Leute, die GARKEINE Partei möchten, weil sie "das gesamte System" verabscheuen, kommen nicht auf die Idee, dass sie durch Nichtwahl "gewähren lassen", sie sind der Ansicht, ihr Nichtwählen drücke "Protest" aus bzw. "Nichtbeteiligung". Das ist kein politisches Desinteresse sondern wirkungsloser Widerstand.
Und politisch Desinteressierte legen das selbe Verhalten an den Tag. Wie soll man die beiden unterscheiden ? Wie soll man das Verhalten eindeutig interpretieren ?
Ein hervorragendes Beispiel dafür, daß es in Deiner Vorstellung offenbar immer einen Klassensprecher geben muss. In dieser Vorstellung enthalten ist die grundsätzliche Akzeptanz des gesamten Regelwerks "Schule". Die vermeintliche Demokratie besteht dann darin, entweder einen zu wählen oder sich einen vorsetzen zu lassen. Die Option, keinen Klassensprecher zu haben, ist nicht vorgesehen.
Demokratie wäre es, zunächst eine Abstimmung darüber zu machen, ob es überhaupt einen "Klassensprecher" geben soll, überhaupt eine "Klasse", eine "Schule" usw.
Nun, die Existenz des Klassensprechers ist sozusagen in der "Schulverfassung" festgehalten, und die Wahl des Klassensprechers entspricht der Wahl des Bundespräsidenten - dessen Existenz ebenso in der Bundesverfassung festgelegt ist, und über das in gängigen Wahlen nicht abgestimmt wird.
Die Existenz des Bundespräsidenten zu überdenken ist nicht Thema einer Nationalratswahl - diese Frage kann aber anderswo, nämlich im Parlament und ggf folglich in einer separaten Volksabstimmung erörtert werden.
Natürlich, man kann die Existenz oder auch die Rechtmäßigkeit der Verfassung in Frage stellen oder sie einfach nicht akzeptieren. Das ist ja der Kern der Staatsverweigerer. Das steht ihnen frei, jedoch ist der Staat laut Verfassung (und diese ist das, woran sich der Staat halten muss) nicht verpflichtet, irgendeinen Deut darauf zu geben.
Natürlich ist kein freier Bürger gezwungen, sich den Unbillen der Bundesverfassung, ungewollt auszusetzen. Er darf das Bundesgebiet und somit den Wirkungsbereich der ach so üblen Bundesverfassung jederzeit verlassen.
Ich erhebe grundsätzlich keinen Anspruch auf eine übergeordnete Relevanz meiner persönlichen Sichtweise. Deine Probleme sind Deine und meine sind meine. Mit der in Deutschland praktizierten "indirekten Demokratie" habe ich persönlich zwar keine Probleme, denn sie begünstigt mich sogar aber ich finde sie halt derart "indirekt" und intransparent, daß ich sie einfach nicht als "Demokratie" bezeichnen möchte. Das ist schon alles.
Ich stelle gar nicht in Abrede, dass unsere Demokratien "sehr indirekt" und tatsächlich (vor Allem für den Normalbürger) sehr intransparent sind. Aber, gerade das bewirkt ihre Stabilität und Prosperität ! Wenn niemand weiß, wer eigentlich das Sagen hat, ist auch niemand greifbar für Korruption. Niemand, der auf Grund eines Größenwahns ein Land leichtfertig destabilisieren könnte. Was geschehen kann, wenn das Machtsystem transparent und klar ist, z.B. Diktatur oder Autokratien wie in Russland, der Türkei oder versuchter Weise jetzt in den USA, sehen wir ja. Insofern sehe ich die Indirektheit und die Intransparenz nicht als Problem sondern eher als positives Indiz.
Natürlich, für eine misstrauische Person ist Intransparenz ein Problem. Was er meint nicht kontrollieren zu können, macht ihm Angst. So gehen manche Menschen nicht ins Trübe Wasser schwimmen - auch wenn es keinerlei konkreten Hinweis auf eine Gefahr gibt. Oder sie haben Angst vor Dunkeltheit - einfach, weil sie nicht sehen können ob eine Gefahr droht und nicht, weil tatsächlich eine Gefahr droht.
Hier ist die Misstrauische Person am Zug. Eine stabile Demokratie basiert auf Vertrauen. Auf dem Vertrauen, dass es "die Masse" bzw "das System" nicht auf einen Abgesehen hat. Darauf, dass der Staat ein gemeinsames Interesse ist. Genau das ist der Punkt, warum sich Demokratie nicht verordnen lässt. In Irak, Afghanistan oder andere zerrütteten Staaten hatten vornehmlich die USA versucht, Demokratien aufzubauen, indem man lediglich die vermeintlichen Hindernisse aus dem Weg geräumt hatte. Das beruht auf dem Irrtum, dass "das Volk" immer eine Demokratie wünschte und in Systemen, wo keine Demokratie herrscht, dies lediglich an Einzelnen oder einer "machthabenden Elite" läge, die dem Volk die Macht vorenthält.
Aber nein, die Ursache liegt tiefer - im fehlenden Vertrauen der Menschen untereinander. Fehlt dieses Vertrauen, funktioniert keine Demokratie, und eine von oben oktroyierte Demokratie wird nicht dankend angenommen, sondern zerfällt mit hoher Wahrscheinlichkeit. Der Staat ist ein fiktives Gebilde, er setzt sich aus den Menschen zusammen. Sind diese nicht bereit, einen Staat zu bilden, gibt es auch keinen funktionierenden.
