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hat der nationalstaat noch bedeutung?

instanton

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4. Mai 2003
Beiträge
333
hat der nationalstaat aufgrund der fortschreitenden Globalisierung und den damit verbundenen konsequenzen (privatisierung deregulierung der wirtschaft....) noch bedeutung? ist es wünschenswert dass die nationalstaaten so schnell wie möglich ihre souveränität zwecks einer integration aller staaten(oder möglichst vieler-->ein großes gemeinsames) aufgeben?

:-)lg insti
 
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Man kann Globalisierung nicht ohne Regionalisierung verstehen. Gleichzeitig mit globalen Entwicklungen nehmen regionale Identitätskonstruktionen an Bedeutung sogar noch zu.
Ein großes Ganzes verspricht auf den ersten Blick (in einer idealen Zukunft) mehr Gerechtigkeit...doch in der Praxis zeigt sich, dass in großen Zusammenschlüssen (Beispiel UDSSR) dann doch bestimmte Volksgruppen benachteiligt werden. Daher ist es wohl auf unabsehbare Zeit unabdingbar, dass nationale und regionale Einheiten autonom bleiben.
 
Ja, ich denke der Nationalstaat hat noch Bedeutung und wird sie auch nicht verlieren. Die Menschen hängen an ihrer Heimat und ich denke, dass autonome Staaten organisatorisch gesehen schon ihre Berechtigung haben.

Gedankensprung => Reines Gedankenspielchen!
Was haltet ihr von der Zusammenlegung Deutschlands und österreichs.
Wäre vielleicht mal ganz witzig, das durchzuspielen. Wir nehmen das beste aus beiden Ländern und packen diese zu einem neuen "Deutschen Reich" :)
zusammen.(@Gaius Würde gerne dein Gesicht sehen) Der Name wurde extra so gewählt, damit wir die Vergangenheit endlich mal bewältigen und aus etwas Negativen etwas Positives machen.
Wie sehe dieser Staat aus? Irgendwelche Vorschläge?
 
fusselhirn schrieb:
Wir nehmen das beste aus beiden Ländern und packen diese zu einem neuen "Deutschen Reich" :)

Also ich würde jetzt gern mal das Gesicht von Elfriede Jelineck sehen :lachen:

Also ich kann das nur so ungefähr beantworten: Das bringt mir (uns?) nicht mehr, als wir schon durch die EU haben. :suche:
 
fusselhirn schrieb:
Was haltet ihr von der Zusammenlegung Deutschlands und österreichs.
Wäre vielleicht mal ganz witzig, das durchzuspielen. Wir nehmen das beste aus beiden Ländern und packen diese zu einem neuen "Deutschen Reich" :)
zusammen

Meine liebsten Freunde kamen vor Jahren aus Deutschland nach Österreich, wir haben das also schon in die Praxis umgesetzt. :umarm:

Dieses Gedankenspiel wäre ganz interessant. Was ist denn eigenlich das Beste in Deutschland bzw. in Österreich?

herzlich
lilith
 
Ja, instanton, er hat noch Bedeutung, trotz Staatenbünde und Globalisierung.

Bleiben wir einmal in Europa. Schon die Tatsache, dass nicht alle Menschen im derzeiten EU-Bereich auch für die EU gestimmt haben, spricht dafür (ich habe übrigens für die EU gestimmt, bereue es zwar hin und wieder, stehe aber dazu; wir hatten 2 Jahre Zeit, um zu überlegen).

Es gibt bei allen Zusammenschluss- und Fusionstendenzen psychologische Meinungen, nach dem die meisten Menschen eine lebenslange soziale Bindung an ihre Eltern haben; Bindung, nicht Abhängigkeit und natürlich auch nicht körperliche Bindung, sondern geistig-seelische. Gehen wir davon aus, dass das stimmt, gibt es natürlich auch keine totale Überwindung des Lokalpatriotismus (ich bin ein Unterwagelbacher, Hamburger, Tullner, Wiener, Buxtehudeer usw.). Daraus ergibt sich logischerweise, dass es auch keine totale Überwindung des Nationalismus gibt.

Ist ein Belgier, der Belgien liebt (also für die belgische Nation ist) und trotzdem die EU gewählt hat, jetzt schizophren ?

Nein, er ist halt ein EU-Belgier.

Außerdem gibt es in der EU-Verfassung das Subsidiaritätsprinzip, was in etwa bedeutet, wenn die kleinere Einheit (in diesem Fall der Nationalstaat, das Bundesland, der Bezirk bzw. der Kreis oder die Gemeinde) Regionen besser verwalten kann als die große Einheit, so geht die Kompetenz an die kleinere Einheit. Und das ist oft gut so; man stelle sich nur vor, wir müssten für jede Geburtsurkunde in Brüssel ansuchen.

