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In memoriam Heinrich Heine (13.12.1797-17.02.1856)

Liebe deutschsprechende Freunde!

Grüß Gott! Ich bin neu bei Euch und ich freue mich riesig, gerade in diesem Heine-Thema Euch zum ersten Mal kennenzulernen. Verzeiht mir, bitte, meine Fehler: ich lerne Deutsch - die Sprache, die ich liebe (es war die Liebe auf den ersten Blick!). Sie ist schwer zu lernen (erlaubt mir, bitte, meinen lieben Mark Twain zu zitieren: "Never knew before what eternity was made for. It is to give some of us a chance to learn German."). Und ich habe jetzt die Chance, die wunderschöne Poesie von Heine zu verstehen!

Ich besuche nicht gern die Friedhöfe. Aber es ist was anderes mit den geliebten Dichtern, Malern, Komponisten... Ein Besuch zu ihrer letzten Ruhestätte ist für mich einzige konkrete Huldigung, da ich unfähig bin, sie durch ein - nicht mal bescheidenes - Kunstwerk auszudrücken - ich habe eben kein Talent!

Da es am 17.Februar 2006 der 150.Todestag von meinem geliebten Heinrich Heine ist, habe ich schon die Blumen zu seinem Grab am Pariser Friedhof von Montmartre getragen. Es standen dort schon viele Blumen. Das Grab ist mit der Büste des schönen Dichters geziert und da steht auch seine im Marmor geschriebene wunderschöne Poesie:

Wo wird einst des Wandermüden
letzte Ruhestätte sein?...

Und noch etwas hat mich tief berührt. Hinter den Blumen stand ein nicht zugeklebter Briefumschlag; nach kurzem Zögern habe ich's mir erlaubt, darin zu schauen. Es war ein sehr schöner Text von einem anonymen Deutschen, betitelt: Die beseligende Harzreise eines Dilettanten im Jahre 1999. Eine wunderschöne Huldigung!

Vielleich befindet sich der anonyme Autor unter Euch, meine lieben deutschen Freunde? Ich wäre so glücklich, eine Nachricht von ihm zu bekommen...

Bei meiner Rückkehr zum Friedhofstor habe ich drei älteren deutschen Damen getroffen. Da sie verloren schienen, habe ich sie gefragt, ob ich ihnen behilflich sein kann. "Ach, lieber Herr, wissen Sie bitte wo die Kameliendame ist?".

Jedem seine Huldigung...

Seid alle herzlichst gegrüßt
von Eurem Freund beau.becir (vom Deutschen becirct...)

P.S. Ich habe eben das Heinrich-Heine-Haus in Paris angerufen. Am Freitag, 17 Februar, um 10 Uhr, wird eine Huldigung am Heines Grab stattfinden (Friedhof von Montmartre, U-Bahn: Place Clichy).
 
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Welch schönes Kennenlernen, lieber beau.becir!

Vermittelt durch Henri Heine, konnte nichts daneben gehn. Sei uns willkommen - ausserdem: dein Deutsch ist ja wunderschön.

Auf viele Disskussionen hier im wunderbaren Denkforum.

Salutations cordiales et amitiés :blume1:

Miriam
 
Ich finde es nett,beau.becir, dass Du Dich gleich mit einem persönlichen Erlebnis - wenn auch , wie wir alle, mit dem toten Heine hier einschaltest.

Ich kenne nicht den Ort, an dem seine syphilitischen Knochen vermodern oder schon vermodert sind - traue mich aber zu wetten, dass er eine Menge Spaß über diese Pilgerzüge zu "Heinen" zu Papier gebracht hätte.

Grüß Dich - Servus

Marianne, eine begeisterte Heineleserin
 
Marianne schrieb:
an dem seine syphilitischen Knochen vermodern oder schon vermodert sind

Heinrich Heine ist mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht an Syphilis gestorben, sondern an einer Bleivergiftung:

Am Ende des Heinejahres 1996 präsentierten Rechtsmediziner der Universitäten Düsseldorf und Göttingen eine überraschende These über den Tod des Dichters. Sie haben kaum Zweifel daran, daß Heinrich Heine an einer Bleivergiftung starb. Möglicherweise wurde er sogar ermordet.


Weiter:

Mit Hilfe modernster Technik, der sogenannten Totalreflexions- und Röntgenfluoreszenz, habe er die Haare untersucht, berichtete Dr. med. Dr. rer. nat. Harald Kijewski, Arzt und Diplomchemiker am Institut für Rechtsmedizin der Universität Göttingen, in Düsseldorf vor Journalisten. Dabei machte er eine überraschende Entdeckung: Die Analysen ergaben nämlich keinerlei Hinweise auf Quecksilber. "Wir haben statt dessen erhebliche Spuren von Blei gefunden." Es fanden sich zwischen 192 und 244 Mikrogramm Blei pro Gramm Haar. Verglichen mit Normwerten (etwa 1,8 Mikrogramm Blei pro Gramm Haar), könne dies als Indiz für eine Bleivergiftung angesehen werden. Damit sei es zwar keineswegs widerlegt, daß Heine dennoch an Syphilis erkrankt war, da die Quecksilbertherapie nicht obligat war, räumte der Rechtsmediziner ein. Es spreche jedoch einiges dafür, daß Heine an einer Bleivergiftung gestorben sei.

Aus dem Archiv des Deutschen Ärzteblattes


Klinkhammer, Gisela
Heinrich Heines Tod: Ein Winterkrimi
Deutsches Ärzteblatt 95, Ausgabe 1-2 vom 05.01.1998, Seite A-47 / B-43 /

Also: vielleicht doch an Syphilis erkrankt, doch an einer Bleivergiftung gestorben.
 
