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Lebens-Stil/Freistil/Schreibstil

Alles relativ, mit der Zeit

Salut!

Ist es schon wieder ein Jahr her, dass mir in der Matrix die Freude zuteil wurde, von euch gratuliert zu werden? Krass.
Aber vielleicht deucht es mir auch so seltsam, weil trotz der Tatsache, dass ich sowohl Wohnung als auch Falte als auch Familienstatus geändert habe, sich irgendwie nicht so viel geändert hat. Auch was ich nun sage, mag manchem komisch vorkommen: Ich habe tatsächlich den Eindruck, mein Leben teilt sich in die Zeit vor dem 11.9. und nach dem 11.9..
2001 natürlich. Nicht so sehr, weil dieser Terroranschlag so ein epochales Ereignis war - das auch. Aber mehr noch scheint es, als sei mit diesem Datum eine Grundstimmung gekippt, in meinem Leben wie in dem der Welt. Und zwar vom latenten Optimismus zum latenten Pessimismus. Ja, sicher, egozentrisch so zu schreiben (zu denken sowieso - wie alles Denken), aber einen Tag nach seinem Geburtstag darf man das doch mal, oder?
Am Tag nach seinem Geburtstag darf man auch einfach mal in seinen Dateien kramen und vielleicht ein Gedicht zu Ende schreiben, das man vor etlichen Monaten begonnen hatte und dann vergessen. Es handelt von Bewegung und Augenblick und ich widme es irgendwie...allen:

Bewegung lehrt uns mehr als nur zwei Orte,
die man erreicht mit nem Vehikel jeder Sorte,
von denen man geht, um was zurückzulassen,
um etwas Neues in geneigten Sinn zu fassen.

Bewegung trägt in sich den einen Rhythmus,
der sie verrät wie Säure sich durch Lackmus.
Und bleibt man stehen, so schwingt der Rhythmus weiter;
beschwingt sein nennt man daher oftmals "heiter".

Auch in der Ruhe liegt der Unruh steter Drang:
Die brown´nschen Teilchen im entropen Zwang.
Und Sinn kriegt jede gleichförmige Reise
erst durch die Kraft - zentrifugalerweise.

Und kreist und springt man um den einen Punkt herum
so bleibt der blind, stellt sich zumindest stumm;
und bleibt erschöpft und lächelnd man mal stehen,
dann schwindelt schön Vergessen und Verstehen.


Wenn ich mir nicht schon fast Sorgen machte, würde ich ernsthaft Schelte betreiben Céline gegenüber, wegen ihres Wegbleibens. Ich hoffe, ihr blüht nicht gerade so etwas wie meine angetrauten Herzogin die Welt, die sich gerade die Weisheitszähne entfernen lässt.
Im Übrigen: Kann man sich etwas merkwürdigeres ausdenken als die Phrase "Sich die Weisheitszähne entfernen lassen"?

Das Rührendste an meinem Geburtstag war im Übrigen nicht die Geschenke, sondern dass die Herzogin meine Lieblings-CD auflegte (in diesem Moment wusste ich mal wieder, dass es definitiv meines Lieblings-CD ist), nämlich Brahms Balladen und Rhapsodien (op. 10/79) gespielt von Glenn Gould.
Aber auch die "Verklärte Nacht" als Streichtrio klingt nach einer guten Idee, könnte doch diese Besetzung etwas von dem fast übermäßigen Schmelz des Originals relativieren. Kanchelis sagt mir nix, der Styx, ich werde es aber, wie so vieles, was von dir kommt, Jérôme, im Hinterkopf behalten.

Ich freue mich, euch in Gedanken bei mir gewusst zu haben und eine wundervolle, hoffentlich jetzt auch mal frühlingshafte Woche!
 
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Salut!

Bewegung - Stillstand... oder Rast?
Optimismus - Pessimismus... oder Melancholie?
Ruhe - Unruhe
Wissen - Vergessen
Verstehen - Missverstehen
Harmonie - Disharmonie
gut - schlecht
blind X stumm
wollen - sollen
können - müssen
Grundstimmung oder nur latente Depression?
latent - demonstriert

Es gibt wahrscheinlich nur sehr wenige intelligente Menschen, die nie im Zweifel sind. Das deshalb, weil wir wissen, dass es nur ein Leben gibt, das irgendwann endet - ein Fluss ohne Wiederkehr. Nie werden wir erfahren, welche unserer Entscheidungen/Wege richtig oder falsch waren, betrachtet aus der Perspektive der anderen Entscheidung/eines anderen Lebens, das wir nicht bekommen - es müsste ohnehin parallel ablaufen - um vergleichen zu können.

