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Lüge als gesellschaftliches Phänomen

@ its not me

ich bin ja hier keine Richterin - aber ich denke, dass die Begriffe Wahrheit, Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit in unserem besprochenen Sinne fast deckungsgleich decodiert werden.
Beweis für diesen Schluss scheint mir der Redezweck, die Intention zu sein.( Wir sind uns ja einig, dass Lügen und auch die Wahrheit sagen, ehrlich/ aufrichtig sein komunikative Akte sind.

Dein Kreationistenbeispiel ist eines dafür, dass es der Definition der Lüge immanent ist,von der Redeabsicht der Täuschung auszugehen - die Aussage des Kreationisten ist ein Irrtum, eine Selbsttäuschung und keine Lüge. Irrtum ist keine Lüge, daher geht der, der irrt ja von der Wahrheit seiner Aussagen ehrlich überzeugt ganz aufrichtig bei seiner Behauptung vor.

Wenn solche irrigen Aussagen schon Lüge wären, wäre fast die gesamten Naturwissenschaften vor dem 19, 20. Jahrhundert Lüge.

Auf Irrtümern kann der Mensch weiterbauen. ( vergl. Popper: Alles Leben ist Problemlösen)



@ gagnrad

Du sagst dasselbe: es kommt nicht darauf an, wenn man spricht, die Wahrheit zu sagen - diese ist von uns nie vollständig erfassbar, nur subjektiv fokussiert zu erleben.

Du sagst eigentlich das, was Kant zu diesem Problem gesagt hat, er wollte moralische Postulate ( nicht mehr hinterfragbare Regeln) auch in Beziehung auf die Lüge aufstellen, die er ebenfalls als bewusste Täuschung eines anderen auffasste.

Er verdammte alle Lügen - auch die Notlügen, die Lügen aus Gefälligkeit, die erzwungenen Lügen usw generell. Der Mensch darf nicht lügen, das ist Gewalt gegen die Menschheit. Diese Lügeverbot ist bei ihm ein kategorischer Imperativ ( eine unhinterfragbare moralische Aufforderung). Aber ich frage mich - ich frage Dich und Euch: Kann man/frau immer die Wahrheit sagen? Gibt es nicht Gründe, die für das allfällige Lügen sprechen?

.@ Baerliner:

Du kommst mit Angela Merkels PR- seite ( sic! eine Politikerin christlich konservativer Färbung) auf eine Sicht auf das Lügenphänomen, die es seit Aristoteles und Augustinus ebenfalls gibt.

Nämlich das Phänomen der erlaubten Lügen im ersten Punkt und in zweiten Punkt, auf den wir hier ebenfsalls noch nicht gestoßen sind: Lüge als Spiel von der Wahrhaftigkeit.
uff

Jetzt seid wieder Ihr dran.

Marianne
 
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Ausgerechnet Kant... Ich dachte eigentlich, ich sei kein Kind der Aufklärung.
(So lernt man Dinge über sich selbst..)

Notlügen sind Antworten auf Fragen, die a priori eine Lüge erfordern.
(Der Satz muß sich erst noch bewähren.)

Wenn der Fragende von vornherein mögliche Antworten ausschließt, ist schon die Frage unaufrichtig. Da bin ich bei Kant. Unaufrichtigkeit ist Gewalt an der Menschheit.

Ob es Gründe zum Lügen gibt? Sicher! Aber sie lassen sich nicht philosophisch legitimieren. Die Philosophie errichtet ein Ideal, das von der Wirklichkeit angestrebt aber nie erreicht wird. Ich bin entschieden dagegen, die Ideale einfach pragmatisch der Wirklichkeit anzupassen.
 
Gagnrad schrieb:
Notlügen sind Antworten auf Fragen, die a priori eine Lüge erfordern.
(Der Satz muß sich erst noch bewähren.)

Wenn der Fragende von vornherein mögliche Antworten ausschließt, ist schon die Frage unaufrichtig. Da bin ich bei Kant. Unaufrichtigkeit ist Gewalt an der Menschheit.

Ob es Gründe zum Lügen gibt? Sicher! Aber sie lassen sich nicht philosophisch legitimieren. Die Philosophie errichtet ein Ideal, das von der Wirklichkeit angestrebt aber nie erreicht wird. Ich bin entschieden dagegen, die Ideale einfach pragmatisch der Wirklichkeit anzupassen.


