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Christlich-jüdische Traditionen

AW: Christlich-jüdische Traditionen

Ich vermute mal, dass die eilige Besinnung auf jüdisch-christliche Wurzeln, in dieser Phase nichts anderes als die nette Form der Abgrenzung gegen den Islam darstellen soll.
Abgrenzung gegenüber etwas Neuem anderen beunruhigendem ist ein ganz menschliches Bedürfnis und sollte als solches erst einmal wertgeschätzt werden. Kein Mensch lässt sich halt gerne überrennen und übervorteilen.
Sich zum Islam abgrenzen zu wollen scheint mir einem Gedankenfehler zu unterliegen oder/und an mangelnder Aufklärung. Der Islam bezieht alle Bücher des Judentums und das neue Testament mit ein. Und er bezieht sich auf Ismael den ersten Sohn Abrahams mit der Magd seiner Frau Hagar. So liest sich eigentlich die ganze Familiengeschichte Abrahams bis zu seinem Urenkel Josef als eine einzige schreckliche Verkettung von Betrug, Lüge und Schuld.
Wer das liest, kann sich moralisch erheben oder eben Fragen wieso Abraham als ein Vater aller Gläubigen gesehen wird.
Ein weiterer Gedankenfehler liegt mAn darin, dass es lediglich immer nur um einen Vatergott geht. Der weibliche Aspekt Gottes fällt regelmäßig unter den Tisch und weil das so ist, entsteht auch da aller Hass und alle Rachegelüste.
Allerdings ist schon insofern etwas Wahres dran, dass auch viele Strömungen die heute als postkonfessionell, humanistisch oder explizit atheistisch gelten, mehr in einer kirchlichen Tradition steht und die ist ein Amalgam aus jüdischen, ägyptischen, griechischen Wurzeln, mit einigen „heidnischen“ Versatzstücken – Osterhase und Weihnachtsbaum sucht man in der Bibel vergebens – als diese zuweilen selbst glauben.
Ja diese Religion = Bindung an... ist zu untersuchen und aufzuklären. Bei genauer Betrachtung wird sich eben einer großer Mischmasch von Halbwahrheiten und schicksalhafter Verquickung einer ganz persönlicher Kindheitsgeschichte.

Was uns flöten zu gehen droht ist aber in der Tat eher der humanistische Aspekt Europas und da sollte man auf der Hut sein. Die übrigens auch vom eher linksintellektuellen Jürgen Habermas geforderte Revitalisierung der Religionen, er meint zur Überraschung vieler das katholischen Christentum, ist vielleicht nicht der schlechteste Ansatz.
Es ist und doch längst seit den zwei Weltkriegen flöten gegangen. Seit dem herrscht einfach nur Verwirrung im Denken, in der Sprache und der Handlungen
Habermas hatte den Katholizismus zwar im Blick, um gegen den die drohende Deutungshoheit des Naturalismus vorzugehen, aber im Hinblick auf einen überschwänglichen Multi-Kulti Kurs dürften konservativen Kirchenanhänger schon länger gewisse Sorgen gehabt haben.
Ja und? Wichtig ist doch einzig und allein, wie mit dieser Furcht umgegangen wird, dass das Gefühl der Bedrohung verschwinden kann und die Widersprüche aufgelöst werden können, die diese Furcht nähren.

Inzwischen ist die post-postmoderne, neoatheistische, neofundamentalistische Gemengelage etwas unüberschaubar, aber die Zeit in der sich neue Koalitionen bilden ist doch recht spannend.
Es bedarf lediglich eines ganz einfachen Schritt in den Glauben:

Ich bin okay! Du bist okay!

und dagegen die Hass und Unterdrückung schaffenden Grundhaltungen

Ich bin okay! Du bist nicht okay!
Ich bin nicht okay! Du bist okay!
Ich bin nicht okay! Du bist nicht okay!

zu erkennen und aufzulösen. Damit wird dann alles langsam aber sicher ergeben.

Ja ja, die Fundamentalisten aller Religionen/politischen Ideologien usw. kennen keinen Spaß... - und haben fast nie Humor...:lachen::lachen::lachen:
Lachst Du Dich nicht selber mit immer wieder mit dieser Feststellung aus, moebius? Humor kann ich schon lange nicht mehr bei Deinen Bemerkungen wahrnehmen. Fehlt Dir nicht selber ein richtiges Fundament? Humor kommt von Humus = Erde und humilitas = Demut, ist ein Wandel in der Wahrheit. Ich ziehe da ganz entschieden, Die ungehaltene Rede von Dr. Karb vor.
Jedenfalls wer mit einem Finger auf einen anderen zeigt, weist mit drei Finger auf sich selbst und was dann da oft zu sehen ist, ist einfach bloß zum :weinen3: Da ist Stillstand und tote Hose.
:liebe: :geist: :schaf: rg​
 
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AW: Christlich-jüdische Traditionen

Hallo rotegraefin.

