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Unfall in japanischem Kernkraftwerk

AW: Unfall in japanischem Kernkraftwerk

... Das ist für mich der Unterschied zu jedem anderen Risiko, das wir überall eingehen, wie z.B. beim Einsteigen in das Auto.

So ist es. :)

Auch beim Einsteigen in das Auto riskierst Du nicht nur Dein Leben sondern auch das Leben mehrerer anderer, die bei einem Un-Fall für Deine Fehler mit ihrer Gesundheit zahlen müssten. Allerdings sind dann auch diese anderen, ob bewußt oder unbewußt, jedenfalls frei-willig das Risiko eingegangen, am Straßenverkehr teilzunehmen und sei es, als Fußgänger. Jemand, dem das Risiko des Straßenverkehrs zu hoch vorkommt, der hat die Möglichkeit, dem weitgehend zu entkommen. Wer die Teilnahme wählt, der riskiert zu verletzen und verletzt zu werden.

"Suche aus, was Du haben möchtest und bezahle dafür!" Diese Wahlmöglichkeit ist im Falle der Atomkraftnutzung ganz vielen Menschen genommen worden. Meiner Ansicht nach ist keine Re-gierung berechtigt, die Wahlmöglichkeit von Menschen für die Risiken, welche sie eingehen möchten, auf diese Art zu vernichten. Eine Mehrheitsentscheidung ist hier aufgrund der Tragweite der Folgen aus meiner Perspektive unzulässig.
 
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AW: Unfall in japanischem Kernkraftwerk

deine frage ist leicht beantwortet:
man fühlt sich sicher, und sich sicherer fühlen bedeutet sich besser fühlen

Dein man existiert nicht. Gefühle sind subjektiv.
Du magst Dich sicher fühlen, wenn Du die warmen Worte hörst. Ich fühle mich unsicher. Ich vertraue nicht auf die Unfehlbarkeit von Menschen.

umgekehrt kann ich dich fragen:
was nützt die simple beantwortung DEINER frage ?
was hilft es mir zu wissen, dass bei einem supergau 200000 menschen sterben, anstatt 100000 ?
fühle ich mich dann besser/sicherer ?

Die Beantwortung nützt mir, um zu erkennen, daß diese Technologie für mich nicht verantwortbar ist. Ich habe kein Recht, etwas von dieser Tragweite vom Zaun zu brechen (siehe mein obiger Beitrag).


für die risikobewertung ist es wichtig, sowohl wirkung bei eintritt wie auch die eintrittswahrscheinlichkeit zu kennen
daher machen im prinzip beide fragen sinn (wie wahrscheinlich ist der eintritt und wieviel passiert bei eintritt), subjektiv macht für mich die eintrittswahrscheinlichkeit in diesem fall mehr unterschied, denn 100000 tote finde ich um nichts weniger schlimm als 200000, auch wenn es wortwörtlich "halb so wild" ist

lg,
Muzmuz

Diese Rechnungen mit Risiken und Wahrscheinlichkeiten empfinde ich als unverantwortlich, egozentrisch und anmaßend. Und wofür das Ganze? - Dafür, mit Energie gedankenlos verschwenderisch und blödsinnig umgehen zu können.
 
AW: Unfall in japanischem Kernkraftwerk

Ich habe kein Recht, etwas von dieser Tragweite vom Zaun zu brechen (siehe mein obiger Beitrag).

Diese Rechnungen mit Risiken und Wahrscheinlichkeiten empfinde ich als unverantwortlich, egozentrisch und anmaßend.

So sieht's aus. Es geht nicht darum, in die eine oder andere Richtung zu rechnen und gegeneinanderzuhalten, sondern um das Er- und Anerkennen eines echten Tabus. (Was ein weißer Schimmel ist, weil 'Tabu' tatsächlich 'echt' impliziert und angesichts eines solchen Tabus 'Erkennen' und 'Anerkennen' eins sind).

Es ist die alte Geschichte vom Baum der Erkenntnis. Deren landläufige Interpretation eigentlich schon immer überholt war. Das Christentum hat wirklich ganze Arbeit geleistet mit seinen Auslegungen. So raffiniert, so perfide in Sachen Effizienz. Selbstverständlich setzte es dabei auf den fruchtbaren Gründen des Judentums auf.

Das Schuldbewusstsein wurde so nachhaltig kultiviert, dass es sich wie ein Pilzgeflecht durch sämtliche Lebensbereiche zieht. Es hat alles durchdrungen, was menschlich ist. Ganz selbstverständlich. Und führt soweit, dass auf Ebenen diskutiert wird, die so speziell wie begrenzt sind. Hingebungsvolle Sackgassengefechte.

