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Alles determiniert oder nicht?

AW: Alles determiniert oder nicht?

@frankie
Warum hast du trotz deiner Vergangenheit unendlich viele Möglichkeiten? Wie kommst du zu diesem Schluss?

So wie ich dir nicht den Determinismus beweisen kann, so kannst du mir nicht den freien Willen beweisen.

Da du dir über den freien Willen aber viel sicherer bist, als ich, wird dir bestimmt eine allgemein schlüssige Begründung einfallen.
 
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AW: Alles determiniert oder nicht?

So wie ich dir nicht den Determinismus beweisen kann, so kannst du mir nicht den freien Willen beweisen.

Vielleicht kann folgendes weiterhelfen. Wenn wir anstelle nur auf unsere Sichtweisen zu pochen, auf die Sache selbst hinsehen, könnten wir vielleicht herausfinden, welche Vorstellung Beobachtbares zutreffend beschreibt.

Beobachtbar ist menschliches Verhalten. Gibt es ein Verhalten, an dem wir 'determiniert' bzw. 'frei' ablesen können?

Versteht man unter 'determiniert' etwas, das 'feststeht', bereits 'bestimmt ist' und so 'gewiss' wie das Amen in der Kirche eintritt, dann fallen mir einige Beispiele ein, die ich an anderen und auch an mir beobachten kann. Es gibt Reflexe des Körpers, physische Prozesse meiner Organe, neurobiologische und neurophysiologische Vorgänge zahlreicher Art, die ohne mein Zutun ablaufen. Selbst der bewusste Entschluss, irgendein Körperteil zu bewegen, wird bereits vorher physiologisch zumindest mitentschieden, bevor mir dieses bewusst wird. Für den psychischen Bereich haben Freud und Jung mit ihren Libidotheorien auf Beobachtungen hingewiesen, die bewussten Entscheidungen eher eine sekundäre, denn eine primäre Funktion zuerkennen. Psychische Störungen manifestierien sich 'wie von selbst' und Jung hat die Dynamis des Seelischen als den entscheidenden Faktor bezeichnet. Dem Ich haben beide Forscher eher die Aufgabe zugewiesen, diesem Faktor, diesem Macher, der das psychische System im Rahmen bestimmter Parameter im Gleichgewicht hält, nicht im Wege zu stehen, sondern ihm durch flexible Einstellungen entgegenzukommen.

Wissenschaftler also kommen zu dem Ergebnis, so unabhängig wie dies z.B. in Zeiten der Aufklärung angenommen wurde, agiert der Mensch nicht. Die Erfahrung der letzten Jahrhundert mit der 'menschlichen Vernunft' zeigt vergleichbares.

Aus all diesem aber den Schluss zu ziehen, alles sei determiniert, lässt die indviduelle Beobachtung jedes Menschen außer acht, er entscheide frei. Dies ist mehr nur als ein Eindruck, sondern Ausdruck von wiederum anderen Beobachtungen, die vernachlässigt werden, wenn man eindeutige, sogenannte 'wahre' Urteile vorzieht. So z.b. kann ich durch Ernährung, Bewegung etc. die physiologischen Prozesse meines Körpers beeinflussen und nehme dann ab oder zu, je nach dem. Oder meine Reflexe verlangsamen sich, wenn ich unaufmerksam bin, oder Alkohol getrunken habe. Psychische Störungen lassen sich beheben, wenn ich sie mir bewusst mache. M.E. sind dies Hinweise auf die Möglichkeit, wie Menschen entscheiden können. Ich kann Süchte unterbrechen, kann Gewohnheiten einstellen bzw. verändern. Ich kann mir etwas vornehmen und mein Verhalten so steuern, dass ich dieses Vorhaben realisieren kann.

