zentraler Geist- ich erhasche dich noch!
Ich möchte gerne etwas zu biographistischen Lesarten etc. sagen. Es ist so, dass es niemanden zu stören hat, wenn jemand dieser Lesart den Vorzug vor anderen gibt, da sie bestimmt in keinem Werteschema einen minderen Platz verdiente wie andere (ich stelle ein Gebot auf und eine ziemlich dreiste Behauptung!). Nur, ich mag ihr den Vorzug nicht geben, da ich meine, dass diese Lesart in gewisser Weise gefährlich werden könnte und zuweilen in Bahnen gerät, die den Weg zu einer Art Historie über und von bestimmten Texten bereiten, welche nichts geringeres an sich zu reissen vermögen wie das reichlich mit goldenem Flitter bestickte Kleid der Wahrheit. Natürlich funktioniert diese Lesart meist ‚gut’ (was auch immer das heissen mag), da der eine Text in den Kontext des anderen gestellt wird, ein intertextueller Bezug also hergestellt wird, damit der eine Text im Lichte des anderen, des ‚biographischeren’, welcher mit diesem Prädikat mit höherem Wahrheitsfaktor fungiert und den Vorrang erhält, ausgelegt werden kann. Ich behaupte nicht, dass nicht immer schon mit Schemen an Texte herangegangen wird, dass nicht schon immer gewisse Vorurteile vorherrschen, wirft man auch nur den kleinsten Blick auf einen Text, eine Zeile, doch – und das ist (m)ein Eindruck –, dünkt es mich, als ob die bíos, d.h. die Art und Weise des Lebens, welche einer ‚empirischen Person’ zugeschrieben wird, die in Bezug auf die von uns ausgewählten Texte eine AutorInnenfunktion einnehmen darf, ein sonderbares Primat erhält. Dabei handelt es sich um Zeichen mit denen eine Geschichte geschrieben wird.
Das Verlangen nach dem ‚Wesenskern’ reiht sich somit ‚gut’ in diese Angelegenheit, da wir ja alle zu wissen vermeinen, dass das Wort Wesen untrennbar mit einem Verb verbunden ist, an dessen Partizip Perfekt-Form dieses Überbleibsel aus vergangenen Zeiten noch heute anhängt. ‚Wesen’ steckt auch in ‚Anwesenheit’, in ‚Präsenz’, und nichts anderes diente auch antiken Philosophen dazu, Sein also mit Parousia zu umschreiben. Was nun aber fangen wir mit dieser ontologisch-temporalen Bestimmung an? Wir fangen nichts anderes an, als zu sein. Aber statisch, präsent. Wir haben uns selbst einen Ursprung gesetzt, der uns hilft uns als mit uns selbst identisches, also als ‚ich’, zu fassen und der es uns ermöglicht, den anderen so zu interpretieren und determinieren, dass die Interpretation auch ‚gut’ funktioniert.
Wir haben Anekdoten über ‚eine Person’ zu deuten versucht, eine Geschichte, und haben mit dieser mächtigen Geschichte im Rücken nichts anderes getan, als auch weitere Texte, Kon-Texte zu entschlüsseln. Was ist das besondere an Anekdoten? Sie stiften Identität!, würde ich ohne weiteres spontan sagen. Sie stiften Identität, indem sie dem einen Anlass geben, zu glauben, dass er berechtigt ist, sich und dem anderen etwas Sinnstiftendes, eine Gemeinsamkeit, zuzuschreiben. Die Anekdoten (ver)binden die Augen des einen (in Hinblick auf,) an den anderen, d.h. der andere reflektiert den eigenen Blick – dasjenige, was uns das Recht verschafft, vom anderen wie von uns selbst zu sprechen. Ich könnte viele Geschichten erzählen, Geschichten von Aufenthalten in Sils Maria, von Erlebnissen mit Wagnerscher Musik oder ähnlichem – ich erschaffe dabei Mythen und wecke Bilder, schaffe Präsentes und andere Dinge, welche es dem anderen erleichtern, seine Interpretation mit gutem Gewissen und aller Gewaltsamkeit durchzuführen.
