AW: Sammelantwort
Da lese ich viel Erfahrung, Durchblick und Weitblick heraus, Celine.
Danke schön, Andreas, aber du schmeichelst mir. Ich blicke oft wirklich kaum durch, ein bisschen Erfahrung habe ich (bin ja auch nicht mehr die Jüngste *lol*), aber Weitblick, nööö, leider nicht. Aber die Kurzsichtigkeit der Politiker, Verantwortungslosigkeit und ja, wahrscheinlich manchmal auch eine gehörige Portion Doofheit oder Naivität (ich weiss es nicht), die würde ich mitunterschreiben.
Leistungen sind von beiden Seiten einzufordern und man darf nicht immer nur den Schwarzen Peter hin und her schieben. Dazu passt eben auch das obige Zitat von Celine. Ich glaube, daran mangelt es beispielsweise besonders auch in Frankreich, was uns allen damals bewusst gemacht wurde, als die Autos brannten. Integrationswillen auf der anderen Seite ist aber ebenso eine unabdingbare Voraussetzung.
Das ist so. Unsere Regierung(en) hat im Laufe der Jahre so ziemlich alles verschlampt, was sie verschlampen konnte. Vielleicht anders als in D, gab es die "Ghettos" schon (noch aus der Industrialisierungszeit), man erstellte nur schnell noch zusätzliche dazu, damit man den Strom der Einwanderer aus den Kolonien auffangen konnte. Die meist unqualifizierten Menschen fanden in den nahen Fabriken auch Arbeit und es war zunächst mal gar nicht so übel. Natürlich predigten auch die Imame und auch die Kinder wurden in den Koran eingeführt, aber das gewährleistete auch Ruhe in den Quartieren und schläferte die Politiker wahrscheinlich ein, damals gab's nicht mal grosse "Kopftuch-Debatten", so friedlich war's. Je mehr Leute aber ihre Arbeit verloren und die Jungen gar nicht mehr fanden, desto schlimmer wurde es, zunehmend aggressiver auf den Strassen, in den Schulen
und in den Familien. Die Politiker versprachen Abhilfe, wie überall, die Versprechen hielten ca. vom Heiligabend bis Weihnachten
, dann waren sie vergessen. Erst, als es die ersten wirklichen Auschreitungen gab, erst als man realisierte, wie aggressiv auch die Prediger nun agierten, begann man zu reagieren. Mit Ausweisungen oder Bestrafungen der Imame (je nach dem, ob Staatsbürger oder nicht)
und verschärftem Polizeieinsatz...die Folgen kennt ihr ja. Und was man sich merken muss, immer sind es die jungen arbeitslosen unzufriedenen Männer, die "man" sich gerne als Zuhörer aussucht!
Sie sind auch schwieriger zu integrieren als z.B. Mädchen. Mädchen sind neugieriger, kommunikativer und werden in den Familien vor allem nicht zum "Chef-Sein" erzogen, geradezu im Gegenteil. Wenn sie also "draussen" sehen, dass es auch anders ginge, rebellieren sie mit der Zeit immer häufiger, immer lauter, wenn es auch oft schmerzt (und ich meine ja
schmerzt und zwar brutal!), sie sind in der Schule wesentlich besser und interessierter, sie brauchen ja auch nicht die "Starken" zu spielen, sie finden eher eine Lehrstelle, Freunde, verlassen die Familie auch oft und ziemlich früh... und unverheiratet. Die jungen Männer stecken in einer Identitätskrise schon sehr früh. Das, was sie vorgelebt bekommen, gibt es da "draussen" nicht und wie man sich verbal behauptet, hat man ihnen auch eher sehr negativ beigebracht. Sie kennen aus den Wohnkasernen eigentlich keine andere Muster, bleiben unter sich, weil sie sich so am besten fühlen, behaupten können. Kämpfe unter den einzelnen Gangs, gegen die Rechtsradikalen, gegen die Etablierten, Gewalt gegen die Frauen, hauptsächlich natürlich gegen die, die anders leben wollen, das Kopftuch ablegen. "Draussen" schlägt ihnen Ablehnung entgegen, keiner hat ihnen beigebracht, wie damit umzugehen, der Name ist oft schon Grund, eine Anstellung nicht zu bekommen. Sie haben Angst, würden es aber nie zugeben und erzeugen deshalb lieber selbst Angst, es gibt ihnen das Gefühl der Stärke. Der Einstieg in die Kriminalität ist gar nicht mehr so weit.
