Ich bin hier total für Genmanipulation beim Menschen, aber bitte erst in 100 Jahren, wenn wir es ohne Risiken beherrschen.
Was die Gene überhaupt bedeuten: Darüber ist die Genetik derzeit noch zimelich ratlos. Wie es vor ein paar Jahren ein Gentiker ausdrückte: Der Blick auf die Gene gleicht dem Versuch, etwas über eine Stadt zu erfahren, indem man auf dessen Skyline blickt. Und manche Hochhäuser sind ein paar Meter höher und andere sind ein paar Meter kürzer.
Wäre doch cool,
Unterwassermenschen im Meer,
Menschen mit Fell in Sibirien, ich hätte gerne ein schön flauschiges Welpenfell,
Menschen mit Mikrohaaren wo das Wasser abperlt, im Regenwald
und und und, da lässt sich was machen!
Die große Mehrheit der Genetiker ist gegen eine genetische Manipulation des Menschen. Vereinzelt gibt es Genetiker - vor allem Amerikaner - die das anders sehen. Es gibt eine Reihe von guten Gründen, die gegen eine Genmanipulation des Menschen sprechen:
1. Noch ist völlig unklar, was genetische Veränderungen am Erbgut des Menschen bewirken. Die Manipulation könnte gewünscht positive Effekte haben - aber auch negative. Man hat z.B. Genkombinationen gefunden, die gehäuft bei intelligenten Menschen auftauchen (die Unterschiede sind allerdings sehr klein) - man findet sie aber auch bei Schizophrenen. Man schafft also einen besonders intelligenten Menschen ... aber vielleicht auch nur einen, der in dem typischen Alter ab 25 Jahren an Schizophrenie leidet.
Es weiß auch niemand so genau, ob vieles, was wir als Nachteilig oder Unerwünscht halten, nicht auch positive Effekte hat. Denn hätten genetisch bedingte negative Aspekte keine positiven Auswirkungen, dann sollte sie es - aus evolutionärer Sicht - eigentlich nicht mehr geben. Wie z.B. die Schizophrenie, für die eine genetische Disposition vermutet wird, oder auch die Epilepsie.
2. Der genetisch veränderte Mensch sucht sich die Manipulation nicht selbst aus. Nicht er ist es, der sich für die Genveränderung entscheidet, andere tun es, und zwar vor seiner Geburt. Seine Eltern wahrscheinlich. Nicht Du selbst hast Dich für Dein flauschiges Welpenfell entschieden, sondern Deine Eltern waren es, bevor Du überhaupt geboren wurdest. Vielleicht willst Du es gar nicht haben, wirst von anderen dafür gehänselt und gedemütigt und leidest darunter? Willst gar nicht der Alien sein, zu dem Dich andere gemacht haben? In jedem Fall war es aber nicht Deine Entscheidung!
Es gibt andere medizinische Verfahren, die heutzutage im Prinzip möglich sind, die vergleichbare ethische Fragen aufwerfen. Prinzipiell wäre es möglich, Impfungen zu entwickeln, um solche Angewohnheiten zu verhindern wie das Rauchen, das Trinken von Alkohol oder Drogensucht. Eine derartige Impfung im Säuglingsalter ... und für den Rest Deines Lebens wird Dir kotzübel, wenn Du das auch nur versuchst. Und dann lässt Du es.
Ohne Frage wird es Eltern geben, die das tun werden, wenn es angeboten würde. Irgendwelche religiösen Dogmatiker z.B., insbesondere für Amerikaner kann ich mir dies gut vorstellen.
Nur: Du nimmst einem solchen Menschen damit grundsätzlich und endgültig die Freiheit, irgendwann in seinem Leben anders zu leben, als seine Eltern sich das für ihn vorgestellt haben - und das ist nicht richtig!
3. Die genetischen Veränderungen betreffen nicht nur das einzelne Individuum, sondern auch alle ihm nachfolgenden Generationen. Denn der genetisch veränderte Mensch gibt die veränderten Gene auch an alle Nachkommen weiter. Es gibt nicht wenige Krankheiten, für die ein genetischer Zusammenhang vermutet wird, die aber erst im fortgeschrittenen Alter in Erscheinung treten. Und zwar dann, wenn der Betroffene sein typisches Reproduktionsalter schon längst hinter sich gelassen hat. Was, wenn man plötzlich feststellt: Aha, die Veränderung macht nicht nur schöne grüne Augen, sondern bewirkt leider aber auch Parkinson mit 70? Und dafür hat er das auch an alle seine ganz biologisch gezeugten Nachkommen weiter gegeben?
4. Es gibt Länder, vor allem in Asien (Indien z.B.), in denen man im Zusammenhang mit Schwangerschaft schon heute Ehepaaren Informationen systematisch vorenthält, das Geschlecht des Fötus etwa. Das Problem: Handelt es sich um Mädchen, dann werden sie abgetrieben. In China - immerhin dem bevölkerungsreichsten Land der Erde überhaupt - gibt es bereits heute unter jungen Erwachsenen einen Überschuss an Männern, der um die 10% beträgt. Mit unabsehbaren Folgen für die Gesellschaft, denn diese 10% werden keine Ehefrau finden.
Erlaubt man Eltern - die sowieso alle Wunschkinder haben wollen, immer schon - auch noch die Genetik ihrer Kinder zu beeinflussen, dann kann und wird das völlig unvorhersehbare Folgen haben. Es werden sich Trends entwickeln, befeuert durch die Medien und vor allem das Internet, mit Eigenschaften, die alle wollen. Es dürfte eher zu einer genetischen Verarmung kommen, denn es werden alle bestimmten Eigenschaften hinterher laufen.
Noch ist jeder Mensch ein Individuum, ein einzigartiges Exemplar einer Mischung der Gene seiner Mutter und seines Vaters. Wenn er unter bestimmten Eigenschaften leidet, die ihm seine Eltern mitgegeben haben, dann kann er sich aber dennoch sagen: Ich bin einzigartig, entstanden auch durch Zufall, es hätte auch anders sein können. Ein genetisch veränderter Mensch kann das aber nicht mehr. Er blickt mit Verbitterung auf seine selbstsüchtigen Eltern, die ihn zu dem gemacht haben, was er ist, eine Art Frankenstein-Monster, nicht entstanden durch eine Laune der Natur, sondern durch reine Hybris.
5. Und am Ende mal ganz profan: Was, wenn die gewünschte genetische Veränderung nicht so funktioniert wie geplant? Gibt man das Baby an das Biounternehmen zurück, wie eine reklamierte Ware?
6. Mal ganz persönlich, in eigener Sache: Seit wenigen Monaten arbeite ich in einem Betrieb, der mit Menschen mit Behinderung arbeitet. Ganz profan, als Koch. Es ist das erste Mal, dass ich mit gehandicappten Menschen arbeite, bislang hatte ich in dem Feld keine Erfahrungen. Es dürfte sicherlich nicht wenige Menschen geben, die auf diese Menschen herabsehen, als "genetisch minderwertig". Ich tue es nicht.
Es ist eine tägliche Herausforderung, mit diesen Menschen zu arbeiten, anstrengend und manchmal nervt es mich auch. Andererseits ist es aber auch spaßig und lustig, und der bunt gemischte Haufen ist absolut liebenswert. Und wenn man sie so nimmt, wie sie nun einmal sind, dann sind sie absolut gerade heraus und entweder mögen sie dich oder eben nicht (und die meisten mögen mich).
Perfektion ist nicht alles, und das sage ich, der eher ein Perfektionist ist.