Jeden Tag eine Vitamintablette A-Z Rundumversorgung, und ich kann essen, was ich will...
Das ist keineswegs so simpel, wie eine Nährstoffindustrie uns gern suggeriert.
Mehrere Gründe sprechen gegen eine solche Sichtweise:
1. Vitamine sind chemisch und biochemisch hochreaktive Substanzen, daher aber auch empfindlich. In Lebensmitteln kommen zwar auch oft verschiedene Vitamine gleichzeitig vor, aber immer nur wenige Vitamine gleichzeitig und auch nicht alle möglichen Kombinationen. Niemand weiß, wie verschiedene Vitamine in Kombination (wie z.B. bei Multipräparaten) sich chemisch oder biologisch gegenseitig beeinflussen oder hemmen. Sinnvollerweise müsste man also verschiedene Vitamine einzeln und über den Tag verteilt einnehmen, um solche Effekte zu verhindern oder zu minimieren.
2. Bei praktisch allen Vitaminen gibt es Menschen, die (aus genetisch oder durch Krankheit bedingten Störungen) oral bestimmte Vitamine überhaupt nicht aufnehmen können. In der Medizin gibt man diesen Menschen die Vitamine ggf. per Injektion.
3. Vitamine sind essenziell, d.h. sie sind für den Körper lebensnotwendig. Das bedeutet aber nicht, es könne keine toxische Dosis für Vitamine geben. Das gilt insbesondere für fettlösliche Vitamine, da der Körper sie nicht wieder ausscheiden kann. Man muss daher genau wissen, was für Dosen man sich da geben will. Für viele Vitamine sind in der Ernährungswissenschaft tägl. einzunehmende Dosen bis heute nicht genau bekannt. Es handelt sich um
Zufuhrempfehlungen, z.T. abgeleitet aus Tierversuchen mit der Ratte als dem am Besten erforschten ernährungswissenschaftlichen Tier und hochgerechnet auf den Menschen.
Durch Lebensmittel lassen sich Überdosierungen i.d.R. nicht erreichen, durch Supplemente aber schon.
4. In den letzten zwei Jahrzehnten hat man auch schon Studien zu Vitaminen, großangelegte sogar, abbrechen müssen. Denn es hatte sich gezeigt, dass die oft propagierte Krebsprophylaxe durch Vitamine nicht nur nicht funktionierte; vielmehr
stieg die Krebsrate unter den Vitaminpropanden sogar, z.T. ganz erheblich.
Die These der "Wundermittel Vitamine", jahrzehntelang vorgebetet, ist seit ein paar Jahren unter Beschuss geraten. Wie es sich abzeichnet, kann man mit (manchen) Vitaminen durchaus auch "den Krebs füttern", denn auch Krebszellen brauchen sie.
5. Vitamine sind essenziell, eine Zufuhr über das notwendige Maß bringt aber auch keinen zusätzlichen Nutzen (eher Gefährdung). Überschüssige wasserlösliche Vitamine scheidet der Körper sofort wieder aus, er kann sie nicht speichern. Überschüssige fettlösliche Vitamine speichert der Körper im Fettgewebe und in der Leber - aber es handelt sich weniger um einen Depotspeicher, als vielmehr um einen Gerümpelspeicher. Manche fettlösliche Vitamine kommen aus dem Fettgewebe und der Leber überhaupt nicht mehr heraus.
6. Von einer Ausnahme abgesehen (Vitamin D in unseren Breiten im Winter) gibt es auch mit einer bürgerlichen Ernährung keinen Grund, Vitamine zu supplementieren - unter der Annahme, es liegt keine genetische Störung vor (selten) und man gibt sich auch nicht so einem ernährungsphysiologischen Unfug wie einer veganen Ernährung hin (auch selten).
Die Ernährung enthält auch so alles, was der Körper braucht.
Zum Vergleich:
Die Nasa versorgt ihre Astronauten auf der ISS mit gefriergetrockneter Nahrung, die nur noch mit Wasser ergänzt wird. Man supplementiert sie mit einem einzigen Vitamin - Vitamin D, weil es keine UV-Einstrahlung gibt - alles andere ist in der Nahrung ausreichend vorhanden.