Bezieht man die wissenschaftlichen Forschungsergebnisse mit ein, wird man vielleicht einräumen können, dass offensichtlich nicht allein der Entschluss zur Entscheidung genügt, sondern dass Entscheiden eine Aktivität des ganzen Menschen ist, an der physiologische Prozesse wie psychische beteiligt sind, die Entscheidungen mittragen, ja sogar vorauseilend daran beteiligt sind - wie die Libetexpermimente und auch die Tatsache psychischer Störungen ('Freudsche Fehlleistungen' passieren uns allen.) zeigen. Daran, dass es uns oft nicht gelingt, Entscheidungen in die Tat umzusetzen, weil uns immer wieder etwas dazwischenkommt, können wir ablesen, dass da noch manches in uns mitspielt, was wir nicht in der Hand haben. 'Der Geist ist willig, doch allein das Fleisch ist blöde', tönten schon biblische Verfasser vor Jahrtausenden und geben damit m.E. einer allgemein menschlichen Erfahrung Ausdruck, die das Erleben des Entscheidens zu vermitteln scheint. Ob und wie die 'Blödheit des Fleisches' - eine theologische Metapher, die noch zu hinterfragen wäre - zu verändern ist, sei hier erst einmal vernachlässigt. Ich meine aber - auch aus eigenem Erleben -, dass der mitbestimmende physiologische und psychische Kontext im Rahmen unserer menschlichen Möglichkeiten veränderbar ist.

Die Positionierung 'Determinismus' hier und 'freier Wille' dort scheint mir nicht durch die Sache, sondern durch kulturelle Faktoren bedingt zu sein. Abendländisches Denken wertet 'dichotomisch', d.h. es gibt nur 'Entweder - Oder'. Eindeutige Antworten sind aber nur möglich, wenn man die Vieldeutigkeit menschlichen Verhaltens und Denkens ignoriert. Dies führt m.E. zu Schlussfolgerungen, die wichtige Aspekte menschlichen Denkens und Handelns außer Acht lassen - ja zwangsläufig außer Acht lassen müssen -, die aber nun seit ungefähr 100 Jahren von Wissenschaften 'entdeckelt' wurden und die auch- meine ich - jeder bei sich selber beobachten kann.

Anstatt aus unseren individuellen Sichtweisen Gegnerschaften aufzubauen, könnten wir durch Hinsehen auf die Sache Partnerschaften schließen.

manni :)
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Alles determiniert oder nicht?

Hallo Manni,

in sehr vielen Punkten stimme ich dir voll zu – nur manche Argumente die du bringst, belegen deine Auffassung nicht. Ich möchte nicht kleinlich sein, finde es nur schade, wenn in einem Beitrag von so hoher Qualität, bitte, bitte, gern geschehen…, es einige Hacken gibt.

So zum Beispiel:


Wissenschaftler also kommen zu dem Ergebnis, so unabhängig wie dies z.B. in Zeiten der Aufklärung angenommen wurde, agiert der Mensch nicht. Die Erfahrung der letzten Jahrhundert mit der 'menschlichen Vernunft' zeigt vergleichbares.

Damit würdest du, wenn ich dich richtig verstehe, die Agierenden in den Dramen die sich zum Beispiel im vorigen Jahrhundert abgespielt haben, von jeder Schuld freisprechen.
Ihr Handeln das alles andere als von Vernunft geprägt war, das hatten sie folglich nicht in der Hand. Ich bin der Meinung, dass sie zwar gegen jeder vernünftigen Vorstellung handelten, aber sie hatten die volle Verantwortung dafür.
Eben da spreche ich ihnen ihren freien Willen nicht ab.


Psychische Störungen lassen sich beheben, wenn ich sie mir bewusst mache. M.E. sind dies Hinweise auf die Möglichkeit, wie Menschen entscheiden können. Ich kann Süchte unterbrechen, kann Gewohnheiten einstellen bzw. verändern.