>fusselhirn: Die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Österreich in Wirtschaft, Technik, Forschung, Wissenschaft und Sicherheit ist im Rahmen der EU-Gesetze nicht verboten. Wenn Du einmal mit Angehörigen nichtdeutscher Sprachen zu tun hast, wirst Du auch merken, wie sehr - auch die gesprochene - österreichische und deutsche Sprache verwandt und verwoben ist, sodass keine ernsthafte Gefahr besteht, dass wir uns einmal bekriegen. Wir sind (mit derzeit 23 anderen Staaten) bei der EU - und ich halte das für unumkehrbar.

Liebe Grüße
Zeili, EU-Österreicher
 
Um auf die ursprüngliche Frage von instanton auch zu antworten:

Wie Robin schon weiter oben auch angemerkt hat, sehe ich durchaus die Notwendigkeit einer "regionalen Identität", gerade deswegen, weil damit die kontinuierliche Linie vom Einzelnen zum Ganzen eingehalten wird. Die demokratische Ausrichtung, die dem Einzelnen die Möglichkeit gibt, seine Beürfnisse zu äußern, seine Meinung auszudrücken, wird damit umsetzbar. Regionale Identität verstehe ich hier im Sinn von Wahrnehmung der realen Bedingungen in einem bestimmten Lebensraum. Durch diese Bedingungen entstehen bestimmte Bedürfnisse, die nur regional gelten und daher auch nur regional entschieden werden müssen.

Die hierarchische Gliederung geht ja in Österreich von der örtlichen Gemeindevertretung, über Bezirk Land und Bund, dazu jetzt noch über die EU zur gesamten Welt. Die Zwischenstationen sind mMn sehr notwendig, damit der Informationsfluss durchgehend funktionieren kann, aber auch, damit die nötigen Anpassungen (in beide Richtungen) vorgenommen werden können.

herzlich
lilith
 
Salut!

Pardon!, aber Zeilingers "Einwurf" und auch andere Hinweise auf die EU und Globalisierung scheinen mir hier wesentlich und absolut angebracht zu sein.
In einer Föderation bleiben die verschiedenen Schichten von Zuständigkeiten erhalten, wie auch die wichtigen nationalen Identifikationsmöglichkeiten, die sogar an Bedeutung gewinnen, wie auch schon vor mir bemerkt.

Auf die Gefahr hin, etwas am Thema vorbei zu schreiben, m.E. doch zum Thema:

Gerade wir Franzosen können diese Tatsachen z.Z. nicht, oder nur schwer kapieren -grins. Verständlich sogar, weil uns so was absolut fremd ist. Ist doch in Frankreich alles Staat, jede Verantwortung fängt dort an und hört auch beim Staat auf. Aber auch andere Europäer sind sich den Nationalstaat als Hort der demokratischen Entscheidungen gewohnt, eine neue Plattform, die dazu kam, irritiert sie; um so mehr, je weiter die EU-Einigung fortschreitet. Der Rückhalt wird weniger, weil keine supranationalen Bindungen entstanden, während die nationalen selbstverständlich erhalten blieben und bleiben werden.

Die Wut auf die Regierungspolitik, die wirtschaftliche Lage etc. äussert sich bei uns -und nicht nur- im Unwillen, dem EU-Verfassungsvertrag zuzustimmen. Aber die Demokratie ist auf mehreren Ebenen strukturiert, viele davon sind national und werden es auch bleiben. Der Vertrag ist kein Ideal - das macht es leichter, dagegen zu sein - aber es ist das Beste, das wir z.Z. bekommen können. Wieso also nicht nehmen und für Verbesserungen sorgen? Es ist ein Vertrag, davon wird es noch viele geben, wie auch Missstände, na und? Ginge alles auf einmal, würde man es sicherlich auch auf einmal bewerkstelligen.

