• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Gedanken über das Altern

Bernd schrieb:
Hallo ihr.


Greifen wir nach „zu vielem“ gleichzeitig? Ich weiß das nicht.
Keiner weiß, ob er nach zu vielem greift, solange er nicht scheitert. Scheitert, m.E. auch im „über-sättigen“. Denn wer merkt schon, ob er nach etwas greift, um Lust zu gewinnen oder ob er nach einem Halt sucht, etwas ersetzendem. Woran merkt ihr, dass ihr „nach zu vielem“ greift?

Viele Grüße
Bernd

Nun ja - Der Hinweis auf Reich ( Orgon) war ja wohl nicht ganz zufällig, Bernd!

Ich finde, Du kommst hier dem Entscheidenden,dem, was wir Älteren sehr oft nur noch vergeblich nachfühlen können, nahe.
Das ist die unvermittelte Lust unseres Körpers zu fließen - sexuelle Energie auszustrahlen und zu empfangen. Und das ist im Bild des Tanzens und in dem Bild des Zerinnens sehr gut aufnehmbar, meine ich mal.
Wie sagt Goethe, der zumindestens bis ins hohe Alter sexuelle Energie in seinem Schaffen sublimierte ( Ulrike von Lewetzow) : " Ich besaß es doch einmal, was so köstlich ist. Dass man doch zu seiner Qual, niemals es vergisst...

Wir Alten greifen vielleicht zu vielem, weil wir das Eine nicht mehr - oder nur sehr selten - fassen können.
 
Werbung:
Zitat von Louis:
Das einzige was ich eigentlich fürchte beim Älterwerden ist eine lange Krankheit. Ansonsten freue ich mich auf das älter werden und auch auf den letzten Tag.

Der furcht vor Krankheit und Hilfsbedürftigkeit kann ich mich anschließen, beides assoziiert man ja mit dem Alter.
Ich beneide die Leute, die plötzlich tot umfallen oder früh nicht mehr aufwachen.
Ich bin zwar ers 64, aber für diesen Fall habe ich alles geregelt und könnte mein Leben furchtlos genießen, wenn eben nicht die Bedrohung durch ein Siechtum da ist und das unselige Verbot der Sterbehilfe auf verlangen, wenns denn nötig sein sollte.

Sich aufs älter werden freuen?
das können sicher nur wenige Leute. ich nicht.
Denn selbst die „rüstigen“ Alten haben körperliche gebrechen und nachlassenden Intellekt,
da sehe ich keinen Grund zur Freude.
Es gelassen hinnehmen, immer im Kopf, daß ja die Erde eigentlich schon übervölkert ist,
das ist gut.

meint Claus
 
So sind sie, die Menschen, wollen die Jugend und Schönheit, aber die Kehrseite der Medaille wollen sie nicht - weil sie glauben, sich daran nicht erfreuen zu können. Welch ein Egoismus. Das erinnert mich an Schauspielerinnen, die immer nur die Rolle der Geliebten und für ihre Schönheit Bewunderten spielen wollen, niemals aber die Alte oder Hässliche.

Das vermeintlich Gute anzunehmen, fällt wohl niemandem schwer. Lebenskunst ist auch das vermeintlich Schlechte dankbar anzunehmen und offen zu sein für die Erfahrungen, die man dadurch geschenkt bekommt.

Stephen Hawkins hat sicherlich nicht nur mir Mut gemacht, den Widrigkeiten des Lebens zu trotzen und dennoch glücklich sein zu können. Der Mensch in der Blüte seines Lebens ist oftmals ebenso wenig fähig, Glück zu empfinden, obwohl es ihm offensichtlich an nichts Angenehmen mangelt. Wie wenig wird er dann glücklich sein können, wenn das Alter ihn überkommt und er erfahren muss, alles wird noch schlimmer.

Für mich zeigt sich gerade in den schlechten Zeiten, wie weit ein Mensch gereift ist und wovon er sich abhängig gemacht hat.

