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Europa unter dem Halbmond oder das Diktat der Toleranz

AW: Europa unter dem Halbmond oder das Diktat der Toleranz.

Hallo rote Gräfin,

ich habe mir erlaubt, die zum eigentlichen Thema geschriebenen Zeilen chronologisch zu reihen, um auf deine im letzten Beitrag (Nr. 79) m. E. getätigte Kernaussage besser aufmerksam machen zu können.


Beitrag Nr. 74, Zitat von Harald:
Würden islamische Fundamentalisten, die als "Hassprediger" auftreten, ignoriert werden, wäre es auf unserer Welt mit ziemlicher Sicherheit ruhiger und friedlicher.

Beitrag Nr. 75, Zitat von roter Gräfin:
Sie werden aber nicht ignoriert, weil der elementare Wunsch der hinter dieser Aggression steckt nicht gehört wird. Der Wunsch nach Gleichberechtigung.

Beitrag Nr. 76, Zitat von Harald:
Gleichberechtigung mit wem? Mit der Pius-Bruderschaft?

Beitrag Nr. 79, Zitat von roter Gräfin:
Schon mal etwas von der Gleichberechtigung der Frau gehört?


Das bedeutet also, dass die islamischen Fundamentalisten deiner Meinung nach den elementaren Wunsch haben, mit Frauen gleichberechtigt zu sein, oder wie darf ich das verstehen?
Und weil dieser Wunsch der islamischen Fundamentalisten nicht gehört wird, sind sie aggressiv, oder wie?


Mit leicht verwunderten Grüßen,

Harald


p.s.: Vielleicht sind deine Ansichten für mich unverständlich, eben weil du "göttlich" bist und ich einfach "nur" ein Mensch.
 
Zuletzt bearbeitet:
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AW: Europa unter dem Halbmond oder das Diktat der Toleranz.

Hallo Arlecchino!
Zu 1.:
Mit seiner "Minima Moralia" hatte Meister ADORNO aber etwas anderes im Sinn als eine sog. "gesellschaftliche Mindestnorm", oder :confused:
Ja, du hast Recht.

Wie immer verleitet ein solch salopper Plauderton zu Ungenauigkeiten und führt zu mittelgroßen Mißverständissen.
Darum mal ein wenig umgerührt in der Philosophensuppe!

Mal schauen, ob ich den Bogen von Adornos Minima Moralia zur "gesellschaftliche Mindestnorm" bekomme. ;)



Wir alle haben das berühmte Adorno-Wort, dass es kein richtiges Leben im falschen gäbe, im Ohr. Diese beunruhigende Konstatierung trifft dieser aufgrund seines haarsträubenden Befundes, dass nämlich das autonome Subjekt sich vollkommen im Meer des Konsums, durch eine Vernunft, die von der Natur besitzergreift und diese verdinglicht, sowie durch materialistische Ideologien von sich selbst entfremdet habe. Doch diese Selbstentfremdung sei selbst verursacht. Denn das Subjekt habe in dem unerbittlichen Versuch sich selbst zu bestimmen (seine Identität zu gewährleisten) das Objekt, das Andere und Fremde mit verschlungen. Der Preis der Bestimmung unserer selbst sei die Liquidierung des Anderen.

Doch der Andere schlägt gewaltig zurück!

Jeder einzelne von uns werde bis in seine Eingweide und in sein verborgenst Seelisch-Geistiges von den Herrschaftsinstitutionen, durch welche diese Ideologien verkörpert werden, bestimmt. Die totale Determinierung des Menschen, die totale Durchleuchtung des Menschen durch die Vernunft und seine Verfügbarmachung für die privaten Interessen des Marktes sei der fatale Endpunkt einer Entwicklung, die geschichtlich schon seit der Antike unterwegs sei.

Adorno meint, dass es aus dieser katastrophalen Verstrickung für uns keinen Ausweg gebe.

Wie kann man angesichts dieser miserablen Ausgangslage überhaupt noch ernsthaft eine Ethik denken?

Adorno versuchte in seiner Schrift "Minima Moralia" ein Beispiel für die seiner Ansicht nach einzig mögliche Ethik zu geben: Eine solche Ethik hat es aber angesichts des grundsätzlichen Verlusts des richtigen Lebens aufgegeben, die Welt besser machen zu wollen. Eine solche Ethik fokusiert sich darauf, allein im Negativen noch eine Moral aufzustöbern.

Adorno meint, dass im Grunde jedes Menschenbild eine Ideologie sei, außer dem negativen.

Doch was ist ein negatives Menschenbild?

