, wenn das Referendum am 29. scheitert? Lassen sich die EU-Mitglieder nicht davon stören, oder werden sie sogar froh, die EU-Idee stagnieren zu lassen, werden die Industrieprojekte zwischen Deutschland und Frankreich davon betroffen etc. Was denkt Ihr darüber?
Die Zustimmung aller 25 Mitgliedstaaten ist nötig und m.E. ist die Zustimmung Frankreichs als eines der Gründungsmitglieder und immer noch eines der einflussreichsten Staaten der EU politisch entscheidend. Stimmt Frankreich gegen den Vertrag, geht wertvolle Zeit verloren und die Amerikaner, Inder und Chinesen werden noch schneller noch weiter sein.
Von aussen betrachtet, steht die EU-Besonderheit für Qualität, für Menschlichkeit und auch für Natur - allen Missständen zum Trotz!
Wenn alle diese nationalen Besonderheiten ihr Gewicht gemeinsam europäisch bekunden, dann macht das eben doch Eindruck - in dieser nicht gerade sympathischen Welt. Warum hätten sonst die Russen und die Kanadier das Protokoll von Kyoto ratifiziert?
Ist es -um es pathetisch auszudrücken- nicht gerade die EU, die der Traum vom Weltfrieden zu verwirklichen versucht?
Aber Europa ist kein Staat mit Klischees, Ritualen, Wiedererkennungswerten/ -Merkmalen und Figuren - dies alles bleibt national. Ein demokratisch-politischer Überbau wird nur sehr langsam heranwachsen; ist es deshalb nicht enorm wichtig, ihn mit Kommunikation etc. überlegitimieren?