1. Teil einer Radiosendung
„Killerspiele schaden doch -Wissenschaftler klären eine alte Streitfrage“
Autor: Jochen Paulus
Sprecher: Hans Michael Ehl
Übersetzer/in: Sonja Striegl und Martin Ruthenberg
Redaktion: Sonja Striegl
Sendung: Mittwoch, 1. April 2009, 08.30 Uhr, SWR2
ATMO: Schlachtgetümmel Computerspiel
Sprecher:
Am Vormittag geht Felix in die achte Klasse eines Wuppertaler Gymnasiums. Am Nachmittag und Abend kämpft der 13-jährige regelmäßig in den phantastischen Welten eines Computerspiels mit virtuellen Gegnern.
O-Ton 1 - Felix:
Ich hole die alle zusammen. Dann besiege ich die alle auf einem Punkt. Ich mache jetzt Schaden an allen auf einmal. (Geschepper)
ATMO: Schlachtgetümmel Computerspiel
Sprecher:
„Killerspiele schaden doch - Wissenschaftler klären eine alte Streitfrage“. Eine Sendung von Jochen Paulus.
ATMO: Schlachtgetümmel Computerspiel
Sprecher:
Das Spiel heißt „World of Warcraft“, ist freigegeben ab 12 Jahren und zählt zu den beliebtesten Computerspielen. Fast 70 Prozent der männlichen Neuntklässler in Deutschland spielen täglich mindestens eine Stunde am Computer, fast vierzig Prozent mehr als zweieinhalb Stunden und 16 Prozent sogar über viereinhalb Stunden. Die meisten Mädchen spielen dem gegenüber höchsten eine Stunde und bevorzugen gewaltfreie Produkte wie die virtuelle Familie der „Sims“. Unter den Lieblingsspielen der Jungs hingegen finden sich etliche Baller-Orgien mit Namen wie „Battlefield“ -Schlachtfeld. Gemessen an diesen realistischen Gewaltsimulationen wirkt das märchenhafte „World of Warcraft“ sogar noch vergleichsweise harmlos. Felix hat es darin zur Meisterschaft gebracht. Seine Kampfkünste zahlen sich wieder einmal aus.
O-Ton 2 - Felix:
Ich habe einfach den getötet. Jetzt kann ich hier plündern, was die dabei tragen. Der hat 60 Kupfer dabei gehabt, der hat einen Edelstein dabei gehabt, der hat Leinenstoff dabei gehabt.
Sprecher:
Sind solche gewalthaltigen Computerspiele ein harmloser Freizeitspaß, wie ihre Hersteller behaupten? Oder produzieren sie eine Generation aggressiver Jugendlicher, von denen einige in der Schule um sich schießen, wie die Gegner meinen? Vor drei Wochen - am 11. März - tötete der 17-jährige Tim K. in Winnenden und Wendlingen neun Schülerinnen und Schüler, drei Lehrerinnen sowie drei andere Menschen. In seinem Elternhaus beschlagnahmte die Polizei drei Computer und fand prompt mehrere Gewaltspiele. In ihnen geht es oft darum, gezielt Menschen zu töten. Mitschüler sagen, Tim habe Computerspiele geliebt. Viele junge Gewalttäter waren große Fans von Gewaltspielen: Bastian Bosse, der in einer Realschule in Emsdetten fünf Menschen anschoss. Robert Steinhäuser, der in seiner Erfurter Schule16 Menschen ermordete. Felix D. der in Tessin zusammen mit einem anderen Schüler die Eltern eines Freundes erstach. Sind also die Spiele schuld an solchen Taten? Die Kämpfe um diese Frage werden fast so heftig ausgetragen wie in den Spielen selbst. Professor Peter Vorderer von der Universität Amsterdam kritisiert diese Debatte:
O-Ton 3 - Peter Vorderer:
Die Diskussion in Deutschland wird bestimmt von zwei zentralen und einander sich gegenüberstehenden Lagern. Ein Lager behauptet, die Welt ist dem Untergang praktisch geweiht durch die Entwicklung von digitalen Spielen, ohne dass sie dafür ausreichend Argumente, geschweige denn empirisches Material vorlegen würde.
