Amélies Zauberwiese
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Robin Rudolph geschrieben am
25.02.2003 23:19
Der Mensch ist nämlich folgendermaßen:
Versteht von sich nicht tuten noch blasen.
Wirft man ihm ein Körnchen hin,
hackt er drauf rum, doch ohne Sinn.
Er will nur hacken, hacken, hacken,
statt aus Harmonie Plätzchen zu backen.
Gerät mit Nachbarn er in Streit
treibt er es immer stets so weit,
bis sich des Altbaus Balken biegen
und alle sich in Haaren liegen.
Und so ist das auch bei Kriegen:
Stets will dabei einer siegen,
der auch mal locker bleiben könnte
von seinem Gehalt bis hin zur Rönnte.
Versteh ich nicht: warum nicht Fingerschnippen
und an ner Flasche leise nippen
Bemerkung übers Wetter machen
und über fremde Witze lachen?
Statt dessen lieber Hauen, Stechen
andere müsse Zeche blechen
wegen deren blöd Neurosen,
das sind doch Arschgeigen in Dosen!
Jetzt hab ich's auf Tablet gebracht,
hab mir mal echt Luft gemacht.
Warum sind denn nicht alle hier
so cool als wie die Fanta vier?
Britt Frank geschrieben am 20.05.2003 00:38
Tut mir sehr leid,
für ein Gedicht hatte ich keine Zeit.
Möchte dennoch gerne sagen
ich lese Euch immer gerne mit Behagen.
Dichter, die mit der Zeit gehen
auch etwas von Memory und Festplatten verstehen.
Ich finde es schön
und lese Euch immer wieder görn ;-)
Bitte macht weiter so -
ich denke es geht vielen wie mir,
die diese Gedichte gerne lesen hier.
Den Alltag zu bewältigen, fällt 'Amélie' nicht schwer. Sagt sie...
Zum Frühstück Zeitungen lesen, zum Lunch eine Unterhaltung über Françoise Ozon, Grass, Bush, Kylie, den Papst oder den Range Rover... am Abend Käsesoufflé und ein Glas Rotwein, sich über dieses und jenes lustig machen und dazwischen der Alltag, der den Abstand grösser werden lässt.
Auch meine Lust auf ein - zwei Duelle ist geschwunden. Um so grösser wurde das Verlangen, Geschehenes anekdotisch aufzuarbeiten, Wortspiele um verschiedene Ohren zu hauen, aber auch gehauen zu bekommen. Nur, so eine Anekdote kommt selten blitzschnell geflogen. Ich transkribiere
und korrigiere... Die Versuche führen nur dazu, dass ich wieder einmal beginne, Gauloises bleues zu rauchen und auch eine erneute Einladung, Whisky auf Schiffen zu degustieren und zu testen, annehme. Beides ist ungesund und schafft das fassungslos Machende nicht aus der Welt, macht es nicht begreiflicher.
Die Idee, Einiges auf den Kopf zu stellen und Satire statt über Politik, über 'Nichts' zu schreiben, wird von mir ziemlich schnell verworfen. Anspruchsvolle Denksätze sind nicht einfach zu schreiben, und noch schwieriger zu verstehen -grins.
Schreiben und Lesen sind Abenteuer, gefährliche Abenteuer, auf die Amélie nicht vorbereitet war. Wir alle erliegen mal Trugbildern, fühlen uns fremd, lassen uns von irrationalen Bildern leiten und schaffen es nicht, den Dingen, die wir einst geliebt haben, den Rücken zu kehren. Auch Zähne zusammenzubeissen, hilft nicht. In der Dunkelheit der Erinnerung liegt die Schönheit, wir hüten das Bild, das es nicht mehr gibt. Musik und Worte entführen, schwarz wird weiss und weiss wird schwarz, es wird warm und gemütlich: ein paar ins Gespräch vertiefte Freunde bei gedämpften Licht und dezenter Piano oder Saxophon-Musik...
Ein Augenblick, um Menschen auf Taschenformat zu schrumpfen, um Menschen zu sammeln. Vermutlich ist es aber sogar per Gesetz verboten. Die Menschen müssten freiwillig schrumpfen, Massstab etwa 1 : 20, nicht nur in der Länge, auch in der Grösse, bzw. Wichtigkeit.
So liesse sich überall ein Quai de Jemmapes und eine kleine Welt anlegen:
Auf Amélies Zauberwiese gelangt man über eine Eisenbrücke, setzt sich unter einen der Bäume, lässt Steine über das Wasser im Canal Saint Martin springen und behängt die Hauswände rundherum mit Bildern. Eine Bildergeschichte entsteht als Patchwork aus vielen, man muss nur bereit sein, sich auf sie einzulassen.