Hier komme ich auch schon auf den ‚freien Willen’ zu sprechen, der mir häufiger als ein guter Wille zur Macht erscheinen muss. Auch unsere liberalsten Mitbürger – und ich schreibe jetzt mit Unrecht, ich meine zu wissen, diesen eine Affinität zu diesem Gedanken vom ‚freien Willen’ zu – denen hin und wieder der äusserst abstrakte Gedanke der absoluten Verantwortung vor Augen schweben mag, wenn sie über den ‚freien Willen’ sinnieren, sehen wohl ein, dass die Freiheit des einzelnen die Freiheit der anderen nicht beschränken darf. D.h. also, es wird nicht nur der eine angenommen, nein, es wird auch manches Mal also an den anderen gedacht, denn ohne die Hilfe des anderen ist es schwierig, des einzelnen zu gedenken, dem beispielsweise in einem liberalen Staat die Rechtssprechung gilt (und auch anderes). Wenn aber die Freiheit (und die Freiheit kann nur als absolutes gedacht werden – also eigentlich nicht) die Voraussetzung für einen ‚freien Willen’ ist, muss man sich fragen, wieso man häufig leichter bereit ist, bei der Freiheit die Einbusse ihrer Absolutheit in Kauf zu nehmen, da der eine immer in Beziehung zum anderen steht, beim ‚freien Willen’ aber, d.h. hinsichtlich seiner Reinheit, blind zu sein scheint (aber eigentlich ist man es nicht, denn die Rechtssprechung selbst, wenn wir uns auf diesem Gebiet für einen Moment aufhalten wollen, geht bezüglich dieses heiklen Themas auch Kompromisse ein, indem sie sich beispielsweise der Hilfe der Wissenschaft, der Wahrheitsmaschine, bedient – ich verweise auf die Unzurechnungsfähigkeit und ihre Bestimmung; das ist wirklich nur ein kleines Beispiel, denn eigentlich steht ja schon das Recht an sich – das es natürlich so nicht geben kann – in einer äusserst problematischen Beziehung zu seinem einzelnen). Der ‚freie Wille’ ist etwas, das ein göttliches Subjekt voraussetzt – was auch immer wir darunter verstehen vermögen – das in völliger Beziehungslosigkeit gedacht werden müsste, was leider schlecht möglich ist, da sich die Sprache in ihrer Mittelbarkeit per se als etwas präsentiert, das präsentiert. Als etwas, das sich auf etwas bezieht – aliquid stat pro aliquo und dieses ‚aliquid’ ist bereits ein ‚aliquo’.
Der ‚freie Wille’ mag sich ja jedem nach Einheit Strebenden anzüglich aufdrängen, verursacht aber bei dem, der sich selbst durch das Vorsetzen dieses Ideals nicht gerecht werden kann, nichts als ein schlechtes Gewissen und hin und wieder die Möglichkeit, sich mit Pathos als ein mit sich selbst identisches zu präsentieren (was beinahe absurd ist); vielmehr aber ermöglicht eben dieses Phänomen dem einen mit ‚gutem Willen’ (zur Macht) den anderen genauso als selbständiges Subjekt (als YHWH selbst eigentlich, als ‚Alles’ oder ‚Nichts’) zu belassen – der Haken: eigentlich wird der andere nicht ‚belassen’, sondern konstituiert. Der andere bekäme mit dem ‚freien Willen’ eigentlich den Status der absoluten Fremdheit, der absoluten Beziehungslosigkeit zu demjenigen, der ihm diesen Status zuschreibt. Aber das ist ja genau das Problem: der Status wird zugeschrieben, der andere wird somit deterministisch vom einen kategorisiert, geformt mit den Zeichenformen, die ihm dafür zu Verfügung stehen (‚Subjekt’, ‚freier Wille’ etc.). Ist so etwas wie ein ‚freier Wille’ denkbar oder einfach nur ‚intuitiv’ erahnbar? Ist diese Art des Wissens aber nicht einfach auch nur eine durch die Schriftlichkeit der Worte entäussertes Denken um das Innere? Ist die Schrift eine Veräusserlichung der Rede? Ist die Rede eine (Ver-)Äusserung des (inneren) Geistes? Kann das Innere wiederum ‚frei’ vom ‚äussern’ ins Zentrum gesetzt werden? Wir nähern uns abermals derselben Problematik.
Die Problematik lässt sich mit vielen Worten umschreiben: Suche nach Einheit, Gänze, Identität, Streben nach Vollkommenheit, Idealisierung; das Setzen eines Ursprungs (welcher eventuell das Denken eines Telos provoziert?) oder Zentrums. Über das Wesen, das Wesentliche, habe ich, so denke ich, genug gesagt und ich kann nur weiterhin bekräftigen, dass mir das Wesentliche immer fehlt, dass es mir an Wesentlichem mangelt, ich aber nicht darum herumkomme, abermals anzufangen, vom Wesentlichen auszugehen… welch’ seltsames Spiel ‚ich’ nicht abermals zu spielen gewillt bin – so frei und mit so guter Miene!
„Hier sass ich wartend, wartend, - doch auf Nichts,
Jenseits von Gut und Böse, bald des Lichts
Geniessend, bald des Schattens, ganz nur Spiel,
Ganz See, ganz Mittag, ganz Zeit ohne Ziel.