Ich spreche jetzt nicht von dem Extrem an einer Maschine angeschlossen zu sein und nicht mehr bei Verstand zu sein. Wer aber Krankheit und Hilfsbedürftigkeit alleine schon als unzumutbar ansieht und sich lieber den Tod wünscht, als so leben zu müssen, der hat sich meiner Meinung nach noch nicht mit dem Wesentlichen des Lebens auseinandergesetzt und nimmt sich selbst als Person wichtiger als er ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zitat von niemand:
So sind sie, die Menschen, wollen die Jugend und Schönheit, aber die Kehrseite der Medaille wollen sie nicht - weil sie glauben, sich daran nicht erfreuen zu können. Welch ein Egoismus.
....
Für mich zeigt sich gerade in den schlechten Zeiten, wie weit ein Mensch gereift ist und wovon er sich abhängig gemacht hat.


na, dann freu dich mal (zusammen mit louiz) auf die Beschwerden des Alters.
Ein Leben mit der Krankheit kann immer noch besser sein als der Tod, ohne Frage,
aber wer sich darauf noch freut, der muß schon sehr reif sein....

meint Claus
 
Marianne schrieb:
Ich habe gerade in einem Philosophieforum ein Thema laufen:
Das Problem der Vergeblichkeit. Hier ist im Original ein Zitat

Da passt das Bild ebenfalls sehr gut.Es ist aber - das ist mein Standpunkt - nicht an das Alter gebunden , sondern - und Du, Bernd, tust das ja auch - an das Leben, das fließt und von dem wir wissen, dass es einmal als Bewusstes - beendet sein wird. Der Alters/Vergeblichkeitsfrust ist einem fühlenden Wesen lebenslang zu eigen.

das ist ein Zitat eines Diskussionspartners dort. Ich schließe mich vollinhaltlich an.

Marianne





http://www.diskussionsforum.at/

von dort ist das Zitat

Ich gebe es hier noch genau an, weil ich von Baerliner darauf hingewiesen wurde, dass man das tun müsse.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Bernd schrieb:
Das sind die Punkte, an denen ich von Psychologie zu Philosophie stromer und ebenso dort nicht bleiben kann. Ich weiß nicht, wie man diese Dinge klären kann, aber vielleicht ist das der Punkt, an dem man sich das Mysterium erhalten muss und darf und an dem man einfach mal tanzen kann, anstatt alles so lange zu zerlegen, bis es alles keinen Spaß mehr macht

Dem möchte ich mich anschliessen.

Ich kann wieder mal nur von mir sprechen, und meine Erfahrungen sind auch, dass jedes Alter seinen eigenen Reiz hat. Und so wird es mir persönlich gar nicht so mulmig, wenn ich ans (noch) älterwerden denke. Warum soll ich mir da auch so viele Gedanken drüber machen, ich weiß doch gar nicht wie es sein wird, was alles noch auf mich zukommen könnte. Ich kann Pläne machen, aber letztendlich muss ich weiterhin versuchen das Leben zu nehmen wie es ist, und wie es kommt. So habe ich auch keine Angst vor dem Tod an sich, ich weiß nicht, ob es dann ein „nichts“ ist, ich bin mir aber ziemlich sicher, dass mein Leben nicht vergeblich war. Aus manchen Fehltritten habe ich neue Sichtweisen „gelernt“. Aus einigen erschütternden Erfahrungen habe ich gelernt, dass es keine Garantien gibt im Leben, dass alles plötzlich ganz anders sein kann. Dann steht man manchmal da und die besten/schönten Pläne, das eigene „Weltbild“ ist einfach futsch. Und so stromere ich schon lange nicht mehr von Psychologie zu Philosophie.