Ich sah dieser Tage einen Film - 'Global brain' hieß er. (glaub ich)
Darin sah ich die Erde von außen. Und der Sprecher erzählte davon, dass Astronauten sich einig sind: Dieser Anblick ist tief ergreifend. Auf einmal wird die Besonderheit bewusst - ein blaues kugelwesen. So alt, so heiter, so ernst, so bunt, so bedingungslos, so kreativ. Uralter Herzschlag gekrönt mit weißen Schleiern. Das ist nicht bloß malerische Beschreibung - das ist Wirklichkeit. Ganz andere, als die, welche so viele Menschen als hin- und herzuspielenden Tennisball erachten.

Es geht nicht um Gut und Böse. Gut und Böse hält nur von weiterem Denken ab. Jedenfalls das übliche Gut und Böse. Frau Ahrendt behauptete, das Böse sei banal. Türlich hatte sie recht. Aber was bedeutet denn 'banal'. Doch eigentlich nur menschlich. Alles, was menschlich ist, ist banal. Ausnahmslos. Weil alles in erster Linie Lernweg.

Man wird geboren und mit all dem konfrontiert, was schon da ist. Ob ich das gut finde oder nicht - es ist einfach erstmal nur da. Und jeder reagiert dem jeweiligen Dasein entsprechend seiner Konfiguration und Weiterhin-Entwicklung. Darin liegt viel Logik.

Doch es ist ein bisschen wie mit der Quantenmechanik. Als man die entdeckte, wollte man eigentlich am liebsten gar nicht glauben, was sich da grade als unumstößlich zeigte. Dieses Nichtglaubenwollen - auch dies ist nur ein Raum, der mit kreativen Ideen gefüllt wird. Einstein konnte nicht aus seiner Haut und haderte darum bis zum Tod mit der Quantenmechanik. Türlich konnte er sie nicht widerlegen, aber anerkennen konnte er sie halt auch nicht - im Sinne von Miteinbeziehen ins eigene Denken. Manchmal sind Denkgewohnheiten halt stärker als Tatsachen - sogar bei 'Genies'.

Es dauert lange, bis Mensch entdeckt, wo die wirkliche Ursache seines Unglücks liegt. moebius würde sagen: im nichts. Ich denke, er hat Recht. Gleichzeitig denk ich: immer diese Kryptologie - muss denn das sein? Dieses nichts ist auch nichts anderes als eine Beschreibung - eine winzig annähernd versuchte - an das, was einfach unbeschreiblich ist. Niemand kann es beschreiben. Nicht einer. Es ist einfach zu komplex für uns. Wer das leugnet, macht sich selbst klein.

Der Monotheismus hat sehr gründlich dafür gesorgt, dass Menschen sich klein fühlen. Und entsprechend denken und agieren. Er hat im Zuge dieser Bewegung sogar die Kompensation des Übermenschen geboren. Der quasi dem transzendent begabten Ameisenstaat Richtung weist.

Der Baum der Erkenntnis bedeutet eigentlich was ganz anderes. Nämlich Hingucken auf den Baum. Mag eine Zeit gegeben haben, in welcher Menschen einig waren mit sich und ihrem Drumherum. Die Geschichte von der Paradiesvertreibung wurde erst später geschrieben. Und zwar inmitten der damals ringsum präsenten Realität. Sie wurde aus dieser heraus in gewisser Absicht für sie geschrieben. Wie man das halt so macht in Zeiten der politischen Festigung.

Trotzdem waren es ganz wunderbar kluge Köpfe, die sie verfassten, absegneten, veröffentlichten und auch bezahlten. Die Leute damals waren nicht weniger geschäftstüchtig als heute. Geht nicht um erklärte Heilige. Um die ging es in Wirklichkeit nie. Es geht um solche, die sich einbringen. Unter zu ihnen passenden Umständen.

Sie waren klug, denn sie erkannten die Bedeutung der Erkenntnis. Wer Gut und Böse unterscheiden kann, kreiert Gut und Böse. Und schafft sich allein damit erstmal sein eigenes Paradies-Abseits, welches mitunter echte Hölle ist. Legt man die Geschichte im herkömmlich christlichem Sinne aus, ist die Konsequenz: der Mensch hat gefehlt und ist seitdem bedürftiger Knecht der Umstände.

