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Entwicklungssackgasse Normalität

johu82

Member
Registriert
21. Juni 2009
Beiträge
49
Einen wunderschönen Gutentag allerseits,

ich komme gerade aus einem Ereignisreichen Wochenende zurück in meine einsame Wohnung - optimale Voraussetzungen für Melancholie ;)

Ok, nun zum Ernst des Lebens und zum Threadtitel:
Inspiriert von Gesprächen und zufälligerweise diesem Thread https://www.denkforum.at/threads/3282 möchte ich folgende Frage stellen:

Inwiefern schieben wir unserer eigenen Entwicklung einen Riegel vor, indem wir offensichtliche Missstände als "normal" betiteln? Was sind überhaupt offensichtliche Missstände und wie erkennen wir sie zum Zeitpunkt ihres Geschehens?

Heute wissen wir, dass es keine tolle Idee ist, Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe etc. zu diskriminieren. Vor ein paar Jahrzehnten galt es als "normal" und höchstens die Diskriminierten bekamen etwas von der Häßlichkeit dieses Verhaltens mit.

Weiterhin hat ein Teil der Menschheit festgestellt, dass Gewalt dann doch meistens keine so tolle Lösung ist und dass es elegantere Wege gibt, Interessenskonflikten zu begegnen. Und: es gab wohl Zeiten in denen Völkermord, Blutrache etc. "normal" waren. Es gibt m.W. auch Bevölkerungsgruppen, wo das heute nicht anders ist.

Naja, dann gabs noch "die Erde ist eine Scheibe" und andere mangelhafte Auffassungen über die Zusammenhänge in dieser Welt.

Was ich also damit sagen will, ist: hinterher ist man immer schlauer. Es gibt unbestreitbarer Weise viele Vorgehensweisen aus der Vergangenheit, über die wir heute berechtigterweise den Kopf schütteln. Und doch wurden diese Vorgehensweisen zu ihrer Zeit bis aufs Blut verteidigt. Aus Angst vor Veränderungen, Machtverlust?

So ziemlich jeder wird mitbekommen haben, dass dies kein Problem der Vergangenheit ist. Noch immer beruht unsere "Hochkultur" auf Unterdrückung, Gewalt und allerlei anderen unästhetischen Dingen. Ist aber alles kein Problem, da es ja "normal" ist. Eine Frage ist weiterhin, ob wir uns über die Jahrtausende "gebessert" haben, oder ob das Unheil lediglich eine glattere Oberfläche bekommen hat?

Fälle für die Geschichtsbücher dürften meiner bescheidenen Meinung nach sein:

1. Die Erfindung des Geldes und der Umgang der Menschen damit
2. Die Annahme, der Mensch müsse im Konkurrenzkampf ums Überleben kämpfen, wobei der "bessere" gewinnt (steht ja unter dem Stichwort Sozialdarwinismus schon in den Geschichtsbüchern, ist aber noch lange nicht ausgerottet)
3. die egoistisch motivierten Beziehungen der Menschen zueinander (Zweckfreundschaft, Zweckbekanntschaft, Zweckehe, Fi..kbeziehungen)

Also ich hoffe ihr wisst was ich meine: Dinge, die unter der Haube irgendwie falsch oder häßlich sind, aber durch schöne Worte, "rechtlich einwandfreie" Verträge oder dem Argument "ist doch normal"/"macht doch jeder" schöngeredet werden.
Ich glaube weiterhin über den Daumen peilen zu können, dass es einen allgemeinen, zeitlosen Sinn für Schönheit und Ästhetik gibt, der durch die glattpolierte Haut sieht und uns unmißverständlich mitteilt, was häßlich ist und verbessert werden sollte. (Nur wollen wir dieser Stimme zugunsten der Normalität selten Gehör schenken)

Zuletzt möchte ich ganz deutlich darauf hinweisen, dass es mir nicht darum geht, die Menschen zu verurteilen, die diese Irrwege gehen (dazu zähle ich mich auch selbst), sondern die Irrwege an sich herauszustellen.

Könnt ihr mir helfen diesen Gedanken weiter zu konkretisieren und in der Realität wiederzufinden? Ich würde es im übrigen begrüßen, wenn das ganze auf einem sprachlichen Niveau bliebe, dass kein Soziologiestudium o.ä. voraussetzt.

Sonntägliche Grüße
Johannes
 
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AW: Entwicklungssackgasse Normalität

Wie kommen wir aus den "dunklen Löchern"
der Menschheitsgeschichte in eine "lichtvolle
Zukunft"
, Johannes?

Mit dieser Frage will ich "Dein Thema" nicht
ad Absudum führen.

Jedenfalls ist (mir) schon lange klar, dass
es 1. ohne einen "allgemeinen
" BEWUSSTSEINSWANDEL"​
nicht gehen würde und 2. nicht ohne eine andere
(neue?) Auffassung von "Normalität".
- 3., 4., 5., 6. ff ...???

1. Ist hier schon öfter angesprochen/-schrieben
worden.

2. Aus meiner Sicht sehr interessant, sehr sehr
schwierig, aber sicher auch schon "literarisch"
behandelt ... WO??? :confused:

Gruß
Reinhard70 (71)

P.S.: Klar, dass die Menschheitsgeschichte
nicht nur aus "dunklen Löchern" bestand!
Meine Sicht dieser Vergangenheit ändert
sich fast täglich. Mal so :haare:, mal so ... :)
 
AW: Entwicklungssackgasse Normalität

Man kann ruhig schreiben: 'Für alles was sich gebessert hat, hat sich etwas anderes verchlechtert!'
Ich persönlich glaube dass wir nichtemal ein "Nullsummenspiel" geschafft haben, sondern fett im Minus sind .....
 
