11. KAPITEL von Irene C. Kassrola
"Tun Sie's doch!
Lernen Sie sich selbst zu lieben.
Die geheime Kraft der Verletzlichkeit
Halte mich fern von der Weisheit,
die nicht weint;
von der Philosophie, die nicht lacht,
und von dem Stolz,
der sich vor einem Kind nicht beugen kann.
KAHLIL GIBRAN
Das zweijährige Kind,das in jedem von uns steckt
Ich glaube, dass die meisten Erwachsenen tief in ihrem gefühlsmäßigen Inneren kleine Kinder sind. In jedem von uns steckt eine zarte und verletzliche Stelle, die nie erwachsen wird. .. ein zweijähriges Kind, das in unserem Unterbewusstsein begraben liegt. .
Wir können Banktresore voller Gold besitzen, wir können mit körperlicher Schönheit imponieren oder gar Völker regieren - dennoch fühlen sich die meisten von uns tief in ihrem Inneren klein und hilflos. Wir haben Angst vor Missbilligung und davor, im Stich gelassen zu werden und allein dazustehen.
Bei meiner Behandlung von Tausenden Patienten.. . armen und reichen, erfolgreichen und sich gerade so durchs Leben schlagenden, habe ich herausgefunden, dass sich jeder Mensch zum einen oder anderen Zeitpunkt wie ein verängstigtes Kind, das sich verlaufen hat, vorkommt. Wir alle wissen, was es heißt, weiter zu stolpern und dabei zu beten, dass wir uns nicht zu dumm anstellen und hoffen, dass wir den richtigen Weg einschlagen.
Unser zweijährigen Denken durchdringt alle unsere Beziehungen. In unseren kindlichen Egos steckt die Furcht, »dass du mich, wenn du alles von mir wüsstest, nicht mehr mögen würdest. Wenn du meine dunkelsten Geheimnisse, meine Schwächen, meine Geschichte kennen würdest... würdest du mich für hassenswert und unerwünscht halten.«
Für Sicherheit optieren
Den meisten Menschen macht schon der Gedanke, sie könnten Informationen über ihre Ängste und Gefühle preisgeben, so viel Angst, daß sie die Sicherheit wählen und ihre Gefühle für sich behalten. Diese Wahl macht eine gesunde Verständigung unmöglich und schafft eine Kluft in ihrer Beziehung, die schrecklich einsam macht. Da die unbewußte Angst, im Stich gelassen zu werden, allgegenwärtig ist, richten wir uns darauf ein, zurückgestoßen zu werden und ungeliebt zu sein.
Die wirkliche Natur unseres wahren Selbst, der Teil, den wir vor anderen verbergen, stellt jedoch genau den Reichtum dar, der andere Menschen anspricht. Wir ersticken und töten die Eigenschaften in uns, die uns so liebenswert machen.
Hier ist eine Zeichnung des unglückseligen und schmerzvollen Teufelskreises, den wir so schaffen:
Furcht vor Hingabe
>führt dazu >
seine Gefühle zu verbergen
>führt zu >
Missverständnissen und Distanz
>Resultiert in>
Ablehnung
>führt zu >
Furcht vor Hingabe
Wenn wir Jahre um Jahre nach diesem schwächenden Muster leben, kommen wir letztlich zu dem Schluß, dass unsere Furcht vor Hingabe gerechtfertigt ist, weil wir tatsächlich so viel Ablehnung erfahren haben. Diesen gefühlsmäßigen Teufelskreis zu unterbrechen, halten wir uns zu schwach.
Sieger und
Verlierer
Sind Sie bereit, das Risiko einzugehen und Ihre Gefühle mit anderen zu teilen? Sind Sie bereit, Ihre Liebe und Abhängigkeit, Ihre Ängste und Selbstzweifel zu zeigen? Sieger gehen dieses Risiko ein und ernten dafür den Respekt und das Interesse der Menschen, die ihnen wichtig sind.
VERLIERER
1. Verlierer stellen ungern eine direkte Bitte, weil sie ein »Nein« damit gleichsetzen, nicht geliebt zu werden.
Sie glauben, dass sie, wenn sie sie wirklich lieben, ihre Gedanken erraten und somit von allein auf ihre Bedürfnisse eingehen können.
SIEGER
1. Sieger sprechen über ihre zerbrechlichen Gefühle und scheuen sich nicht, direkt um etwas zu bitten. Folglich ist es anderen möglich, sie besser kennenzulernen, zu verstehen und acht zugeben, dass sie sie nicht verletzen. Da Sieger ihre Gefühle offenbaren, fällt es anderen leicht, auf sie einzugehen.
VERLIERER
2. Verlierer lassen diejenigen, die sie lieben, nur selten wissen, wie viel sie ihnen bedeuten.
SIEGER
2. Sieger gehen nicht nur mit Lob großzügig um, sondern sie teilen anderen auch ihre Liebe für sie und ihr Interesse an ihnen gern, offen und bei jeder Gelegenheit mit.
VERLIERER
3. Aus Angst, im Stich gelassen zu werden, wagen Verlierer es nicht, anderen ihre Gefühle mitzuteilen. Ihr wahres Selbst, das andere wirklich mögen könnten, geben sie nicht preis. Dadurch fordern sie andere geradezu auf, sie nicht zu lieben und allein zu lassen.