Und hier ist das Problem bei den Verschwörungstheoretikern und in der Regel rechtsäußeren Direktdemokratieforderern. Ihre Anliegen beruhen auf Misstrauen, und sie fordern "mehr Demokratie" - weil sie glauben, damit mehr kontrollieren zu können. Aber gerade Misstrauen ist das, was eine Demokratie schädigt und sie sogar zum Einsturz bringen kann.
Die "habe" ich schon lange und ich frage sie oft, was ihnen recht wäre und überraschenderweise war es eigentlich fast immer allen (mich eingeschlossen) recht.
Ja, und bei Kinder ist es noch sehr einfach, weil da einerseits die familiären Bande sind und andererseits man in direktem Kontakt zueinander steht. Will einer den anderen übervorteilen, hat man in der Regel die Auswirkungen direkt vor Augen. Fordert der Wiener "weniger Millionen nach Kärnten !", dann trifft es in der Regel niemanden, der ihm persönlich wichtig wäre und bekommt die Auswirkungen auch nicht zu sehen.
Dennoch, darum geht es doch nicht. Demokratie heißt doch nicht, es allen und immer recht zu machen, es heißt nur, jeden auch tatsächlich zu hören, zu würdigen und zu berücksichtigen und den bestmöglichen Konsens zu finden und das auf eine für jeden nachvollziehbare transparente Art.
Bei 8 Millionen Österreichen und noch mehr bei 80 Millionen Deutschen ist es einfach nicht möglich, jedem Einzelnen zuzuhören. Also fasst man diverse Gruppen zusammen, und anstatt 8 bzw 80 Millionen Einzelstimmen gibt es dann beispielsweise wie in Österreich 183 Nationalratsmandatare, wovon eine Nationalratsstimme gut 40000 Bürgerstimmen entspricht. Da es aber noch immer ziemlich wirr zugehen würde, wenn 183 einzelne Stimmen und Forderungen durch den Raum hallen würden, hat sich daraus eine überschaubare Anzahl von Gruppen, den Parteien gebildet. Und siehe da, selbst bei lediglich 4 oder 5 Parteien geht es manchmal noch drunter und drüber.
Die Indirektheit der Demokratie ist eine Notwendigkeit, um dem "Stimmenchaos" zu entgehen. Sie ist der Demokratie nicht abträglich, sondern förderlich, um nicht zu sagen, lebensnotwendig. Müsste das Parlament tatsächlich 8 Millionen Bürgern Platz und Redezeit geben, hätte man keine funktionierende direkte Demokratie, sondern Anarchie - die Politik wäre handlungsunfähig.
Und selbst bei Volksabstimmungen bzw -befragungen gibt es de facto nicht Millionen Einzelstimmen, sondern lediglich zwei "Parteien". Eine Ja-Partei und eine Nein-Partei. Und jene Partei mit den meisten Stimmen gewinnt. Der Bürger wird hier genausowenig präzise gefragt, wie bei Nationalratswahlen. Er kann nur aus einigen vorgefertigten, überschaubaren Bündeln eines auswählen.
Ich erinnere mich da an die Abstimmung zur allgemeinen Wehrpflicht. Es gab nur die Möglichkeit "Beibehaltung" oder "Abschaffung". Eine etwaige Alternative "Noch 10 Jahre beibehalten, dann langsam abschaffen" oder "Beibehalte und Wehrpflicht auch auf Frauen ausdehnen" oder "Beibehalten, aber Wehrpflicht auf 4 Monate reduzieren" standen erst gar nicht zur Wahl.
Also, soooo direkt sind Volksabstimmungen oder Volksbefragungen auch nicht.
Dieses Argument, "woanders ist es noch viel schlimmer", bringst Du auch jedes Mal. Es hat die Qualität von: "Diese Schuhe für 500 Euro sind nicht teuer, denn es gibt auch welche für 10.000 Euro".
Der Unterschied ist der, dass du in der Welt schon einige Zeit lang gezielt suchen musst, um Schuhe für 10.000 Euro zu finden.
In einer Welt, wo die Mehrzahl an Schuhen 10.000 Euro kosten, sind Schuhe für 500 Euro tatsächlich nicht teuer. Und du findest die 500 Euro teuren Schuhe eben auch nur teuer, weil die Mehrzahl der dir bekannten Schuhe deutlich weniger als 500 Euro kosten.
Und so ist es auch mit den Demokratien in der Welt. Es mag sein, dass es einzelne Staaten gibt, wo etwas "noch besser" funktioniert. Wenn wir aber in Summe auf Rang 2 oder 3 von knapp 200 Staaten liegen, ist es irgendwie fehl am Platz zu jammern, und "das System" für ach-so-schlimm zu halten.
Oder willst du auch unseren Wohlstand n D und Ö leugnen, nur weil es in Dubai noch deutlich mehr Prunk gibt ?
Deswegen werde ich aber das politische Gemauschel, zu dem es unsere Gesellschaft bislang gebracht hat, nicht "Demokratie" nennen.
Du brauchst nicht das Gemauschel "Demokratie" nennen, du könntest aber lernen, das Gemauschel vom "System" zu unterscheiden.
Oder willst du Deutschland auch insgesamt als kriminell bezeichnen, nur weil es in Deutschland Kriminalität gibt ?