AW: Entwicklungssackgasse Normalität

Hallo Johannes,
das ist ein sehr gutes Thema!:danke:

Da ich nicht weiß, was normal ist habe ich immer weiter entwickelt, erst weil ich auch normal sein wollte und dann um zu merken, dass was so als normal gilt, ich überhaupt keine Luft zum Atmen habe.
Seit dem geht es mir darum Normen zu sprengen, zu hinterfragen und für andere gelten zu lassen und denen ich mich auch zeitweise anpassen kann.

meint :gitarre: :schaf: rg
 
AW: Entwicklungssackgasse Normalität

Man kann ruhig schreiben: 'Für alles was sich gebessert hat, hat sich etwas anderes verchlechtert!'
Ich persönlich glaube dass wir nichtemal ein "Nullsummenspiel" geschafft haben, sondern fett im Minus sind .....

Minus...???
Wie kommt es, dass jetzt 10mal so viel
Menschen auf dieser Erde leben (können???)
als noch vor wenigen Jahren (Jahrhunderten?)? :confused:

Ja ja, die Antwort wissen wir doch schon:
Es geht ihnen ja auch viel schlechter ... :wut1:
ODER?
 
AW: Entwicklungssackgasse Normalität

Na ja, es leben heute viel mehr Menschen auf der Erde als noch vor einigen hundert Jahren. Für die Menschen dürften sich die durchschnittlichen Lebensumstände verbessert haben. Dafür leben jetzt aber auch viel weniger Tiere und Pflanzen auf der Erde. Für diese haben sich die Lebensbedingungen eindeutig verschlechtert.

Früher gabe es ja ebenfalls Normalität. Wenn man unseren heutigen Lebensstil als "entwickelt" im Vergleich zu mittelalterlichen Verhältnissen betrachtet kann man ja wirklich auf die Idee einer "Entwicklungssackgasse" kommen. Im Mittelalter bestimmte die Religion das Leben, heute tut das die Wissenschaft. Im Mittelalter durfte man am Sonntag nicht arbeiten sondern musste beten, heute rasen wir sonntags mit 100km/h durch die Landschaft. Soll denn das eine Entwicklungssackgasse sein?
 
AW: Entwicklungssackgasse Normalität

Für die Menschen dürften sich die durchschnittlichen Lebensumstände verbessert haben.

Dein Satz muss lauten: Für einige Menschen haben sich die materiellen und medizinischen Lebensumstände verbessert. Für viele nicht!

Ob sich die Lebensumstände insgesamt verbessert haben (also z.b. auch psychologisch, emotional, ethisch usw.) bleibt offen, es könnte z.b. ohne weiteres sein dass ein Schäfer aus dem Jahre 1749 sagt: "Nee lass mal Du, da will ich nicht hin ins Jahr 2009!"
Ich bin mir auch ziemlich sicher dass der Schafskäse damals besser war.
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Entwicklungssackgasse Normalität

Dein Satz muss lauten: Für einige Menschen haben sich die materiellen und medizinischen Lebensumstände verbessert. Für viele nicht!

Ob sich die Lebensumstände insgesamt verbessert haben (also z.b. auch psychologisch, emotional, ethisch usw.) bleibt offen, es könnte z.b. ohne weiteres sein dass ein Schäfer aus dem Jahre 1749 sagt:
"Nee lass mal Du, da will ich nicht hin ins Jahr 2009!"
Ich bin mir auch ziemlich sicher dass der Schafskäse damals besser war.

Zu WEM sagt er DAS? :confused::):confused:
 
Cambozola vs. Gogonzola

Wie kommt es, dass jetzt 10mal so viel
Menschen auf dieser Erde leben (können???)
als noch vor wenigen Jahren (Jahrhunderten?)

dieser Fragestellung kommt man mit einer empirischen Untersuchung näher: man lasse ein Stück Brot auf dem Tisch liegen und warte einfach ab. Einige Tage später hat sich Schimmel gebildet (lineares Bevölkerungswachstum) und bereits am nächsten Tag hat sich der Schimmel verzehnfacht (exponentielles Bevölkerungswachstum).

Jetzt meine Frage an die Fachleute hier: kann man sagen, daß sich der Schimmel normal entwickelt hat? Und wie mag sich wohl der Schimmel fühlen. Schade, daß Fluuu seine Psychotheropathenprüfung noch nicht gemacht hat, sonst könnte er... vielleicht eine Familienaufstellung mit weißen und blauen Schimmelbatzen... Fluuu, was meinst du?

Der Rote Baron
 
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AW: Cambozola vs. Gogonzola

dieser Fragestellung kommt man mit einer empirischen Untersuchung näher: man lasse ein Stück Brot auf dem Tisch liegen und warte einfach ab. Einige Tage später hat sich Schimmel gebildet (lineares Bevölkerungswachstum) und bereits am nächsten Tag hat sich der Schimmel verzehnfacht (exponentielles Bevölkerungswachstum).

Jetzt meine Frage an die Fachleute hier: kann man sagen, daß sich der Schimmel normal entwickelt hat? Und wie mag sich wohl der Schimmel fühlen. Schade, daß Fluuu seine Psychotheropathenprüfung noch nicht gemacht hat, sonst könnte er... vielleicht eine Familienaufstellung mit weißen und blauen Schimmelbatzen... Fluuu, was meinst du?

Der Rote Baron

Der Schimmel hat ein Problem: Je mehr er wächst desto weniger Brot zum verschimmeln ist da!
 
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