Da ca. drei Viertel meiner bisherigen Beiträge hier Diskussionen mit ihm sind, kann ich das nur bestätigen. Wir sind uns zwar in nichts einig, aber das macht ja nix, im Gegenteil.
Das kann gut sein. Als "beinharter Rationalist" (Selbstbezeichnung) hört er niemals auf seine Intuition und deshalb hat sich ihm diese hier vielleicht penetrant aufgedrängt mit einem Unruhezustand.
"Niemals auf meine Intuition hören" würde ich so nicht sagen. Vielmehr ist sie für mich meistens der Startschuss, eine Sache näher zu analysieren und darüber nachzudenken.
Ein fairer, ausdrucksstarker Gegner ist interessanter als ein ausdrucksloser Freund, jedenfalls in einem Diskussionsforum. Wir sind hier, um Meinungen auszutauschen, auch und gerade wenn sie conträr sind. Oft genug sind Argumente nur vordergründig conträr und führen zu ähnlichen Zielen; das ist dann wie bei Don Camillo und Peppone.
Ich war schon in Foren, da wird man einfach gemobt, wenn man gegen den dortigen Mainstream argumentiert, egal wie sachlich man auch immer diskutieren mag. Da bin ich dann irgendwann raus, das sind dann auch keine echten Foren mehr. Sondern Poesiealben, wo sich die Teilnehmer gegenseitig den Bauch pinseln wollen.
Zum Glück bin ich in einer Altersgruppe, in der es noch eine ganze Weile dauern wird, bis ich an der Reihe bin. Bisher siegt bei mir klar die intuitive Skepsis.
Skepsis ist nie verkehrt, aber Skepsis bedeutet nicht, dass man bereits ein ablehnendes Urteil gefällt hat. Skepsis bedeutet, dass man noch kein abschließendes Urteil gefällt hat und Pro und Contra noch gegeneinander abwägt.
In den Zeiten des Internets sind wir auf einmal alle Covid-19 - Experten, Virologen, Impfstoffspezialisten und Molekularbiologen. Ich selbst verfüge vllt. über eine üderdurchschnittliche naturwissenschaftliche Bildung und habe mich auch hier und da auf dem Laufenden gehalten. Dennoch sehe ich mich nicht in der Lage, allein aufgrund medizinischer und biologischer Argumente ein Für oder Wider einer Impfung entscheiden zu können. Wie auch? Nur, weil eine Argumentation wissenschaftlich erscheint, muss sie nicht richtig sein und überprüfen kann ich sie auf diesem Niveau auch nicht. Wenn ich eine Sache letztlich inhaltlich kaum beurteilen kann, aber auch entscheiden muss, dann bleiben mir nur drei Wege übrig, eine Argumentation zu bewerten: Die Plausibilität der Argumentation, das (echte oder vermeintliche) Renommee des Autors und auch, ob es sich um eine Mehrheitsmeinung handelt, oder nicht.
Auf der Seite der Impfgegner kann ich eine große Gruppe bereits aufgrund mangelnder Plausibilität aussortieren: Das sind die ganzen Spinner, die mit der NWO, Bill Gates, Nanochips, Satanisten und Reptiloiden daher kommen oder "Reichsbürger" sind.
Dann gibt es da - sehr wenige - akademische Kritiker, die sich gegen die Impfung als solche, den Zeitpunkt oder auch nur die gegenwärtig existierenden Impfstoffe aussprechen. Natürlich werden sie von den Laiengegnern im Internet immer wieder zitiert; und umso öfter sie zitiert werden, umso "amtlicher" werden die Attribute, die man ihnen zuschreibt. Recherchiert man diese "Virologen" und "Impfstoffexperten" dann mal etwas näher, dann stellt man fest: Die Attribute stimmen so nicht. Sie verfügen nicht über das Renommee und/oder den spezifischen Background. Manche dieser "Experten" haben seit vielen Jahren nicht eine einzige Arbeit publiziert; manche halten sich für ein verkannte Genies mit eigenen, völlig unbestätigten wissenschaftlichen Ansichten. Vor allem aber scheinen sie nicht die Experten zu sein, wie andere oder sie selbst über sich behaupten und/oder die Vita steht nicht dafür.
Manche Aussagen sind inzwischen schon Teil persönlichen Smalltalks geworden, sie beginnen meist mit "Ein Virologe lernt schon im 1. Semester, dass ...", aber auf Nachfrage kann Niemand sagen, woher er diese Info eigentlich hat und ob man dies verizieren kann. Versucht man es, dann landet man entweder bei jenen, die ständig alles ungeprüft nachplappern oder bei dem einen "Experten" mit schwachem Renommee.
Fazit:
Auf der Seite der Impfgegner sehe ich nur Spinner oder einzelne, wenige verkannte Genies. Dem steht auf Seiten der Impfbefürworter eine breite, wissenschaftlich hochstehende Mehrheit gegenüber, mit vielen anerkannten Experten gegenüber. Natürlich auch Pharmakonzerne und die Politik, aber es wäre ja auch naiv zu glauben, die gäbe es nicht. Aber mit einer Bachblüten-Therapie lässt sich Covid-19 eben auch nicht bekämpfen.
Die Vernunft gebietet mir, dem Apparat und der Impfung zu vertrauen; es bleibt, so oder so, eine Vertrauenssache.
Aber das ist es ja bei vielen anderen Dingen des Lebens auch: Vertrauenssache. Wenn ich im Laden ein Elektrogerät kaufe, dann muss ich auch darauf vertrauen, dass es sicher ist. Wenn ich im Supermarkt ein Stück Käse kaufe, dann vertraue ich auch darauf, dass er hygienisch einwandfrei ist und nicht etwa mit Listerien verseucht.
Sicher wird es immer Leute geben, die meinen, ich müsste wegen des Elektrogeräts einen Aluhut tragen und Käse sei per se blankes Gift. Aber nehme ich die denn ernst?