Dann wäre da noch ein ein Vergleich. Sich Weisheitszähne entfernen -der Herzogin die Welt meine aufrichtige Anteilnahme für diese lästige Prozedur- oder Giftzähne ziehen zu lassen - völliger Blödsinn -grins. Andere Zähne fielen mir nicht ein, und auch nicht, wie ich deine latente Frage diskret beantworten sollte.
Cel kommt voraussichtlich am Mittwoch nach Hause. Wird uns bestimmt 'Leviten lesen', was ich aber gerne in Kauf nehme.
Sie würde Dir bestimmt antworten: 'Alles im grünen Bereich!'. Dem schliesse ich mich mit einem kleinen Zusatz an: So wie man ein Kind in einem pechbestrichenen Körbchen nicht auf einem reissenden Fluss treiben lassen soll, so sollte man Cel unter ständige Kontrolle stellen - wenigstens alle zwei Jahre -grins.
Kannst Du damit was anfangen?
Ich kann doch nicht unter 'Fragen', über Antworten und Fragen lästern und hier dann das Risiko des exzessiven Seelenstrip eingehen - grins. Hat mit Dir nicht das Geringste zu tun, möchte aber vermeiden, dass man von 'Politik allgemein' bis zu 'Diskussion über das Forum...' sagt: 'Oprah, nicht?'

Einen schönen Abend :D
 
Guten Morgen!

Jemand hier mit Sinn für des Lebens ironie? Ah, da hinten recken sich ein paar Hände und hier vorne murmeln welche beipflichtend wie im britischen Parlament.
Also, heute gelesen:
Es gab da diesen Leipziger Orthopädieprofessor und Pädagogen namens Schreber, dem zu Ehren sich die Gartengesundheitsvereinigung später Schreberverein nennen sollte. Nun wissen wir also, wo der "Schrebergärtner" herkommt. Ich hatte ursprünglich an einen altertümlichen Ausdruck für Gartenpglege gedacht, Schrebern sei vielleicht so etwas wie harken oder jäten. Und dieser Schreber hatte einen Sohn Daniel Paul Schreber, ein Jurist, der Weltruhm durch sein einzigartiges Werk "Denkwürdigkeiten eines Nervenkranken" erlangte. Bei diesem Buch handelt es sich um die Autobiographie eines Wahns mit bis dato nicht gekannter Offenheit, Genauigkeit und Härte. Freud besaß ein exemplar und leitete daraus manches ab, vom Werk eines Mannes, der vielleicht zum ersten Mal über so heikle Themen wie Transsexualität sowie die "von ihm empfundene Verwandlung in einen Hermaphroditen, dessen Nervensystem via Strahlen mit er Außenwelt verbunden sein wollte."
Seltsame Ironie der geschichte, dass nun Schreber mit dem Symbol der selbstgenügsamen Harmonie an sich, dem Schrebergarten verknüpft ist und gleichzeitig mit dem ersten Dokument des modernen Wahns.

Und was lese ich gestern?
"Franzosen machen in Autos Liebe - wir machen Autos mit Liebe"
Eine Werbung der Firma Skoda. Was sagt ihr dazu?

Eine gut gemachte Restwoche!
 
Jaaaaa, ich euch doch auch!

Guten Morgen ihr Lieben!

Tja, was soll man da dazu sagen? Weil Skoda jetzt eigentlich VW ist, bietet sich: Die Deutschen machen alles mit sehr viel Liebe... aber vielleicht zu wenig Liebe?
oder
Der Aetna ist ein sehr tätiger Vulkan. Erst im letzten Jahr hatte er eine Erektion... ;-)
oder
Beim Roten Kreuz widmen sich die Männer und Frauen der Liebe. Einige tun es umsonst, andere werden dafür bezahlt.
oder
Dort, wo jetzt Ruinen ragen, standen einst stolze Burgfräuleins und warteten auf die ausgezogenen Ritter.
oder
Meine Tante schenkte mir eine Sparbüchse. Sie war ein Schwein. Sie hatte zwei Schlitze. Hinten einen für das Papier, vorne für das Harte...

Uiiiiiiiiiiiii. Tschuldigung!
Aber was kann ich schon dafür, dass Robin so schlau ist, mich zum Lachen zu bringen, um vom Wesentlichen abzulenken? Hmmm? Dabei hatte ich doch tatsächlich vor, kräftig abzulästern!

So z.B.:

Ein Français de tout temps
studiert mit Melancholie
Vaches sans arrêt in der Normandie.
Hat er genug, findet's ein Scheiss
fährt so ein Français ganz arrogant
zum "Fluchen" in das Nachbarsland.