Ich stütze mich bei meinen Betrachtungen auf Helmuth Plessners (der im übrigen im Moment der Negativität mit Adorno übereinstimmt) negative Bestimmung des Menschen.
Plessner definiert dabei das Negative als ein Abwesend-Sein, als einen Verweis auf etwas, das man nicht positiv feststellen kann, nicht vergegenständlichen und identifizieren kann.

Der Mensch ist für Plessner letztlich nicht positiv bestimmbar, da er a apriori unergründlich, indeterminiert ist.

Den Menschen als unbestimmbar zu denken, ist für Plessner die einzige Garantie, die Unversehrbarkeit der menschlichen Natur und Freiheit des Menschen zu retten.

Wir können nach Plessner zwar nicht endgültig bestimmen, was der Mensch ist; doch wissen wir, was unmenschlich ist. Mit diesem Wissen um die Unmenschlichkeit können wir die Grenzen dessen bestimmen, wo der Mensch ins Ungerechte und in die Unfreiheit gezogen wird.

Diese Grenzen von Freiheit und Unfreiheit, von Menschlichkeit und Unmenschlichkeit repräsentieren die "Minima Moralia". Isofern stellen sie den Mindeststandard dar, an dem wir Gereichtigkeit ermessen können.

Die Gesellschaft sollte von der Politik solche gesetzlichen Rahmenbedingung bekommen, dass diese Grenzen, die unsere Freiheit und damit unsere Menschlichkeit bewahren, erhalten bleiben können. Das nannte ich die "gesellschaftliche Mindestnorm", die es dem Individuum ermöglicht in einem Freiraum seine Menschlichkeit bewahren zu können.

Zu 2.:
Liegt diese Mindestnorm nicht schon seit 3700 Jahren vor:confused:
Ich erinnere erneut hieran:
http://www.geistigenahrung.org/goldene-regel.html
Gruß, moebius
Moebius, jetzt mal mit Adorno gesprochen, glaubst du wirklich, dass es in einer unmenschlichen Gesellschaft ein gutes Leben gemäß solchen Regeln möglich ist?

Ich persönlich sehe auch das Problem, dass diese Regeln von einem Analogieschluss ausgehen, der vor allem auf vernüftiger Einsicht gründet als auf den tatsächlichen Bedürfnissen und Wünschen von Menschen. Z.B.: "Tue keinem anderen das Leid an, was bei Dir selbst Leid verursacht hätte."
Aus diesem Grund glaube ich nicht, dass diese "Goldenen Regeln" das Fundament einer Ethik sein können.


O.K., habe fertig - :)


Grüße, Arlecchino


P.S.: Das war recht lang ... ich weiß noch nicht, wie es hier im Forum bezüglich Genauigkeit und Ausführlichkeit der Posts zugeht. Bitte also um Nachsicht, da ich hier ein Newbie bin. :)
 
AW: Europa unter dem Halbmond oder das Diktat der Toleranz.

ein schönes Bild... Menschentrauben soweit der Horizont reicht...

Hoffentlich sind sie nicht zu sauer...

Der Rote Baron

Ja! Vielleicht sind die Trauben, die da vor mir im Garten Eden baumeln, sogar noch sehr unreif und ungenießbar ...

... aber ganz ohne Visionen und ohne Hoffnung auf Trauben kann ich im Moment einfach nicht leben. :)

Womöglich ist mein Leben auch zu unvollkommen; daher brauche ich einfach die Aussicht auf diese verlockenden Trauben ... :D
 
AW: Europa unter dem Halbmond oder das Diktat der Toleranz.

Zitat von Harald:
Ich möchte auch kurz auf den Buddhismus eingehen: Dieser lehrt, grob vereinfacht ausgedrückt, dass das Leben nur aus Leid besteht. Dieses Leid kann aber überwunden werden, wenn man das will. Grundsätzlich tritt der Buddhismus für das Nichtverletzen bzw. für das Nichttöten anderer Lebewesen ein. Dadurch unterscheidet er sich m. E. auch ganz wesentlich vom Islam.

Trotzdem gab es auch schon buddhistische Bombenleger- beispielsweise auf Sri Lanka.

Und auch das Christentum predigt in seinen Grundsätzen Gewaltlosigkeit. Trotzdem haben Menschen es immer wieder geschafft, Kreuzzüge, Inquisition und Hexenverbrennung aus der Bibel "herzuleiten".

Zitat von Harald:
Ich wollte eigentlich fragen, ob man nicht auch zwischen "Fundis" und Liberalen innerhalb der Religionen unterscheiden sollte. Ganz allgemein ausgedrückt, lehne ich religiöse Fundamentalisten und Religionsfanatiker ab, ungeachtet ihrer Religionszugehörigkeit.