Mensch, da bist Du genau dort, wo ich auch in meinen Überlegungen bin.
Kant verteidigt seine Position ungefähr so: wenn man eine Lüge, auch eine Notlüge einmal zulässt, läuft das dann dahinaus, dass man Lüge und Wahrheit nicht mehr unterscheiden kann.

Und da bin ich ja ebenfalls der grundsätzlichen Meinung, dass Lüge nicht erlaubt sein soll. ( Ich grenze jetzt ein auf individuelle Lüge, nicht auf Themen wie Lüge und Kunst)
Also ich stelle mir das persönlich so vor: Ich bin eine absolute ( ideologisch gebundene ) Pazifistin. Das stimmt - ist keine Ironie.Aber ist es moralisch, darf ich um dieses Grundsatzes willen zulassen, dass potentielle Entführer eines kleinen Jungen, die " festsitzen", nicht einmal " in die Mangel" ( bitte - keine Folterung, aber so eine kleine Watsche oder Androhung einer solchen) genommen werden dürfen? Du kannst Dich vielleicht an diesen realen Fall der bundesdeutschen Kriminalistik erinnern.

Ich war damals in einer argen Zwickmühle: letztlich war ich aber doch der Meinung, dass im Zweifel der höhere ideologische Wert bei der Entscheidung ja oder nein entscheiden müsse. Ich war der Meinung, dass ein Kinderleben, das durch eine eventuelle Backpfeife/ Watsche gerettet werden könne, mehr Wert habe als ein eingegrenzter Gewaltakt gegenüber jemandem, der zur Aufklärung, wo sich das Kind aufhalte, beitragen könne. ( übrigens waren 51 Prozent der deutschen Bevölkerung der gleichen Meinung wie ich,und das Gericht hat - verbessere mich, wenn das jetzt Gesagte ganz falsch liegt - diesem Umstand , der doch offenbar einem Rechtsempfinden der Mehrheit entspricht,so Folge geleistet; dass es die schuldigen Polizisten zwar verurteilte, aber die Strafe aussetzte. Also waren auch die Richter sich der Frage des moralisch höheren Wertes bewusst - und der Zwickmühle, in die sie das geschriebene Recht steckte.


Der langen Rede kurzer Sinn:
Das Gebot: Du sollst wahrhaftig sein ( ist - glaube ich nur die Umkehrung des Gebotes: Du sollst nicht lügen ) ist moralisch ebenso als Gebot anzuerkennen wie das Gebot: Liebe Deinen Nächsten ( was ja implizit jeden Gewaltakt ausschließt).


Es muss also rational gute ( durchaus im Sinne von Moralvorstellung) Gründe geben, Lügen zuzulassen, bei anderen und sich selbst.


Hihi: und so schließe ich mit Dir:
Ich bin entschieden dagegen, die Ideale einfach pragmatisch der Wirklichkeit anzupassen

Marianne

Aber WANN darf ich als handelndes Wesen Lügen zulassen?

Marianne
 
Wenn die Aktion eine Lüge ist, ist die Reaktion a priori auch eine Lüge. Wie du mit den Lügen der anderen umgehst, steht dir völlig frei. Die Verantwortung für eine Reaktion liegt nicht beim Reagierenden, sondern bei dem, der die Reaktion provoziert hat.
Bleibt die Frage: Wie geht man mit Lügen um?
Kann man diese Frage überhaupt beantworten?
Am besten aus dem Bauch heraus entscheiden..

Gruss
Gagnrad
 
...einfach mal von meiner Sichtweise - neulich hab ich dies dazu mal aufgeschrieben....

Ich finde das Thema Lügen interessant, weil es einfach Jeden von uns betrifft. Jeder Mensch benutzt jeden Tag Lügen. Ob er sich nun selbst belügt oder andere Personen. Da gibt es die kleine Notlüge: "ach weißt Du, mir gehts gerade nicht so gut, blabla", "sieht das aber toll aus, boaaahhh" (im inneren findet man es nicht so), "ich weiss nicht so recht, vielleicht ja oder nein, ich werd´s mir mal überlegen". Zu sich selbst sagt man hier und da mal: "ach, wenn ich das einmal tue, macht das ja nix." Da gibt es die alltäglichen Lügen: "das bin ich nicht dran schuld, der andere wars ja", da erzählt man Geschichten, die weit hergeholt sind und beim dritten mal erzählen, werden sie immer dramatischer, sodaß man nachher sich gar nicht mehr erinnern kann, wie die eigentliche Geschichte wirklich mal lautete. Da gibts die Kollektivlügen: "Osaman war´s, deshalb machen wir nun sein Land platt".