Sprecher:
Für die extreme Gegenposition hat der aus Mannheim stammende Medienwissenschaftler aber genauso wenig Verständnis:
O-Ton 4 - Peter Vorderer:
Und das andere sind die Verleugner, die sozusagen egal, welche Erkenntnisse zutage gefördert werden, behaupten: Es gibt immer Ausnahmen. Das ist für mich so auf dem Niveau von demjenigen, der sagt: Rauchen schadet nicht, weil meine Oma ist auch 70 geworden oder 80 und hat geraucht in ihrem Leben.
Sprecher:
Allen Kontroversen zum Trotz ist heute klar, dass regelmäßiges Ballern am Computer oft Folgen hat. Im Sommer 2007 fassten 17 international führende Expertinnen und Experten bei einer Konferenz in Potsdam den Wissensstand so zusammen:
Zitator:
„Empirische Forschungsergebnisse zeigen, dass der Konsum von Mediengewalt die Wahrscheinlichkeit aggressiven Verhaltens bei Kindern und Jugendlichen sowohl kurzfristig als auch langfristig erhöht.“
Sprecher:
Peter Vorderer, der sich eigentlich mehr für die positiven Wirkungen von Computerspielen interessiert und schon mal von der Spiele-Industrie als Experte empfohlen wird, hat die Erklärung mitunterzeichnet:
O-Ton 5 - Peter Vorderer:
Ich glaube nicht, dass man heute noch bestreiten kann, dass die Nutzung von Spielen auch Auswirkungen hat.
Sprecher:
In den Zeitungen steht allerdings auch heute oft das Gegenteil. So behauptete ein Kommentator in der angesehenen Wochenzeitung „Die Zeit“ im Frühjahr 2008: „Das Ballern läutert“. Die Kinder würden durch das Ballern am Computer nicht aggressiver, sondern im Gegenteil Aggressionen abbauen. In der Wissenschaft glaubt das heute kaum mehr jemand, sagt die Kommunikationswissenschaftlerin Dr. Astrid Zipfel von der Universität Düsseldorf.
O-Ton 6 - Astrid Zipfel:
Also die Position, dass Computerspielgewalt oder generell Mediengewalt komplett harmlos ist, die ist eigentlich so gut wie ausgestorben. Also es gibt sicher immer mal einzelne Stimmen, die aber da nicht so furchtbar viel Gewicht haben oder auch in der ganzen Debatte keine wirklich große Rolle mehr spielen. Das ist eigentlich schon Konsens, dass es Effekte gibt, wenn man sich auch darüber streitet, wie stark die sind und wie sehr die jetzt zu gewichten sind.
Sprecher:
Astrid Zipfel hält die Auswirkungen für eher klein und warnt davor, vorschnell die Gewaltspiele verantwortlich zu machen, wenn wieder ein Schüler um sich schießt. Das mache allerdings auch kein seriöser Wissenschaftler, sagt der Psychologieprofessor Craig Anderson von der Iowa State University. Er gehört zu den meistzitierten Aggressionsforschern der Welt und hat mit seiner Forschungsgruppe wahrscheinlich mehr Studien zu den Wirkungen von Computerspielen gemacht als irgendjemand sonst.
O-Ton 7 - Craig Anderson:
No one - no media violence researcher that I know expects that a normal well-adjusted child who plays a violent videogame for an hour or so a day is suddenly going to become a school shooter. It doesn't work that way. Extreme violence - the most severe forms - never never occurs unless there are multiple risk factors present. And we know that there are now about a dozen or so risk factors for violent behavior in youth.
Übersetzer:
Ich kenne keinen Mediengewalt-Forscher, der erwarten würde, dass ein normales, unauffälliges Kind, das täglich eine Stunde lang ein Gewaltspiel spielt, sich plötzlich in einen Schulschützen verwandelt. Zu extremer Gewalt kommt es immer nur, wenn jahrelang zahlreiche Risikofaktoren wirken. Wir wissen heute, dass es etwa ein Dutzend Risikofaktoren für Gewalt in der Jugend gibt.
Sprecher:
Dazu zählen beispielsweise Armut, prügelnde Eltern und Drogenmissbrauch. Aber einer dieser Risikofaktoren sind tatsächlich gewalthaltige Computerspiele. Denn inzwischen zeigen viele Studien, dass Jugendliche aggressiver sind, wenn sie regelmäßig in künstlichen Welten kämpfen. Das stellte beispielsweise das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen fest, als es 15-jährige Schülerinnen und Schüler befragte. Insgesamt berichteten 25 Prozent der Jungen von eigenen Gewalttaten. Spielten sie aber Spiele, die erst ab 16 Jahren zugelassen sind, waren es 28 Prozent. Spielten sie gar Spiele ab 18, waren 38 Prozent aggressiv. Bei den Mädchen stieg der Anteil der Aggressiven noch weit stärker in die Höhe.