Psychische Störungen, noch dazu sprichst du so als wären alle diese unterschiedlichen Krankheitsbilder eine Einheit, lassen sich nicht durch den freien Willen, oder wie du es nennst durch bewusst machen, beheben.
Gewohnheiten wohl, aber nicht wenn sie mit einem Suchtverhalten verbunden sind. Und Süchte sind Krankheitsbilder, wie schwer sie heilbar sind, zeigt uns einerseits der Prozess der Entwöhnung, andererseits die hohe Rückfallsquote.

Dass du die abendländische Denkweise, bzw. ihre dichotomischen Muster ansprichst, finde ich einen sehr wichtigen Punkt.

Liebe Grüße

Miriam

und wo ist wiedertmal Lorenor verschwunden? :weinen2:
 
AW: Alles determiniert oder nicht?

Liebe Miriam,

mir ging es um Prinzipielles. Nämlich darum Aspekte aufzuzeigen - nicht Argumente zu nennen - die dafür sprechen können, dass der Mensch seine Entscheidungen nicht losgelöst von bereits entschiedenen physischen und psychischen Aktivitäten fällt, sondern dass diese sogar 'mitbestimmen'. Dennoch kann ich durch Reflexion meines Denkens und Handelns feststellen: So will ich aber nie mehr handeln und denken, weil ich es mir nicht gefällt, oder weil ich durch ein bestimmtes Verhalten und Denken, das mir Wertvolle mit Füßen trete. Verantwortung - davon war noch gar nicht die Rede - ist für mich zu keinem Zeitpunkt ausgehebelt. Ganz im Gegenteil, die weithin verbreiteten Schuldzuweisungen von sich weg auf andere bzw. anderes hin, halte ich in hohem Maße für schädlich.

Die verständliche Begeisterung der neuzeitlicher Philosophie und Wissenschaft als sie glaubte, mit der Vernunft ein höchst effizientes Steuerungsinstrument des menschlichen Fortschrittes in der Hand zu haben, dem kein Mensch 'vernünftigerweise' werde widerstehen können, erwies sich als Illusion. Denn der Mensch wird auch von anderem gesteuert. Ich behaupte sogar, dass die aufklärerische Vorstellung von der rationalen Selbstbestimmung des Menschen, blind gemacht hat für ganz andere 'geistige' Strömungen. Verantwortung wie schon oben gesagt, bleibt davon völlig unberührt.

Genausowenig wollte ich Unterschiede zwischen unterschiedlichen psychischen Störungen, Sucht, Gewohnheit verwischen. Sie waren ja nicht mein Thema. Mein Thema war die prinzipielle Möglichkeit der Reversibilität von Störungen und damit der Hinweis auf die prinzipielle Möglichkeit einer freien Entscheidung. Dass viele scheitern ist ein Drama für sich und zeigt philosophisch, wie schwer - aber nicht unmöglich - es einem Mensch gemacht werden kann, seine Entscheidungsfreiheit wiederzugewinnen, bzw. zu bewahren und weiter auszubauen. Mit Therapien und Beratungsangeboten unterschiedlichster Art haben sich in der Gegenwart erfreulicherweise für viele die Möglichkeiten der Reversion erhöht.

Ich danke dir für die Hinweise auf Haken, die mich anregen meine Gedanken genauer darauf hin zu untersuchen, was sie in schriftliche Form gebracht, an Assoziationen wecken könnten.

manni :)
 
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AW: Alles determiniert oder nicht?

Hallo Manni,

Nee, ich poch ja gar nicht drauf, der Frankie ist mir mit seinem dramtischen Dagegenhalten, aber keine Argumente bringen einfach auf den Zeiger gegangen...(nix für ungut, dafür bin ich ja in einem Diskussionsforum und nicht Vorsitzender des Vereins grenzenloser Nächstenliebe und Toleranz.)

Was ich mich bei dem Standpunkt "Teilweise sind wir frei, teilweise nicht" immer frage ist, welche Punkte frei sind und warum und welche nicht und warum. Und ob diese gegenseitig aufeinander wirken.