Ich arbeite hauptsächlich mit jüngeren Menschen zusammen, einige von ihnen könnten meine Kinder sein. Vielleicht „hilft“ mir auch das, nicht ständig über meinem Alter nachzudenken. Ich kannte sehr viele Menschen, die gerne so „alt“ geworden wäre wie ich es nun bin. Wenn ich in den Spiegel sehe, ist deutlich, dass der Zahn der Zeit nicht spurlos an mir vorübergegangen ist – wie alt, bzw gut oder schlecht ich mich dabei oder auch sonst fühle, ist unterschiedlich. Klar, bin ich heute gebrechlicher als vor 30-20 oder noch 10 Jahren. Aber ich kann noch ganz gut laufen, bin gesund und auch einigermaßen klar im Kopf. Noch kann ich auch mit meinem Enkel z. B. Fußball spielen oder tanzen. Ihm stört mein Alter nicht, und mir auch nicht. In gut einem Jahre werde ich (freiwillig!) vorzeitig in den Ruhestand gehen und ich freue mich darauf, dann endlich mehr Zeit zu haben – für dies und jenes. Getanzt habe ich immer für mein Leben gern, wer weiß, vielleicht gehe ich dann auch mal wieder in einen Tanzkurs und lerne Paso Doble oder so :tanzen:

Hilsen
Britt
 
Lieber Claus,

Kindheit und Jugend sind auch nicht ohne Beschwerden, nicht ohne Leid. Erinnerst du dich nicht mehr? Auch du hast geweint und gelitten.

Warum sollte ich also das Alter fürchten oder mich nicht darauf freuen?

Ich bin optimistisch und weiß, dass meine Last nicht größer sein wird, als ich ertragen könnte.

Eine Mutter weiß, dass sie ein Kind unter Schmerzen bekommen wird. Aber glaubst du wirklich, dass diese Tatsache auch nur eine wirkliche Mutter davon abhalten könnte, ihr Kind auf die Welt zu bringen?
 
Bei diesem Thema darf ich natuerlich nicht fehlen als eine der Aelteren im Forum.
Bei mir ist es bis jetzt so, dass ich das erlebe, was die Englaender "aging gracefully" nennen.
Damit hake ich meine aeussere Erscheinungsform ab. Ich habe da viel Glueck, bin auch noch kerngesund.
An sich bin ich erstaunt, dass ich es schon knapp 62 Jahre geschafft habe, ich habe einiges hinter mir und komme mir oft vor wie auf einem hohen Berg, auf dem ich sitze und herumschaue.
Natuerlich hat der Mensch eine andere Perspektive aufs Leben, wenn er den groessten Teil schon hinter sich hat als umgekehrt.
Ich bedaure einiges, was ich getan und anderes, was ich nicht getan habe, es war sehr durchwachsen bisher, aber ich habe mittlerweile alles akzeptiert.
Mein Lebensgefuehl ist definitiv besser als frueher, ich habe immer noch das Gefuehl, in die hineinzuwachsen, als die ich eigentlich gedacht bin, fuelle die Blaupause immer noch nicht aus.
Deshalb sehne ich mich nicht nach frueher zurueck, auch, wenn ich die schoensten Erinnerungen an die flower power Zeit habe.
Ich sehe es wie (war das Marianne?):
Das Leben ist endlich, ich akzeptiere das nicht nur mit dem Kopf, sondern auch gefuehlsmaessig.
Da ich eine Weiterexistenz ebenfalls nicht ausschliesse, bin ich irgendwie sogar gespannt auf das "Nachher".
Wie sicher alle Menschen moechte ich nicht von einer schlimmen Krankheit heimgesucht werden und qualvoll sterben.
Da ich aus zwei zaehen Familien komme, bin ich genetisch auf ein langes Leben angelegt, das weiss ich.
Ich habe aber absolut keine Lust, als uraltes bewegungseingeschraenktes, schmerzgeplagtes Weiblein herumzuhumpeln oder gar in ein Alters- oder Pflegeheim zu gehen, insofern gehoere ich nicht zu denen, die 100 Jahre alt werden moechten.
Ich schliesse nicht mal aus, aus ganz nuechternen Erwaegungen, den Zeitpunkt meines Ablebens selber zu bestimmen, wenn ich "die Schnauze voll" habe.
Das koennte der Fall sein, wenn mein langjaehriger Partner vor mir stirbt, daran moechte ich aber gar nicht denken!
Natuerlich weiss ich nicht wirklich, wie ich mich in einer solchen Situation fuehlen wuerde, das bleibt abzuwarten.
Ich habe gelernt, bewusst im "Hier und Jetzt" zu leben und bin im grossen und ganzen im Einklang mit meinem Leben.
Bin auch eine Alltagskuenstlerin, d.h. ich kann Situationen viel Freude abgewinnen und muss nicht unbedingt auf Highlights wie Urlaub oder Feste warten, um ein High zu erleben.
Die Endorphine fliessen bei mir schon, wenn mir zum Beispiel ein Gedicht raussprudelt, daher auch meine Reimesfreude, die mir schiere Lust bereitet, und wer das als Oberflaechlichkeit glaubt tadeln zu muessen ;), bitte sehr, das ist wirklich nicht mein Problem...
Aber genug der Selbsterklaerung ;).
Die sich verschaerfende Konfrontation alt-jung, die IMO von den Medien geschuert wird, betrachte ich mit zunehmendem Befremden und Unbehagen.
Denn in meinem realen Umfeld findet das (bis jetzt?) nicht statt.
Last not least:
das Unbehagen am Sein an sich, dieses "man ist halt ueberall a bissele ungern" habe ich mit meiner Jugend hinter mir gelassen, Gott sei Dank!
Und das muss erstmal genuegen!

