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Tod einer Zweijährigen

Zeilinger

Well-Known Member
Registriert
22. Mai 2004
Beiträge
16.499
In Wien erschoss heute ein 42-Jähriger seine 2-jährige Tochter.
Ich habe 10 Minuten geweint.
Was kann man Effektives tun, um solche Auswüchse menschlichen Verhaltens zu vermeiden ?

Zeili
 
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Hallo Zeili,

allgemein mag ich mich dazu nicht ständig wiederholen, stoße damit sowieso nicht gerade auf offene Ohren.

Im konkreten Fall aber, kann man einem Menschen, wo man irgendwie merkt, dass er/sie in seiner Lebenssituation überfordert ist, vorsichtig Hilfe anbieten. Die Hilfe kann darin bestehn, dass man am Arbeitsplatz mal einen kleinen Teil seiner Aufgaben mit übernimmt, ihn gegenüber anderen Menschen verteidigt/Partei ergreift, mal einen Raum für ein ruhiges Gespräch sucht, mal ein nettes Wort ohne Hintergedanken übrig hat. Man kann seine eigene Sturheit im Familienverbund überprüfen und lockern, man kann an einer Wohnungstür, wo immer wieder Lärm herausdringt klingeln und versuchen, sich dem/den Menschen ohne Vorwurf und Drohung zu nähern. Man kann einen Lehrling, der offensichtlich eingeschüchtert oder lustlos wirkt, versuchen mitzunehmen, ihn fördern, statt anzubrüllen, ihm zeigen, dass er seinen eigenen Wert entdecken kann. Man kann einem Streikenden, einem auf seine neue Garageneinfahrt stolzen Menschen oder einem übermütig herumtobenden Kind mal seine Rechte und Gefühle so belassen, ohne Missgunst, ohne jegliche Regung väterlich relativieren zumüssen...

Man kann selbst Geld mal jemandem gönnen oder überlassen, der vermeintlich „weniger“ Rechte daran/darauf hat. Man kann als Sozialamtsmitarbeiter, Polizist, Vormundschaftsrichter oder Chef Spielraum und Verantwortung nutzen, um Leid zu lindern, mal einen Rat mehr zu geben oder mal offensichtliche Bedürfnisse von Beteiligten den Vorschriften oder dem eigenen EGO vorziehen.

Man kann das Kind, was man mitunter in sich selbst erschießen müsste...weil es weint, weil es einem solche Schmerzen und Zweifel bereitet, dass man es buchstäblich töten müsste, anhören, es wahrnehmen und als vollwertigen Menschen betrachten, es “hochheben“...genauso, wie wir über das Kind immer besser Bescheid wissen und nur sein bestes wollen...so könnten wir es aus der Versenkung herausholen und uns seine Schreie anhören, anstatt die Schlafzimmertür zuzumachen...der Schuss symbolisiert m.E. nicht nur ein „loswerden“ eines externen Kindes, sondern auch ein „übertünchen“ des schreienden inneren Kindes....usw. usw...

Den Moment, wo „ein solcher Mensch“ sein Gefühlschaos, seine Sorgen, seine immer wieder von außen und innen betäubte Wut/Hass/Enttäuschung, seine destruktiven alten/neuen Bindungen, Kämpfe und Schmerzen usw. schlussendlich töten muss, kann man m.E. nicht verhindern. Die im Hintergrund einer menschlichen Fassade rumorenden Probleme jedoch, die werden durch den Druck zunehmend zusammenhängenderer Mechanismen unserer Gesellschaft immer mehr zugespitzt, sodass es vermehrt zu Ausbrüchen kommt/kommen wird.

Die Frage ist, ob man immer ganz flink die sichtbar werdenden Ventile stopft oder ob man den Druck aus dem ganzen System herausnimmt. Was sinnvoller ist ist, weiß ich nicht genau. Ich bin jedoch eher dafür, den Druck zu senken. Den Druck, der auf mir und anderen liegt. Die ersten zaghaft guten Erfahrungen mache ich damit, mir und anderen gegenüber aufgeschlossen, nachsichtig und liebevoll zu sein. Auch hier halte ich Liebe im weitesten Sinne für das einzige, was das System grundlegend heilen kann, denn ich empfinde eine Welt aus Überwachung, Waffenkontrollen, Strafen und schließlich einem finalen Rettungsschuss bei einem ausrastenden Amokläufer nicht für lebenswert.

So früh es möglich ist, könnte jeder, der für sich die Möglichkeit nur minimal sieht und „so was“ bei anderen bemerkt, eingreifen, um die innerhalb eines Menschen wachsende Kette von Leid zu unterbrechen...damit es nicht zu solchen katastrophalen „Auswüchsen“ kommt. Ich weiß, ich bin in der Hinsicht wohl ein Träumer...aber ich sehe darin mehr Sinn, als im resignieren.

Viele Grüße
Bernd
 
Was kann man Effektives tun, um solche Auswüchse menschlichen Verhaltens zu vermeiden ?

Hallo Zeili,

kann man nichts machen, solche Taten geschehen meist unverhofft, die Außenstehenden sind überrascht.

