Wie die Rugby-Erfolge von Wales den Papst „töten“
Von Dörte Saße
Britischer Humor in der Statistik: Der eigentlich widerlegte Zusammenhang zwischen Papst-Tod und Siegesjahren der walisischen Mannschaft besteht doch, wenn auch koptische Christen berücksichtigt werden
Sheffield (Großbritannien) - Rugby ist in Wales nicht nur Nationalsport, sondern auch eine Art Religion. Vielleicht deshalb kursiert seit geraumer Zeit die Regel: „Jedes Mal, wenn Wales den Rugby Grand Slam gewinnt, stirbt ein Papst. Außer 1978, da war Wales besonders gut und zwei Päpste starben.“ Zwar entlarvte eine Studie diesen statistischen Zusammenhang eigentlich als kaum haltbar und deshalb als modernen Mythos. Doch jetzt vermeldet ein britischer Forscher mit einem Augenzwinkern im “British Medical Journal”: Die Regel stimmt doch – wenn man auch die Päpste der koptischen Christen berücksichtigt.
„In diesem Jahr starb der koptische Papst Shenuda III., an genau jenem Tag, als Wales den Grand Slam gewann“, erklärt der Arzt Edward Snelson vom Children’s Hospital im britischen Sheffield. „Er war 41 Jahre lang Papst und folgte auf Cyril VI., der 1971 starb, im selben Monat, als Wales auch den Grand Slam gewann.“ Ein Grand Slam bedeutet im Rugby Union, der weltweit verbreitetsten Rugby-Variante, dass eine Mannschaft im alljährlichen Six Nations-Turnier all ihre Gegner in der Union besiegt. Dazu gehören neben Wales auch England, Schottland, Irland, Frankreich und seit 2000 auch Italien. Diese Siege hatte sich ein der walisische Arzt Gareth Payne näher betrachtet: Er verglich sie statistisch mit den Todesjahren der römisch-katholischen Päpste seit 1883, dem Jahr des ersten Turniers.
Insgesamt 53 Grand Slam-Titel wurden seit damals erkämpft, davon die meisten von England, Wales und Frankreich. Außerdem fielen acht Tode katholischer Päpste in den Zeitraum, davon fünf in Grand Slam-Jahren. Paynes Team kam zu dem Schluss, dass der „Papst-Rugby-Mythos“ offenbar nur auf den letzten beiden Siegesjahren der Waliser beruhte: 1978 starben dicht hintereinander Paul VI. und Johannes Paul I. und 2005 starb Johannes Paul II. Also folgerten die Forscher, es gebe zwar einen schwachen Zusammenhang, nämlich 3 von 5 Papst-Toden in Wales’ Grand Slam-Jahren, doch sei die Korrelation nicht stark. Interessant sei höchstens, dass in jedem Todesjahr die protestantischen Länder – England, Schottland oder Wales – gewonnen hätten, aber nie das katholische Frankreich, Irland oder Italien.
Doch nun bringt Snelson ein einfaches Argument, das den Zusammenhang wieder stärkt: „Koptische Päpste haben einen legitimen Anspruch auf den Papsttitel, eine wichtige Information für unsere Leserschaft.“ Damit steigt der Wahrscheinlichkeitswert auf 5 von 7. Schließlich seien auch zwei der sechs koptische Päpste im fraglichen Zeitraum in Grand Slam-Jahren gestorben – und mit 1971 und 2012 tatsächlich jedes Mal, wenn Wales den Titel errang. Snelson schließt mit britischem Humor: „Obwohl der Zusammenhang zwischen diesen Todesfällen und den Sportereignissen nicht völlig verstanden ist, hat die [erste] Studie eine falsches Sicherheitsgefühl erzeugt und könnte das Leben anderer Päpste gefährden.“
ZUSATZINFORMATION
Die Päpste der koptischen Kirche gelten als direkte Nachfolger des Evangelisten Markus und haben ihren Sitz – als „Papst von Alexandria und Patriarch von ganz Afrika“ – heute in Kairo. In Ägypten lebt auch der Großteil der koptischen Christen, kleinere Gemeinden bestehen in Eritrea, Libyen, dem Sudan, Israel, Australien und anderen Ländern weltweit.