Reinhard70
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AW: Brauchen wir Transzendenz, um die Welt zu verstehen?
Herzlichen Dank, Hartmut!
Du hast wieder etwas mehr Klarheit in meinen Kopf gebracht.
Aber die Frage aller Fragen "Gibt es Gott?" kannst und willst
Du (selbstverständlich) nicht beantworten.
Ich denke, mit dieser menschlichen "Ohnmacht" müssen wir uns
als Individuen irgendwann abfinden.
Gruß
von
Reinhard70
Da magst du recht haben, LaChatte.
An der Kopenhagener Deutung, die im Kreis von N. Bohr entstand, waren verschiedene Physiker beteiligt. Heisenberg, als einer von ihnen, wendete sich gegen eine subjektivistische Interpretation des Beobachters (W. Heisenberg: Die Entwicklung der Deutung der Quantentheorie, Physikalische Blätter, 1956, Heft 7, S. 299):
"Natürlich darf man die Einführung des Beobachters nicht dahin missverstehen, dass etwa subjektivistische Züge in die Naturbeschreibung gebracht werden sollten. Der Beobachter hat vielmehr nur die Funktion, Entscheidungen, d. h. Vorgänge in Raum und Zeit, zu registrieren, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Beobachter ein Apparat oder ein Lebewesen ist ...".
Ich jedenfalls hatte den Eindruck, dass pispezi gerade diesem Missverständnis anhängt, und deshalb habe ich entsprechend geantwortet.
Das siehst du m. E. nicht richtig.
Aus dem Physikunterricht ist dir sicher bekannt, dass Interferenz von z. B. Lichtwellen nur unter bestimmten Bedingungen, nämlich denen der Kohärenz (feste Phasenbeziehungen der Wellen), stattfindet. Dekohärenz ist nun der entgegengesetzte Vorgang.
In der Quantenmechanik hat man es zwar auch mit einer Wellenfunktion zu tun, jedoch ist diese, im Gegensatz etwa zu den Lichtwellen, keine reale physikalische Grösse, sondern ein mathematisches Hilfsmittel, mit dessen Hilfe man Wahrscheinlichkeiten berechnen kann. Nichtsdestoweniger gilt in der Quantenmechanik ebenfalls das Überlagerungsprinzip, d. h. eine kohärente Überlagerung zweier physikalisch möglicher Zustände ist wieder ein möglicher Zustand. Dieses Prinzip scheint nun allerdings in der makroskopischen Physik nicht zu gelten. Die Wellenfunktion z. B. des Mondes ist eben nicht entlang seiner Bahn verschmiert. Und wie A. Einstein es formulierte: Der Mond ist auch da, wenn man nicht hinsieht!
Durch Wechselwirkung mit der Umgebung kann resp. wird nun ein quantenmechanisches System im Laufe der Zeit die Kohärenz, d. h. die Fähigkeit zur Interferenz, verlieren. Im Falle von Schrödingers Katze gibt es etliche Dekohärenz-Mechanismen, z. B. die Aussendung von Wärmestrahlung, die Atmung der Katze etc. Die Katze ist also kein abgeschlossenes System, und wegen der Wechselwirkungen mit der Umgebung werden die Zustände dieses Systems kaum miteinander kohärent sein. Die Dekohärenz ist nun um so stärker, je grösser das System und je höher seine Temperatur ist. Dies ist offenbar der Grund, weshalb wir im Alltag keine quantenmechanischen Überlagerungen sehen, und warum es keine Katzen gibt, die in einer Überlagerung von "tot" und "lebendig" sind. Schrödingers Katzenparadoxon ist aufgelöst.
Man kann auch folgende Überlegung anstellen. Sollte die Quantenmechanik universelle Bedeutung haben, dann wäre sie auch für uns Menschen anwendbar. Müsste uns nun laufend jemand beobachten, damit wir nicht in einer Überlagerung verschiedener Zustände a' la Schrödingers Katze verharren müssen? Und wer beobachtet diese Person (etwa Gott?).
Auf fruchtbare Diskussion dieses komplizierten Themas!
Gruss
Hartmut
Herzlichen Dank, Hartmut!
Du hast wieder etwas mehr Klarheit in meinen Kopf gebracht.
Aber die Frage aller Fragen "Gibt es Gott?" kannst und willst
Du (selbstverständlich) nicht beantworten.
Ich denke, mit dieser menschlichen "Ohnmacht" müssen wir uns
als Individuen irgendwann abfinden.
Gruß
von
Reinhard70