Das beweist zunächst natürlich noch nichts. Es könnte ja sein, dass die Fans von Gewaltspielen von vornherein aggressiver sind und deshalb Killerspiele lieben. Oder dass es in ihrem Umfeld so aggressiv zugeht, dass sie selbst gewalttätig werden. Deshalb haben die Wissenschaftler des Kriminologischen Forschungsinstituts in ihrer Studie, für die sie im Jahr 2005 gut 14.000 Neuntklässler befragten, eine ganze Reihe solcher Risiken heraus gerechnet. Der Psychologe Dr. Thomas Mößle:
O-Ton 8 - Thomas Mößle:
Berücksichtigt wurde auch Gewalt im Elternhaus, das Temperament der Kinder, der delinquente Freundeskreis, Gewaltakzeptanz der Kinder an sich. Und hier hat sich gezeigt, dass eben gewalthaltige Computerspiele in diesem Erklärungsmodell auch eine eigenständige Erklärungskraft haben, was das gewalttätige Verhalten von Jugendlichen angeht.
Sprecher:
Auch zahlreiche andere Studien kommen zu dem Schluss, dass gewalthaltige Computerspiele aggressiv machen können, sagt der amerikanische Psychologe Craig Anderson.
O-Ton 9 - Craig Anderson:
At this point the evidence is overwhelming. In fact the evidence has been extremely strong for a number of years. The most recent advance in the research domain is the publication of several what we call longitudinal studies.
Übersetzer:
Die Beweise sind inzwischen überwältigend. Sie waren schon in den letzten Jahren sehr stark. Neuerdings kommen noch mehrere Langzeitstudien dazu.
Sprecher:
Langzeitstudien sind besonders beweiskräftig, weil sie zeigen, was zuerst kommt: Die Neigung zur Gewalt oder die Computerspiele. Für eine deutsche Langzeitstudie, die im Sommer 2008 erschienen ist, wurden 314 Hauptschüler aus München und Umgebung zweimal befragt. Bei der ersten Befragung gingen sie in die Klassen 5 - 7. Je mehr gewalthaltige Computerspiele die Kinder in diesem Alter konsumierten, desto mehr Schlägereien und Diebstähle gaben sie zwei Jahre später zu Protokoll. Gewaltspiele wirkten sich dabei stärker aus als beispielsweise prügelnde Eltern. Zwar gibt es Forscher, die keine schädlichen Auswirkungen von Computerspielen finden - aber das liege an den Vorlieben der Forscher, sagt Craig Anderson.
O-Ton 10 - Craig Anderson:
I know some who themselves are serious gamers and have done one very poor quality study. And of course when you do poor quality studies very often you get weird results. And then claim: Ah, see there's nothing to worry about, I knew it all along.
Übersetzer:
Ich kenne einige, die selbst leidenschaftliche Spieler sind und eine äußerst schlechte Studie gemacht haben. Und natürlich bekommt man seltsame Ergebnisse, wenn man schlechte Studien macht. Aber jetzt behaupten sie: Seht, kein Grund zur Besorgnis, wir haben es schon immer gewusst.
Sprecher:
Anderson kritisiert auch, dass solche Forscher mitunter sogar von der Spiele-Industrie bezahlt werden. In Deutschland verteidigt kaum jemand Computerspiele so beharrlich wie zwei Professoren der Fachhochschule Köln. Professor Jürgen Fritz von der Fachhochschule Köln behauptete beispielsweise:
Zitator:
„Das Niederschießen einer anderen Spielfigur bedeutet nur das Vorankommen im Spiel - nicht Tötung, Schmerz und Leid.“
Sprecher:
Neben solchen Äußerungen geht leicht unter, dass auch Fritz nicht bestreitet, dass Computerspiele aggressiv machen können. Die Spieler selbst sind sich dagegen oft sicher, dass ihr Hobby ihnen keinesfalls schadet. So auch der Wuppertaler Gymnasiast Felix. Gelegentlich veranstaltet er mit seinen Freunden eine LAN-Party. Die heißt so, weil die Jugendlichen ihre Computer zu einem Netz, einem so genannten LAN, verbinden.