Da, plötzlich, Freundin! wurde Eins zu Zwei –
- Und Zarathustra gieng an mir vorbei…“
Ich möchte gerne etwas zu biographistischen Lesarten etc. sagen. Es ist so, dass es niemanden zu stören hat, wenn jemand dieser Lesart den Vorzug vor anderen gibt, da sie bestimmt in keinem Werteschema einen minderen Platz verdiente wie andere (ich stelle ein Gebot auf und eine ziemlich dreiste Behauptung!). Nur, ich mag ihr den Vorzug nicht geben, da ich meine, dass diese Lesart in gewisser Weise gefährlich werden könnte und zuweilen in Bahnen gerät, die den Weg zu einer Art Historie über und von bestimmten Texten bereiten, welche nichts geringeres an sich zu reissen vermögen wie das reichlich mit goldenem Flitter bestickte Kleid der Wahrheit. Natürlich funktioniert diese Lesart meist ‚gut’ (was auch immer das heissen mag), da der eine Text in den Kontext des anderen gestellt wird, ein intertextueller Bezug also hergestellt wird, damit der eine Text im Lichte des anderen, des ‚biographischeren’, welcher mit diesem Prädikat mit höherem Wahrheitsfaktor fungiert und den Vorrang erhält, ausgelegt werden kann. Ich behaupte nicht, dass nicht immer schon mit Schemen an Texte herangegangen wird, dass nicht schon immer gewisse Vorurteile vorherrschen, wirft man auch nur den kleinsten Blick auf einen Text, eine Zeile, doch – und das ist (m)ein Eindruck –, dünkt es mich, als ob die bíos, d.h. die Art und Weise des Lebens, welche einer ‚empirischen Person’ zugeschrieben wird, die in Bezug auf die von uns ausgewählten Texte eine AutorInnenfunktion einnehmen darf, ein sonderbares Primat erhält. Dabei handelt es sich um Zeichen mit denen eine Geschichte geschrieben wird.
Das Verlangen nach dem ‚Wesenskern’ reiht sich somit ‚gut’ in diese Angelegenheit, da wir ja alle zu wissen vermeinen, dass das Wort Wesen untrennbar mit einem Verb verbunden ist, an dessen Partizip Perfekt-Form dieses Überbleibsel aus vergangenen Zeiten noch heute anhängt. ‚Wesen’ steckt auch in ‚Anwesenheit’, in ‚Präsenz’, und nichts anderes diente auch antiken Philosophen dazu, Sein also mit Parousia zu umschreiben. Was nun aber fangen wir mit dieser ontologisch-temporalen Bestimmung an? Wir fangen nichts anderes an, als zu sein. Aber statisch, präsent. Wir haben uns selbst einen Ursprung gesetzt, der uns hilft uns als mit uns selbst identisches, also als ‚ich’, zu fassen und der es uns ermöglicht, den anderen so zu interpretieren und determinieren, dass die Interpretation auch ‚gut’ funktioniert.
Wir haben Anekdoten über ‚eine Person’ zu deuten versucht, eine Geschichte, und haben mit dieser mächtigen Geschichte im Rücken nichts anderes getan, als auch weitere Texte, Kon-Texte zu entschlüsseln. Was ist das besondere an Anekdoten? Sie stiften Identität!, würde ich ohne weiteres spontan sagen. Sie stiften Identität, indem sie dem einen Anlass geben, zu glauben, dass er berechtigt ist, sich und dem anderen etwas Sinnstiftendes, eine Gemeinsamkeit, zuzuschreiben. Die Anekdoten (ver)binden die Augen des einen (in Hinblick auf,) an den anderen, d.h. der andere reflektiert den eigenen Blick – dasjenige, was uns das Recht verschafft, vom anderen wie von uns selbst zu sprechen. Ich könnte viele Geschichten erzählen, Geschichten von Aufenthalten in Sils Maria, von Erlebnissen mit Wagnerscher Musik oder ähnlichem – ich erschaffe dabei Mythen und wecke Bilder, schaffe Präsentes und andere Dinge, welche es dem anderen erleichtern, seine Interpretation mit gutem Gewissen und aller Gewaltsamkeit durchzuführen.
