Nach Ostern: Distinktionen. Für Robin.
Robin schrieb:
Thorsten, noch verstehe ich nicht alles, aber weil du gerade so nett bist: Für Habermas bist net, für Luhmann ah net, für wen biast'n?
Bääh, da fragst Du einen ollen Norddeutschen, und der will immer eindeutig sein
Na denn. Wenn's einfach gesagt sein soll: Wenn's gegen Habermas geht, bin ich eher für Luhmann, und insbesondere dafür, daß das meiste, was Du mir von Luhmann beigebracht hast, auch schon bei Adorno zu lesen ist. Versteckt, meinst Du?
Der für mich auffälligste Unterschied ist die Gebrauch und die Anordnung von Wörtern: bei Luhmann hat jedes Wort eine festgelegte, wiedererkennbare Bedeutung innerhalb eines Systems, das dem Text vorangeht; bei Adorno schwanken, schütteln, spielen die Bedeutungen - dafür gibt es vielleicht sogar Regeln, aber Sinn des Spiels wäre ja, durch die sprachliche Balance des Widerspruchs wahre Aussagen über das Leben zu treffen.
Luhmann bleibt bei einfachen Beschreibungen und Bezeichnungen; das ist für mich umso überraschender, als er doch (anders als Adorno) die post-strukturalistische Zeichentheorie rezipiert hat. Hat er nicht? Wie kann er dann dabei bleiben, bloß beobachtete Sachverhalte zu benennen? Daß Luhmann weit geblickt und Systeme auch in ihrer Tiefe richtig beschrieben hat - treffender als Habermas zumindest - ändert nichts an der bloß statistischen Oberflächlichkeit; am Ende wollte Luhmann Erkenntnis vielleicht ebenso abschaffen wie Habermas, um Behauptungen geltend zu machen?
Für Adorno war immer wichtig: das "Nichtidentische". Das Einzelne und sein Recht: Adorno paraphrasierend wäre dies die
negative Differenz. Der Unterschied von A und B kann nie positiv behauptet werden, sondern nur dadurch, daß man den Unterschied als eigene Größe C setzt. Damit man A als Einzelnes, Solches erkennen kann, benötigt man die Differenz.
Robin, es ist nur ein philosophisches Angebot von Adorno, dieses Einzelne als Nichtidentisches jenseits der Differenz wahrnehmen zu wollen.
Das Lebenswerk dieses Philosophen bestand darin, die gesamte identitär-ontologische Metaphysik, die Grundlage der europäischen Philosophie seit der Antike war, auf die Differenz umzustellen und dennoch - nein, erst recht! - das Differierende als unabhängig Einzelnes gelten zu lassen.
Und was Systeme betrifft, spielt Luhmann Handball, Adorno Schach. Aufgrund der Einsicht ins nichtidentische Einzelne.
Ganz liebe Grüße, Robin,
Thorsten