Die Eltern und Grosseltern dieser Jugendlichen, selbst nur sehr gering gebildet, wollen (meist aus finanziellen Zwängen), dass die Söhne möglichst schnell etwas dazu verdienen. Die Schulbildung war den meisten auch für ihre Söhne nicht ganz so wichtig. Sie kennen immer noch (!) nicht viel mehr als die Familie, das Haus in dem sie wohnen, den Weg zur Arbeit und die Arbeit (sofern sie noch welche haben), evtl. den Koran und den Sozialarbeiter, der manchmal vorbei kommt... Der "Staat" verlangte von ihnen "nur", dass sie arbeiten und ruhig sind, bot ihnen aber damals auch nichts an, was sie weiter gebracht hätte und für sie war's auch irgendwie o.k.
So tragisch es ist, aber es ist so. Das gibt es tatsächlich und noch viel mehr.
Oft "argumentieren" kinderreiche Familien auch noch, dass "wir" zu wenig Kinder haben, weil wir sie zu wenig lieben. Da könnte ich zu Mörderin werden, denn ich weiss von Vätern, die ihre Kinder nur als Altersversicherung ansehen, sind die Söhne erwachsen genug, um Geld zu verdienen (und da wird nicht gefragt auf welche Weise), verlässt der Vater die vielleicht noch vorhandene Arbeitsstelle, weil sich jetzt die Söhne zu kümmern hätten.
Ich weiss von einigen Jugendlichen, dass sie erst irgendwann in der Schule den Gebrauch einer Zahnbürste kennen lernten, weil sie eh unnütz wäre, wo doch die 1. Zähne ohnehin ausfallen usw. usf.
Ja, solche "Kleinigkeiten" sind leider auch Aufgaben der Integration und deshalb ist sie so unendlich schwierig. (Nein, ich bringe den Kindern nicht das Zähneputzen bei, nur meinen. Aber ich kann, ob ihr das glaubt oder nicht, ziemlich gut zuhören.)
Die oft fehlende Initiative auf dieser Seite, das Desinteresse der Eltern, der Unwille der (meist) Söhne, etwas Sinnvolles zu suchen und finden, ausser sich zu verkloppen, die Resignation der Jugendlichen meist vorwiegend aus der negativen Erfahrung der Eltern resultierend... das macht mich traurig, weil vielen fehlt es wirklich nicht an Intellekt,
wenn sie noch wollten, wenn sie nur eine Chance bekämen, meist gibt es nicht nur einen Grund.
Anders in Familien, in denen die Kinder nicht nur pro forma zum Schulbesuch angehalten werden, in Familien, die den Kindern wirklich mit Interesse begegnen, die auch die allg. Bildung als wichtig ansehen. Auf Gymnasialstufe gibt es kaum Integrationsprobleme, ich habe zwar keine langjährige Erfahrung damit, aber das Zusammenleben der Jugendlichen war diesbezüglich sehr harmonisch. Das dürfte in D oder A eigentlich nicht anders sein, in der CH ist es jedenfalls so, das weiss ich.
Ich hoffe, euch nicht gleich tierisch gelangweilt zu haben, aber zwei Gesellschaftstypen und doch der selbe Nährboden für den Fundamentalismus.
Arbeitslosigkeit und wachsende Armut, fehlende Schulbildung. Claus, das war jetzt in Frankreich, Saudi-Arabien kommt morgen dran... nur falls du lieber gleich auswandern möchtest, oder wenigstens in Urlaub oder Ausstand treten *looool*, ich glaube nämlich, gute Gründe zu haben...eigentlich sind es auch die, die z.T. Zwetsche schon brachte. Bin ich nicht fair? Du kannst dich zum voraus vorbereiten, weil du mich noch nie abgekanzelt hast
.