Du hältst generell von nichts was, das nicht Deiner Meinung entspricht. Deinen Erkenntnisse vielleicht, viele Ernährungswissenschaftler haben andere.
Macht aber nix...
In meinen Quellen, immerhin die Standardwerke zur Ernährungswissenschaft in Deutschland schlechthin, 6. Ausgabe 2019, existiert der Begriff "Intervallfasten" nicht einmal als Stichwort. Aus (meiner) ernährungswissenschaftlicher Sicht erschliesst sich mir die Logik der Funktionsweise des Intervallfastens nicht. Zumal ich auch annehme, dass es genügend Zeitgenossen geben dürfte, die das Intervallfasten zum Freibrief nehmen, sich kurzfristig vollzustopfen um anschließend zu "hungern".
@Giacomo_S: Dir ebenfalls vielen Dank für die weiterführenden Erklärungen! Ich bin in der Küche nicht wirklich geschickt und talentiert, aber ich werde versuchen, dass ich eine Gemüsebrühe auf dieser Art und Weise zubereite und dass ich zumindest halbwegs so zusammenbringe wie Du. Allerdings wollte ich auch auf etwas anderes hinaus… Kannst Du die Gemüsebrühe auch im Lokal, in dem Du derzeit arbeitest, auf die verschiedenen Gerichte anwenden oder gibt es andere Vorschriften?
Es hängt natürlich von der Zubereitung ab, aber im Grunde lässt man mir sowieso ziemliche Freiheiten (weil man weiss, dass ich es kann). Gemüsebrühe
darf ich nicht nur für verschiedene Zubereitungen verwenden, letztlich
muss ich sie für verschiedene Zubereitungen verwenden: Ganz einfach deshalb, weil ich (heutzutage) schlicht keine andere Wahl mehr habe.
Es gibt Zubereitungen, Crèmesuppen etwa, für die würde ich anstatt Gemüsebrühe lieber Knochenbrühe verwenden oder auch Hühnerbrühe.
Als ich vor rund 35 Jahren mit dem professionellen Kochen anfing, konnte man dies auch noch so machen. Auch damals hatte ich bereits mit einem gewissen Anteil an Vegetariern zu tun, aber sie waren nicht so dogmatisch, vor allem nicht so fanatische Erbsenzähler wie heute.
Veganer kannte ich nur aus der Theorie, in der Praxis gab es sie nicht und gesellschaftlich war das auch noch kein Thema.
Für die Vegetarier damals war es kein Problem, mal etwas Knochenbrühe zu verwenden: Sie wollten kein Fleisch essen, aber etwas Brühe: Das war für sie kein Problem. (1)
Das küchentechnische, generelle Manko von Gemüsebrühen ist: Sie schmecken flach, ja wässrig, selbst bei vergleichsweise hohem Materialeinsatz. (2) Wir verwenden sie im Grunde nur deshalb, weil die Vegetarier heutzutage solche Erbsenzähler sind, und die in manchen Fällen einzig andere Alternative - Wasser - zu noch bescheideneren Ergebnissen führt.
Verwendet man hingegen Knochenbrühen, dann ist z.B. eine Crèmesuppe gleich etwas ganz anderes: Voller, runder, ja: Ein Wohlgefühl geradezu.
Die Gründe, warum eine Gemüsebrühe zu ihrem Pendant Knochenbrühe so ein flache kleine Schwester ist: Es fehlen ihr vor allem zwei Bestandteile: Fett und Protein.
Das Fett kann man durch vegetarische Fette ergänzen, was durch Zugabe von Sahne (Crèmesuppen) schließlich auch passiert.
Aber das Fett allein ist es nicht.
Die Proteine kann man rein vegetarischen Suppen aber nicht zuführen, jedenfalls nicht so ohne weiteres, und nicht ohne hochprozessierte Tricks der Lebensmittellindustrie. (3)
Knochen- und Fleischbrühen enthalten sog. kollagene Eiweiße. Sie sind wasserlöslich und kochstabil - und zwar praktisch beliebig oft. Ist der Gehalt an kollagenen Eiweißen einer Brühe hoch genug und kühlt man sie herunter, dann wird sie sogar schnittfest: Eine Sülze ist nichts anderes.
Kollagene Eiweiße kommen jedoch in der Natur ausschließlich in mehrzelligen Tieren vor. Es gibt pflanzliche Proteine, aber keine pflanzlichen kollagenen Proteine.
