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Nietzsches Philosophie

Anti-metaphysisch und Anti-christlich

Die Texte Nietzsches sollen "anti-metaphysisch" sein????

Die Konstruktion der Geburt des Über-Menschen aus dem jetzigen zustandes entspringt doch absolut einer konsequent durchgeführten metaphysischen Dialektik:

These: Die Welt ist scheisse: Der Mensch konstruiert und konstruiert und konstruiert sich in seine eigene Fehlbarkeit..

Antithese: sämtliche menschliche Konstruktion wird verneint, die "Sinnglocke" gespalten

Synthesis: der Mensch befreit sich aus eigenem Antrieb aus seinem Elend

Das Metaphysische daran:
- Um die Antithese konsequent durchführen zu können, müsste Mensch schon Über-Mensch sein....
- Die perspektive einer potentiellen Erlösung, mag es auch Selbst-Erlösung sein, aus einem der jetzigen Wesenheit widersprechende Einheit
- usw...

Es gäbe noch viele andere Punkte. Nietzsches Texte verkörpern pure Metaphysik, und das oftmals auch bekennend. Schliesslich vertreten Sie kein einheitliches Dogma, sondern widersprechen sich selbst immer wieder.

Zum Schluss noch: Ich finde die Nietzsche-Texte genial, gerade in ihrer "Fehlerhaftigkeit", Nietzsches Texte sind wohl die stärksten pro-christlichen Schriftstücke, neben der Bibel natürlich, die ich kenne, denn sie vermitteln einen viel diferenzierteren Umgang mit Glaube und Schrift, mit "Erkenntnis" usw. Anti-Kirchlich sind sie fragslos doch anti-christlich???

Ich war übrigens früher lange "Nietzscheaner" :D

Sehn-Sucht
 
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Anti-metaphysisch und Anti-christlich

Original geschrieben von Sehn-Sucht
Die Texte Nietzsches sollen "anti-metaphysisch" sein????

Die Konstruktion der Geburt des Über-Menschen aus dem jetzigen zustandes entspringt doch absolut einer konsequent durchgeführten metaphysischen Dialektik:
Sehe ich nicht so.
Der Mensch ist der Gott ergebene Mensch, der die Verantwortung für seine Moral an Gott abgegeben hat. Nietzsche kommt noch aus einer Zeit, als die Leute glaubten, der Kaiser sei von Gottes Gnaden, die Gesetze seien von Gott. Alles eine christliche Seuche. Diesem Menschen setzte er den Übermenschen vor. Lösgelöst von Gottemoral, amoralisch. Jenseits von Gut und Böse. Die Loslösung von der Gottesmoral ist gut. Wenn Nietzsche länger wach gelebt hätte, hätte er für seinen Übermenschen die menschliche Molal konstruiert. Denn Moral ist menschlich. Und der Mensch kann ohne Moral und Gesetz nicht leben. Was am Übermenschen metaphysisch sein soll, kann ich nicht nachvollziehen. Der Übermensch ist der funktionierende atheistische (REALE!) Mensch!

Gysi
 
Re: Anti-metaphysisch und Anti-christlich

Original geschrieben von Gisbert Zalich
Wenn Nietzsche länger wach gelebt hätte, hätte er für seinen Übermenschen die menschliche Molal konstruiert. Denn Moral ist menschlich. Und der Mensch kann ohne Moral und Gesetz nicht leben. Was am Übermenschen metaphysisch sein soll, kann ich nicht nachvollziehen. Der Übermensch ist der funktionierende atheistische (REALE!) Mensch!

Gysi
Das hat, glaube ich, nichts mit WACHHEIT zu tun. Nietzsche war ein sehr wacher Mensch, ständig im Alarmzustand! Das war eher sein Problem. Übermensch? Das alte Thema: der Mensch, der ÜBER sich hinauswächst, über seinen Schatten springt. Warum so nüchtern bleiben? Atheismus bedeutet für mich auch ein Stück "Selbst-Beschränkung". Das kann ich nicht akzeptieren... Nietzsche war verdammt einsam, also verdammt beschränkt? Können wir uns darauf einigen, Gysi und sehn-sucht?
 