Abgrenzung gegenüber etwas Neuem anderen beunruhigendem ist ein ganz menschliches Bedürfnis und sollte als solches erst einmal wertgeschätzt werden. Kein Mensch lässt sich halt gerne überrennen und übervorteilen.

Sehe ich eigentlich auch so.
Es ist nicht falsch Gewohnheiten anzuhängen und Vorurteile zu haben, blöd ist nur, wenn man nicht in der Lage ist sie zu revidieren.

Sich zum Islam abgrenzen zu wollen scheint mir einem Gedankenfehler zu unterliegen oder/und an mangelnder Aufklärung. Der Islam bezieht alle Bücher des Judentums und das neue Testament mit ein. Und er bezieht sich auf Ismael den ersten Sohn Abrahams mit der Magd seiner Frau Hagar. So liest sich eigentlich die ganze Familiengeschichte Abrahams bis zu seinem Urenkel Josef als eine einzige schreckliche Verkettung von Betrug, Lüge und Schuld.
Wer das liest, kann sich moralisch erheben oder eben Fragen wieso Abraham als ein Vater aller Gläubigen gesehen wird.
Ein weiterer Gedankenfehler liegt mAn darin, dass es lediglich immer nur um einen Vatergott geht. Der weibliche Aspekt Gottes fällt regelmäßig unter den Tisch und weil das so ist, entsteht auch da aller Hass und alle Rachegelüste.

Das mit dem weiblichen Gott näher zu untersuchen, geht vermutlich nicht so aus, wie Du Dir das vorstellst, aber das eigentliche Problem ist, dass es bei den heutigen Debatten nicht um historischen Verwandtschaften geht, die es zweifellos gibt, sondern um moderne Interpretationen der Schrift.
Die sind halt nicht immer so, wie man es sich in Europa wünschen würde.

Ja diese Religion = Bindung an... ist zu untersuchen und aufzuklären. Bei genauer Betrachtung wird sich eben einer großer Mischmasch von Halbwahrheiten und schicksalhafter Verquickung einer ganz persönlicher Kindheitsgeschichte.

Das gibt es gewiss auch, aber auch hier sollte man sich vor Pauschalierung und Einkürzung hüten.

Zitat:
Zitat von Pirroge
Was uns flöten zu gehen droht ist aber in der Tat eher der humanistische Aspekt Europas und da sollte man auf der Hut sein. Die übrigens auch vom eher linksintellektuellen Jürgen Habermas geforderte Revitalisierung der Religionen, er meint zur Überraschung vieler das katholischen Christentum, ist vielleicht nicht der schlechteste Ansatz.

Es ist und doch längst seit den zwei Weltkriegen flöten gegangen. Seit dem herrscht einfach nur Verwirrung im Denken, in der Sprache und der Handlungen.

Die Weltkriege waren eine Katastrophe, aber den Humanismus haben sie nicht klein gekriegt. Dass wir ihn momentan verschenken, ist umso bitterer.
Aber inzwischen dreht der Wind ja wenigstens etwas.


Zitat:
Zitat von Pirroge
Habermas hatte den Katholizismus zwar im Blick, um gegen den die drohende Deutungshoheit des Naturalismus vorzugehen, aber im Hinblick auf einen überschwänglichen Multi-Kulti Kurs dürften konservativen Kirchenanhänger schon länger gewisse Sorgen gehabt haben.

Ja und? Wichtig ist doch einzig und allein, wie mit dieser Furcht umgegangen wird, dass das Gefühl der Bedrohung verschwinden kann und die Widersprüche aufgelöst werden können, die diese Furcht nähren.

Welche Frucht meinst Du hier?

Zitat:
Zitat von Pirroge
Inzwischen ist die post-postmoderne, neoatheistische, neofundamentalistische Gemengelage etwas unüberschaubar, aber die Zeit in der sich neue Koalitionen bilden ist doch recht spannend.

Es bedarf lediglich eines ganz einfachen Schritt in den Glauben:
Ich bin okay! Du bist okay!

und dagegen die Hass und Unterdrückung schaffenden Grundhaltungen
Ich bin okay! Du bist nicht okay!
Ich bin nicht okay! Du bist okay!
Ich bin nicht okay! Du bist nicht okay!

zu erkennen und aufzulösen. Damit wird dann alles langsam aber sicher ergeben.