Und wie ist das mit dem Lästern über andere Menschen? Ist das nicht auch eine Art Lüge und warum tut man das? Ist man sich dessen Bewusst, was man da tut? Im Innern wohl immer oder?

Ja, das sollen einfach nur mal Beispiele sein. Schon kleine Kinder fangen damit an, wenn sie der Sprache Herr werden und entdecken in der Lüge ihre Vorteile. Man sagt ja immer: "das war nicht absichtlich oder bös gemeint". Aber auch das ist nur eine Ausrede und mehr oder weniger eine Lüge an sich selbst.

Warum tun wir das? Ja, ich möchte den anderen nicht verletzen oder beleidigen, sondern ihm es einfach nur recht machen und mich selbst damit als Gutmensch hinstellen. Ist das auch so? Kommt es bei dem anderen eigentlich auch so an? Und was sagt mein Gewissen = Herz dazu?
Was würde passieren, wenn ich einfach mal so reden würde:
"ich hab dazu keine Lust", oder "könntest du Du mich bitte gerade mal in Ruhe lassen", oder "das mach ich nicht, ist nicht mein Ding", oder mal ganz frech am Telefon sagen: "Ich hab jetzt keine Zeit, wie gehts? Gut? Bei Dir ist alles in Ordnung? Prima! Ich muss jetzt schon wieder Schluss machen, hab Dich lieb, bye".
Eigentlich würde nichts passieren. Und wenn der andere darüber nun verblüfft und erbost wäre? Egal?

Klingt doch arg nach EGOART oder? Also man möchte eben immer gut aus der Sache rauskommen. Ist man damit am Ende immer gut bedient oder nicht? Je mehr ich mir darüber Gedanken mache, je mehr steht da Einer neben mir, der mir immer räuspernd entgegegengrinst, wenn in mir mal wieder eine Ausrede hochkommen will in Kommunikation mit einem anderen Menschen.
Es ist wirklich schwer, sich ganz und gar davon zu befreien. Aber darum geht es ja gerade: ich denke, dass man sich dadurch befreit und sich selbst aus vielen Verstrickungen lösen kann. Am Ende sind die Menschen gegenüber nämlich nicht sauer, sondern verwundert und beeindruckt von der Ehrlichkeit, die ihnen da entgegenkommt. Manche werden sich daran einfach gewöhnen müssen. Ist es nicht alleine ihre Problem, wenn sie sich über die Ehrlichkeit vom anderen verletzt fühlen? Oder ist es doch egoistisch? Man sieht das das Eine, mit dem anderen verknüpft ist. Um bestimmte Unannehmlichkeiten für uns selbst zu umgehen, haben wir die bewusste Lüge erfunden. Klein, gross, egal! Lüge ist Lüge.

Wenn man bedenkt, dass das Kosmische Gesetz von Ursache und Wirkung auch hiervor nicht halt macht - rechne man mal das Milliarden von Menschen Milliarden von Verstrickungen und Missverständnissen im Jetzt in den Kosmos mit Lügen aussenden. Wie sieht es denn da mit dem entknoten und befreien wieder aus? HAHAHAHA, grins, waren nur meine Gedanken dazu......

Ich habe mal - so komisch das klingt - angefangen eine Strichliste zu machen - wie oft ich am Tag solch kleine oder auch große Ausreden/Notlügen benutze. Jetzt fällt mir die Sache natürlich dreifach schwer. Jedesmal haut mir jemand mit dem Hämmerchen auf den Kopf, wenn es wieder von unten in mir aufsteigen will und ich verhaspel mich auch noch dabei---->schön = ich hab mich mal wieder erwischt. Aber man lernt ja daraus....

