AW: Das Recht des Älteren
von Tomber:
Natürlich Autoritätspersonen, wie Chefs oder Lehrer haben in gewissen Situationen natürlich mehr Rechte, aber nicht wegen des Alters bedingt.
Hallo Tomber.
Ich schlage dir vor, dass du dir nach dem Dogma „Eltern haben Kindern etwas zu sagen oder ältere jüngeren“ auch irgendwann in einer ruhigen Minute mal das nächste anschaust. Warum nämlich Chefs oder Lehrer anderen etwas zu sagen hätten. Generell ist es m.E. unmöglich, dass ein Mensch wüsste, was für den anderen gut ist oder grob unsinnig, wenn der eine etwas sagt und der andere das dann tut (oder glaubt tun zu müssen). Sicher spielen hier Abhängigkeiten eine Rolle (von Menschen, Zielen, Wünschen, idealen...), aber die kann man ja ins Erforschen einbeziehen. Leider haben wir uns solchen Unsinn lange genug angehört, dass wir ihn nicht mehr sehen. Selbst wenn der eine etwas kann oder etwas besonderes leistet, kann er dem anderen aus meiner Sicht nichts vorschreiben, hat er deshalb nicht mehr Rechte.
Der Mangel an besonderen Rechten der „älteren“, schließt Respekt nicht aus. Allerdings besteht der Sinn in Respekt m.E. unabhängig vom Alter, Herkunft und Fähigkeiten.
Respekt zeigt sich hier m.E. auch darin, wie der, der etwas besser kann, es dem der es besser können möchte, erklärt. Hier sind m.E. Veränderungen in unserem Umgang notwendig. Vielleicht ist da tatsächlich Pionierarbeit zu leisten. Vielleicht eine weichere, sensiblere Art. Vielleicht eine, die dem natürlichen Lernvorgang im Lernenden Aufmerksamkeit schenkt, ihn weniger vereinnahmt, weniger überstülpt. Zu leicht und immer dann wenn etwas neues zu scheitern droht (antiautoritäre Erziehung, eine sozialere Gesellschaft...), kommen die Hardliner der vergangenen Jahre aus ihren Löchern und sagen dir, sie hätten schon immer gewusst, dass das nichts wird. So wird es beim zerfall von Autoritäten ganz allgemein auch immer wieder geschehen. Dass diese „alte Garde“ sich in den sozialen Strukturen bis heute an ganz vielen Stellen durchsetzt, hängt m.E. weniger damit zusammen, dass deren hirarchisches Weltbild etwas natürlicheres sei, sondern hängt einfach damit zusammen, dass sie schlicht mehr Geld und Einfluss in der Gesellschaft haben. (Nix mit spirituelle Größe und Weisheit, wie sie es selber gerne vorspielen.) Möglicherweise muss man das beachten.
Eben deshalb wirst du bei diesem Thema auf bitteren Widerstand stoßen, denn die ältere Generation hat es sich im Denken bei diesen Themen bequem gemacht, das bequeme geben sie so einfach nicht her.
Wenn man sich ankuckt, wie schwer es unsere Eltern hatten, diese verklemmte religionsgeprägte Sexualität und diese starren Autoritäten der Kriegs- und Nachkriegsjahre zu durchbrechen oder endlich die annähernde Gleichstellung der Frau zu erreichen, kann man sich vorstellen, dass es für dich ebenso hier nicht einfach wird, da weiter zu gehen. Das was die älteren heute noch verteidigen, ist teilweise das Resultat ihrer eigenen Befreiung damals, teilweise auch unbearbeitetes, übernommenes...nur hier bleiben sie wiederum, wie ihre Elterngeneration, stehen.
Ebenso wäre es somit einen Gedanken wert, dass auch jüngere Menschen sich irgendwann irgendwo wieder „am alten festklammern“ werden. Ich nehme mich da nicht aus. Deshalb ist es vermutlich nie „die endgültige Freiheit“, sondern auf Ebene der Gesellschaft eine Art Etappenweg. Für dich ganz privat, kannst du wahrscheinlich auch mehrere Etappen auf einmal nehmen...allerdings evtl. mit dem Preis, ziemlich orientierungslos und allein dahin zu treiben. Möglicherweise auch ausgegrenzt zu werden.
Viele Grüße und etwas Mut
Bernd