Dito.

Zitat von Harald:
Für mich sind Kopftuch und Burka eher politische Symbole.
Wie kann man Frauen helfen, die die Burka unfreiwillig tragen?
Mit einem Frauenhaus?

Kurzfristig nur, indem man den Frauen, die Hilfe suchen und sich jemanden anvertrauen hilft, aus diesem Umfeld herauszukommen.
Geht natürlich nur bei den Frauen die zu diesem Schritt bereit sind.

Langfristig muss in Deutschland (/Österreich/Schweiz/....) sichergestellt werden, dass allen Muslimas klar gemacht wird, dass sie ein Recht darauf haben, ihr Leben so zu gestalten, wie sie es wollen.
Dazu gehört, dass die Lehrerin in der Schule sich dafür einsetzt, dass eine muslimische Schülerin am Sportunterricht, an der Klassenfahrt oder der Schuldisko teilnehmen darf-. Auch wenn der Vater es ihr verbietet.

Da darf die Lehrerin nicht verständnisvoll Nicken und die Rückständigkeit der Eltern aus "kulturellen Gründen" entschuldigen. Es muss ALLEN Einwanderern, die hier nach Deutschland kommen klargemacht werden, dass hier in unserem Land die Werte der Aufklärung herrschen, und dass kein Mensch zu einem Lebenswandel gezwungen werden darf. Und die hiesige Gesellschaft, Deutsche wie Ausländer sollte jedem deutlich machen, dass er, wenn er dies anzuerkennen nicht bereit ist, in unserem Land nichts verloren hat.

Das ist auch der Rahmen, den meine Toleranz hat- jeder soll sein Leben so gestalten wie er will.
Es ist mir schnuppe ob einer Christ oder Moslem, homo oder hetero, weiß oder schwarz, Kommunist oder Nationalist ist- solange er Rücksicht nimmt, sich an die Gesetze hält, andere nicht behelligt, ist das kein bzw. sein Problem.

Aber sobald seine Lebensgestaltung auch die Bereiche anderer berührt muss er zu Kompromissen bereit sein. Ist er das nicht, hat er von mir keine Toleranz zu erwarten.

Beispiel: Jemand kann der Ansicht sein, dass der Islam die einzig wahre Religion ist. Das darf er auch äußern. Nur wenn er anfängt, seine Nachbarn zu terrorisieren, damit sie konvertieren, dann ist die grenze überschritten.

Genauso kann ein Deutsch-Nationaler gerne der Ansicht sein, dass die Oder-Neiße-Grenze nicht hinnehmbar ist und Schlesien eigentlich deutsch ist. Von mir aus kann er das sogar in Zeitungen schreiben. Wenn er aber anfängt, Polen auf der Straße anzupöbeln oder anzugreifen hat er die Grenze des tolerierbaren überschritten.

Zitat von Kultus Maximus:
Islamistische Fundamentalisten sind mir in Europa sehr willkommen, wenn erfolgreich christliche Fundamentalisten damit bekämpft werden und beide Religionen das fundamentalistische Judentum in Frage stellen, - jeder gegen jeden und Gott gegen alle, oder alle erfolgreich gegen Gott als Begriff und Mythos!

Nach einer ähnlichen Strategie sind auch die Amerikaner immer vorgegangen. So haben sie auch die Taliban unterstützt, um die bösen Kommis zu vertreiben. Aus Dank haben diese dann die Massenmörder von 9/11 beherbergt.

Wir Europäer sollten nicht den selben Schwachsinn machen, und allen Fundamentalisten die Stirn bieten.

MfG,
Sunnyboy
 
AW: Europa unter dem Halbmond oder das Diktat der Toleranz.

Ja ja ja - toller Faden - super Beiträge - vortreffliche Analyse.

Das ist die Angst in Europa!

Wir verdammen das Christentum und können die Verbildlichung nicht überwinden, sodass man noch heute entweder an orthodox-dogmatischen Irrlehren glaubt oder aber man versteht den Atheismus falsch, welches die Neo-Atheisten nun zu genüge beweisen.

Ein Halbmond in Europa ist nur dann gefährlich, wenn man vom Halbmond eine Gefahr erwartet. Nur welche Gefahr sollte von einer Religion ausgehen? Welche Gefährlichkeit wird im Halbmond hineininterpretiert und warum wird dies getan?

Ich persönlich erlebe im Multikulti-NRW den Halbmond ausschließlich aus Bereicherung für mein Leben.