Ich wuensche allen einen schoenen Abend!
Fortuna
 
Ich habe aber absolut keine Lust, als uraltes bewegungseingeschraenktes, schmerzgeplagtes Weiblein herumzuhumpeln oder gar in ein Alters- oder Pflegeheim zu gehen, insofern gehoere ich nicht zu denen, die 100 Jahre alt werden moechten.
Fortuna, manche Leute werden über 100 und sind deshalb zu beneiden.
Ich habe neulich Johannes Hesters gesehen, der mit 102 noch so auftritt, wie es sich heute manch ein siebzigjähriger nicht mehr kann.
Auch ich werde alles daransetzen, meine Freiheit nicht gegen ein Altersheim einzutauschen. Noch kann ich stundenweise arbeiten, aber es zeichnet sich ab, daß die Krankheiten des Alters es eines Tages sehr schwer machen, die Selbstversorgung zu gewährleisten.
Hundert Hemmnisse, Umstände und Erfordernisse rauben die immer knapper werdende Zeit.
Nein, nein, das Altern ist keine erfreuliche sache.

meint claus
 
Werbung:
Zitat von Niemand:
Kindheit und Jugend sind auch nicht ohne Beschwerden, nicht ohne Leid. Erinnerst du dich nicht mehr? Auch du hast geweint und gelitten.

Warum sollte ich also das Alter fürchten oder mich nicht darauf freuen?
Eben, weil ich mich erinnere, ich vergleiche die Leiden von damals mit denen von heute.
Wenn man jung ist, freut man sich aufs Alter mit der stillschweigenden Voraussetzung, daß man rüstig und mobil und geistig voll beweglich bleibt, und viiiiiel Zeit hat.

Aber es kommt oft anders, dann nimmt man das für die Weltreise Ersparte für den Umbau zu einer rollstuhlgerechten Wohnung. Und die Schmerz- oder Schlaftabletten vernebeln den Verstand. Wenn man Musik hört, denkt man mehr und mehr an den ertaubenden Beethoven, und die zunehmende Sehschwäche lässt erahnen, daß man bald auchnicht mehr lesen kann.

Freu dich nicht zu früh!

warnt claus
 
Zurück
Oben