Ja, jetzt hab ich mal wieder einen halben Roman geschrieben. Aber ich finde es einfach wichtig, sich mal Gedanken darüber zu machen. Meist ist dies ein schon unbewusster Teil in Aktion und Handlung in sich selbst geworden, der nur wieder etwas vorgeholt, bewertet und ins "rechte Licht" gerückt werden kann. Das Ergebnis kann jeder selbst an sich ausprobieren. Wir haben ja die freie Wahl - und die freie Wahl mit uns zu experimentieren - was nun besser oder schlechter für uns ist, kann man nur an sich selbst als Versuchskaninchen ausprobieren.... meine Meinung dazu.... mehr nicht

Grüßel
Lacu
 
@ Lacuna!



Dein Text hat mich sehr sehr berührt - ich finde in ihm die Gedanken einer Ehrlichen wieder, zu denen ich mich eigentlich auch zähle - und genau dort, wo jeder sich in Frage stellen kann? sollte? muss?, scheint der Knackpunkt zu sein.

Lüge als Alltagserleichterung? In der Regel - so wie Du es beschreibst, daraus geboren, vor der Wahrheit im Augenblick des " Lügens" mal die Augen schließen zu wollen. Ich halte das für legitim, weil , ja weil ja eben nicht die Absicht des bösartigenTäuschens diesem Sprachakt zugrunde liegt.


Um in Deinem Beispiel zu bleiben: Ich mag ja den anderen, würde ihm auch unter anderen Umständen sagen, dass es mir nicht so gut geht, aber: die Zeit reicht nicht für ein erhellendes Gespräch.


Ich glaube, dass in dem Beispiel von Dir, das wir alle gut nachvollziehen können,r noch ein gesellschaftliches Phänomen dessen, was wir eben auch zu Lüge zählen, die Konventionslüge. Keiner will Niemandem schaden :) - aber es ist bequemer, sich in Floskeln zu verständigen.


Zum Schluss etwas ganz Nettes aus der Kinderwelt ( eben mit meiner Enkeltochter erlebt )

Sie geht schon in die erste Klasse, zieht sich natürlich schon alleine an, wenn sie aber über Nacht bei mir bleiben darf ( heute z.B ) ziehe ich sie an.
Nach dem üblichen Geplänkel : ist es endlich Zeit dazu oder nicht, zog ich sie schnell an. Dann ging ich " meinen morgendlichen Geschäften nach" - kam an ihrem Zimmer vorbei und Madamchen krähte ganz vergnügt.:" Oma, ich bin schon angezogen!"Sie hatte glatt vergessen, dass nicht sie es war und wollte sich halt loben lassen.
Als ich darauf ganz nüchtern bemerkte: "Das weiß ich, ich habe dich ja angezogen!, mussten wir beide lachen: War das jetzt eine Lüge vom Enkelchen: Nein - aber ein durchaus häufig vorkommender Grund " es mit der Wahrheit nicht ganz so genau zu nehmen". Wir lieben uns doch alle ganz ungemein - und wollen, dass das auch die anderen tun.

Liebe liebe Grüße .. ungelogen :) :winken1:

Marianne
 
Foerster, with complements

gregor schrieb:
Mein Lieblingszitat in diesem Zusammenhang stammt von Heinz v. Förster

"Die Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners."
Dieser Satz darf so alleine nicht stehen gelassen werden, da wäre die Einheit der Differenz nicht gewahrt,
die Symmetrie gebrochen, die Irritation irritiert.

Dieser Satz schreit förmlich nach einem Gegen-Satz oder nach einem Komplement.

Ich präge deshalb den Gegen-Satz: "Lüge ist das Konstrukt eines engstirnigen Wahrheitsfanatikers".

Sssoo, jetzt ist die Welt wieder in Ordnung !


Für jene Mitleser, die unbedingt die Bedeutung dieses Satzes anhand eines konkreten Beispiels illustriert
haben wollen, hier auch noch ein kleines Beispiel.

Eine Studentin aus einem neuen EU-Mitgliedsland (angehende Deutsch-Lehrerin in ihrem Heimatland) geht als
Au-Pair Mädchen nach Deutschland, um die offenkundig noch verbesserungsbedürftigen Deutsch-Kenntnisse
aufzubessern. Dabei hat sie als Kindermädchen ein knapp 7 Jahre altes Kind zu betreuen, das sich zwar in
der Regel schon alleine anzieht, aber auch noch Ausnahmen von dieser Regel kennt.
Eine dieser Ausnahmen wird von der Au-Pair Lehrerin so geschildert:

Au-Pair Lehrerin schrieb:
Nach dem üblichen Geplänkel: ist es endlich Zeit dazu oder nicht, zog ich sie schnell an.
Dann ging ich "meinen morgendlichen Geschäften nach" - kam an ihrem Zimmer vorbei und
Madamchen krähte ganz vergnügt.: "Au-Pair, ich bin schon angezogen!"