Es ist sicher richtig, dass es letztlich nur recht einfacher Gedanken bedarf um eine kollektive Wende zu erreichen, aber leider stehen den wohlmeinenden Absichten der Einzelnen dynamische Kräfte im Weg, die dies mitunter erschweren und verhindern. Damit meine ich keine äußere Macht, sondern massenpsychologische Faktoren, die wir hier nicht zu vertiefen brauchen, da sie nicht zum Thema passen.
 
AW: Christlich-jüdische Traditionen

Das ist überhaupt witzig, dass man sich neuerdings wieder auf Religion als kulturelle Wurzeln besinnt. Konsequenterweise müsste man natürlich auch Aufklärung, Nationalsozialismus, etc... als kulturelle Wurzeln einbeziehen.
Aber der Grund für dieses Revival ist doch wohl eher ein Unbehagen in der eigentlichen Leitkultur Kapitalismus!?
 
AW: Christlich-jüdische Traditionen

Hallo erichs.

Der Kapitmalismus gibt ja eben keine ethischen Regeln an und wo er welche implizit enthält, sind die eher fragwürdig. Ich glaube, sie sind nicht nur kalt und rücksichtslos ("Gier ist gut"), aber einfache sehr funktionalisitisch ausgerichtet, wie die andere große Bewegung unserer Zeit auf, der Naturalismus.

Auch aus dem Naturalismus, lassen sich zumindest nach Meinung einiger keine ethischen Regeln ableiten, lässt sich ein gutes von einem schlechten Leben nicht unterscheiden.

Was beiden fehlt ist die Nestwärme, ein Wir-Gefühl, ein symolischer Ort der Identifikation, statt dessen treibt uns ein Olli Kahn "Weiter, weiter, weiter" an und man kann schon fragen: Wofür? Wohin?
 
AW: Christlich-jüdische Traditionen

Der Kapitmalismus gibt ja eben keine ethischen Regeln an und wo er welche implizit enthält, sind die eher fragwürdig. Ich glaube, sie sind nicht nur kalt und rücksichtslos ("Gier ist gut"), aber einfache sehr funktionalisitisch ausgerichtet, wie die andere große Bewegung unserer Zeit auf, der Naturalismus.

Auch aus dem Naturalismus, lassen sich zumindest nach Meinung einiger keine ethischen Regeln ableiten, lässt sich ein gutes von einem schlechten Leben nicht unterscheiden.

Was beiden fehlt ist die Nestwärme, ein Wir-Gefühl, ein symolischer Ort der Identifikation, statt dessen treibt uns ein Olli Kahn "Weiter, weiter, weiter" an und man kann schon fragen: Wofür? Wohin?

Vielleicht versteh ich dich jetzt falsch, aber ethische Regeln geben ja Religionen auch nicht vor, sondern nur jede Menge moralische. Wenns um die Verteidigung der Moral geht, darfs durchaus auch mal unethisch zugehen!?

... und Nestwärme, ein Wir-Gefühl und ein symbolischer Ort der Identifikation findet sich sicher auch im Millionärsclub, halt nicht für alle, aber das ist bei anderen Ideologien (Religion, etc...) ja auch so.
Ein Wir-Gefühl lebt ja geradezu davon, dass einige ausgegrenzt werden.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: Christlich-jüdische Traditionen

Hallo erichs.

Vielleicht versteh ich dich jetzt falsch, aber ethische Regeln geben ja Religionen auch nicht vor, sondern nur jede Menge moralische. Wenns um die Verteidigung der Moral geht, darfs durchaus auch mal unethisch zugehen!?

Ja, das ist sicher ein richtiger Kritikpunkt, aber ich glaube, dass gewisse moralische Grundintuitionen nahezu alle Religionen durchziehen (soziozentrisch eingefärbt, mit all den kleinkarierten Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben). Ich denke, die lassen sich auch zu ethischen Prinzipien ausdehnen, ohne dass es Gläubigen übelste Bauchschmerzen bereiten sollte und manche Bauchschmerzen muss man ihnen auch zumuten.

Der Naturalismus verzichtet noch auf ein Formulierung von moralischen oder etheischen Prinzipien, die sich aus ihm ableiten ließen, angeblich soll das anders werden, durch Hawkins, aber man wird sehen, wie die Diskussion verläuft.