Das "Diktat der Toleranz" ist sicherlich ein missglückter Ausdruck, der mir keinerlei Freude bereitet. Es zeigt sich hier, dass die Bedeutung des Wortes Toleranz eben NICHT verstanden und begriffen wurde. Toleranz kann man weder erzwingen, noch diktieren, sondern nur aus der freiwillig selbstaktivierenden Akzeptanz entsteht die echte Toleranz, die NICHT mit Ignoranz zu verwechseln ist.
Ohne Akzeptanz ist keine Toleranz möglich, zumindestens wirkt sie dann erzwungen, deshalb wohl auch das "Diktat der Toleranz".
Die Akzeptanz ist der Schlüssel für alle Kooperationen.
Das ist Grundlage der Natur und wurde von Varela und Maturana im "Baum der Erkenntnis" zu Erklärung gebracht.

http://www.amazon.de/Erkenntnis-biologischen-Wurzeln-menschlichen-Erkennens/dp/3442114608
 
AW: Europa unter dem Halbmond oder das Diktat der Toleranz.

Ohne Akzeptanz ist keine Toleranz möglich, zumindestens wirkt sie dann erzwungen, deshalb wohl auch das "Diktat der Toleranz".
Die Akzeptanz ist der Schlüssel für alle Kooperationen.
Das ist Grundlage der Natur und wurde von Varela und Maturana im "Baum der Erkenntnis" zu Erklärung gebracht.

S.g. Aktivdenker.

Ich denke zwischen Akzeptanz und Toleranz gibt es keine Verbindung.
Entweder toleriere ich etwas oder ich akzeptiere es.
z.B.
Ich werde alle deiner Beiträge immer tolerieren ( bleibt mir auch nichts anderes über ), werde aber einige deiner Beiträge niemals akzeptieren ( und auch nicht kapieren ):sekt:.

L.G. Belair57
 
AW: Europa unter dem Halbmond oder das Diktat der Toleranz.

S.g. Aktivdenker.

Ich denke zwischen Akzeptanz und Toleranz gibt es keine Verbindung.
Entweder toleriere ich etwas oder ich akzeptiere es.
z.B.
Ich werde alle deiner Beiträge immer tolerieren ( bleibt mir auch nichts anderes über ), werde aber einige deiner Beiträge niemals akzeptieren ( und auch nicht kapieren ):sekt:.

L.G. Belair57

Lieber Belair,

na da solltest Du bitte noch einmal nachdenken - besser durchdenken....(meine ich)....

Akzeptanz bedeutet NICHT, dass man mit der Meinung einhergeht oder dieser entspricht.

Ich meine, dass man NICHTS tolerieren kann, wenn man nicht auch akzeptiert. Alles andere ist meiner Meinung nach Ignoranz. Das wird häufig durcheinander gebracht.

Lieben Gruß
:blume1:
Axl
 
AW: Europa unter dem Halbmond oder das Diktat der Toleranz.

Angst vor dem Islam - warum?

Das Thema ist endlos, weil die Angst voraus greift (antizipatorische Angst) und nichts zu fassen bekommt - außer medial verzerrte Berichte über dritte und vierte und jede kleine Gruppierung aus der islamischen Welt zum ISLAM pauschalisiert wird.

Hier mal ein intelligenter Kommentar:
 
AW: Europa unter dem Halbmond oder das Diktat der Toleranz.

Das ist der Islam!





Wer "Spurensuche" von Prof. Hans Küng noch nicht kennt, der kann sich bilden.... damit man wieder im Bild ist...
http://www.amazon.de/Spurensuche-Sonderausgabe-Hans-Küng/dp/3492043615

auch als Doku bei youtube....
http://www.youtube.com/results?search_query=spurensuche+küng&search_type=&aq=f


Prof. Küng und Prof. Kuschel => sehr zu empfehlen - der Weltfrieden durch Religionsfrieden:
http://www.amazon.de/Weltfrieden-du...=sr_1_2?ie=UTF8&s=books&qid=1250307331&sr=1-2
 
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AW: Europa unter dem Halbmond oder das Diktat der Toleranz.

Die Diskrepanz zwischen materialistischer Säkularisierung und Spiritualität kann nicht überwunden werden, solange es noch Denkschläfer gibt.

Aufwachen ihr Schlafenden und ihr schon halb erwachten - es ist Zeit - wecken wir die Denk-Toten auf, denn JEDER wird gebraucht und ist von Nutzen.

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Welle und Teilchen zugleich!
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Daher kann es nicht der Vulgär-Materialismus sein, auch wenn man sich noch so sehr daran klammern mag!

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Solange Europa ohne Legitimationsglauben keine sichere Ethik mit moralischen und sittlichen Grundsätzen als stabile Wertebasis hervorbringt, solange bleibt Europa anfällig für alle Arten einer nicht-materiellen Weltanschauung.
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