:p das war für die Verwahrung, Pilou!

Robinchen, dich verschone ich, weil du Geburtstag hattest und weil ich dir versprochen habe, nicht mehr zu "dichten" *loooool*.
Und das Klaviertrio hatte nichts mit Schmelzminderung zu tun! Ich bin ein Ego und sechs Streicher sind mir zu viel! Ausserdem will ich die Hände sehen. Immer und zuerst *looool*. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass bei dem Ravinia-Trio das Klavier von einer Frau gespielt wird, die Violine und das Violoncello dagegen von Männern - umgekehrt wäre es mir lieber gewesen, aber alles kann ich halt auch nicht haben. Und die "Verklärte Nacht" ist eben auch noch (war sogar zuerst!) ein Gedicht von Dehmel. Kennst du es?

Bei den Weisheitszähnen habe ich mich aber ganz schön erschrocken. Arme Herzogin! Liebe Grüsse und sei ganz besonders lieb mir ihr.
Weisst du was ganz schlimm ist? Es kommt alles wieder aus der Vergangenheit zurück. Bevor wir damals im schwarzen Loch landeten, begann auch Gerd an deinem "Roman" zu schreiben. Er erzählte von einem Arzt - gerade, als mir empfohlen wurde, mir den dritten Weisheitszahn auch noch ziehen zu lassen. Da wollte ich mich in der Roman auch "einbringen" und schwupp... Jetzt ist die Weisheit weg (Einen hab ich noch...), nur das Gedächtnis für skurrile Details und die Wehmut blieb. Ich wünsche mir eine Fortsetzung... bitti bitti bitti...

Aber ich habe noch etwas mehr I-net Futter im Köcher *lol*

Frau am Steuer

Da war ich doch gestern friedlich auf der A2 unterwegs: links von mir fuhr eine Frau einen brandneuen BMW mit über 130 km/h. Ihr Gesicht ganz nah am Spiegel, pinselte sie ihre Augenlider.
Einen Moment sah ich weg; als ich wieder hinsah, war sie schon halb in meiner Spur, noch immer mit ihrem Make-up beschäftigt.
Obwohl ein männlicher Typ, erschrak ich so, dass mir mein Elektrorasierer aus der Hand flog, der mir mein Sandwich aus der anderen Hand schlug. Beim Versuch, den Wagen mit den Knien wieder in die Spur zu bringen, fiel mir das Handy vom Ohr direkt in den heissen Kaffee zwischen meinen Beinen. Der schwappte heraus, verbrannte mir meine edelsten Teile, ruinierte mein Handy und unterbrach ein wichtiges Gespräch. Die Kippe im Mund konnte ich gerade noch festhalten!

Oh Mann, ich hasse Frauen am Steuer...

Wenn das jetzt kein Beitrag zur Toleranz ist, dann weiss ich auch nicht mehr weiter :p

Allen einen wunderschönen Tag!

:clown3:

Einen hab ich noch:

Auf dem Standesamt geht es sehr feierlich zu. Während ein älterer Mann im Hintergrund leise orgelte, vollzog der Standesbeamte an meiner Schwester die Ehe...

Ach ja, noch was: Hättest du das alles eher gewusst, hättest du den Schrebergarten aufgegeben? Doch nie im Leben, oder doch?
Wo sonst kann man besser dem Wahn frönen (schreibt man das mit oder ohne "h"?) und gleichzeitig Toleranz üben? Ausser da natürlich... Jaaaaaaa, ich weiss, jetzt kommt dann wieder das "alles Oprah..." Tja!
 
Hallo, Celine!


Ist schon OK.

Nur so viel: ich bin alles andere als eine Hinter - dem - Rücken - Rederin.

Ich wollte Dir nur einen Text zukommen lassen - dafür war der pn Speicher viel zu klein.

Alles Gute

Marianne
 
Mit dem PN-off habe ich mir wohl ein Eigengoal gleich in mehrere Tore geschossen. Dann halt! Das Verstehen ist immer ein Miss ;) und ich lösche nie, auch das Ausgelöschte nicht *looool*.