Mit der Alltagslogik 'was soll das Ganze' von Leuten, die zum Voraus die Nase rümpfen, kann der auf Taschenformat geschrumpfte Autodidakt Jean-Pierre Jeunet nichts anfangen.
In der unendlichen Weite der Wiese tummeln sich grosse und kleine Künstler, bekannte und unbekannte Namen, ihre 'Logos' leuchten nachts wie die Logos von Varietés, Bars, Theatern, Cafés und Verkaufsständen in Paris, die Menschen sitzen beisammen, leben friedlich das Leben vieler Kulturen, Variationen, Optionen: vielfältig und bunt wie Montmartre.
Auf der Wiese sieht man schon einen winzigen Roger zusammen mit dem winzigen Frauentraum Marat, kleinen gelben Bällen hinterherzulaufen.
Der neu zum Leben erweckte Italo Calvino sitzt am Bistrotischlein und liest aus 'Il barone rampante' vor; zwischendurch ruft er Vorbeischlendernden 'Ciao, ragazzi!' zu. Ein junger Athener Polizist dirigiert elfenhaft auf der Kreuzung den Verkehr, damit Michael S. mit seinem winzigen Ferrari nicht auf die österreichische Skipiste gerät, oder die Poirées in der Loipe stört, die am Abend an ihrem Pressekonferenztischlein sitzen und von der norwegisch-französischen Koproduktion namens Emma erzählen. Falls Brigadier Alois in einem Ledermantel geheimnisvoll im Schatten des Haselstrauches über Menschenwürde und Foltern referieren möchte, lasse ich sofort Brigitte Bardot im Bikini, ewig jung und hübsch und nie alt und rassistisch, umherstöckeln und nach Strand suchen.
Einen Zuständigen für die Musik muss ich noch finden -für mich genügt fürs Erste eine urmusikalische Zigeunersippe; mehr Schreibende braucht es
und einen kleinen Wicht zum Regieren. Vielleicht Kofi Annan. Bush, Schröder, Chirac, Putin & Co. werden nur runde Augen machen und froh sein, keinen Ärger zu haben. Derweil ich beschäftigt bin, einen fahrbaren Snookertisch über die Brücke zu manövrieren. Man weiss nie..., 'meine' Prominenz ist zwar beschäftigt, aber vielleicht bekommt sonst jemand Lust auf eine Partie.
Sollte ich feststellen, dass einer von den kleinen Kerlen auf Amélies Wiese einen weiteren kleinen Garten angelegt hat, in dem er noch kleinere Wichte sammelt, als er selber einer ist, so müsste ich lachen. Es würden ihm nur die Kleinsten aus meiner Sammlung zur Verfügung stehen.
Das Aloischen unter der kaputten Haselnussschale zum Beispiel, oder eine der Personen, die etwas geschaffen haben, was sie unsterblich macht, aber die nur gerade diesen einen 'kreativen Schöpfungsakt' zusatande brachten, wie Uri Geller, der mit einer einzigen Idee dreissig Jahre lang die Menschen unterhält. Oder Harper Lee, die für 'To Kill a Mockingbird' den Pulitzer-Preis eingeheimst hat, um danach in der literarischen Versenkung der Dimension eines 'Schwarzen Lochs' zu verschwinden; Erno Rubik, der mich mit seinem Würfel zur Verzweiflung brachte, oder auch Reinhard Mey, der mit nur einer einzigen Grundmelodie auskommt.
Die Position der Nachmacher in dem Panoptikum der Einfallslosigkeit wäre gegeben, käme z.B. Uri Geller auch noch auf die Idee, sich ebenfalls einen winzigen Garten anzulegen, in dem mikroskopisch kleine Wichtleins umherliefen. Das Wahnsinnigste im Füllhorn der Paradoxien wäre, wenn das begeisterte Publikum schlucken würde, woran er seit 30 Jahren kaut.
'Neue Ideen sind die Kinder alter Gedanken'.
Bevölkert Amélies Zauberwelt mit Nachwuchs und fragt nicht, ob dort oben auf der Akropolis einer riesengross in einem Sessel sitzt und mit uns Allotria treibt. Das ist hier nämlich nicht die Frage! Die Wiese bleibt die Wunderwiese; was davor und dahinter ist, weiss keiner.
Die Suche nach skurriler, intelligenter, un- und ernster, gefühlvoller, fabelhafter, stilvoller, wechselhafter Unterhaltung, in der das Vergnügen die Oberhand behalten sollte, die Suche nach weiblichen und männlichen Amélies geht weiter...
...vielleicht...