Die Aufgabenstellung einer rein vegetarischen Brühe mit in dieser gelösten Proteinen ist bis heute ungelöst - für mich wenigstens. (4)
Hin- und wieder experimentierte ich mit Hülsenfrüchten herum, aber es kam nichts dabei heraus. (5)
Es gelang mir nicht, die pflanzlichen Proteine in eine wasserlösliche Form zu bringen, stattdessen schmeckten die Brühen nunmehr nach Hülsenfrüchten und Bohnen. Möglicherweise mag es Methoden geben, wie einem das gelingen kann - aber erstens bin ich kein Lebensmittelchemiker, zweitens ist das alles für uns wertlos, sollten wir Zusatzstoffe deklarieren müssen und drittens möchte ich überhaupt nicht mit solchen Methoden arbeiten (müssen).
Bestimmte Aufgabenstellungen und Produktformen - die zugegebenermaßen aus der klassischen Küche stammen - sind im vegetarischen Bereich nach wie vor ungelöst.
Als Köche stehen wir heutzutage oft vor dem Dilemma, dass sich manche Angebote (Stichwort: Crèmesuppen, aber auch manches andere) auch für Vegetarier, ja Veganer eigenen sollen (6), andererseits man aber auch nicht in der Lage ist, "für jeden seine Extrawurst zu kochen". (7)
Es wird dann oft der Weg des kleinsten Widerstandes gegangen, mit dem Ergebnis, dass (kleine) Minderheiten im Grunde vorgeben, was alle anderen denn zu essen hätten. Und damit bin ich letztlich nicht einverstanden. (8)
Was die Praxis betrifft, so muss man es auch einmal so sehen:
1. Ein Restaurant ist, auch im à la carte, letztlich immer eine Art Konsens. Es ist weder möglich noch bezahlbar, für jede Befindlichkeiten eines Gastes ein Essen zu kochen. Wer dies nicht essen kann und jenes nicht, aus welchen Gründen auch immer, der kann eben nicht in ein Restaurant gehen, sondern muss zu Hause selbst kochen. (9)
2. Ich selbst bin ein vergleichsweise intellektueller und gebildeter Koch und damit, insbesondere heutzutage, die eher große Ausnahme. Der Nachwuchs - jedenfalls der unsere - ist da mehr einfach gestrickt. Sicher haben sie das alles auch einmal lernen müssen, aber auch längst wieder vergessen. Man winkt sie heutzutage durch die Prüfungen durch, weil es sonst keine Köche mehr geben würde. Die ernährungsspezifischen Anforderungen (und nicht nur diese) der Gäste würden den Nachwuchs definitiv überfordern. (10)
3. C'mon: Du bist in einem
Restaurant, und nicht in einer
Diätklinik und auch nicht im
Nervensanatorium. (11)
Anmerkungen:
(1) Betrachtet man es aus eine gewissen Sicht heraus, dann sollte es auch heute kein Problem sein, eine Knochenbrühe auch dem (aus Tier...gründen bewegten) Vegetarier etwas Knochenbrühe zumuten zu können. Denn niemand hält und schlachtet ein Tier nur für die Knochen.
Die Knochen sind ein Abfallprodukt der Fleischproduktion (wie Leder im Grunde auch), und wer die Knochenbrühe ablehnt, der armen Tiere wegen, der tut dies im Grunde, weil
andere Fleisch essen.
(2) Möglicherweise könnte man sie durch Reduzieren noch weiter verbessern; da ich aber über keine Vakuumkammer verfüge, würde das bedeuten, sie lange brodelnd zu kochen - wobei man dabei allerdings eine Reihe von nützlichen Inhaltsstoffen auch wieder zerstören würde.
(3) Vielleicht auch gar nicht. Da bin ich im Grunde überfragt, denn ein Molekularkoch bin ich nicht und möchte es auch nicht werden.
(4) Erst Recht dann, wenn es sich um eine klare Brühe handeln soll.
(5) Und ihr könnt mir glauben: Als produktiver Koch kann ich es mir nicht oft erlauben, dererlei Experimente durchzuführen.
(6) Die, allen Bewegungen und medialer Lautstärke zum Trotz, aber noch immer eine Minderheit darstellen.
(7) Insbesondere dann nicht, wenn noch andere Befindlichkeiten ausgetragen werden: Allergene, Laktose, Gluten.
(8) Und als Koch auch zu alt und zu erfahren, es jedem Suppenkaspar Recht machen zu wollen.
(9) Und Dieter mag keinen Rosenkohl.
(10) Und das ist auch einer der Gründe, warum ich vor dem Gast stehe, und nicht der Nachwuchs.
(11) Und ich möchte nicht in letzterem landen.