____


Deine Inkubationszeit, liebe Liebe, dauert lang. Den ganzen Winter tragen wir dich wie ein Virus in uns herum. In der Regel brichst du also im Frühling aus. Das ist die Zeit der beschleunigten Prozesse: im Frühling hört man das Gras wachsen und die Nachtigall trapsen, der Lenz treibt das Gewächs aus dem Boden, Mandelbäume blühen und Bärlauch verbreitet pestilenzialischen Geruch. Und erst der Geist! Was richtest du mit ihm an? Unsere Fantasie erblüht ja nicht nur, sie galoppiert wie ein junges Fohlen beim ersten Trab. Aber bist du nicht auch eine Zerstörerin? Folgt auf die Entladung unseres triebhaften Ueberschusses nicht die Trauer und Leere? Du bist schön und gefährlich. Du bist, wie Rilke sagt, der Anfang des Schrecklichen.
Deine Schwestern heissen Eifersucht, Abhängigkeit, Obsession und Possession. Du trägst also, liebe Liebe, den Herbst bereits in dir...

Auf das, dass du uns nicht verlässt :sekt:

(Der Autor /?/ möge mir verzeihen, habe es nur aus dem Gedächtis wiedergegeben...)

Allen eine frühlingshafte Woche...

:clown3:
 
Hallo und gute Nacht!

Ja genau - es ist wiedermal Nachtdienstzeit. Wer jetzt mit dem Auto durch die Nacht fährt und sendersuchend auf klassische Musik stößt, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit gerade von MIR beliefert. Kommischer Gedanke.

Komisches Gedicht?

Auf Straßen, glatt wie Babys Po
fahr wie auf Schienen ich
ins Nirgendwo.

Tja, so fühlt man sich eben, wenn man um um 24h Dienstbeginn hat *jammer*, *selbstbemitleid*

Céline, was hast du denn für ein komisches Gedächtnis? Behälst darin den ellenlangen Text, nicht aber den Autor. Würde mich aber direkt interessieren, von wem das ist.
Ein milder Spötter? Unverbesserlicher Melancholiker? Oder schon ein wenn auch noch jugendfrischer Pessimist?

Eine Fortsetzung kann ich nicht bringen - vorbei ist vorbei. Aber ein Gedicht hab ich noch:

Ich bin ein oller Soft-Poet
dicht' weichgespült von früh bis spät.
Ich würd mal gern was Hartes dichten
mit scharfen Versen Menschen richten.
Oder auch mit fiesen Reimen
Zeitgenossen mächtig leimen.
Ich würd mal gern voll ätzend sein
kratzbürstig und verletzend sein
Rein dichterich die Sau rauslassen
Im Takt der Verse richtig hassen!

Doch bin ich nur ein Soft-Poet,
verflixt, verhext und zugenäht;
denn wär ich kein so'n Süßholzreiber,
kriegt ich vielleicht ein paar mehr Weiber...

Träumt süß...!
 
Da du jetzt sowieso schläfst, :schlaf2: schicke ich dir nur ein paar Bildchen zum Text in deine Träume *looooool* (überall mitmischen will!)


:tuscheln: die Reihenfolge ist natürlich gewollt:

:trost:

:dontknow: *looool* :nein: frag nicht immer so impertinent :lachen:

:schmollen :weinen1: dann halt!

:haare: Vielweiberei ist doch verboten! Schäm dich! So wird das nichts mit der Toleranz ;)

Einen schönen Tag und bis dann...
 
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Denkforum-Blues zu früher Stunde Teil I

Aus dem Tagebuch eines Triebgeplagten, dem die Toleranz je älter desto lieber 'je nachdem' gelingt und überhaupt...

Früher hatte ich diese melancholische Grundhaltung und
-stimmung mit leichtem Hang zu Herbstdepression. Den Rest des Jahres war alles klar: keine sehr euphorischen Glücksmomente, eher eine stoische Unerschütterlichkeit, die auch gegen Unglücksmomente abschirmte; Kontinuität der das Leben bestimmenden Grundstimmung.
Kurz vor der statistischen Mitte meines Lebens beunruhigen mich sowohl positive wie negative Erregungen meiner Seele und lenken vom Wesentlichen, der Seelenruhe ab.

Heute z.B.: Ich erwache kurz vor fünf Uhr morgens - das geschieht sonst nie grundlos. Ist es die Vorahnung des Sonnenaufgangs... möchte ich die ersten sanften Sonnenstrahlen des Frühlings mal bewusst erleben, statt von ihnen wachgekitzelt zu werden? Ist es das Vogelgezwitscher gepaart mit meinen erwachenden Trieben?
Die Natur treibt und blüht, das Wetter macht uns glücklich, Frühlingssonne macht beschwingter und sehnsüchtiger, eine Überdosis Hormone sprudelt im Blut, Endorphine, Noradrenaline und Serotonine aktivieren den Körper, wir strotzen vor Tatendrang - sogar ich.
Was die im Übermass produzierten Testosteron und Östrogen verursachen, wissen alle. Es wird noch mehr begehrt, geflirtet und der Sehnerv erreicht die höchste Empfindlichkeit.