Ich frage mich nur immer wieder bei solchen Meldungen,
und hier kann ich auch Dich fragen als einen ausdrücklich an einen perönlichen und alles lenkenden Gott glaubenden Menschen,

wenn man von der Existenz eines Gottes überzeugt ist,
dann kommt man doch zu dem Schluß, der Gott ist zuweilen so böse, daß er die Tat zugelassen oder veranlaßt hat.
böse, weil das Kind doch noch nicht gesündigt haben kann?

wäre es effektiv, mehr zu beten, um den Gott davon abzuhalten?

verständnislose Grüße von Claus
 
Bernd schrieb:
Ich weiß, ich bin in der Hinsicht wohl ein Träumer...aber ich sehe darin mehr Sinn, als im resignieren.
Ich bin bestimmt kein Schmeichler, muss aber zugestehen: mein psychologisches Wissen verblasst neben dem Deinigen.

In Achtung

Zeili
 
Zeilinger schrieb:
Für moralische Winzlinge, wie wir beide es sind, ist Beten wohl das einzige.

ich sehe mich zwar nicht als moralischen Winzling, eher als eine moralisch gefestigte Persönlichkeit,
aber wenns beten hilft, ich bin dabei.
Bin nur so ungeübt darin, geht schon so los:
wie soll ich den Gott ansprechen?
( wenn ich mir jetzt den Christengott als nächstgelegenen Ansprechpartner wähle.)
Soll ich vorher eine Kerze anzünden, irgendein Opfer bringen?

unbeholfene Grüße von Claus
 
Claus schrieb:
ich sehe mich zwar nicht als moralischen Winzling, eher als eine moralisch gefestigte Persönlichkeit,
aber wenns beten hilft, ich bin dabei.
Bin nur so ungeübt darin, geht schon so los:
wie soll ich den Gott ansprechen?
( wenn ich mir jetzt den Christengott als nächstgelegenen Ansprechpartner wähle.)
Soll ich vorher eine Kerze anzünden, irgendein Opfer bringen?

unbeholfene Grüße von Claus
"Durchschnitts-Religiöse" - und ich zählte mich noch nie zu anderen - beten in der Regel nur, wenn sie in persönlicher Not sind. Ich denke, wenn Du wirklich beten - also ein Zwiegespräch mit Gott führen - willst, weiß das Gott und verlangt Dir kein wie auch geartetes Ritual ab. Er schaut (als einziger) immer in Dein Herz und weiß, wie Du etwas meinst.

Demütige Grüße

Zeili
 
Wieso nun dieses Thema wieder auf Gott kommt, ist mir unbegreiflich. Was sollte Gott damit zu tun haben? Also Claus, wenn schon, dann der Teufel, der Antichrist oder so etwas in dieser Richtung. Abgesehen davon, deine Anspielungen greifen schon deshalb nicht, weil sie völlig außer Acht lassen, dass der Mensch sich frei entscheiden kann und dafür auch die volle Verantwortung übernimmt.

Solltest du Gott für alles verantwortlich machen, dann danke ihm auch für jeden Tag, den du gesund leben darfst und tue es mit Demut und Andacht. Solltest du deine Anspielungen immer nur bei schlechten Ereignissen aus der Schublade ziehen, dann hast du das Grundprinzip auch nach all den Diskussionen hier im Forum noch immer nicht verstanden.

Zum Thema: bei Milliarden von Menschen lässt sich nicht jedes Unglück verhindern und schon gar nicht, wenn der Täter eventuell sogar psychisch krank war. Irgendwie geht es da um das allgemeine Lebensrisiko und das ist selbst bei all den guten Ratschlägen, die Bernd in seinem Beitrag erwähnt, nicht auszuschließen.

Manchmal ist es schon viel, wenn man einen Fall verhindern kann, weil man mit offenen Augen durch die Welt geht, bereit ist zu helfen, sich einzumischen und die Distanz zu überwinden, wenn man die eigene Gleichgültigkeit und Angst abstreifen kann und die Augen so weit aufmacht, dass man die Probleme um sich herum auch sehen kann.

Dann Claus, kannst du eine Kerze anzünden, denn du hast ein Leben gerettet.
 
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Aber so ist es doch immer.
Sobald etwas Schlimmes geschieht, Verbrechen, Unglücke oder Naturkatastrophen, fragen sich all die Gotteszweifler- und Kritiker: Warum hat Gott nicht geholfen? Warum hat Gott es nicht verhindert?
Wird uns eine ruhige Phase beschert, in der man nichts von Verbrechen, Unglücken und Katastrophen hört oder liest, bzw. man selbst nur Positives erfährt und erlebt, sagt niemand: Gott sei Dank. Das wird einfach registriert und als normal angesehen. Evtl. klopft der Mensch dem Menschen noch anerkennend auf die Schulter. Dafür Gott vielleicht verantwortlich zu machen, fällt niemandem ein. Stattdessen wartet man auf die nächsten Negativerfahrungen, um die dann wieder Gott in "die Schuhe schieben" zu können.

Rhona
 
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