1) P.C. : Politische Heuchelei, aber KEIN Instrument der Unfreiheit, schon gar nicht "links": Gerade der latente Antisemitismus und die aufkeimenden nationalen Tendenzen in der Linken stehen der "P.C." krass entgegen. Wer glaubt, in der P.C. ein Instument der Unfreiheit zu sehen, der erinnert vehement an wirre Verschwörungstheoretiker.
Weiterhin müsste der, der in der P.C. Unfreiheit erkennen zu glaubt, jede Form von Diskussionkultur und politischer Kultur als unfrei und falsch bezeichnen. Politische Diskurse laufen immer im Rahmen gewisser Normen ab, das ist völlig normal und der pol. Diskussion wesentlich. Die "p.c." ist leider zu einem doppelmoralischem Selbstläufer geworden, "Unfreiheit" als Konsequenz ist jedoch ein übler Witz.
2) Meinungsfreiheit / freies Land: immer wieder gerne herangezogen, leider nie in einem intelligenten Sinne: Meinungsfreiheit wird in diesem Land immer dann herbeizitiert, wenn jemand Thesen zu rechtfertigen versucht, die gegen den gesunden Menschenverstand stehen und z.B. das nationalsozialistische Regime umzudeuten versuchen.
Es ist aber ein völlig normaler und ERWÜNSCHTER Prozess, dass die Gesellschaft denjenigen negativ gegenübertritt, die ihre Meinung in einem anti- gesellschaftlichen Maße kundtun, wie z.B. auch Hohmann. Meinungsfreiheit ist NICHT Narrenfreiheit. Diese Lehre haben wir spätestens aus Weimar gezogen: Es ist die Pflicht einer Demokratie, sich gegen ihre Feinde zu schützen, auch innenpolitisch und auch so, dass diesen Feinden die demokratischen Errungenschaften nicht zu Teil werden.
Auch ganz wichtig: VOR dem Para. 5, den wir alle kennen, stehen noch 4 andere, die einige hier nicht zu kennen scheinen. Sie stehen nicht aus ästhetischen Gründen VOR dem 5. Paragraphen, sondern auch, weil sie essenziell sind und noch vor dem 5. Paragraphen zu schützen sind. Es ist ein Armutszeugnis, dass hier dennoch immer wieder der Para. 5.1 zitiert wird.
==> Meinungsfreiheit erfüllt keinen Selbstzweck, ganz im Gegensatz zu den ersten Paragraphen!
3) Antisemitismus: Wie ich schon eingangs erwähnte (oder war es in einem anderen Strang?): Der Zentralrat der Juden nutzt diesen Vorwurf sicher in einem sträflichen Maße inflationär. Allerdings sollte man sich immer darüber im Klaren sein, dass Isreal als Staat sehr eng mit dem Judentum verknüpft ist, für viele Juden ist "das heilige Land" ein wesentlicher Punkt ihres Glaubens.
Wenn man also überlegt, welche Gebiete den Palästinensern zugestanden werden, muss man auf der anderen Seite zionistische Interessen verletzen, die Verbindung Israel - Judentum ist also real und absolut, nicht virtuell oder gar fiktiv.
Natürlich ist Kritik an Israel berechtigt und die PFLICHT gerade der Deutschen. Es ist aber schlicht unwahr, dass dieses nichts mit dem Judentum zu tun hätte.
Ich denke also, dass wir weiter kritisieren MÜSSEN und das auch weiter der Vorwurf des Antisemitismus gegen uns gemacht werden wird. Beides gehört zusammen und steht sich eigentlich noch nichteinmal wirklich entgegen.
4) hist. Aufarbeitung der NS- Zeit: Niemand wird bezweifeln, dass in dieser Zeit der größte und weitreichenste Genozid begangen wurde, den es in neuerer Zeit oder überhaupt gab. Ob nun irgendwann rein rechnerisch gesehen 'mal 3 Menschen mehr ausgerottet wurden, ändert nichts daran, dass wir als Nachfolgenation die Pflicht haben, diese Zeit aufzuarbeiten und gewissermaßen auch heute jeder kriegersichen Auseinandersetzung skeptisch gegenüberstehen. Jedes Zweifeln an den Ausmaßen des NS- Regimes und dessen Verbrechen sind in Dtld. strafbar, aus gutem Grund und zu Recht.
Ich betone auch immer wieder gerne, dass ich sehr stolz darauf bin, in einem Land zu leben, dass sich die Vergangenheit nicht schön redet, wie es sonst fast überall der Fall zu sein scheint.
5) Hohmann: habe die Rede gelesen und bin nicht bereit, soetwas von einem "Volksvertreter" hinzunehmen. Was Hohmann sagte ist offensichtlich (!!!) antisemitisch, auch hier bin ich froh, dass man soetwas noch nicht ohne Konsequenzen sagen darf.
Dennoch ist es leider richtig, dass kaum jemand sich wirklich damit auseinandergesetzt hat, sobald das A.- Wort erklingt, wird alles schonungs- und prüfungslos zermahlen... :/
6) Deutschland war nicht das "erste Opfer" Hitlers, wie es hier gesagt wurde. Wie schon durch den in Anführungszeichen gesetzten Ausruck "Machtergreifung" angedeutet wurde: Hitler wurde trotz seiner völlig offensichtlichen Gesinnung, trotz seines Buches und trotz seiner Vorgeschichte völlig freiwillig "das Zepter" übergeben.
Jeder Diktator richtet sich auch GEGEN das eigene Volk, daraus kann man aber keines Falls eine Absolution erwachsen lassen wollen und sich (als Volk) selbst als Opfer hinstellen.
Ich denke, die gesellschaftlichen Prozesse in den 30er und 40er Jahren sind zu komplex, um sie hier auf die Schnelle wiederzugeben, klar scheint mir aber, dass wir WEDER ein Tätervolk NOCH ein Volk von Opfern sind.
Beide Darstellungen empfinde ich im gleichen Maße als empörend und unseriös.
In dem Sinne,
Coeur Froid