AW: pathologisches Problem oder entgleister Charakterzug?
Hallo Lyralotta.
Bei Alexander Lowen, einem Schüler von Wilhelm Reich, findet man dieses „Lügen ohne Not“ oder ohne erkennbaren Sinn in einem bestimmten Charakter. Wenn ich mich richtig erinnere, bezeichnet er ihn als „psychopathischen Charakter“, der allerdings 2 verschiedene Fromen annahm, den eher flexiblen, also mit einem „biegsamen Rückgrat, also den taktierenden und mit weichen Mitteln manipulierenden (eher schlanke Gestalt) oder den machtorientierten mit harten Mitteln manipulierenden (meist eher muskulöserer Oberkörper). Später wurden diese Charaktereinordnungen verändert.
Diese Charaktere sind in unserem Sinne eigentlich als "normal" zu verstehen (solange wie unsere Welt als normal bezeichnen wollen, was ich nicht tue) und aufgrund der onthogenetischen und phylogenetischen Erfahrungen entstanden, also eine Art Wesenszug-Komplex. A.Lowen bezeichnete das nicht als „geisteskrank“, lediglich die Intensität dieser Züge kann so stark sein, dass der Betroffene sich und anderen so erheblichen Schaden zufügt (oder seelisch leidet), dass man dann logischerweise als Außenstehender von „krank“ spricht. Der Charakter allgemein ist die Art und Weise eines Menschen, wie er mit der Außenwelt umgeht und wie er sich einerseits Schlechtes vom Leibe hält und angenehmes versucht zu erringen, WIE er sozusagen Angst vermeidet und Lust erringt.
Aus meiner Sicht sind alledie Informationen und Einteilungen für einen gewissen Zeitraum im Leben sinnvoll, man begreift dadurch einiges, aber über die Zeit sollte man jede Einteilung in Charakterzüge und „krank“ oder irgendwelche psychologischen Diagnosen wieder verlassen, denn sie sind nichts anderes als Worte, die etwas beobachtetes beschreiben sollen, es sind keine wirklichen Erklärungen. Ob etwas nun krank oder ein eigenartiger etwas stark ausgeprägter Charakter ist, ist m.E. unwichtig, wenn du dem Menschen nicht vertraust, wie du sagst, dann ist dein Empfinden, dich dann doch nicht in seiner Nähe aufhalten zu wollen, völlig richtig. Der Umweg über die Psychologie ist eben nur ein möglicher von vielen Umwegen…sie ist eine Hilfe, aber eben läuft es sich irgendwann dann doch besser ohne Krücke. In unserer von Psychologen mitentwickelten Welt sind die meisten Diagnosen in erster Linie Mittel, die dem Diagnostizierenden Macht verleihen. Leider bleiben die Konsumenten und Konsumentinnen dieser Wissenschaften auch auf diesem Stadium stehen. Unsere Aufgabe scheint mir, hier weiter zu gehen.
Viele Grüße
Bernd