O-Ton 11 - Felix:
Dann kommen meine Freunde, die bringen dicke fette Körbe mit, mit einem PC drin. Bei einem Freund treffen wir uns öfter, Chrissie heißt der. Weil der hat einen schönen Keller. Einmal waren zehn Leute da, das ist die oberste Grenze, mehr passen einfach nicht in einen Raum. Wir haben uns einmal abends um 8 getroffen, das ging dann bis 11 Uhr morgens am nächsten Tag.
Sprecher:
Dann spielen der 13-jährige und seine Freunde Counterstrike, ein umstrittenes Spiel, das erst ab 16 Jahren freigegeben ist. Wie viele Gewaltspiele wird es aber auch gerne von Jüngeren gespielt - über das Internet ist ja alles zu bekommen. Die Spieler treten dabei mit ihren elektronischen Helden in zwei Teams gegeneinander an. Bei Counterstrike sind die einen beispielsweise Terroristen, die eine Bombe legen, die anderen müssen sie entschärfen. Das erfordert taktisches Geschick und gezielten Einsatz von Schusswaffen. Einmal hat ein Match die Freunde sechs Stunden in den Bann geschlagen. Auch Felix nutzte das Waffenarsenal des Spiels.
O-Ton 12 - Felix:
Bombe gelegt. Die wurde dann leider entschärft. Leider jetzt relativ. Ist ja nur ein Spiel.
Sprecher:
Felix hat nicht den Eindruck, dass das virtuelle Töten ihn zu einem aggressiveren Menschen macht.
O-Ton 13 - Felix:
Ach überhaupt gar nicht, dadurch nicht. Ich besiege in erster Linie meine Freunde sozusagen. Ich bringe jetzt niemanden um, im Kopf. Sondern ich besiege meine Freunde, wie im Wettkampf.
Sprecher:
Das ist das Hauptargument der Spieler: Ich weiß doch, dass es nur ein Spiel ist und dass in der wirklichen Welt andere Regeln gelten. Doch so einfach ist es nicht, sagt der Aggressionsforscher Craig Anderson.
O-Ton 14 - Craig Anderson:
That is a myth. That is absolutely false. That's a myth that has been around for a long time. This idea that if you can tell the difference between fantasy and reality, if you can tell that what you're either watching on TV or playing in a videogame, if you know that it's not real then it can’t harm you. Well you know people are influenced by advertisements all the time; that's why the advertising industry makes so much money. It has a huge impact and people know those aren't real.
Übersetzer:
Das ist ein Mythos. Das ist völlig falsch. Dieser Mythos wird schon lange verbreitet: Wenn man den Unterschied zwischen Fantasie und Realität kennt, wenn man weiß, dass man ein Spiel spielt, dann kann es einem nicht schaden. Aber Menschen werden die ganze Zeit von der Werbung beeinflusst, deshalb verdient die Werbeindustrie so gut. Werbung hat eine enorme Wirkung, obwohl die Leute wissen, dass die Werbung nicht die Wirklichkeit zeigt.
Sprecher:
Der Medienwissenschaftler Peter Vorderer von der Universität Amsterdam sieht es ähnlich. Wenn die Spieler in jeder Sekunde daran denken würden, dass sie nur Bytes und Pixel verschieben, dann hätten Computerspiele nicht die Faszination, die sie haben.
O-Ton 15 - Peter Vorderer:
Also es muss schon so etwas da sein wie eine zweite Realität, die gleichzeitig abgebildet wird. Sicherlich ist es nicht genauso, als wenn es real wäre, aber es ist auch nicht so, als ob es nur Spiel wäre. Also es ist irgendwo dazwischen.