Ich seh es so: Es ging um den Baum der Erkenntnis. Erkenntnis bedeutet niemals Einrichten in Gewohntem. Oder in Ersehntem. Erkenntnis bedeutet vor allem anderen Folgerichtigkeit. Und wenn die Erkenntnis darin besteht, dass es - wie unüberschaubar auch immer - mindestens potentiell Dinge gibt, die ich nicht überschauen kann, dann ist es einfach nur unlogisch, so zu tun, als sei es anders. Und da das so ist, ist zwangsläufig die nächste logisch betrachtende Frage: Warum wird unlogisch draufgeschaut? Logik drängt sich selbst auf, wenn also etwas unlogisch zu sein scheint - woran liegt das? An mir, am Dir, am Missverständnis irgendwo?

Genau so dreht man Stein für Stein um. Längst nicht immer mit befriedigender Antwort, was jedoch in der Natur wirklich bunter Sache liegt.

Das nur anbei. Denn eigentlich wollte ich auf folgendes raus: Es ist im Angesicht des Universums völlig egal, was wir spielen. Selbst die Erde hat schon ganz andere Hämmer erlebt. Mindestens einmal schon ist nahezu alles Leben (abgesehen vom kleinsten im Wasser) ausgestorben. Die Erde hat Zeit - jede Menge. Nur wir tun so, als hätte sie keine. Weil wir Fixum unserer Wahrnehmung sind.

Wir sind unwichtig für die Erde. Die hat schon so viel Erlebtes auf dem Buckel, dass sie selbst Totalzerstörung als Erfahrung kennt. Immerhin ist sie Baby einer stellaren solchen. Und trotzdem wird sich auf ihr darum gestritten, welcher ihrer Flöhe mehr Recht hat als anderer.

Es gibt Tabus, die sich ganz zwangsläufig aus dem ergeben, was man in Erfahrung bringt. Je beschränkter der Erfahrungshorizont, desto kurzsichtiger die Tabus. Dass es kurzsichtige Tabus gibt, heißt noch lange nicht, dass es nicht auch andere gibt. Und Erfahrung - was auch immer sie kostet - ist unter solchen Umständen als Zugewinn und nicht altmodisch als Punkt auf der Anklageliste zu betrachten. Zumindest dann, wenn man an Weiterem interessiert ist.

Hilfe - soviel Gedankenschwatzen! Musste offensichtlich sein .....
und ich les es auch nicht nochmal durch. Wochenende. :winken3:
 
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AW: Unfall in japanischem Kernkraftwerk

Hallo Ben,

tatsächlich habe ich deine Frage nicht beantwortet.
Ich empfand sie einfach als überflüssig. Denn: Natürlich wäre mein Lebensgefühl bei einer Evakuation beeinträchtigt.

Wichtig für mich ist, dass ich aufgrund meiner langjährigen Tätigkeit als Reaktorphysiker in der nuklearen Aufsichtsbehörde der Schweiz grosses Vertrauen in die Sicherheit der schweizerischen KKW habe.

Ich kenne das Spektrum der Störfälle, das der Auslegung dieser KKW zugrunde liegt, und auch die gestaffelten Sicherheitsvorkehrungen zur Beherrschung dieser Störfälle. Die bisher aufgetretenen Betriebsstörungen oder Störfälle lagen sämtlich innerhalb der Auslegungsbasis und wurden auslegungsgemäss bewältigt. Es gab bisher kein Ereignis, das höher als Stufe 2 der INES-Skala bewertet wurde. Erst INES-Stufe 4 oder höher bedeutet eine Freisetzung von Radioaktivität in die KKW-Umgebung.

Zur Beherrschung auslegungsüberschreitender Störfälle bis hin zum Kernschmelzen gibt es technische Vorkehrungen und spezielle Notfallvorschriften (Severe Accident Management Guidelines). Solche Störfallszenarien werden regelmässig von den KKW, der Aufsichtsbehörde, der Nationalen Alarmzentrale und den Führungsstäben der Kantone und des Bundes geübt (Die Szenarien werden mittels eines Anlagensimulators rechnerisch simuliert).

Nun noch einige Bemerkungen bezüglich der Auslegung gegen Erdbeben und Überflutung.

In der Schweiz sind schwere Erdbeben sehr viel seltener als in Japan. Ein Erdbeben der Magnitude 9, wie es am 11.3.2011 Japan traf, und ein Hochwasser vom Ausmass des darauf folgenden Tsunamis kann für die Schweiz ausgeschlossen werden. Das bekannteste Erdbeben in der Schweizer Geschichte trat 1356 in Basel auf und war rund hundertmal schwächer als das japanische.