Wenn es logische Systeme gibt nach denen wir fühlen/denken/handeln, dann müssen sie an der "freien" Stelle von ihrem Muster abweichen und werden unlogisch, da sie -vorausgesetzt es gibt den teilweise freien Willen bzw. Unvorhersagbarkeit-in diesem Moment weder Muster noch Berechnung folgen.

In der Chaostheorie gibt es ja diese Lücken und bei genauerem Hinsehen stellt man fest, daß selbst das Chaos aus Mustern und Wiederholungen besteht (vereinfacht ausgedrückt natürlich).

Wirkliche Freiheit würde doch eigentlich keinem Muster folgen. Nehmen wir das Beispiel Sucht: Die Verläufe (Entwöhnung, Zusammenbruch oder Rückfälle) folgen meistens Strukturen, die Suchtfälle können verglichen werden, das Schicksal scheint nicht mehr so individuell, wie es für den Betroffenen den Anschein macht.Wer entscheidet sich also genau warum für einen Entzug? Welche Voraussetzungen hatte dieser Entschluß?

Ich merke, daß mein Intellekt ziemlich begrenzt ist und daher erhebe ich keinerlei Anspruch auf Richtigkeit meiner Aussagen, aber mein verdammtes Gefühl (ja, nennt mich Mädchen, was solls) sagt mir immer wieder, daß alles Mustern und Strukturen folgt, vom Makrokosmos bis in den Mikrokosmos, die Psyche, die Natur, das Sterben-einfach alles.

Ich kapier einfach nicht, wie es sein kann, daß wir im Handeln und Denken frei sein sollen. Warum sollen wir Menschen die Ausnahme sein? Warum sollen gerade unsere Handlungen und unser Denken frei sein, wo jedes andere Lebewesen, jeder Stein, jede chemische Verbindung komplexen Mustern und Abläufen unterliegt?

Erklär mir das mal einer! das meine ich ernst und nicht rethorisch.

LZ

@Miriam
Ahhhh!!! Du kriegst mich immer wieder rum, das ist doch der Beweis, daß mein Wille nicht frei ist.
 
Wirkliche Freiheit würde doch eigentlich keinem Muster folgen. Nehmen wir das Beispiel Sucht: Die Verläufe (Entwöhnung, Zusammenbruch oder Rückfälle) folgen meistens Strukturen, die Suchtfälle können verglichen werden, das Schicksal scheint nicht mehr so individuell, wie es für den Betroffenen den Anschein macht.

Wer entscheidet sich also genau warum für einen Entzug? Welche Voraussetzungen hatte dieser Entschluß?

meine einfache und unwissenschaftliche antwort: obiger "entschluss" hatte SEELISCHE voraussetzungen.

was auch immer die SEELE ist/sein mag wäre wohl ein zu definierendes.
doch eines ist für mich gewiss: es gibt so etwas wie die "große seele". natürlich könnte man das auch "schicksal" nennen. und auch sie/es unterliegt den eigenen bewegungen und mustern.
ganze familiensysteme, generationen, völker und natürlich auch das einzelschicksal unterliegen diesem einfluss.

....und setzen im einzelkörper 1000-e rezeptoren und neuronen in gang. ;)

lg kathi
 
AW: Über Muster, Chaos und Fraktale - und andere leichte Themen...

Freut mich sehr, dass diese Diskussion wieder belebt wird.
Danke dir Manni für deine Antwort – Zorro den ich immer hierher locken werde wenn er wieder mal verschwindet, hat dazu einiges geschrieben – und ich möchte nun eher auf seinem Beitrag eingehen.

Lorenor, du sprichst von Muster und von der Chaostheorie – wobei Chaos ja Unordnung ist. Soweit ich weiß, ist sogar das Chaos, also die Unordnung weitestgehend kalkulierbar durch die Muster die man darin erkennen kann.