Der Wald duftet nach Nadeln und Harz...

Ein friedliches Bild: Glücklichsein und Zufriedenheit in Erwartung von Liebe und Entspannung...

Vonwegen! Nein. Es war wohl so etwas wie ein Alarmpfiff, ein Weckruf. Was ich meine? Nein. Nicht die Kinder, die schlafen noch friedlich. Vielleicht gehören sie zu den Frühjahrsmüden, wäre mir durchaus recht. Es ist unser Nachbar, ein gottesfürchtiger Hobbygärtner. Eine bestialische Kombination.
Sonne geniessen, faulenzen etc., ist da nicht drin. Dafür bleibt ihm keine Zeit. Aber auch ihn plagen die Triebe. Schliesslich will er sich ja nicht vor den zufällig Vorbeigehenden blamieren.
Schon längst hat er Gartenhandschuhe, die Schaufel, der Rechen und die Kettensäge aus dem Keller geholt und macht sich gerade jetzt mit der Säge daran, die wilden Triebe seiner Bäume und Sträucher - und auch meine - zu bekämpfen.
Der langsam aus Winterschlaf erwachende Garten wird mit Höllenlärm in anständige Formen und Strukturen gepresst - erbarmungslos!
Nicht vergessen: ich spreche von der 'Tages'zeit zwischen vier und sechs Uhr morgens. Er glaubt sich im Recht. Wir sind nicht verheiratet, wir haben Kinder, unser Garten ist ein wuchernder Chaos. Kurz: wir sind Asoziale! Aber ein wenig Verständis für meine Bedürfnisse, ein bisschen Toleranz oder wenigstens etwas Rücksicht auf die Kinder... Nichts!
Ich wünsche dem Gottesfürchtigen heimlich lähmende Frühjahrmüdigkeit bis tief in den Winter hinein, vergebens.
Der Dame ist die Lust auf göttliche Liebe bei der Arrhythmie des Lärms vergangen und die Kinder treibt es auch bereits aus den Betten. Sie retten mich wenigstens vor der Frage: 'Wie wär's mit Joggen?' - So viel Tatendrang verspüre ich dann doch nicht und schliesslich lief mein Kreislauf heute schon mal auf Hochtouren. -
Die Kinder werden also mit je einer Stulle in der Hand links und rechts von mir im Bett drapiert und wir werden unserem Schicksal überlassen. Die sonst sanften Bewegungen des Wasserbettes verwandeln sich im Nu in die eines Toboggans auf der schlimmsten Naturpiste in der Geschichte des Rodelns. Mein Nachwuchs schmiert mir liebevoll Confiture ins Gesicht und lässt mich grosszügig vom feuchten Brot abbeissen... ob ich will oder nicht. Ich wette, es sind auch Triebe, die meine Tochter zwingen, mir Butter auf die nackte Brust zu streichen. Es lässt mich zwar auch nicht ganz kalt, aber die Wirkung kann man nur schwer vergleichen. 'Raus hier! Hopp, trollt Euch aus meinem Bett!' Ein kleines Glück, keine Seelenruhe, die Triebe und zwei beleidigte Kinder...

Nur der Gärtner nebenan sägt seelenruhig weiter.

Später, beim 'zweiten' Frühstück unterhalten wir uns darüber und über den Garten, die Kettensäge, versuchen unsere Zeitungen zu lesen und lachen über die Forderung hier im Forum, 'Kinder an die Macht'. Wo denn? Unsere haben sie schon längst übernommen. Intuitiv haben sie sich die besten Wurststücke und Käsestücke gekrallt, zerkaut und bestimmt wieder irgendwo rausgespuckt, versteckt oder vergraben, die Milch stehen gelassen, dafür meinen Lieblingstee ausgetrunken - morgen fülle ich die Schnabeltassen damit, so bleibt er mir erhalten! - und kleben jetzt am Fenster fest. Einerseits, weil ihnen die Confiture noch niemand von den Händen abgewaschen hat, andererseits, weil ihnen der Gottesfürchtige über die unanständig gekürzte Hecke zuwinkt. Heuchler! Ich kann seine Gedanken lesen: 'Faules Pack! Aus dem verwilderten Garten werden wieder ganze Schneckenstämme zu mir rüber wandern...' Na, hoffentlich!

Den Gedanken an die Fortpflanzung ohne Folgen habe ich für den Moment aufgegeben, den Willen, meine Vermutungen über ein Denkforum-Thema auf eine 'wissenschaftliche' Basis zu stellen, noch nicht...

Fortsetzung folgt, muss jetzt die lärmfreie Zeit nutzen... ;)
 
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