Europa kann mehr in Sachen Forschung und Entwicklung tun, Qualifikation und Unternehmergeist bleiben national.
Auch die Arbeitslosigkeit in Frankreich und Deutschland ist nicht Europa-Sache. Dänemark oder auch Grossbritannien haben das Problem nicht, oder wesentlich geringer, obwohl sie auch EU-Mitglieder sind. Es liegt nicht an Europa, es liegt an der Qualität der nat. Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik. Wird diese europäisch besser koordiniert, werden sich auch -bin immer noch dieser Überzeugung- Möglichkeiten bieten.
Europa ist nicht der Transmissionsriemen der Globalisierung, dazu muss man nur in den USA, Lateinamerika, Asien oder Afrika gewesen sein. Von aussen geschaut, merkt man rasch, dass es im EU-Wirtschaftsleben immer noch die besten Spielregeln gibt, z.B. Marktwirtschaft mit sozialen Kontrollmechanismen, staatliche Infrastruktur und Sozialpartner, die ausserhalb weitgehend oder ganz fehlen. Auch die offenen Märkte sind wesentlich stärker reguliert als anderswo -Beispiel China, Thailand etc. Von China könnten wir uns 'belehren' lassen, was Marktwirtschaft wirklich bedeutet.
So ist/wird Europa für den Wettbewerb zuständig, die Sozialpolitik bleibt national.

Am 29.5. wird das franz. Volk das Referendum zum EU-Verfassungsvertrag abhalten. Die jüngste Umfrage zeigt zwar wieder eine Erholung des Ja-Trends auf 53%, dem Verhalten der oppositionellen Sozialisten sei Dank - ihre Zustimmung ist von 45 auf 56% innert einer Woche gestiegen. Wie wirksam aber die Internet-Seiten der Gegner am Schluss werden, kann heute noch niemand mit Sicherheit voraussagen.
[So haben wir z.B. den 1. Internet-Politiker, Prof. der Rechtswissenschaften Chouard. Monsieur Chouard ist aber weder Politiker noch Professor. Er behauptete es auch gar nie, machte sich nur auf seiner privaten Page ein paar nicht gerade fundierte und brillante Gedanken über den Vertrag, in den er sich auch gerade erst in letzter Zeit einzulesen versucht. Seine Fans, in der Zwischenzeit an die 330 000, machten ihn zum Idol der Gegner und aus der Tatsache, dass er 'professeur' ist -in diesem Fall Berufsschullehrer, wurde Professor der Rechtswissenschaften. :rolleyes: ]

Was passiert aber, wenn das Referendum am 29. scheitert? Lassen sich die EU-Mitglieder nicht davon stören, oder werden sie sogar froh, die EU-Idee stagnieren zu lassen, werden die Industrieprojekte zwischen Deutschland und Frankreich davon betroffen etc. Was denkt Ihr darüber?

Die Zustimmung aller 25 Mitgliedstaaten ist nötig und m.E. ist die Zustimmung Frankreichs als eines der Gründungsmitglieder und immer noch eines der einflussreichsten Staaten der EU politisch entscheidend. Stimmt Frankreich gegen den Vertrag, geht wertvolle Zeit verloren und die Amerikaner, Inder und Chinesen werden noch schneller noch weiter sein.
Von aussen betrachtet, steht die EU-Besonderheit für Qualität, für Menschlichkeit und auch für Natur - allen Missständen zum Trotz!
Wenn alle diese nationalen Besonderheiten ihr Gewicht gemeinsam europäisch bekunden, dann macht das eben doch Eindruck - in dieser nicht gerade sympathischen Welt. Warum hätten sonst die Russen und die Kanadier das Protokoll von Kyoto ratifiziert?

Ist es -um es pathetisch auszudrücken- nicht gerade die EU, die der Traum vom Weltfrieden zu verwirklichen versucht?
Aber Europa ist kein Staat mit Klischees, Ritualen, Wiedererkennungswerten/ -Merkmalen und Figuren - dies alles bleibt national. Ein demokratisch-politischer Überbau wird nur sehr langsam heranwachsen; ist es deshalb nicht enorm wichtig, ihn mit Kommunikation etc. überlegitimieren?
 
hat der nationalstaat noch bedeutung?

Flächen-Staaten, die sich über mehrere Natur- und Kulturräume hinweg erstrecken,
haben eher schlechte Karten (China, Indien),
es sei denn,
dort wohnen relativ wenig Menschen (USA, Australien, Rußland)

wenn in einem Land die Hauptstadt zum Wasserkopf wird
und sich der Rest des Landes heruntergesetzt fühlt
bzw. tatsächlich ein Gefälle vorhanden ist,
dann werden sich früher oder später
die benachteiligten Regionen von der Nation loszulösen versuchen

...........


die EU wird langfristig die europäischen Staaten auflösen
oder die Staaten lösen die EU auf

eins von beiden wird passieren.
einen Mittelweg halte ich für ausgeschloßen
 
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Jérôme schrieb:
Die Wut auf die Regierungspolitik, die wirtschaftliche Lage etc. äussert sich bei uns -und nicht nur- im Unwillen, dem EU-Verfassungsvertrag zuzustimmen. Aber die Demokratie ist auf mehreren Ebenen strukturiert, viele davon sind national und werden es auch bleiben. Der Vertrag ist kein Ideal - das macht es leichter, dagegen zu sein - aber es ist das Beste, das wir z.Z. bekommen können.
Übersehen wird scheinbar oft, dass es nur ein Vertrag ist. Ich war auf einer Diskussionsveranstaltung und muss sagen, dass die Kritik des Attac-Vertreters ziemlich unüberzeugend war...leider habe ich den Punkt vergessen, wo er wirklich mal Recht hatte :rolleyes: Aber ja: Man kann ihn verbessern (wie wärs mit: dünner machen...?)