Für den lieben Beau - für uns alle

Die Masse aber, das Volk, liebt nicht den Spott.Das Volk, wie das genie, wie der Wald, wie das Meer , ist von ernsthafter Natur. Es ist abgeneigt jedem boshaften Salonwitz, und große Erscheinungen erklärt es in tiefsinniger mystischer Weise.Alle seine Auslegungen tragen einen poetischen, wunderbaren, legendenhaften Charakter. .... Die philosophische Virtuosität des Herren Cousin*
sucht das Volk in ähnlicher Weise zu erklären, und man erzählt, dass einst die deutschen Regierungen unseren großen Ekletiker für einen großen Freiheitshelden angesehen und festgesetzt haben, dass er im Gefängnis kein anderes Buch außer Kants " Kritik der reinen Vernunft"zu lesen bekommen und dass er aus Langeweile beständig darin studiert und dass er dadurch jene Virtuosität in der deutschen Philosophie erlangte, die ihm späterhin in Paris so viele Applaudissements erwarb, als er die schwierigsten Passagen derselben öffentlich vortrug.
Heine,"Die romantische Schule", aao S.232 f

*Victor Cousin (* 28. November 1792 in Paris; † 13. Januar 1867 in Cannes) war ein französischer Philosoph und Kulturtheoretiker.)


Das ist Heine, das ist Information und Spott und Sprachkunst.


Grüße Euch allen

Marianne
 
btw,
in der fünften Klasse wurde ich konfrontiert mit der Tatsache, daß es „große Dichter der Nation“ gab.

Über Geothe, Schiller und Heine mußten wir zwei Heftseiten „Merkstoff“ auswendig lernen, die ich sehr lückenhaft heute noch zusammenbringe:
.... „(Heine) litt 8 Jahre an der unheilbaren Krankeit Rückenmarkschwindsucht bevor er 1856 in Paris starb“

Dieser Begriff „Rückenmarksschwindsucht“ hat mich lange verfolgt und ich habe mich später näher erkundigt.
Damit ist eindeutig die Syphilis (auch Lustseuche oder Franzosenkrankheit genannt) gemeint.
Der von Zeitzeugen Heines geschilderte Krankheitsverlauf deutet auf diese Erkrankung hin.

Claus

ps
ich stehe mehr auf Schiller :)
 
Mir tut es geradezu Leid, dass ich, um ein geistvolles Wortspiel zu starten, die unselige Franzosenkrankheit Heines aufs Tapet gebracht habe.
Mozart hatte diese Krankheit auch - aller Wahrscheinlichkeit nach - und trotzdem wird seine Musik gefeiert.
Könnten wir es hier nicht auch bei den Sprachkunstwerken Heines so halten?

ziemlich erbost

Marianne
 
Marianne, die Geister die du riefst.....

aber lassen wir es gut sein. Jedenfalls die ganz spezifischen Knochenverändrungen,die die syphilis hervorruft (habe mich inzwischen schlau gemacht und will das auch noch los werden :) ) sollten bei der Untersuchung von Heines sterblichen überresten unzweifelhaft Klarheit gebracht haben.....

und nun weiter mit der Lyrik !
 
Das Volk! Das arbeitende Volk sollte Heine "Danke!" sagen. "Die schlesischen Weber": das ist das Beste, der absolute chef d'oeuvre, das beste revolutionäre Gedicht, das je gedichtet wurde. Ich war damit mehr beindruckt als durch die La Marseillaise und L'Internationale:
Zitat:
-----------------------------------
Im düstern Auge keine Träne
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten;
Wir haben vergebens gehofft und geharrt -
Er hat uns geäfft, gefoppt und genarrt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen
Der den letzten Groschen von uns erpreßt
Und uns wie Hunde erschiessen läßt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt -
Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht -
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch,
Wir weben, wir weben!
-------------------------
Sogar in die anderen Sprachen übersetzt, ist das Gedicht magnifique (verzeiht mir, mir fehlt das deutsche Wort!). Lest mal nur die zweite Strophe - in Französisch:
-------------------------
Zitat:
Maudit soit le Dieu que nous avons prié,
Il nous a trahi, trompé, berné;
Nous avons espéré en vain, attendu en vain,
Durant le froid de l'hiver, le besoin, la faim -
Nous tissons, nous tissons!
-------------------------
oder in Englisch:
-------------------------
Zitat:
A curse to the God, whom we used to pray
In the cold of winter, every hungry day;
We hoped in vain, we waited in vain,
He has mocked us, fooled us in our pain –
We are weaving, we are weaving!

Dadurch bin ich gottlos geworden!

Ich grüße Euch alle freundlichst.
Euer beau.becir

P.S. Beide Übersetzungen sind von Joseph Massaad.
 
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Willkommen Becir, aber gell, Becír kommt nicht vom "becirct/bezirzt", das kommt irgendwo aus dem Osten, nicht wahr?

Lasst mich doch, bitti, bitti noch ein wenig entsetzt sein! Franzosenkrankheit???
Soll ich euch die Liebe kündigen?

Warum einigen wir uns nicht an Zivilis? So können die einen das und die anderen die Ehe oder den Erfolg oder was auch immer meinen. Es ist eh egal, an etwas müssen wir alle mal sterben...

Immerhin haben wir einen schönen (typischen) Text zu lesen bekommen und noch eine informative wissenschaftliche Abhandlung, die Geneigte auch spekulieren lässt.

Ach, meine Familie hätte heute endlich mal Freude an mir, dass ich soooo diplomatisch bin.

Einen schönen Abend allen

:clown3:
 
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