Sie hatte glatt vergessen, dass nicht sie es war und wollte sich halt loben lassen.

Als ich darauf ganz nüchtern bemerkte:
"Das weiß ich, ich habe dich ja angezogen!, mussten wir beide lachen:

War das jetzt eine Lüge von diesem Engelchen ?

Nein - aber ein durchaus häufig vorkommender Grund "es mit der Wahrheit nicht ganz so genau zu nehmen".

Hat es das Kind tatsächlich mit der Wahrheit nicht so genau genommen ?

"Ich bin schon angezogen" war die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit.

Nur die Au-Pair Lehrerin hat vermutlich aufgrund ihrer mangelhaften Deutsch-Kenntnisse die Bedeutung dieses
Satzes nicht richtig erfasst, daraus die Aussage "ich habe mich schon selbst angezogen" konstruiert,
und deshalb die Aussage in die Nähe einer Lüge gerückt.

Geradezu ein Musterbeispiel für eine konstruierte Lüge.

Eine Wahrheitsfanatikerin, die zuerst die Bedeutungsmöglichkeiten einer Aussage in unangebrachter und
engstirniger Weise manipuliert, und daraus eine Lüge konstruiert.

Muss da noch etwas dazu gesagt werden ?

lg nase
 
Neugier schrieb:
Ich präge deshalb den Gegen-Satz: "Lüge ist das Konstrukt eines engstirnigen Wahrheitsfanatikers".

Sssoo, jetzt ist die Welt wieder in Ordnung !


Für jene Mitleser, die unbedingt die Bedeutung dieses Satzes anhand eines konkreten Beispiels illustriert
haben wollen, hier auch noch ein kleines Beispiel.

Eine Studentin aus einem neuen EU-Mitgliedsland (angehende Deutsch-Lehrerin in ihrem Heimatland) geht als
Au-Pair Mädchen nach Deutschland, um die offenkundig noch verbesserungsbedürftigen Deutsch-Kenntnisse
aufzubessern. Dabei hat sie als Kindermädchen ein knapp 7 Jahre altes Kind zu betreuen, das sich zwar in
der Regel schon alleine anzieht, aber auch noch Ausnahmen von dieser Regel kennt.
Eine dieser Ausnahmen wird von der Au-Pair Lehrerin so geschildert:



Hat es das Kind tatsächlich mit der Wahrheit nicht so genau genommen ?

"Ich bin schon angezogen" war die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit.

Nur die Au-Pair Lehrerin hat vermutlich aufgrund ihrer mangelhaften Deutsch-Kenntnisse die Bedeutung dieses
Satzes nicht richtig erfasst, daraus die Aussage "ich habe mich schon selbst angezogen" konstruiert,
und deshalb die Aussage in die Nähe einer Lüge gerückt.

Geradezu ein Musterbeispiel für eine konstruierte Lüge.

Eine Wahrheitsfanatikerin, die zuerst die Bedeutungsmöglichkeiten einer Aussage in unangebrachter und
engstirniger Weise manipuliert, und daraus eine Lüge konstruiert.

Muss da noch etwas dazu gesagt werden ?

lg nase
Lass mal, Nase: Deine Spitze ist eine implizite Lüge einer Lügenfanatatikerin ? ( ein Gegenwitzchen)
Jeder weiß hier, dass die geschilderte Situation ein aktuelle war, Oma und Enkerl :nicht eine von mir erfundene und von Dir dichterisch umgestaltete. So weit - so real.
Wolltest Du hier ein Glanzlicht auf Deinen Umgang mit der dichterischen Fiktion werfen? Ist Dir gelungen: Dichter / Innen müssen mit der Wahrheit nicht eins zu eins umgehen.Ihre Aussage sollte wahrhaftig sein.
Und daran zweifle ich bei Deiner Performance mit meiner Geschichte ebenfalls nicht. Die Absicht: mich zu verletzen hast Du rübergebracht. Aber sie wirkte nicht. Denn:
Um des spaßigen Bonmots willen ließ ich die Frage meines Enkerls aus: sie fragte nämlich nach dem gemeinsamen Lachen ( das Du - mich einer konstruierten Lüge zeihen wollend, ausgelassen hast ) : "Oma, habe ich jetzt gelogen". Und daran entzündete sich ein sehr schönes Gespräch - ganz in dem Sinne - in dem Du die Rechtfertigung der Lüge auch gebracht hast. Ich übrigens oben auch. Wer die Notwendigkeit der gesellschaftlichen Lüge moralisch verdammt, ist ein Lügner.


