Ich würde damit anfangen zu sagen, dass nicht alle die Wahrheit wollen - so zumindest meine Beobachtung - und diejenigen die sie wollen, wollen meist sich selbst und das möglichst unverfälscht. Da verstehe ich den Willen zur Wahrheit als den Willen zum Selbst.
Im Zusammenhang mit der Wahrheit läuft parallel die Frage: Was weiß ich? Es geht also um Wissen und Wissen kann man als eine leere Täuschung betrachten. Das interessante dabei ist, das nur Täuschungen funktionieren - weil sie in ein Verhältnis gesetzt werden können (man kann sich in etwas über etwas täuschen). Deswegen glaube ich, dass man eigentlich nur von Irrtümern ausgehen kann, aber nie von der Wahrheit selbst.
Ich kann mir gar nicht vorstellen, was Wahrheit genau sein soll und ich glaube fast nicht daran, das man aktiv nach ihr suchen kann - vielleicht eher, dass sie sich in seltenen Fällen spontan zeigt? Womit man aber arbeiten kann, das sind Irrtümer, Täuschungen, Lügen usw.
Ich finde es sehr weise, dass Nietzsche diese Frage offen gelassen hat. Nur weil man bestimmte Fragen stellen kann, bedeutet dass ja nicht zwangsläufig, dass es eine allgemeingültige Antwort darauf gibt.
Bei Schopenhauer habe ich eine treffende Beschreibung über die Wahrheit gelesen, die mir bis heute noch sehr gut gefällt: "Die Wahrheit ist keine Dirne, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, dass selbst wer ihr alles opfert, noch nicht ihrer Gunst gewiss sein darf.