Auch die Arbeitslosigkeit in Frankreich und Deutschland ist nicht Europa-Sache. Dänemark oder auch Grossbritannien haben das Problem nicht, oder wesentlich geringer, obwohl sie auch EU-Mitglieder sind. Es liegt nicht an Europa, es liegt an der Qualität der nat. Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik.
Das ist aber auch gleichzeitg ein Manko der europäischen idee: Ausgerechnet das, was den Menschen am meisten auf den Nägeln brennt, wird von der EU nicht aufgenommen. Als wir über den Vertrag diskutierten, hing für mich wie eine dunkle Wolke darüber, dass Schröder gerade in der Arbeitslosendebatte wieder patriotische Töne anschlug. Könnte dagegen vermittelt werden: EU=mehr Arbeitsplätze, wäre es nicht schwer, begeisterte Anhänger zu finden. So bleibt die Idee immer zu abstrakt.

Von aussen geschaut, merkt man rasch, dass es im EU-Wirtschaftsleben immer noch die besten Spielregeln gibt, z.B. Marktwirtschaft mit sozialen Kontrollmechanismen, staatliche Infrastruktur und Sozialpartner, die ausserhalb weitgehend oder ganz fehlen. Auch die offenen Märkte sind wesentlich stärker reguliert als anderswo -Beispiel China, Thailand etc. Von China könnten wir uns 'belehren' lassen, was Marktwirtschaft wirklich bedeutet.
So ist/wird Europa für den Wettbewerb zuständig, die Sozialpolitik bleibt national.

Auch hier wie eine dunkle Wolke die Befürchtung, dass die EU im Zuge ihrer "Harmonisierung" eben diese Eigenheiten aufgeben will (streiten natürlich alle ab). Im Moment überwiegt der Eindruck der Doppelzüngigkeit: Hier die Ideale Europas loben, in der Praxis schlingernd dem amerikanischen Modell hinterherrutschen. Ich kann nur für Deutschland sprechen: Worte - und Taten...
Was passiert aber, wenn das Referendum am 29. scheitert? Lassen sich die EU-Mitglieder nicht davon stören, oder werden sie sogar froh, die EU-Idee stagnieren zu lassen, werden die Industrieprojekte zwischen Deutschland und Frankreich davon betroffen etc. Was denkt Ihr darüber?
Habe ich noch keine Meinung. Die Bedeutung des Vertrags wird aber auch nicht einheitlich bewertet. Aber so richtig auf Dauer gegen die Bürger arbeiten kann man doch auch nicht, oder? Ich meine, man hat fast immer mit Verteilungen um die 50/50 zu tun...da steckt doch ein Problem?!

Wenn alle diese nationalen Besonderheiten ihr Gewicht gemeinsam europäisch bekunden, dann macht das eben doch Eindruck - in dieser nicht gerade sympathischen Welt. Warum hätten sonst die Russen und die Kanadier das Protokoll von Kyoto ratifiziert?
Nun, für solche Standpunkte braucht man den Vertrag aber nicht, oder? Das sollte sich in der Tat aus einem europäischen Selbstverständnis auch so ergeben.
Ist es -um es pathetisch auszudrücken- nicht gerade die EU, die der Traum vom Weltfrieden zu verwirklichen versucht?
Aber Europa ist kein Staat mit Klischees, Ritualen, Wiedererkennungswerten/ -Merkmalen und Figuren - dies alles bleibt national. Ein demokratisch-politischer Überbau wird nur sehr langsam heranwachsen; ist es deshalb nicht enorm wichtig, ihn mit Kommunikation etc. überlegitimieren?
Man könnte aber auch so argumentieren ;) Man kann es auch als positiv sehen, dass Europa eben nicht so viel Pathos braucht, um dennoch vernünftige Standpunkte zu haben...Der Vertrag mag institutionell wichtig sein, den bürokratischen prozess vorantreiben - ob es und aber inhaltlich/identifikatorisch so weit zurückwirft, wenn es nicht klappt, ist die andere Frage.
 
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