Doch warum soll dies die Freiheit begrenzen? Nein, ich sehe keine Eingrenzung durch die Muster die fast überall zu entdecken sind. Wenn keine Muster bestünden, würde vieles überhaupt nicht kalkulierbar sein – mir persönlich scheint das Unkalkulierbare eher begrenzend, als befreiend. Was ich dann mit den so gewonnenen Erkenntnissen mache, das ist doch meine freie Entscheidung.

Um mich frei zu bewegen, mich frei für eine Richtung zu entscheiden, dafür muss ich ja wissen warum ich eine gewisse Richtung einschlage – also es muss auch in etwa vorhersehbar sein.

Damit begebe ich mich bei diesen Betrachtungen auf ein für mich etwas unsicheres Terrain, denn wenn man vom Chaos und Muster spricht, ist man auch sehr bald im Bereich der Fraktale.
Diese ermöglichen ja die Beschreibung, besser gesagt die Visualisierung von nicht genau vorhersehbaren zeitlichen Abläufen – und werden deswegen auch als die Geometrie des Chaos betrachtet.

Man kann aber sagen, dass auch in dieser visuellen Darstellung uns die gespeicherten Muster helfen sie zu begreifen, sie zu entziffern.

Willensfreiheit setzt ja voraus, dass ich Wirklichkeit oder das was ich dafür halte, erkenne. Erst in einem nächsten Schritt treffe ich Entscheidungen, die ich als die beste oder die mir entsprechende Möglichkeit ansehe. Nur weil das so ist, können wir auch über die Verantwortung unseres Handelns sprechen.

Nun, ich habe nicht das Gefühl, dass mich dies einschränken würde, sondern denke, dass eher die nicht Existenz oder das nicht Erkennen von Muster uns unter Umständen in unserer Freiheit begrenzen könnte, denn letztendlich basiert jeder Lernprozess, jede Erkennung und jede Entscheidung die wir treffen, auf Muster.

Wir treffen täglich auf Unbekanntes und dabei auch auf die Grenzen des Verstehens. Doch wir haben das Bedürfnis zu erkennen – und was wir dann entziffern, das geschieht durch die Muster die wir, oft aus einem ganz anderen Bereich, wieder erkennen.

Wie könnten wir uns überhaupt orientieren in einer so komplexen Welt in der wir leben? Für uns ist es wichtig einerseits das Allgemeine zu erkennen – aber genau so auch das Spezifische. Dies alles geschieht via Muster die uns dabei als Orientierung, als eine Art von Landkarten in einer unbekannten Landschaft dienen.

Nochmals: in dieser Landschaft kann ich mich frei entscheiden welchen Weg ich einschlage. Es zählt in jedem Fall das Gefühl, dass ich die Richtung frei wähle, indem ich mich für die beste Möglichkeit entschieden habe.

Liebe Kathi, mit dem Begriff Seele tue ich mich persönlich schwer – dabei kann ich nichteinmal genau erklären warum. Vielleicht weil ich darin gar kein Muster erkennen kann – um beim obigen Thema zu bleiben. Und wenn du von einer "großen Seele" sprichst, dann rückt dies in die Nähe des kollektiven Unbewussten von CG Jung, je mehr ich darüber gelesen habe, desto mehr habe ich mich davon entfernt.

Liebe Grüße

Miriam

 
AW: Alles determiniert oder nicht?

Ich kapier einfach nicht, wie es sein kann, daß wir im Handeln und Denken frei sein sollen. Warum sollen wir Menschen die Ausnahme sein? Warum sollen gerade unsere Handlungen und unser Denken frei sein, wo jedes andere Lebewesen, jeder Stein, jede chemische Verbindung komplexen Mustern und Abläufen unterliegt?

Erklär mir das mal einer! das meine ich ernst und nicht rethorisch.


Die Antwort auf deine Frage möchte ich eines Tages vielleicht einmal in einem dicken Wälzer veröffentlichen, Lorenor Zorro.

