Diese Tugend der Ehre scheint im Westen längst verloren gegangen zu sein.
Ich hab Ende der 90er als Scout im Nutzfahrzeughandel gearbeitet und viele Geschäfte mit Syriern, Griechen, Saudis, Irakern und auch Russen gemacht. Sehr angenehme Handelspartner. Die hätten sich eher eine Hand abgehackt (sprichwörtlich), als einen Vertrag, der mit dieser beschlossen wurde, zu revidieren. Mein Chef (Partner) war genauso drauf und das schätzten unsere Partner.
Wir hatten auch einige deutsche Händler, für die wer Fahrzeuge und Geräte besorgten. So gut wie immer wurde nach- und vor allem heruntergehandelt. Immer wurde, meist konstruiert, gemeckert und gebarmt. Einmal hab ich dann eine Betonpumpe wieder von Hof gefahren und die ging dann an "Ali" (er hieß wirklich so!) den Türken. Der gab uns sogar etwas mehr als wir verlangten, weil er schon einen Kunden hatte. Einen Chay gabs noch oben drauf.
Ich habs nicht so mit dem Begriff "Ehre" aber hier galt diese viel. Wenig (es gab sie aber auch) deutsche Händler dachten ähnlich. In einigen Fällen hatte man sogar den Eindruck, dass die Telefonate im Vorfeld nicht statt gefunden hatten. Ganz merkwürdige Menschen waren das.
Ich will das nicht 1:1 auf politische Verhandlungen beziehen. Aber es ist halt das Anzeichen einer Mentalität, die in einigen Fällen wohl nur darauf wartet, dass der Verhandlungspartner eben jene "Naivität" des Versprechens in Vorverhandlungen an den Tag legen und diese dann einen Vorteil für sich herausschlagen können. Aber grad in der Politik oder in solchen Verhandlungen, sollte es soetwas nicht geben.
Wenn man sich dann mit Dokumenten und Aussagen der Beteiligten aus dieser Zeit befasst, dann kann man objektiv nur beide Seiten kritisieren. Die eine für ihre Dreistigkeit und die andere für ihre Naivität. In jedem Fall aber wirft es für Informierte ein schlechtes Licht auf die Verhandler. Wenn man sich in die Augen schaut und offensichtlich den anderen auflaufen läßt, ist das nun mal kein Kavaliersdelikt.
mfg