Ochlokratie und Demokratie mögen oberflächlich gleich sein, denn in beiden kann "eine Mehrheit" des Volkes "das Sagen" haben.
Der kleine, aber feine Unterschied ist der, dass es in einer funktionierenden Demokratie mehrere Kontrollmechanismen gibt, um
Missbrauch zu verhindern und Stabilität und Gerechtigkeit zu gewährleisten.
Wenn ein ganzes wütendes Dorf einen Kriminellen lynchen will, dann mag das auch demokratisch anmuten, denn das Volk hat das Sagen und
das Volk entschied sich für das Lynchen. Und dennoch wäre so ein Szenario keine Demokratie sondern vielmehr Ochlokratie, wenn
nicht sogar Anarchie.
Aber, auch wenn sich 5 Millionen wütende Bürger vor dem Parlament oder vor dem Gericht versammeln und etwas lautstark verlangen, müssen
die Politiker oder Richter jenen "Volkswunsch" mitnichten erfüllen - auch wenn dies 5 Millionen wohl der Mehrheit wären.
Denn, der Punkt dabei ist, das menschliche Verhalten in einer Masse kann aus verschiedenen Gründen schnell sehr unmenschlich werden. Und dafür braucht es Mechanismen, die, wenn auch nicht per se hierarchisch darüber stehend, zu einer Reflexion der Volkswünsche führt bevor sie ggf umgesetzt würden.
Die Protestler draußen und Belair hier wollen ihre Ochlokratie durchsetzen. Ihre unreflektierten Gelüste müssen umgesetzt und ihre unkontrollierten Ängste besänftigt werden. Und wenn der Staat nicht spurt, wird ihm Faschismus oder welche Worte ihnen auch immer einfallen mögen, vorgeworfen. Dass aber der Staat seine Rechtsstaatlichkeit gerade dadurch unter Beweis stellt, nicht ihren primitiven Schreien instantan zu folgen, sind sie nicht fähig zu begreifen. Ihr Zugang ist "Demokratie ist, wenn passiert, was wir fordern.". Primitiv.