AW: Worte zum Nachdenken über Faschismus
Der neue Faschismus wird nicht sagen:"Ich bin der Faschismus"
Er wird sagen: "Ich bin der Antifaschismus"
Ignazio Silone. italienischer Sozialist, 1900 bis 1978
Wir kennen alle dieses uns von den Medien sorgsam übermittelte Bild des dummen, pöbelnden und parolendreschenden Rechtsradikalen, der, solange er nicht im Rudel auftaucht und unter dem Einfluss großer Mengen Alkohol steht, harmlos ist. Seine einseitige, starrsinnige Weltanschauung würde nicht einmal einer Minute ernsthafter Reflexion standhalten, sie braucht aber davor keine Angst zu haben, weil gedankliche Eigenaktivität in den Köpfen dieser Sorte Mensch ein äußerst rares Phänomen ist, worüber in mir des öfteren der Zweifel aufkeimt, ob denn der Mensch tatsächliches jenes „vernunftbegabte“ Lebewesen ist, als welches er allenthalben angepriesen wird.
Allein, wie steht es um die Vertreter der entgegenstehenden, namentlich linkspolitischen Orientierung, dessen auf die Vergangenheit bedachter und aufmerksamer Kampf gegen Faschismus und anderer wahnwitziger Hirngespinste unser aller Achtung verdient? Kann man hier mit gebildeten und aufgeklärten, ja, denkenden Menschen und der geistigen Einstellung jener entsprechenden Methoden rechnen? Mitnichten. Auch hier trifft man nur allzu oft auch inhaltsleere Parolendresche, festgefahrene Gedankenbahnen und Ansichten, die zwar dem Namen nach denen der Rechtsradikalen gegenüberstehen, mit diesen aber im Grunde konvergieren.
Dieses Zitat von Ignazio Silone bekräftigt mich in einer Ansicht, die ich schon seit längerer Zeit hege. Konkreten Anlass für diese heftige, aber meines Erachtens nach durchaus berechtigte Kritik an Rechts und Links, geben mir diese widerwärtigen Schmiererein auf Hauswänden und Mauern, von denen ihre Urheber glauben, Probleme lösen zu können, die sich nicht einmal mit solch wenigen Worten im vollem Umfang darstellen lassen. Erst kürzlich las ich an einer Hausfront die offensichtlich linke Parole: „Tötet alle Rassisten!“, der in mir diesen heftigen Widerwillen hervorrief, dem ich versuche, hier Raum zu geben. Ich habe das Problem sofort erfasst, ohne irgendwelcher langwierigen Abstraktionen zu bedürfen, habe intuitiv gespürt, dass eine solche Einstellung, auch wenn sie gegen Rechts gerichtet ist, inakzeptabel ist. Sie ist nämlich:
1. menschenverachtend, weil sie andere Personen auf Grund ihrer Gesinnung diskriminiert
2. ignorant, da sie mutwillig auf der falschen Annahme fußt, durch das Töten aller Träger eines bestimmten Gedankengutes würde jenes einfach aufhören zu existieren, als könnte man Ideen zerstören
3. typisch extremistisch, denn sie arbeitet mit einfach zu übermittelnden, stumpfsinnigen Botschaften, die jeder dilettante Halbaffe nachbrüllen kann, ohne zu wissen, was sie eigentlich bedeuten
Ich möchte mich hiermit nicht selbst ins rechte Abseits manövrieren, indem ich linkes Gedankengut angreife, und auch behaupten will ich nicht, dass es innerhalb der linken Bewegung sehr intelligente und gebildete Leute gibt, die sich ernsthaft mit der Gesinnung, die sie an den Tag legen, auseinandergesetzt haben. Ich definiere mich als Mensch nicht über die historisch bedingte, zufällige Sitzposition von Vertreter (scheinbar) gegensätzlicher Ideologien, meine Meinung geht dahin, dass das Denken in Schemata von Links und Rechts noch beschränkter und wirklichkeitsferner ist als das Denken in Begriffen wie Gut und Böse. Auch habe ich einige Schwierigkeiten damit, mit der Beobachtung zurande zu kommen, dass viele, die sich als links bezeichnen, es bloß zu sein glauben, weil sie sich ein „Che-Guevara“- oder „UdSSR“-T-Shirt anziehen, ohne zu wissen, dass sie damit extremistischen und gewalttätigen Ideologien ihre Zustimmung geben (über die bolschewistische Diktatur in Russland muss ich wohl niemanden aufklären). Und das finden sie dann auch noch revolutionär.
Was denkt ihr darüber? Ist meine Sicht zu vereinfachend?
Mit freundlichen Grüßen,
Andronikus