Hier komme ich auch schon auf den ‚freien Willen’ zu sprechen, der mir häufiger als ein guter Wille zur Macht erscheinen muss. Auch unsere liberalsten Mitbürger – und ich schreibe jetzt mit Unrecht, ich meine zu wissen, diesen eine Affinität zu diesem Gedanken vom ‚freien Willen’ zu – denen hin und wieder der äusserst abstrakte Gedanke der absoluten Verantwortung vor Augen schweben mag, wenn sie über den ‚freien Willen’ sinnieren, sehen wohl ein, dass die Freiheit des einzelnen die Freiheit der anderen nicht beschränken darf. D.h. also, es wird nicht nur der eine angenommen, nein, es wird auch manches Mal also an den anderen gedacht, denn ohne die Hilfe des anderen ist es schwierig, des einzelnen zu gedenken, dem beispielsweise in einem liberalen Staat die Rechtssprechung gilt (und auch anderes). Wenn aber die Freiheit (und die Freiheit kann nur als absolutes gedacht werden – also eigentlich nicht) die Voraussetzung für einen ‚freien Willen’ ist, muss man sich fragen, wieso man häufig leichter bereit ist, bei der Freiheit die Einbusse ihrer Absolutheit in Kauf zu nehmen, da der eine immer in Beziehung zum anderen steht, beim ‚freien Willen’ aber, d.h. hinsichtlich seiner Reinheit, blind zu sein scheint (aber eigentlich ist man es nicht, denn die Rechtssprechung selbst, wenn wir uns auf diesem Gebiet für einen Moment aufhalten wollen, geht bezüglich dieses heiklen Themas auch Kompromisse ein, indem sie sich beispielsweise der Hilfe der Wissenschaft, der Wahrheitsmaschine, bedient – ich verweise auf die Unzurechnungsfähigkeit und ihre Bestimmung; das ist wirklich nur ein kleines Beispiel, denn eigentlich steht ja schon das Recht an sich – das es natürlich so nicht geben kann – in einer äusserst problematischen Beziehung zu seinem einzelnen). Der ‚freie Wille’ ist etwas, das ein göttliches Subjekt voraussetzt – was auch immer wir darunter verstehen vermögen – das in völliger Beziehungslosigkeit gedacht werden müsste, was leider schlecht möglich ist, da sich die Sprache in ihrer Mittelbarkeit per se als etwas präsentiert, das präsentiert. Als etwas, das sich auf etwas bezieht – aliquid stat pro aliquo und dieses ‚aliquid’ ist bereits ein ‚aliquo’.
Der ‚freie Wille’ mag sich ja jedem nach Einheit Strebenden anzüglich aufdrängen, verursacht aber bei dem, der sich selbst durch das Vorsetzen dieses Ideals nicht gerecht werden kann, nichts als ein schlechtes Gewissen und hin und wieder die Möglichkeit, sich mit Pathos als ein mit sich selbst identisches zu präsentieren (was beinahe absurd ist); vielmehr aber ermöglicht eben dieses Phänomen dem einen mit ‚gutem Willen’ (zur Macht) den anderen genauso als selbständiges Subjekt (als YHWH selbst eigentlich, als ‚Alles’ oder ‚Nichts’) zu belassen – der Haken: eigentlich wird der andere nicht ‚belassen’, sondern konstituiert. Der andere bekäme mit dem ‚freien Willen’ eigentlich den Status der absoluten Fremdheit, der absoluten Beziehungslosigkeit zu demjenigen, der ihm diesen Status zuschreibt. Aber das ist ja genau das Problem: der Status wird zugeschrieben, der andere wird somit deterministisch vom einen kategorisiert, geformt mit den Zeichenformen, die ihm dafür zu Verfügung stehen (‚Subjekt’, ‚freier Wille’ etc.). Ist so etwas wie ein ‚freier Wille’ denkbar oder einfach nur ‚intuitiv’ erahnbar? Ist diese Art des Wissens aber nicht einfach auch nur eine durch die Schriftlichkeit der Worte entäussertes Denken um das Innere? Ist die Schrift eine Veräusserlichung der Rede? Ist die Rede eine (Ver-)Äusserung des (inneren) Geistes? Kann das Innere wiederum ‚frei’ vom ‚äussern’ ins Zentrum gesetzt werden? Wir nähern uns abermals derselben Problematik.
Die Problematik lässt sich mit vielen Worten umschreiben: Suche nach Einheit, Gänze, Identität, Streben nach Vollkommenheit, Idealisierung; das Setzen eines Ursprungs (welcher eventuell das Denken eines Telos provoziert?) oder Zentrums. Über das Wesen, das Wesentliche, habe ich, so denke ich, genug gesagt und ich kann nur weiterhin bekräftigen, dass mir das Wesentliche immer fehlt, dass es mir an Wesentlichem mangelt, ich aber nicht darum herumkomme, abermals anzufangen, vom Wesentlichen auszugehen… welch’ seltsames Spiel ‚ich’ nicht abermals zu spielen gewillt bin – so frei und mit so guter Miene!
„Hier sass ich wartend, wartend, - doch auf Nichts,
Jenseits von Gut und Böse, bald des Lichts
Geniessend, bald des Schattens, ganz nur Spiel,
Ganz See, ganz Mittag, ganz Zeit ohne Ziel.
Da, plötzlich, Freundin! wurde Eins zu Zwei –
- Und Zarathustra gieng an mir vorbei…“