Sprecher:
Die Spieler identifizieren sich mit ihren virtuellen Helden. Bei den so genannten Ego-Shootern sehen sie die Welt am Bildschirm sogar aus deren Perspektive - meist über den Lauf einer Waffe. Und je stärker sie sich mit ihrem Helden identifizieren, desto dramatischer sind die Folgen. Das bewies die Kommunikationswissenschaftlerin Marije Nije Bijvank an der Universität Amsterdam in einem Experiment. Sie ließ Hauptschüler zunächst zwanzig Minuten am Computer spielen. Etwas später musste jeder Spieler möglichst schnell mit der Maus auf ein Quadrat klicken, wenn es seine Farbe von grün zu rot änderte. Angeblich war sein Computer per Internet mit dem eines anderen Schülers in einer anderen Schule verbunden, der die gleiche Aufgabe hatte. Wer schneller war, durfte bestimmen, wie laut ein kurzer Ton sein sollte, mit dem der Verlierer angeblich für sein Versagen bestraft wurde. So versuchen Spieleforscher zu messen, wie aggressiv ihre Versuchspersonen geworden sind. Skeptiker wie Astrid Zipfel haben an dieser Methode ihre Zweifel:
O-Ton 16 - Astrid Zipfel:
Da kann man sich fragen: Ist das tatsächlich Gewalt solange dem Rezipienten oder der Versuchsperson gar nicht klar ist, dass dieses Geräusch in irgendeiner Form, also wie unangenehm es ist, wie schädigend das jetzt tatsächlich ist. Also ob das wirklich Gewalt ist, kann man sich fragen und auch da ist jetzt die Frage, was ist methodisch sauber oder nicht?
Sprecher:
Marije Nije Bijvank verschärfte deshalb die übliche Methode der Aggressionsmessung. Sie wollte sicherstellen, dass die Schüler tatsächlich glaubten, sie könnten einem anderen Schüler Schaden zufügen.
O-Ton 17 - Marije Nije Bijvank:
We first let them hear the different levels of the noise. At level 8 they were already doing ahh (stöhnt) like that. They were actually like: This hurts or this is load and we told them: Yeah, that is pretty load because eight and above can cause serious hearing damage. So we were like: They will never set that level because they heard already 8 themselves. And then of course we were stunned when they set level 10. And they were saying: Yeah, yeah.
Übersetzerin:
Zuerst haben wir sie die verschiedenen Lautstärke-Stufen hören lassen. Bei Stufe 8 haben sie gestöhnt und gesagt: Das tut weh. Und wir haben gesagt: Ja, ab Stufe 8 können Hörschäden auftreten. Wir dachten, danach werden sie niemals die Stufe 8 wählen. Und wir waren sprachlos, als sie Stufe 10 gewählt haben.
Sprecher:
Natürlich gab es keinen zweiten Schüler, der tatsächlich gehörschädigenden Lärm ertragen musste. Doch darauf kommt es nicht an. Entscheidend war, dass die Schüler andere damit quälen wollten - und zwar nur dann, wenn das Computerspiel vorher Gewalt enthielt und wenn sie sich mit seinem Helden identifiziert hatten. Wenn dies alles zusammenkam, wählten sie routinemäßig Lärmstufen über acht. Sie verhielten sich ganz bewusst extrem aggressiv.
O-Ton 18 - Marije Nije Bijvank:
In the interviews afterwards they also expressed those aggression measures to me. They were like: “Yeah, I know he can get hearing damage of it but I don’t care. He just deserved it.” And that was after 45 minutes after the played the actual game. It was still there. The will to just blast anybody. He deserved it. And I don’t care.
Übersetzerin:
Als ich sie hinterher befragt habe, sind die Aggressionen ebenfalls deutlich zutage getreten. „Ich weiß, dass er einen Gehörschaden kriegen kann, aber das ist mir egal. Er verdient es.“ So waren die drauf. Das haben die gesagt. Und das war 45 Minuten nach dem Spiel. Die Wirkung war immer noch da.
Sprecher:
Und manchmal schienen den niederländischen Schülern die Grenzen zwischen Fantasie und Wirklichkeit endgültig zu verschwimmen.
O-Ton 19 - Marije Nije Bijvank:
I remember one guy because during the experiment he told me: My favorite game is one where you can rob a store and the goal is to get away from the police. Afterwards I spoke to the teacher and he said:. Well two months ago he was away because he was in jail because he robbed a store.
Übersetzerin:
Ein Junge sagte mir: Bei meinem Lieblingsspiel kann man einen Laden ausrauben und der Polizei entkommen. Hinterher habe ich mich mit seinem Lehrer unterhalten und erfahren: Der Junge war zwei Monate im Gefängnis, weil er einen Laden ausgeraubt hatte.