Jetzt reiße ich dazu einige prinipielle Aspekte an, die dir vielleicht das Weiterdenken ermöglichen können. Vielleicht sage ich nicht nur so, sondern weil es mir widerstrebt mein eigenes Denken dir zur Nachahmung zu empfehlen und weil es für unmöglich halte, einem anderen das eigene Nachdenken abzunehmen. Darum halte ich mich kurz, und bin mir bewusst, dass ich damit meine Gedanken den 1000 und mehr Widersprüchlichkeiten aussetze, die sie hervorrufen werden.

ICH BITTE DARUM; MIR DIESE WIDERSPRÜCHLICHKEITEN MITZUTEILEN!

Hinter meinem "teils-teils" steckt die Vorstellung, dass MENSCH wie andere Lebewesen auch in Mustern und Strukturen funktioniert. M.E. besteht der Unterschied zu anderen Lebewesen darin, dass der Mensch die meisten seiner Muster und Strukturen, die für ihn bedeutsam sind, erst im Laufe seines Heranwachsens erwirbt und daher Eingriffsmöglichkeiten hat. (Nebenbei gesagt, es gibt auch Tiere, die hier einen Spielraum haben. Dieser scheint mir jedoch von anderer Art zu sein, als der den Menschen haben. Doch das wäre wieder ein anderes Thema.) Also der Mensch kann entscheiden, wie seine Muster aussehen sollen. Dieses Entscheiden-können, gibt mir das Gefühl frei zu sein. Dabei gibt es eine Reihe von Mustern und Strukturen, die MENSCH quasi automatisch ablaufen lässt, auch wenn er sie einmal gelernt hat. Z.B. jede Art von Bewegungsablauf. Es gibt aber auch Denkgewohnheiten, Handlungsgewohnheiten, die wenn wir sie einmal erworben haben uns unser Leben lang begleiten können, wenn wir es möchten.

Ich denke, das Unkapierbare dieser Art und Weise frei zu sein, darin liegt, dass lineares, monokausales Denken, an das wir kulturell bedingt gewöhnt sind, unseren Focus einengt. Wir gehen davon aus - wie du selbst erwähnst -, dass "Freiheit keinem Muster folgen darf!" Wieso denn nicht? Hier stellen sich mir Fragen wie: Wie kommt jemand dazu, das zu sagen? Wer hat dies gesagt? Wieso? und Wem nutzt derartiges? Vielleicht kommen wir ja noch darauf.

Ich denke, dass mit dieser Denkfigur 'Freiheit darf keinem Muster folgen' MENSCH nicht angemessen zu beschreiben ist. Auch ich stelle fest, dass der Mensch in gewisser Weise festgelegt ist. Schließlich habe ich keine Wahl ein Hahn oder eine Maus zu sein oder sonst was anderes. Vielleicht, wenn ich an die Wiedergeburt glaube. oje, ...ich schweife ab ...
Ich behaupte: Entscheidenkönnen, ist selbst ein Muster, eine Struktur unseres jeweils indviduellen Systems. Es kommt darauf an sie zu benutzen. Nutzen wir sie nicht, so bildet sie sich vielleicht zurück, so ähnlich wie Synapsenverbindungen im Gehirn sich zurückbilden, wenn sie nicht benutzt werden. Menschen, die als Kinder nur gelernt haben, das zu tun, was ihnen gesagt wird, werden sich später schwer tun, von ihren strukturellen Entscheidungsmöglichkeiten Gebrauch machen zu können.

