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Fragen

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Hallo Robin,

Denke, dass wir immer wieder alte Fragen, unter neuen Umständen und Aspekten, stellen.

Die Frage ist, ob eine Frage mit verändertem Sinn/Ziel eine neue Frage ist oder noch die alte?

Aktuellstes Beispiel: Therapeutisches Klonen.

fg bine
 
tag

seh ich auch so, zumindest im Allgemeinen. wer weiß was sich noch zeigen wird

--> wo enden die Wolken --> wo endet der Himmel --> wo endet das All.
 
Geht es nur um uns als Privatpersonen/unsere Fragen und nicht um wissenschaftliche Fragen, so werden häufig bis vorwiegend die gleichen Fragen gestellt. Neu oder auch konstant bleibend formuliert, eventuell aus einer neuen Perspektive heraus, unter Berücksichtigung neuer Erfahrungen, Erkenntnisse, Gesichtspunkte. Das aber ist auch relativ, denn für den Frager ist die Frage neu, oder er stellt eine alte Frage neuen Befragten, um eventuell durch neue Antworten bereichert zu werden - schlussendlich basieren sogar einige Wissenschaften auf diesem Prinzip.
Für mich war z.B. die 'Raumfrage' neu.
Auch diese 'Fragenfrage' finde ich interessant und würde sie gerne etwas verfremden und weiterführen.

Wahrscheinlich sollte man sich über alle Fragen freuen, weil sie ein Interesse verraten. Es ist u.U. ein Versuch, der Oberflächlichkeit der alltäglichen Kommunikation zu entkommen, aber auch ein Versuch, tief in die 'Geheimnisse' des Gegenübers einzudringen. Je nach dem, wer und welche Fragen er stellt, empfinde ich die Fragen aber u.U. als impertinent, unschicklich. Es liegt hier eine Kollision von Wertvorstellungen vor: zu einem empören mich die zudringlichen Fragen, weil ich die Berechtigung zu solchen Fragen nicht sehe, zum anderen stelle ich möglicherweise unschickliche Fragen selber, weil mir eine im Gewand politischer Korrektheit auftretende Egalisierungsmoral das gegenseitige Transparentmachen und -werden gebietet. Paradox, nicht?
Die Empörung mag man für Relikt einer alten aristokratischen Moral halten, wonach das vornehme Individuum niemandem Rechenschaft schuldig war/ist.
Die Egalisierungsmoral - z.B. bei Jakobinern oder in kommunistischen Systemen vorherrschend - bestimmt die westlichen Demokratien nicht in ihrem Kern, es bleibt noch immer der Gleichheit die liberale Idee des Rechtes auf das Eigene und auf Privatheit vorgeordnet.
Den Exhibitionismus der Talkshows, in denen Seelendramen oder Schandtaten ausgebreitet werden, möchte ich nicht zum dominierenden Aspekt unserer sozialen und politischen Realität stempeln. Auch manche Paparazzi-Exzesse nicht. Aber eine grosse Zahl politisch - und erst recht ökonomisch - relevanter Entscheidungen werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffen. Sucht sich deshalb die Egalisierungsmoral Orte jenseits des Politischen?
Kann Egalität zwischen Menschen nur hergestellt werden, wenn der eine Einblick in die Abgründe des anderen erhält?
Es mag jetzt vielleicht etwas unverständlich anmuten, weil dieses Phänomen kaum auf das Forum applikabel und auch nicht dafür typisch ist, denn hier lassen wir uns freiwillig mit Fragen 'überrumpeln', werden also nicht in einen Rechtfertigungszwang manövriert.
Ich versuche es durch reale Beispiele zu veranschaulichen:

In Anwesenheit der jetzigen Frau wird man gefragt, warum man nicht mehr mit X zusammen ist.

Ein flüchtiger Bekannter fragt in Anwesenheit von Geschäftspartnern, wieviel mehr Geld man im neuen Job verdiene.

Ein kinderloses Ehepaar mittleren Alters wird in Gesellschaft gefragt, warum es keine Kinder hat.

Und vielleicht das krasseste Beispiel einer 'ungezwungener' gesellschaftlichen Konversation auf eine belanglos und harmlos geglaubte Bemerkung: 'Mein Vater ist schon lange tot.'
'Woran ist er denn gestorben?'
'Er hat sich das Leben genommen.'
'Warum?'...

