AW: Der Dauerflirtblick, oder: untreue Menschen
Hallo Philipp!
Das ist ja nichts, was ich eindeutig äußerlich benennen könnte - sonst hätte ich das bereits getan -, es ist vielmehr ein intuitives Moment.
Naja, dann ist es auch nicht "offensichtlich" (gibt eben keine starre Katalogisierung der Merkmale, darauf wollte ich hinaus), sondern wie du schon sagst intuitiver Natur. Dein Bauchgefühl teilt dir mit, wie du die Mischung des dir entgegen gebrachten zu bewerten hast. Und entweder liegt man im Einzelfall richtig oder falsch.
Aber vielleicht zur Verdeutlichung: Zweideutigkeiten (bspw. ein verschmitztes Lächeln und/oder kaum wahrnehmbares Augenzwinkern, eine forschend-freche Stimmlage usf.) sind wohl die Basis der meisten Flirts, fehlen jene, so darf man davon ausgehen, dass die Worte, die das Gegenüber spricht, so und nicht unterschwellig noch anders gemeint sind.
Klar darf man dann davon ausgehen, aber man weiß es nicht wirklich. Wie gesagt, das Gesamtbild entscheidet. Der Mensch sendet ja unentwegt unterschiedliche Signale, bewußt und unbewußt.
Anders: wird ein Gespräch immer persönlicher und driftet langsam aber sicher in eine zweideutige Richtung ab, dann ist es an mir, dies auszubremsen und damit implizit klar zu stellen, dass ich kein Interesse an 'mehr' habe. Wie gesagt: das alles erfolgt nur implizit und wird i.d.R. - so meine Erfahrung - auch richtig verstanden.
Ja, da bin ich auch wieder bei dir. Natürlich ist es jederzeit möglich Grenzen zu setzen, wenn man das Gefühl hat, die Sache geht nun zu weit und entwickelt sich in eine eigentlich nicht gewünschte Richtung.
Aber das ist doch der Punkt den ich meine. Für den einen ist der vollzogene Flirt noch im Rahmen des Erlaubten, für den anderen ist das schon eine Spur zu viel. Aber die Grenze setzt sich jeder für sich selbst, unabhängig vom Partner.
Ich denke, dass wir Menschen solche Kommunikationsebenen sehr gut beherrschen, auch wenn natürlich immer Missverständnisse eintreten können, zumal es ja offenbar Leute gibt, die ihren Flirt nur spielerisch ansetzen, so dass das Gegenüber letztlich - wenn das Spiel langweilig wird - eine unsanfte Bauchlandung erlebt.
Wenn das Gegenüber den Flirt für sich anders empfangen hat, als er gemeint war, dann sicherlich. Aber ich denke solche Mißverständnisse sind in der direkten Situation eher selten. Schwieriger wird es, wenn man im Nachhinein mit Freunden das Verhalten des anderen zu interpretieren versucht. Das machen Frauen unter sich ja gern mal: Aber warum hat er denn dies oder das gesagt, wenn er eigentlich was ganz anderes wollte?! Da entstehen sicherlich größere Probleme.
Gewiss, viele Signale sind garnicht so gemeint, wie der andere sie vielleicht gerne verstehen möchte. Wie oft blickt man geistesabwesend in eine Richtung und stellt auf einmal fest, dass man jemandem geradewegs in die Augen schaut.
Ja genau sowas meinte ich unter anderem.
Was ich aber nicht gelten lasse, das ist die Ansicht, dass man letztlich ohnehin nichts dafür könne, wenn man seinen erotischen Bedürfnissen folgt.
Stimmt, von solchen Sprüchen wie "Ich bin halt ein Mann, wir sind nicht zur Treue geboren" als Rechtfertigung fürs Dauerseitenspringen, halte ich auch nichts.
Man kann als Mensch meiner Ansicht nach sehr viel beeinflussen, dafür muss man sich aber mit bestimmten Sachverhalten reflexiv befassen.
Das sehe ich auch so. Allerdings finde ich, muss man das für sich selber, unabhängig vom Partner tun...und dann eben schauen ob man mit seinem Partner auf dem gleichen Standpunkt steht.
In einer Beziehung leben zwei Menschen fest zusammen, sie begegnen sich ganzheitlich, also sowohl erotisch-sexuell, wie auch auf rationaler und emotionaler Ebene.
Richtig, in einer wahren Beziehung erlebt man alle Ebenen. Das an sich ist schon die Exklusivität. In einer Affäre oder einem Seitensprung erlebt man nur winzige Teile vom "großen Ganzen"...natürlich kann daraus auch -die große- Liebe entstehen, aber dann trennt man sich sicherlich um diese Liebe auch komplett leben zu können. Und man darf auch nicht vergessen: Viele Beziehungen aus Affären oder Seitensprüngen entstehen nur, weil der betrogene Partner sich trennt und viele dann einfach bequem sind und nicht alleine sein wollen, von Liebe ist da nicht unbedingt die Rede dann.