Alle schweizerischen Kernkraftwerke verfügen über autarke, gebunkerte Notstandssysteme und weisen weltweit gesehen einen sehr hohen Schutzgrad gegen externe Ereignisse wie Erdbeben und Überflutung auf.

Trotzdem sind alle schweizerischen Kernkraftwerke jetzt verpflichtet, ihre Auslegung zu überprüfen. Im Unterschied zu Deutschland fällt man jedoch nicht in Panik und schaltet keine KKW ab, weil kein Anlass zur Annahme einer akuten Gefährdung besteht.

Gruss
Hartmut

Frage 1) Wo wird der Schweizer Atommüll entsorgt ?
2) Was passiert, wenn die Stromzufuhr zum Meiler ausfällt und die
Notstromaggregate ihr Potential verbraucht haben ?
3) Wie denkt man in der Schweiz über alternative Energieerzeugung ?

Danke für eine Antwort: Perivisor
 
AW: Unfall in japanischem Kernkraftwerk

.......

Der Baum der Erkenntnis bedeutet eigentlich was ganz anderes. Nämlich Hingucken auf den Baum. ....

Für dieses Hingucken empfehle ich dringend die Lektüre von:
Humberto R. MATURANA/Francisco J. VARELA, Der Baum der Erkenntnis,
Bern-München-Wien 1987.​
 
AW: Unfall in japanischem Kernkraftwerk

Chat mit dem Phsiker und Risikoforscher Wolfgang Kromp:

Frage:
Laut Medienberichten befinden sich noch immer 70 Arbeiter/Techniker im AKW Fukushima. Ist es überhaupt möglich diese Mitarbeiter (sicher) vor der hohen Strahlendosis zu schützen und wenn ja, wie?

Wolfgang Kromp:
Obwohl vermutlich sicher das möglichste an Schutzmaßnahmen getan wird, werden diese als Helden zu bezeichnende Menschen nicht lange überleben können und verdienen unser höchstes Mitgefühl und größten Respekt.
http://derstandard.at/1297820689169...n-von-Fukushima-werden-nicht-lange-ueberleben
 
AW: Unfall in japanischem Kernkraftwerk

Aber mir gehen diese sog. "Helden" am :wc2:= Arsch vorbei ...:lachen::lachen::lachen:
Und noch mehr dieses Mitgefühl-Gesülze ...:lachen::lachen::lachen:
 
AW: Unfall in japanischem Kernkraftwerk

Zur Beherrschung auslegungsüberschreitender Störfälle bis hin zum Kernschmelzen gibt es technische Vorkehrungen und spezielle Notfallvorschriften (Severe Accident Management Guidelines). Solche Störfallszenarien werden regelmässig von den KKW, der Aufsichtsbehörde, der Nationalen Alarmzentrale und den Führungsstäben der Kantone und des Bundes geübt (Die Szenarien werden mittels eines Anlagensimulators rechnerisch simuliert).

S.g. Hartmut.

Ich möchte hier ein paar markante Aussagen aus diesem Dokument SAMGs zitieren.

For example, the TMI-2 accident and many experiments including those performed at the Forschungszentrum, Karlsruhe as part of the international Quench program1, have clearly demonstrated the strong coupling between chemical interactions, material liquefaction, and thermal hydraulics during the flooding of hot damaged cores. Yet, many of the simplified integral Severe Accident codes, that have been widely used to develop SAMGs in Europe, Asia, and the United States, cannot accurately predict many of these complex interactions.



By contrast, detailed system thermal hydraulic codes such as CATHARE/ICARE and RELAP/SCDAPSIM have shown, through comparison with experiments, that they can predict such complex behavior. Unfortunately, these system thermal-hydraulic codes can only describe a portion of the overall reactor system and so are not as convenient to use as
the more simplified integral codes.



Daher meine Meinung, die besten Übungen und Simulationen können derzeit nicht die Wirklichkeit wiedergeben.
Und wie wir schon einmal diskutierten, das unterschiedliche menschliche Verhalten des Bedienungspersonals bei Übungen und in Ernstfall.

Wie auch immer, ich bin auch deiner Meinung daß das sofortige stilllegen von ordentlich funktionierenden NPPs momentan nicht sinnvoll ist. Ich sehe es nur als politischen Aktionismus.

Trotzdem bin ich der Meinung, wir sollten unser Hirnschmalz so schnell als möglich zur Entwicklung von alternativer Energieerzeugung einsetzen und nicht für Ideen um bestehende Systeme vermeidlich sicherer zu machen.

L.G. Belair57
 
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