AW: God bless you, Dublin! F*** you, Brussels!
Zitat von pispezi:
Der Tenor, der hier bei Dir und einigen anderen vorzuherrschen scheint, ist:
Entweder all die Fehler (die natürlich da sind!) werden sozusagen im Handstreich alle beseitigt, oder das Ganze muss eben abgelehnt werden.
Im Gegenteil: Die EU muss neu überdacht werden. Die europäischen Völker (nicht bloß ihre Politiker) müssen aufgeklärt werden und sich dann entscheiden was sie wollen. Das darf eben nicht übereilt, "im Handstreich", geschehen, sondern dafür müssen wir uns Zeit lassen. Was ich bemängel ist eben nicht, dass es nicht schnell genug geht, mich ärgert, dass die führenden Köpfe Europas in geschlossenen Kammern en masse irgendwelche Ideen und Pläne raushauen, ohne sich beim Volk umzuhören.
Warum ich (eigentlich Pro-Europäer) mir über die irische Abstimmung ins Fäustchen lache ist, dass sich endlich mal jemand getraut hat, nicht jede EU-Aktion kritiklos mitzumachen. Es läuft doch meistens so ab:
Die "klugen" Köpfe kommen in Brüssel zusammen, beschließen etwas und winken es durch. Wen interessiert da Volkes Meinung? Oder wenigstens, dass das Volk folgen kann? Die EU, wie sie heute ist, wird von Landespolitikern für ihre Spielchen benutzt. Und sie ist, nebenbei, eine tolle Spielwiese für ausgemusterte Politiker und Beamte, die es auf nationaler Ebene zu nichts gebracht haben.
Ob die Iren das erkannt haben- keine Ahnung. Aber sie haben den Bürokraten und Hüptchenspielern da drüben ein kräftiges "Nein!" entgegengeschrien. Und dafür bin ich ihnen eben dankbar.
Und was passiert? Das arrogante Gequatsche unserer Politiker geht weiter. Jetzt reden sie davon, dass es ja nicht sein kann, dass ein paar irischer Neinsager, die große Masse der EU-Befürworter blockieren. Ich sag es nochmal: Das ist eine Milchmädchenrechnung, gemacht ohne das Volk. Es sind doch nicht ein paar Iren, die gegen eine geschlossene Masse von Befürwortern in ganz Europa stehen- und ich spreche jetzt nicht nur von Niederländern und Franzosen. In ganz Europa gibt es VIELE Menschen, die nicht verstehen, was Europa ist, was Europa tut, wozu es da ist etc. etc.
Diese geschlossene Masse, die alles toll findet was Brüssel tut, gibt es nicht. Das müssen unsere Politiker und EU-Beamte endlich schnallen und die Menschen mehr mit einbeziehen.
Und diese Menschen werden im Unklaren gelassen.
Aber diese EU, die keiner kennt, kommt dann aber an und erzählt kretischen Orangenzüchtern, wie groß ihre Orangen sein müssen. Solche Dinge bleiben bei den Menschen eher haften, als EU-Fördergelder, die es ja auch gibt, was ich nicht verschweigen will.
Mein Vorschlag:
Machen wir doch mal eine Volksbefragung in allen Staaten der EU über europäische Grundsätze und schauen, wie das Stimmenverhältnis ausfällt und warum was befürwortet oder abgelehnt wird. Dann weiß Brüssel, wie es um Europa steht und woran noch gearbeitet werden muss.
Zitat von Andreas61
Wenn ich dir bei deiner Definition von Informationserfüllung beipflichten würde, käme ich mir fast schon ironisch vor:
Vor der Wahl ein Plakat oder/und ein Heftchen mit Informationen über den Vertrag anfertigen und austeilen lassen, und das Informationsproblem für die Iren wäre gelöst… ?
Es geht nicht nur um die Iren, vielleicht habe ich mich bisher unklar ausgedrückt. Die irische Reaktion betrachte ich als eine Auswirkung der mangelnden Informationspolitik.
Aber die EU hat so viele Organe, warum ist sie nicht in der Lage, Menschen vernünftig zu informieren?
Zitat von Andreas:
„Mehr Menschennähe“ ist schwammig: Das ist eine Aufgabe der Politiker im Lande! Mir persönlich ist etwa der portugiesische EU Vertreter tatsächlich menschlich nicht besonders nahe und ich erwarte das auch nicht von ihm.
Das sollte sich mehr herumsprechen: Die EU hat nur mehr oder weniger zufällig ihren Sitz in Brüssel, die Vertreter kommen aus unserem Land, das sind unsere Politiker - die wir demokratisch gewählt haben!
Der portugiesische nicht, aber wie stets mit dem österreichischen (oder deutschen, sorry, ich habe vergessen nachzuschauen wo du herkommst.)?
Wer gewählt ist, sollte auch seine Pflicht erfüllen, die nicht nur darin besteht, im Parlament seine Stimme abzugeben, sondern auch die Leute zu informieren.
Menschennähe heißt ja nicht nur, dass Politiker kommen, um die Hände zu schütteln, es heißt, dass Vertreter Europas (in welcher Form auch immer) kontinuierlich den Kontakt zu den Menschen halten.
allerdings liegt es, in der Tat, nicht nur an der Politik. Auch die Schulen und Medien- zum Beispiel- sollten noch mehr auf europäische Fragen eingehen und die EU besser erklären. Ich würde, zum beispiel, eine Europa-Seite in jeder Tageszeitung begrüßen.
Zitat von Andreas:
Noch eine allgemeine, mehr psychologische Sichtweise, die aber nicht unbedingt für diesen Thread zutreffen muss:
Ein Hauptproblem liegt auch darin, dass der „MOLOCH“ EU (immer wieder so zu hören und zu lesen!) für den Einzelnen schon wegen der Größe und Vielfalt der Völker und Interessen unüberschaubar ist, gewisse Ängste auslöst und man in Ablehnungsverhalten und Widerstand verfällt, wodurch man auch immer entsprechende Argumente sucht und mit Sicherheit auch findet.
Genauso sicher, wie das natürlich nicht für alle zutreffen kann, so sind sich andererseits die Experten auch sicher, dass das ein gewichtiger, ein mit entscheidender Grund ist.
Dagegen hilft nur Vertrauen schaffen, und dafür sind ständige Informationen eine unerlässliche Voraussetzung, meine ich.
Dito. Deswegen meine ich ja, dass die EU es langsam angehen lassen soll. Warum muss alles zack zack gehen, warum müssen wir alles gut finden, was Brüssel tut?
Ich will keine EU, die zwar dem Namen nach nach außen existiert, innerhalb aber vollkommen marode ist.
Und marode ist sie, weil die Menschen oft überfordert sind und nicht mehr mitziehen wollen. Was ich- teilweise- auch nachvollziehen kann.
Viele Grüße,
Sunnyboy