Auch wenn die Fragenden faktisch den Befragten nicht gleich sind - nicht so viel verdienen, keine 'neue' Frau haben, dafür einige Kinder, ihre Väter auch noch nicht verstorben sind etc., gleichen sie sich ihnen an, indem sie ihnen ihre 'Geheimnisse entreissen' und sie künftig mit ihnen teilen.
Kann man unter dem Vorwand der Egalisierungsmoral auf diese Ersatzbefriedigung zurückgreifen, nur weil die gesellschaftlich relevanten Entscheidungen nicht unter Kontrolle zu bringen sind?
Ist auch die impertinente Fragerei eine verzweifelte Antwort auf die Erfahrung völliger Intransparenz, Undurchschaubarkeit der Welt, die wir bewohnen? Ein Versuch, Transparenz durch Frechheit zu erzwingen und sich dadurch wenigstens einen kleinen Teil 'der Welt' vertrauter zu machen? Oder ist alles ganz anders?

Viele Fragen zu den Fragen. Dem, wer mag, viel Spass damit und auch Dank.
 
Hallo!

Interessant, mein "Frägchen" auf ein Abstraktionsniveau neuer Qualität zu hieven.
Ich habe das Gefühl, dass die Egalisierungsmoral nur ein mediales Phänomen ist. Die mediale Situation in der Talk-Show entbindet ja sowohl den Frager als auch den Antworter, jene sensible Abwägung vorzunehmen, welche Frage nun schicklich sei oder nicht. Der evolutionäre Druck der Talk-Shows brachte es quasi zwingend mit sich, dass nach und nach alle Grenzen fallen würden. Die Frage ist aber, ob auch in der alltäglichen Kommunikation wirklich ein Wandel da ist.
Ich kann das nicht beobachten. In meiner Umgebebung sehe ich keine Zunahme von impertinenten Fragen; ich kann auch keine Aussagen über "kommunikationskompetenz" treffen. Dazu sind meine Ansprüche an Kommunikation zu speziell.
Generell ist zu sagen, dass der Sinn von Kommunikation nicht im Austausch von Inhalten besteht, sondern im Aufrechthalten des Prozesses, im Einbeziehen möglichst Vieler. Wer nicht kommuniziert, ist verdächtig. So war es in den Stammesgesellschaften und so ist es auch heute noch in Betrieben, Cliquen etc.
Paradox ist, dass eine unpassende Frage (oder Aussage), Ausdruck von einerseits zu viel Empathie als auch von zu wenig Empathie sein kann.
Gestern wurde ich zum Beispiel mit der Aussage eine Kollegen konfrontiert, er sei als Kind im Lungensanatorium von Schwestern geschlagen und psychisch unter Druck gesetzt worden. Diese Aussage kam so aus heiterm Himmel und war so weit vom Gesprächsthema entfernt, dass ich staunte. Mir nichts anmerken lassend, fragte ich nach und erfuhr auch noch, dass er bis vor zehn Jahren partiell psychisch darunter litt. Das alles war sowohl interessant als auch ein bisschen peinlich. Ich konnte dann aber letztendlich nicht sagen, ob es ein Bedürfniss war, mir das zu erzählen - oder ob er sich sozusagen in seiner Anektode vergriffen hat. Er ist nämlich so ein Anektodenmensch, die zu jedem Thema eine Geschichte bereit haben und diese dann oft auch widerholend anbringen. Ich wusste also am Ende nicht, ob diese Geschichte dazu diente, unsere Beziehung zu vertiefen oder ob es nur ein kommunikatives Versehen war, das sogar eher auf Oberflächlichkeit hindeutete...

Ich persönlich kann mit diesen Geheimnissen nichts kompensieren. Allerding lösen Geheimnisse bei mir immer "Fantasieprozesse" aus, d.h. ich spinne Geschichten weiter oder denke mir vertiefend Ursachen aus. Das dürfte aber nicht die Regel sein. Mit diesem Mechanismus kann ich mich sogar manchmal vor Peinlichkeit schützen, indem ich mich mit meinen "Konstruktionen" ablenke.
Im Allgemeinen frage ich Leute nicht nach Persönlichem, die ich nicht im weitesten Sinn als "Freunde" haben will. Ich weiß nicht, ob dieser Standpunkt eine Ausnahme ist, vielleicht führe ich zu wenig "halbprivate" Kommunikation, solche Situationen wie von dir, Jérôme, beschreiben, kenne ich fast nicht.
Grundsätzlich aber ist diese Fragestellung mit der Egalisierungsmoral interessant und neu, vielleicht kommen mir doch noch Beispiele in den Sinn, wenn ich darauf achte oder alles mal sacken lasse.
 