Nur lassen sich meiner Erfahrung nach diese Bereiche nicht so sauber voneinander trennen, wie Du das anzudeuten scheinst.
Stimmt, es geht weder sauber im Sinne von massentauglich noch einfach, weil da einfach die eigene Entwicklung eine Rolle spielt. Jeder setzt auch hier seine individuelle Grenze.
Wenn ich also mit anderen Frauen das auszuleben beginne, was mein Partner (also bspw. meine Freundin) als eigenstes Element unserer Beziehung sieht und was die Beziehung so besonders (weil persönlich-intim-exklusiv) werden lässt, so kann das sehr verletzend sein.
Stimmt auch wieder. Jedoch passieren im Leben manchmal Dinge, die man für sich eigentlich ausgeschlossen hat und die man bis dato bei anderen nie nachvollziehen konnte. Deshalb sagte ich ja auch, es ist wichtig, dass sich Partner einig sind was der Beziehungsrahmen erlaubt oder nicht.
Deshalb finde ich es wichtig, dass man mit dem Partner spricht, bevor man Dinge unternimmt, die in einer Beziehung nicht selbstverständlich sind. Dazu gehört für mich auf jeden Fall auch das (nur vermeintlich harmlose und unverbindliche) Flirten.
Völlig okay, ich verstehe das sogar. Es war am Anfang meiner Beziehung auch mal Teil meines Weges. Damals habe ich in meiner Unsicherheit & Verlustangst auch auf jeden sogar noch unschuldigen Blick meines Partners zu anderen Frauen reagiert. *lach* aber das ist schon ein Jahrzehnt her....
Heute vertraue ich meinem Mann und habe ein viel besseres Selbstbewußtsein, er weiß wo er sein will, mit wem er leben und die Beziehungsfülle erleben will, da könnte auch der Sex mit einer anderen Frau nichts dran ändern, so lange keine tiefen Emotionen auftauchen würden. Was man nie ausschließen kann, deshalb: Eifersüchtig bin ich trotzdem, ich würde also nicht wissen wollen, wenn was gewesen wäre.
Da vertrittst Du aber eine Meinung, die - jedenfalls in unserem Kulturkreis - nicht sonderlich populär sein dürfte.
Ich denke das ist sie sehr wohl, sie wird lediglich nicht offen geäußert. In deinem nachfolgenden Beitrag an Axl hast du einige Zahlen in den Raum gebracht.
Allerdings wechseln diese, je nach Quelle, neulich habe ich gelesen, dass die Tendenz dahin geht, dass jede 2. Ehe geschieden wird.
Auch die Prozentzahl der Fremdgeher wankt von Umfragewert zu Umfragewert geht teilweise hoch bis ebenfalls zu jeder 2. Person die einen Seitensprung hatte.
Aber es geht mir nicht darum, jetzt aufzudröseln, wer hier die richtigen Werte hat. Denn dann müssten wir zum Thema Treue z.B. folgendes wissen und berücksichtigen:
- Sind die Ergebnisse bundesweit erzielt worden?
- Oder nur in kleinem örtlichen Rahmen zustande gekommen?
- Wurden 1000 oder 50.000 oder oder Leute befragt?
- Wurde eine gezielte Gruppe befragt (Alter, soziale Schicht, Verheiratete, nur Heteros etc.)?
- Wurde nach der Treue in der aktuellen Beziehung gefragt oder lediglich danach ob man denn in seinem Leben schonmal untreu war?
- Würde man selber überhaupt ehrlich antworten?
- Müsste man bei jedem die Definition der Untreue wissen. Die geht ja bekanntlich weit auseinander.
Küssen? Sex? Kuscheln?
Zudem sagt ja eine nicht geschiedene Ehe auch nicht wirklich etwas über die Qualität der Beziehung aus und schon gar nicht über Treue.
Menschen bleiben neben der Liebe, die eigentlich der Hauptgrund sein sollte, aus den seltsamsten Gründen zusammen:
- Finanzen
Entweder hat man gemeinsame Verbindlichkeiten zu tilgen oder der Partner ist so wohlhabend, dass man den Luxus nicht aufgeben mag.
- Kinder
Viele scheuen eine Trennung der Kinder wegen. Die Kinder sollen lieber in einem künstlich harmonischen Verhältnis aufwachsen.
- Bequemlichkeit
Man weiß ja was man hat, Familie, Freundeskreis, ein nettes zu hause, wozu das aufgeben und von vorne anfangen?!
- Angst / Abhängigkeit
Das schaffe ich alleine nicht. Dann nimmt er/sie mir die Kinder weg.