Falls Du genau wissen willst, wie Lüge definiert wird - Jedes Lexikon machts möglich. Auch empfehle ich Dir das Buch der italienischen Philosophin Maria Bettetini: Eine kleine Geschichte der Lüge-von Odysseus bis Pinocchio"Wagenbach 461 2003. Ich lese es gerade. Hoch interessant.
Nichts gegen Deine Definition der Lüge - sie wirft ein Licht auf Dich.
Vor allem als der Sprache ( und der Bosheit ) mächtige Diskussionspartnerin, die ihre Sicht der Dinge manipulativ den anderen aufdrängen will.Die Absicht - das ist - nicht nur nach Bettetini -das Hauptmerkmal der Lüge. Aber wie gesagt. Du machst ja aus meinem autobiographischen Stoff nur eine kleine Geschichte, um mich der Lüge zu zeihen. Viel Spaß - wenn ` s Di gfreit.

Ganz ganz liebe Grüße


Ganz ganz ohne Humor und Witz - aber bei mir ist die Welt jetzt auch in Ordnung.

Marianne


Ein Glück, dass im realen Leben nicht allen unbewusst Lügenden eine lange Nase wächst.
PS: Nennst Du Dich deshalb mit Vorliebe Nase?
 
Ich präge deshalb den Gegen-Satz: "Lüge ist das Konstrukt eines engstirnigen Wahrheitsfanatikers".
Liebe Neugier, ich wundere mich über Deine Wortwahl. Und auch Deine
"
Für jene Mitleser, die unbedingt die Bedeutung dieses Satzes anhand eines konkreten Beispiels illustriert
" da lese ich kein konkretes Beispiel auf diese Deine Wortwahl heraus, sondern übermittelt mir ein Päckchen Wut, ein Päckchen Austeilen von Negativität, ein Päckchen gut gewählter hochdotierter Worte, die letztendlich kein Zusammenhang für mich ergeben. Wenn ich den Text von Majanna verinnerliche und umsetze, ergibt sich für mich wohl die Frage, ob nicht doch hintergründig eine Lüge zum Vorteil gewählt wurde (ob Kind, ob Erwachsener, egal). Genau dieser Vorteil ist es doch, den man mit einer Lüge zu erreichen versucht. Auch, wenn nicht boshaft gemeint, so ist es doch eine bewusste Verdrehung der Tatsachen, um einen Vorteil daraus zu ziehen = Anerkennung, Liebe, Humor, und Kommunikation vom Gegenüber zu erhalten. Die Frage ist nur: wie kann das Gegenüber bei Erkennung dieser Tatsache diese Situtation ändern, damit der andere auf ehrliche Weise, sein Zuspruch, Zuneigung erhält.

Das emotionale "Bewerfen" ergibt doch keinerlei Sinn. Ich stelle mir da eine Dartscheibe vor, die mit Wattebäuschen beworfen wird...letztendlich tut es der Dartscheibe nicht weh, nur dem, der mit seiner Watte keine Treffer erlangt...nur so meine Gedanken dazu...
 
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lacuna777,

wenn das Kind in der geschilderten Situation gesagt hat "ich bin schon angezogen",
so war das eine hundertprozentig korrekte Aussage.

Das war keine wie immer geartete Verdrehung von Tatsachen, sondern ganz einfach die Wahrheit,
und nichts als die Wahrheit.

Die Aussage des Kindes mag einem Erwachsenen überflüssig erscheinen, in ihr steckt aber nicht die Spur
von einer Lüge.

Vielmehr steckt in der Frage: "War das jetzt ein Lüge ?" eine ziemlich niederträchtige Andeutung,
nämlich die Unterstellung, dass das Kind etwas ganz anderes gemeint hatte.

Eine herbeigeredete, hineininterpretierte, engstirnig konstruierte Lüge eben.


Das musste gewiss noch einmal ganz deutlich gesagt werden.

lg nase
 
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