Re: Re: Anti-metaphysisch und Anti-christlich

Original geschrieben von Rudhi
Das hat, glaube ich, nichts mit WACHHEIT zu tun.
Mit 44 hatte Nietzsche de facto seinen Geist aufgegeben. Wenn er länger gearbeitet hätte, wäre er auf die MENSCHLICHE Moral gekommen, glaube ich sehr!
Übermensch? Das alte Thema: der Mensch, der ÜBER sich hinauswächst, über seinen Schatten springt.
Sehe ich anders: Der Mensch, der über seinen status quo 1870 hinauswächst. DAVON wird N. ausgegangen sein.
Warum so nüchtern bleiben? Atheismus bedeutet für mich auch ein Stück "Selbst-Beschränkung". Das kann ich nicht akzeptieren...
Siehst du, Rudhi. Für mich ist Atheismus BEFREIUNG. Der Atheismus verbietet ja das Träumen, das Ahnen und das Wundern nicht. Im Gegenteil.

Gysi
 
Re: über nietzsche schrieb seelennahrung

Original geschrieben von woELFin
in ihrem weblog
http://seelennahrung.twoday.net/stories/18020
zahlt sich durchaus aus, einmal hinzusurfen
Ich hab ein bisschen reingeschaut. Danke, Wo11in, für den Input. Und siehe: Der morallose Nietzsche kritisiert die HERRSCHENDE Moral, die nicht zu hinterfragende Moral ÜBER die Menschen stellt. Also Gott ÜBER den Menschen. Aber in einem Atemzug bindet er Moral an MENSCHLICHE Ziele, die dem MENSCHEN zu DIENEN haben: Gerechtigkeit und menschliches Glück! DAS exakt wäre MENSCHENGEMACHTE Moral und keine Moral als Gottdirektive: Gerechtigkeit und Glück!

Gysi
 
Nietzsches (Lebens-) Philosophie

(Sanfte?) Unerbittlichkeit. Bitterkeit. Verdruß. Kritik. Kampf gegen: Heuchelei. Lüge. Böses Unkraut... das sind wahllos herausgegriffene Vokabeln, die Nietzsches Dasein und Philosophie beschreiben. Wenn er rhetorisch fragt "Haben die
wirklichen Dinge oder die eingebildeten Dinge mehr zum menschlichen Glück beigetragen?" wird auch klar, daß er den Gedanken an sich keine Macht zugesteht. Dabei scheint seine Biografie doch aus einer unendlichen Reihe von Eskalationen seiner Krankheiten/ Symptome zu bestehen, die
selbstverständlich NICHT durch Nietzsches gedankliche Geisteshaltung, sondern durch unglückliche Umstände oder Zufälle zustande kamen. Dabei sagt er doch: "Gewiß ist, daß die Weite des Raumes zwischen höchstem Glück und tiefstem Unglück erst mit Hilfe der eingebildeten Dinge hergestellt worden
ist." Warum hat er dann nicht Halt gemacht? Erkannt, daß er loslassen muß? Wenn ich seine Biografie lese, komme ich nur zu einem Schluß: ER WOLLTE DAS UNGLÜCK! Das war seine selbst gestellte Lebensaufgabe, diesem unaufhörlich zu begegnen!

Die Metapher des Grabenden finde ich alles andere als günstig. Es haftet dem etwas heimliches, hinterlistiges an. Nietzsche konnte nicht offen sein, er wollte aushöhlen... bis sein Haßobjekt ineinanderfällt! Da er nicht dazugehörte: befand er die "Gesellschaft" als lächerlich und primitiv. Die Liebe durfte er nicht kennenlernen, also: eine Illusion und Ablenkung vom "wahren Leben"? Von seinem Leben, das er für sich gewählt hat.

So wie ein weiterer großer Philosoph: Sören Kierkegaard.