SIEGER
3. Sieger gewinnen die Liebe und Anerkennung anderer, indem sie die gesamte Bandbreite ihrer Gefühle offenbaren. Anstatt auf Nummer Sicher zu gehen, zeigen sie ihr wahres Ich und ziehen damit andere Menschen in ihren Bann.
VERLIERER
4. Was die Liebesbeziehungen von Verlierern betrifft, so ist es ihnen nahezu unmöglich, ihre Verletzlichkeit zu zeigen oder ihre Gefühle voll und ganz zum Ausdruck zu bringen.
SIEGER
4. Was die Liebesbeziehungen von Siegern angeht, so wagen sie es, den ersten Schritt zu tun und damit zu riskieren, abgelehnt zu werden. Sie geben offen zu, wie sehr sie einen Menschen mögen und brauchen.
VERLIERER
5. Verlierer fügen sich in kulturelle Zwänge ein, die es ihnen verbieten, ihre Verletzlichkeit und ihre Zuneigung zum Ausdruck zu bringen.Männliche Verlierer verbergen ihre Sorgen, sie zeigen nicht, dass sie sich einsam fühlen oder verängstigt sind, und denken nicht im Traum daran, andere Männer wissen zu lassen, daß sie Zuneigung für sie empfinden.
SIEGER
5. Sieger überprüfen das Rollenverhalten, das die Gesellschaft ihnen aufgedrängt hat, für sich selbst. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich bei diesen Siegern um Männer oder Frauen handelt.
Sie konzentrieren sich allein darauf, Mensch zu sein. Männliche Sieger scheuen sich weder, ihre Verletzlichkeit zu zeigen, noch fürchten sie sich davor, anderen Männern gegenüber sei es verbal oder körperlich die Zuneigung, die sie für sie hegen, zu zeigen.
VERLIERER
6. Verlierer fürchten Berührungen und körperliche Nähe. Sie kritisieren ihre Eltern für genau das Verhalten, das sie selbst von früh bis spät an den Tag legen.
SIEGER
6. Sieger wissen, wie gut es ihrer Seele tut, nahe bei einem Freund zu sitzen, einander zu umarmen oder einander an der Hand zu halten. Streicheleinheiten von. jemandem, der ihnen nahe steht, sind ihnen wichtig, weil sie ihnen das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit vermitteln.
VERLIERER
7. In Verlierer-Beziehungen verbirgt einer der beiden Partner seine Probleme und zeigt nie auch nur das geringste Anzeichen einer Schwäche. Obwohl er dadurch die Achtung des anderen gewinnen will, tritt genau das Gegenteil ein: Der andere meidet ihn und mag ihn nicht.
SIEGER
7. Sieger streben in ihrer Beziehungen nach Gleichberechtigung, in der weder der eine noch der andere »alles richtig« oder »alles falsch« macht. In einer solchen Beziehung verhalten sich beide ganz einfach menschlich, machen Fehler, teilen Schwächen - und behandeln einander respekt -und liebevoll.
VERLIERER
8. »Perfekte« Verlierer geben vor, allwissend zu sein und erreichen eine Fassade der Unbesiegbarkeit. Sie betonen, daß immer sie es sind, die verantwortlich zeichnen, die einfühlsam und vernünftig handeln und die dazu noch hart arbeiten. Dadurch erreichen sie oft, daß ihr Partner sich wie ein ungezogenes Kind verhält, weil er nicht weiß, wie er sonst gegen so viel »Perfektion « ankommen soll. Er spielt nun seine Rolle, die ihm niemand streitig machen kann.
SIEGER
8. Sieger geben sich Mühe. sich immer so zu zeigen, wie sie wirklich sind, und all die vielseitigen Aspekte ihrer Persönlichkeit zu offenbaren. Sie verbergen anderen gegenüber weder ihre Mängel noch die Eigenschaften, die sie zu Siegern machen.
VERLIERER
9. Verlierer, die von der Perfektion ihrer Eltern oder ihres Ehepartners überzeugt sind, flüchten sich gern in die Rolle des Unverantwortlichen und des Rebellen. In dem sie Geld zum Fenster hin- auswerfen, ihren Partner eifersüchtig machen oder sonst etwas in dieser Richtung erfinden, spielen sie die Position des Verlierers bis zur »Perfektion« aus.
SIEGER
9. Sieger wissen, daß Perfektion eine Illusion ist. Weil sie begriffen haben, daß Perfektion unmöglich zu erreichen ist, halten sie es nicht für erstrebenswert, perfekt zu sein. Also vergeuden sie ihre Zeit nicht damit, einem Trugbild nachzujagen.
VERLIERER
10. Verlierer kümmern sich nicht um die Gefühle anderer Menschen. Da sie sich so sehr mit ihren eigenen Unzulänglichkeiten herumschlagen, um sie vor ihren Mitmenschen zu verbergen, behandeln sie alle, die ihnen untergeben sind, schroff und stauchen sie fürchterlich zusammen, wenn sie mal einen Fehler machen.
SIEGER
10. Sieger gehen freundlich und rücksichtsvoll mit Menschen, über die sie das Sagen haben, um. Sie achten darauf, die Gefühle anderer nicht zu verletzen. Dadurch, dass sie einerseits Stärke zeigen und andererseits die Schwächen anderer teilen, motivieren sie die anderen dazu, ihnen Hingabe und Loyalität entgegenzubringen.