Muster und Strukturen lassen sich nicht adhoc verändern. Nach dem Motto Schalter aus, Schalter ein ... Jeder Schritt, jede kleinste Veränderung, die ich vornehme, hat vielerlei Auswirkungen. Diese sind je nach Indviduum verschieden, weil die individuellen Muster und Strukturen sich jeweils unterscheiden. Diese Muster und Strukturen kann ich an mir beobachten. Und das verflixte ist: Es gibt auch Muster und Strukturen, die MENSCH gar nicht bemerkt. Wir alle laufen mit Brettern vor den Köpfen herum. (Habe dies kürzlich beeindruckend in einem Werbespot gesehen! Wäre vielleicht gar nicht schlecht, so rumzulaufen, damit wir der Versuchung Selbstgerechtigkeit leichter entgehen. Aber ich weiß schon, da gibts wieder einige, die behaupten die kleineren Bretter zu haben!) Darauf können ihn nur andere stoßen. Oder man landet mit seinem Brett in einer Sackgasse und sieht dann gar nichts mehr: Auch dies kann MENSCH veranlassen, Muster und Strukturen zu bemerken, die vielleicht zur Disposition stehen könnten.

Ach und da ich schon mal dabei bin, jede Menge Widersprüchliches von mir zu geben, stetze ich noch einen drauf. DIE FREIHEIT gibt es nicht. Für mich ist 'Freiheit' - wie viele andere -HEITEN - inzwischen zum Unwort verkommen, weil in deren Namen leider eine ganze Reihe von Leuten - Philosophen, die damit sowas wie eine machtvolle Entität, Politiker, so was wie die FREIHEITSSTATUE verbinden - behaupten in deren Namen die Völker der Erde befreien und sich in kriegerische Handlungen begeben zu müssen. Für mich ist das ein Missbrauch dessen, was ich mit 'frei' verbinde. Für mich ist es unvereinbar mit dem Muster 'entscheidenkönnen', einem anderen etwas aufzuzwingen. Hier sind ganz heimlich 'unheimliche Muster' und Strukturen am Werke, die für die Durchsetzung eigener Interessen sorgen.

Damit schließe ich erst mal. Und warte darauf, dass mir einer mein Brett vor dem Kopf zeigt , weil ich so 'frei' bin hier so von 'Freiheit' zu reden.


manni :)
 
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AW: Alles determiniert oder nicht?

Eure Gedanken zu diesem Thema finde ich wirklich sehr interessant.

Zitat Miriam
Willensfreiheit setzt ja voraus, dass ich Wirklichkeit oder das was ich dafür halte, erkenne. Erst in einem nächsten Schritt treffe ich Entscheidungen, die ich als die beste oder die mir entsprechende Möglichkeit ansehe. Nur weil das so ist, können wir auch über die Verantwortung unseres Handelns sprechen.

Nun, ich habe nicht das Gefühl, dass mich dies einschränken würde, sondern denke, dass eher die nicht Existenz oder das nicht Erkennen von Muster uns unter Umständen in unserer Freiheit begrenzen könnte, denn letztendlich basiert jeder Lernprozess, jede Erkennung und jede Entscheidung die wir treffen, auf Muster.

Wir treffen täglich auf Unbekanntes und dabei auch auf die Grenzen des Verstehens. Doch wir haben das Bedürfnis zu erkennen – und was wir dann entziffern, das geschieht durch die Muster die wir, oft aus einem ganz anderen Bereich, wieder erkennen.

Das finde ich sehr gut auf den Punkt gebracht.

Dabei möchte ich hier gerne auch noch die menschliche Kreativität und Phantasie ins Spiel bringen, denn meiner Ansicht nach zeigt diese Eigenschaft für mich am deutlichsten, dass es Freiheit gibt.

Denn wir haben ja nicht nur die Fähigkeit zu erkennen, sondern auch zu gestalten, was uns begegnet.

Wie könnten wir das aber tun, wenn wir nicht frei wären? Wie könnten wir uns etwas ausdenken?
Wir nehmen die Dinge um uns herum wahr und werden dadurch sicher auch geprägt. Wir sammeln eine riesige Menge solcher Eindrücke und Erfahrungen und speichern diese dann als Muster irgendwo ab. Einige begreifen wir, andere nicht, aber alle stehen zu Verfügung um sie neu zusammenzusetzen.

Und darin, wie wir das tun, sind wir frei.

Meine ich jedenfalls, oder denke mir das halt einfach so aus...:rolleyes:
 
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