Die Frage übers Fragen führte hier also erstmal zu Gedanken über Kommunikation.

Erstmal:
Sollten wir nicht zwischen Fragen unterscheiden, die die Menschen persönlich betreffen (wie die oben unangenehmen Fragen, die zu tief in die Privatssphäre münden; oder auch die so gern gestellten "warum nicht?" - Fragen, die fast eine Rechtfertigung von Handlungen fordern)
und Fragen wie sie hier in den Foren gestellt werden, die eher einen allgemeineren Charakter haben (und viel angenehmer sind, weil ich mir immer einreden kann, dass sie mich nicht betreffen)?

Es ist doch ein Unterschied:
Warum haben sich deine Eltern scheiden lassen?
Denkst du, dass intelligente Außerirdische eine ähnliche Mathematik wie wir entwickelten?

Ich persönlich denke, dass man für sich allein vor der Beantwortung keiner Frage zurückschrecken sollte, man sollte nicht davor zurückschrecken, Gedanken zu Ende zu denken.

Aber wie sehr sollte man andere mit seinen Fragen beglücken?
 
Salute EP!

Wenn du mich fragst: Von mir aus müssen wir überhaupt nicht unterscheiden. Wir müssen auch nichts definieren. Es reicht, wenn wir einander einfach antworten, uns dabei ein wenig Mühe des Verstehens geben und genügend Sorgfalt in unsere Wortwahl legen.
Die Sprache ist wohlgeschärftes Instrument für den, der es beherrscht.
Gute Kommunikation ist es nicht, Fragen zu stellen, wo keine nötig sind. Die angeblich so tolle Eigenschaft, Fragen zu stellen, wird m.E. überschätzt. Das KLINGT immer so toll: Fragen zu stellen sei letztendlich wichtiger, als Antworten geben. Ein großer Philosoph stelle vor allem die richtigen Fragen. Ich antworte: Quatsch!
Allzu oft wird das benutzt, um eine attraktiv gerunzelte Stirn zur Schau zu tragen. Eine scheinbar tiefgründige Frage zu stellen, ist oft der LEICHTESTE Weg. Und der erste Schritt, sich vor Antworten zu drücken. Ich fordere daher, mit vielen AUSRUFUNGSZEICHEN:
Schluss mit der Verschwendung von Fragezeichen!!!!!!!!!!!!

Einen schönen Sonntag
 
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Salut!

Mir ging es grundsätzlich weder um die Unterscheidung von Fragen (Robin) noch um ihre Beantwortung (Ecce-P.), sondern im weitesten Sinne um die Motivation und Berechtigung. Wie, was und ob überhaupt ich antworte, bleibt meinem Urteil überlassen, genauso wie die Beurteilung, ob die Frage als impertinent zu werten ist. Auch bin ich nicht der Ansicht, dass ich jede Frage zu beantworten habe, es sei denn mit: 'Das geht Sie nichts an!' - auch davor schrecke ich nicht zurück.

Dein Beispiel, Robin, ist aber interessant. Beweist es doch, dass auch 'wir' (und dies gilt auch - oder sogar noch häufiger - für Foren als nur für die Realität) die Anderen - ich meine und meinte! damit ausschliesslich die 'Fremden' - mit Aussagen, d.h. Antworten auf nichtgestellte Fragen 'belästigen'. Welche Motivation haben 'wir' da?
So gesehen, bleibt uns/Euch - wenn ich mich so verhalte, aber keine andere Wahl als uns nach Deinem Beispiel auszuklinken/abzulenken, damit keine Peinlichkeit zurückbleibt, die uns bei nächster Begegnung die Flucht vor diesem, in die eine oder andere Richtung tendierenden, Menschen ergreifen lässt. Sonst laufen wir Gefahr, dass es in Zukunft beinahe keine 'Fremdkommunikation' mehr gäbe.
 
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