„... und Nestwärme, ein Wir-Gefühl und ein symbolischer Ort der Identifikation findet sich sicher auch im Millionärsclub, halt nicht für alle, aber das ist bei anderen Ideologien (Religion, etc...) ja auch so.“

Kommt halt drauf an, wen man in den Kreis des „Wir“ aufnimmt, die Grenzen können ja enger oder weiter gezogen werden. Was uns offensichtlich vom Tier unterscheidet, ist, dass wir ein Wir-Gefühl empfinden können, zur positiven Kooperation bewusst fähig sind.
Gegen fundamentalistische Grenzziehungen wird ja gerade mit Recht gewettert, allerdings steht man da in der Gefahr alte Fehler zu wiederholen und jeden Soziozentrismus kategorisch abzulehnen, jedes Ideal als potentiell faschistoid zu bewerten und so weiter.
Das schließt die Reihen derer, die sonst gar nicht in einem Boot sitzen würden.


„Ein Wir-Gefühl lebt ja geradezu davon, dass einige ausgegrenzt werden.“

Nein, nicht ausgegrenzt. Wenn ich eine Gruppenidentität an der Hautfarbe festmache, dann steht da eine prinzipielle Schranke, wenn ich sie an der Akzeptanz gesellschaftlicher Spielregeln festmache, hat jeder selbst die Wahl.

„Wir“ im Golfclub, müssen eben keine „Arier“ sein.
 
AW: Christlich-jüdische Traditionen

@Pirogge
Ich persönlich bin Sachen Ethik/Moral sowieso der radikalen Meinung, dass es das einzig Sinnvolle ist jeden einzelnen Bürger dazu zu ermuntern ehrlich und vorurteilslos dazu Stellung zu beziehen. Ich bin davon überzeugt, dass jeder Mensch weiß, oder besser gesagt in einer konkreten Situation fühlt, was ethisch ist.
Diese ganze Konstruktion von Kulturen sind ja sowieso nur fragile unwirkliche Gebilde. Es wird zwar immer so getan, als wären es Wurzeln, aber in diesem Thread gehts ja eigentlich darum wie leicht diese Konstruktionen ins Schwanken kommen, wenn es äusserliche Einflüsse gibt.
Wenn wir wirkich so fest in unserer Kultur verwurzelt wären, wäre die Begegnung/Konfrontation mit anderen Kulturen ein Spiel und eine Bereicherung aber keine Vernichtung.
 
AW: Christlich-jüdische Traditionen

Hallo erichs.

Ich persönlich bin Sachen Ethik/Moral sowieso der radikalen Meinung, dass es das einzig Sinnvolle ist jeden einzelnen Bürger dazu zu ermuntern ehrlich und vorurteilslos dazu Stellung zu beziehen. Ich bin davon überzeugt, dass jeder Mensch weiß, oder besser gesagt in einer konkreten Situation fühlt, was ethisch ist.
Diese ganze Konstruktion von Kulturen sind ja sowieso nur fragile unwirkliche Gebilde.

Allerdings ist Ethik ein Kind dieser Kultur.

Es wird zwar immer so getan, als wären es Wurzeln, aber in diesem Thread gehts ja eigentlich darum wie leicht diese Konstruktionen ins Schwanken kommen, wenn es äusserliche Einflüsse gibt.
Wenn wir wirkich so fest in unserer Kultur verwurzelt wären, wäre die Begegnung/Konfrontation mit anderen Kulturen ein Spiel und eine Bereicherung aber keine Vernichtung.

Kann ja durchaus eine Bereicherung sein. Man isst ja immerhin heute lieber Döner als die gute alte Currywurst und ich glaube sogar, dass wir bei einem wechselseitig kritischen Dialog von einigem profitieren könnten.
Zwischen Döner und Steinigungen ist ja noch einiger Raum.

Ethik selbst ist ja ein dynamisches Projekt und nicht starr wie die ewigen 10 Gebote oder sonst etwas.
 
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AW: Christlich-jüdische Traditionen

... Aber der Grund für dieses Revival ist doch wohl eher ein Unbehagen in der eigentlichen Leitkultur Kapitalismus!?

Die Leitkultur des heutigen Kapitalismus in Europa ist für mich der überall vorhandene Amerikanismus.

Es ist wohl eher die islamische Debatte, die das "Revival" los trat. Es hätte auch ein Plädoyer der vielzitierten modernen Kultur/Gesellschaft werden können. Stattdessen kramen wir aus dem Bodensatz den abendländischen Gegenentwurf hervor, streng darauf bedacht stolzierend aufzutreten. Welch ruhmreiche Tradition sich da auftut. Das bezeichne ich wahrlich als fortschrittlich.
 
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