Streusalzwiese
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- Registriert
- 18. September 2011
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- 925
Post? Mortem? Dialog?
Gott: "Ich gratuliere. Du hast ein tadelloses Leben geführt und darfst deshalb in die ewige Glückseligkeit eingehen."
Otto: "Aber ich bin doch Atheist! Wahrscheinlich sollte ich besser sagen: Ich war doch Atheist."
Gott: "In der Beziehung bin ich kulant. Ich achte auf den Lebenswandel und nicht darauf wer was aus welchen Motiven heraus glaubt, oder auch nicht glaubt. Selbst Pascal ist hier und das trotz seiner seltsamen Wette."
Otto: "Ich habe noch eine Bitte. Können wir uns Siezen? So vertraut, dass ein Du angemessen wäre, war ich zu Lebzeiten nicht mit Ihnen."
Gott: "Ganz wie es Ihnen beliebt."
Otto: "Da nun das geklärt ist, erlaube ich mir Ihnen eine Frage zu stellen. Gibt es die Möglichkeit die ewige Glückseligkeit zu beenden, wenn ich keinen Gefallen mehr an ihr finde? Auch als Atheist habe ich religiöse Schriften gelesen: Diese Frage wurde nicht einmal erwähnt, obwohl sie doch eine immense Bedeutung hat. Denn nur ungern lasse ich mich auf langfristige Projekte ein, wenn mir keine Exit-Möglichkeit offen steht. Und die Ewigkeit ist nun mal sehr, sehr langfristig."
Gott: "Die Möglichkeit, die ewige Glückseligkeit zu beenden, ist nicht vorgesehen. Es muss Sie doch glücklich machen, dass Sie auserwählt wurden. Welche Vorstellung hatten Sie denn zu Lebzeiten vom danach?"
Otto: "Für mich bedeutete der Tod immer totale Auslöschung. Für mich war das danach immer ein Nichts; Schwärze ohne Beobachter. Es ist nicht so, dass mich diese Vorstellung restlos glücklich machte. Wenn ich mir mein Ableben vergegenwärtigte, rebellierte mein Narzissmus gegen die Vorstellung des Nichts-Werdens. Schlimmer war der Tod von Verwandten und Freunden. Die radikale Endlichkeit brachte das Grauen der Endgültigkeit in mein Leben. Alles was ich den Verstorbenen zu Lebzeiten nicht Gesagt habe, bleibt für immer ungesagt, alles was ich ihnen nicht Getan habe, bleibt auf ewig ungetan. Es gibt keine Chance etwas Wieder-Gut zu machen, wenn der Tod eingetreten ist. So zumindest meine Vorstellung."
Gott: "Aber warum wollen Sie dann nicht in die ewige Glückseligkeit eingehen?"
Otto: "Es ist nicht so, dass die vollständige Auslöschung nur Schattenseiten hat. Die Endlichkeit verleiht den Dingen Tiefe. Ewige Dinge wären flach und ohne Bedeutung. Und es ist auch nicht so, dass ich der Idee des Paradieses nichts abgewinnen könnte. Als Durchgangsstation auf dem Weg zum Nichts würde ich es schon gerne mitnehmen. Aber wenn ich mich auf Gedeih und Verderb der ewigen Glückseligkeit überantworten muss, dann sage ich: Nein, danke!"
Gott: "Aber warum?"
Otto: "Ich bin nicht für die Ewigkeit geeignet. Es gibt keine Wonnen, die ich nicht auf Dauer als grauenhafte Folter empfände. Ich sehe nur zwei Möglichkeiten dieses Problem zu umgehen: Die erste wäre, mich so umzuformen, dass ich Ewigkeitstauglich würde. Aber in diesem Fall müsste man mich so massiv verändern, dass meine Persönlichkeit verloren ginge. Ich wäre dann nicht mehr vorhanden. Die zweite Möglichkeit wäre, die Ewigkeit so umzugestalten, dass sie vom Nichts nicht zu unterscheiden wäre. In beiden Fällen bekäme ich das Nichts."
Gott: "Bevor Sie sich hier in philosophischen Spekulationen verlieren, sollte ich Ihnen noch etwas mitteilen: Ihr Herz hat vor wenigen Sekunden zu Schlagen aufgehört. Sie führen hier keinen Dialog, sondern Ihr bzw. mein, oder besser: das Gehirn führt einen Monolog. Was sich hier abspielt, nennt man Nahtoderfahrung, wie Du selbstverständlich weißt. Ich kehre angesichts dieser Aufklärung zum Du zurück. Ich muss zugeben: Es ist eine außergewöhnliche Nahtoderfahrung; kein Tunnell, keine Lichterscheinung, kein Lebensfilm, keine Wiederbegegnung mit Verstorbenen. Aber Du warst ja schon immer ein seltsamer Typ. Seltsame Typen haben nun mal seltsame Nahtoderfahrungen. Da dies jetzt geklärt ist, werde ich dir noch
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Gott: "Ich gratuliere. Du hast ein tadelloses Leben geführt und darfst deshalb in die ewige Glückseligkeit eingehen."