Gegen die Deformierung eines Kindes, auch durch die Religion wendet sich Pastorensohn Nietzsche zurecht: "Ersichtlich werden moralische Gefühle so übertragen, daß die Kinder bei den Erwachsenen starke Neigungen und Abneigungen gegen bestimmte Handlungen wahrnehmen und daß sie als geborene
Affen diese Neigungen und Abneigungen nachmachen; im späteren Leben, wo sie sich voll von diesen angelernten und wohlgeübten Affekten finden, halten sie ein nachträgliches Warum, eine Art Begründung, daß jene Neigungen und
Abneigungen berechtigt sind, für eine Sache des Anstandes." Nur, hat Nietzsche es "besser" gemacht? Konnte er die Verletzungen und Deformierungen aus seiner Kindheit aufarbeiten und überwinden? Er gilt als Vordenker der Psychoanalyse, aber er macht es sich doch zu einfach, alles
als "Trieb" zu (v)erklären. Wie auch später Freud.

Bezeichnend fand ich das erwähnte Zitat vom "milden idiotentum der jesus-figur" (Sloterdijk) Das möchte ich verallgemeinern auf Nietzsches Lebensweg: Sanftheit, Harmonie, Liebe, Vergebung... alles Anzeichen von Idiotie!!! Sind wir alle noch zu retten???
 
Zuletzt bearbeitet:
Re: Nietzsches (Lebens-) Philosophie

Original geschrieben von Rudhi
Gegen die Deformierung eines Kindes, auch durch die Religion wendet sich Pastorensohn Nietzsche zurecht: "Ersichtlich werden moralische Gefühle so übertragen, daß die Kinder bei den Erwachsenen starke Neigungen und Abneigungen gegen bestimmte Handlungen wahrnehmen und daß sie als geborene
Affen diese Neigungen und Abneigungen nachmachen; im späteren Leben, wo sie sich voll von diesen angelernten und wohlgeübten Affekten finden, halten sie ein nachträgliches Warum, eine Art Begründung, daß jene Neigungen und
Abneigungen berechtigt sind, für eine Sache des Anstandes." Nur, hat Nietzsche es "besser" gemacht?
Ja! Er hat - zumindest intellektuell - alle Moral über Bord geworfen! Gleichzeitig formulierte er die menschlichen Ziele "Gerechtigkeit" und "Glück". Das ist seine absolute Lebensleistung! Auch, wenn sie noch nicht so rüber gekommen ist.

Gysi
 
Re: Re: Nietzsches (Lebens-) Philosophie

Original geschrieben von Gisbert Zalich
Ja! Er hat - zumindest intellektuell - alle Moral über Bord geworfen! Gleichzeitig formulierte er die menschlichen Ziele "Gerechtigkeit" und "Glück". Das ist seine absolute Lebensleistung! Auch, wenn sie noch nicht so rüber gekommen ist.

Gysi
Hat er? Zum "Glück" gehört doch auch, keinen Groll gegen irgendjemanden in sich zu tragen. Ist der desillusionierte Zarathustra/Friedel nicht in die andre Richtung gelaufen? Hat sich hineingesteigert in Belanglosigkeiten anstatt das Glück HIER UND JETZT zu suchen? Ist der angebliche Dionysos eigentlich nicht ein Pechvogel? Er hat nix begriffen: Akzeptieren bringt ihn weiter! Nicht: der unendliche KAMPF gegen Windmühlen.
 
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Re: Re: Re: Nietzsches (Lebens-) Philosophie

Original geschrieben von Rudhi
Hat er?
Aber ja! Entsprechende Textstellen hab ich beim Googlen entdeckt.

Er hat nix begriffen: Akzeptieren bringt ihn weiter! Nicht: der unendliche KAMPF gegen Windmühlen.
Was ist: "Akzeptieren"? Realitäten annehmen? Aber andere Zustände anstreben? Dann ist "Akzeptieren" o.k.
"Füg dich ein, kannst ja eh nix ändern!", das wäre meine (und gewiss auch deine) Haltung nicht.

Gysi
 
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