Bloß weil das für dich oder mich keine Gründe für die Fortführung einer Beziehung ohne Liebe wären, heißt das ja nicht, dass alle so denken.
Also "Zahlen" bringen uns da nicht wirklich weiter. Zumal neben den Gelegenheitsseitensprüngen und Affären auch noch die Prostitution dazu kommt. So viele Singles kann es gar nicht geben, also da rennen schon auch genug vergebene Männer hin -vom Trend dass Frauen sich auch immer häufiger Sex kaufen mal ganz zu schweigen.
Also eine gewisse Popularität gibt es schon, nur wird sie wie gesagt, nicht offen gehandelt.
Ich komme mir bei manchen Gesprächspartnern vor, wie die böse Frau, die mit der Nadel die Traumblasen zersticht. Das will ich aber nicht, ich gönne jedem seine eigene Einstellung und wünsche jedem, dass er seinen Beziehungs-Weg ohne Enttäuschung gehen kann. Aber für mich persönlich ist es oft ein Schönreden der Anderen, die Realität sieht oft (leider?) anders aus. Und dann trifft es diejenigen, die die schönsten Traumblasen hatten eben oft am härtesten.
Und es kommt dazu, dass eine 40 jährige Ehe in der es vielleicht 1 oder 2 Seitensprünge gab, ja dadurch noch lange nicht zu einer schlechten Ehe wird.
Es kommt immer auf den Einzelfall an.
Was wären für Dich denn die "andere[n] Dinge", die selbst durch einen Seitensprung nicht ins Wanken geraten?
Ich habe das neulich in einem anderen Forum schonmal jemandem in etwa so erklärt:
In einer (meiner!) Partnerschaft muss für mich gegenseitig! vorhanden sein:
- Liebe
- Vertrauen
- Verlässlichkeit
Beide müssen den Wunsch haben auf lange Sicht beisammen sein zu wollen Beide müssen das Gefühl haben beim anderen "zuhause" zu sein, angenommen zu werden so wie man ist.
Beide müssen sich blind darauf verlassen können, dass der jeweils andere ohne weiteres bereit ist den Partner zu unterstützen, aufzufangen und zu schützen.
Beide müssen bereit sein auch Probleme gemeinsam zu bewältigen und nicht nur die Rosinen zu nutzen und die schönen Dinge gemeinsam zu erleben.
Man muss wissen wo man hingehört und sich bei alledem trotzdem zugestehen, dass der Partner eine eigenständige Persönlichkeit bleibt!
Bei meinem Partner habe ich all das, aber ja es musste erst jemand kommen und an einigen Dingen rütteln, bis ich das wieder begriff. Es wieder wahrnehmen konnte, schätzen konnte.
Wenn also jemand in meinem Leben an diese oberen Dinge heranreicht, dann und nur dann, kann er die Beziehungselemente zum wackeln bringen. Und bei all dem bewegt man sich auf der emotionalen Ebene, Sex hat damit nichts zu tun. Sex mit jemand anderen als dem eigenen Partner, mag für den einen schlimm für den anderen reizvoll sein, aber eigentlich dürfte bloßer Sex nicht die Aufmerksamkeit bekommen, Fremdfühlen ist sicherlich die größere Gefahr. Wie gesagt, das ist meine Erfahrung, ich erwarte keine Zustimmung, jeder Weg ist anders.
Das schrieb ich ja selbst bereits. Dann verstehe ich jedoch wiederum nicht, weshalb Du meinen diesbezüglichen Vorschlag - nämlich mit dem Partner die eigenen Flirtbedürfnisse zu besprechen - abgelehnt hast.
Weil ich eben finde, dass sich Flirten noch innerhalb der eigenen Entscheidungsfreiheit befindet. Und weil ich der Meinung bin, dass man eine Absprache nur schwerlich durchsetzen kann, wenn auch unbewußte Elemente eine Rolle spielen.
Das ist richtig und wurde von mir auch nie bestritten. Dennoch ist es in unserer Kultur weiterhin so, dass man sich in einer festen Partnerschaft monogam verhält und seine sexuell-erotischen Interessen auf den erwählten Partner richtet. So bauen sich nachhaltige Beziehungen nach und nach auf, die meiner Ansicht nach nur dann an Stärke gewinnen, wenn beide Partner ihre Bedürfnisse nach außen zurücknehmen und stattdessen dafür arbeiten, dass jene Bedürfnisse in die Beziehung einfließen und sie somit zur einzigartigen zwischenmenschlichen Konstellation erstarken lassen.
Das ist übrigens kein idealistisches Geschwätz, sondern meine ganz persönliche Erfahrung.
Das ist bei mir ebenso.
Liebe Grüße zurück und gute Nacht
Salem