Otto: "Aber ich bin doch Atheist! Wahrscheinlich sollte ich besser sagen: Ich war doch Atheist."
Gott: "In der Beziehung bin ich kulant. Ich achte auf den Lebenswandel und nicht darauf wer was aus welchen Motiven heraus glaubt, oder auch nicht glaubt. Selbst Pascal ist hier und das trotz seiner seltsamen Wette."
Otto: "Ich habe noch eine Bitte. Können wir uns Siezen? So vertraut, dass ein Du angemessen wäre, war ich zu Lebzeiten nicht mit Ihnen."
Gott: "Ganz wie es Ihnen beliebt."
Otto: "Da nun das geklärt ist, erlaube ich mir Ihnen eine Frage zu stellen. Gibt es die Möglichkeit die ewige Glückseligkeit zu beenden, wenn ich keinen Gefallen mehr an ihr finde? Auch als Atheist habe ich religiöse Schriften gelesen: Diese Frage wurde nicht einmal erwähnt, obwohl sie doch eine immense Bedeutung hat. Denn nur ungern lasse ich mich auf langfristige Projekte ein, wenn mir keine Exit-Möglichkeit offen steht. Und die Ewigkeit ist nun mal sehr, sehr langfristig."
Gott: "Die Möglichkeit, die ewige Glückseligkeit zu beenden, ist nicht vorgesehen. Es muss Sie doch glücklich machen, dass Sie auserwählt wurden. Welche Vorstellung hatten Sie denn zu Lebzeiten vom danach?"
Otto: "Für mich bedeutete der Tod immer totale Auslöschung. Für mich war das danach immer ein Nichts; Schwärze ohne Beobachter. Es ist nicht so, dass mich diese Vorstellung restlos glücklich machte. Wenn ich mir mein Ableben vergegenwärtigte, rebellierte mein Narzissmus gegen die Vorstellung des Nichts-Werdens. Schlimmer war der Tod von Verwandten und Freunden. Die radikale Endlichkeit brachte das Grauen der Endgültigkeit in mein Leben. Alles was ich den Verstorbenen zu Lebzeiten nicht Gesagt habe, bleibt für immer ungesagt, alles was ich ihnen nicht Getan habe, bleibt auf ewig ungetan. Es gibt keine Chance etwas Wieder-Gut zu machen, wenn der Tod eingetreten ist. So zumindest meine Vorstellung."
Gott: "Aber warum wollen Sie dann nicht in die ewige Glückseligkeit eingehen?"
Otto: "Es ist nicht so, dass die vollständige Auslöschung nur Schattenseiten hat. Die Endlichkeit verleiht den Dingen Tiefe. Ewige Dinge wären flach und ohne Bedeutung. Und es ist auch nicht so, dass ich der Idee des Paradieses nichts abgewinnen könnte. Als Durchgangsstation auf dem Weg zum Nichts würde ich es schon gerne mitnehmen. Aber wenn ich mich auf Gedeih und Verderb der ewigen Glückseligkeit überantworten muss, dann sage ich: Nein, danke!"
Gott: "Aber warum?"
Otto: "Ich bin nicht für die Ewigkeit geeignet. Es gibt keine Wonnen, die ich nicht auf Dauer als grauenhafte Folter empfände. Ich sehe nur zwei Möglichkeiten dieses Problem zu umgehen: Die erste wäre, mich so umzuformen, dass ich Ewigkeitstauglich würde. Aber in diesem Fall müsste man mich so massiv verändern, dass meine Persönlichkeit verloren ginge. Ich wäre dann nicht mehr vorhanden. Die zweite Möglichkeit wäre, die Ewigkeit so umzugestalten, dass sie vom Nichts nicht zu unterscheiden wäre. In beiden Fällen bekäme ich das Nichts."
Gott: "Bevor Sie sich hier in philosophischen Spekulationen verlieren, sollte ich Ihnen noch etwas mitteilen: Ihr Herz hat vor wenigen Sekunden zu Schlagen aufgehört. Sie führen hier keinen Dialog, sondern Ihr bzw. mein, oder besser: das Gehirn führt einen Monolog. Was sich hier abspielt, nennt man Nahtoderfahrung, wie Du selbstverständlich weißt. Ich kehre angesichts dieser Aufklärung zum Du zurück. Ich muss zugeben: Es ist eine außergewöhnliche Nahtoderfahrung; kein Tunnell, keine Lichterscheinung, kein Lebensfilm, keine Wiederbegegnung mit Verstorbenen. Aber Du warst ja schon immer ein seltsamer Typ. Seltsame Typen haben nun mal seltsame Nahtoderfahrungen. Da dies jetzt geklärt ist, werde ich dir noch
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