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In memoriam Heinrich Heine (13.12.1797-17.02.1856)

AW: In memoriam Heinrich Heine (13.12.1797-17.02.1856)

Heinrich Heine war auch ein eifriger Briefeschreiber - und auch dort nahm er sich, seine Zeitgenossen und -umstände gelegentlich nicht so furchtbar Ernst.

Ein paar Beispiele:

“Alles was deutsch ist, ist mir zuwider; und Du bist leider ein Deutscher. Alles Deutsche wirkt auf mich wie ein Brechpulver.” (an C. Sethe, 14. April 1822)

“Ich hätte es nie bey den Musen so weit gebracht, wenn sie keine Frauenzimmer wären.” (an M. Moser, 25. Juni 1824)

“Wenn ich gut haushalte, kann ich mein ganzes Leben lang meine Gedichte mit Harzbäumen ausstaffiren.- (an R. Christiani, 26. Mai 1825)

“Vor Kurzem habe ich auch den Kohlhaas von Heinr. v. Kleist gelesen, bin voller Bewunderung für den Verfasser, kann nicht genug bedauern daß er sich todt geschossen, kann aber sehr gut begreifen warum er es gethan.” (an M. Moser, 19. Dezember 1825)

“Die Welt ist dumm und fade und unerquicklich und riecht nach vertrockneten Veilchen. -
... außerdem bin ich fest überzeugt, daß die Esel, wenn sie unter sich sind und sich ausschimpfen wollen, so schimpfen sie sich >>Mensch<<.
Aergert dich dein Auge so reiß es aus, ärgert dich deine Hand so hau sie ab, ärgert dich deine Zunge so schneide sie ab, ärgert dich deine Vernunft so werde katholisch.” (an Varnhagen von Ense, 19. Oktober 1827)

“Wenn man Stricke schreiben könnte, so hinge er längst.” (an H. Laube 23. November 1835, gemeint ist der Kritiker Menzel)

“Meine Krämpfe haben nicht aufgehört , sondern sie haben ... auf mein Rückgrat übergegriffen und sind bis zum Gehirn gestiegen, so sie vielleicht einen größeren Schaden angerichtet haben als ich es selbst feststellen kann. Religiöse Gedanken entstehen ... “ (an C. Jaubert, 19. September 1848)

“... er sagte, Deutschland stünde an einem Abgrund - nun da ist es gut, daß Deutschland kein wildes Roß ist, sondern ein gescheutes Langohr, dem es vor dem Abgrund nicht schwindelt u. an dem Rand desselben ruhig hinwandeln kann.” (an G. Weerth, 5. November 1851)

“... jetzt erlaube ich mir Ihnen wissen zu lassen, daß ich noch nicht gestorben bin, obgleich mein Zustand nicht eben den Namen Leben verdient.” (an J. de Rothschild, 15. Januar 1852)

“... in Bezug auf Dummheit giebt es keine Rheingrenze mehr. ... Ich sterbe verflucht langsam, aber ich fühle doch den täglichen Grabesfortschritt.” (an G. Kolb, 13. Februar 1852)
 
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AW: In memoriam Heinrich Heine (13.12.1797-17.02.1856)

Auch wenn ich so etwas nicht sehr mag, zitiere ich mich nun doch selber - denn diese Episode aus Heinrich Heines Leben schrieb ich im Thread "Klassiker":

Zitat:

" Noch mehr liebe ich ihn (Anmerkung: die Rede ist von Heine) seit ich gelesen habe, dass er anlässlich seines legendären Besuches bei Goethen und auf dessen Frage an was er gerade arbeiten würde, anscheinend antwortete: "An einem Doktor Faust".

Vielleicht hat ihm Goethe diese vermeintliche(?) Impertinenz nie verziehen - denn Heine ist in seinem Tagebuch und auch sonst in seinem Werk nur mit genau drei Worten erwähnt:
"Heine von Göttingen" heisst es am 2.Oktober 1825. Heine hingegen schreibt hunderte von Seiten über Goethe

Doch einen Doktor Faust hat Heine tatsächlich geschrieben:

http://www.heinrich-heine.net/faustd.htm

Diesen Faust hat er aber 26 Jahre nach seinem Besuch bei Goethe verfasst."

Liebe Grüße

Miriam
 
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AW: In memoriam Heinrich Heine (13.12.1797-17.02.1856)

Heinrich Heine: Die Wanderratten
Es gibt zwei Sorten Ratten:
Die hungrigen und satten.
Die satten bleiben vergnügt zu Haus,
Die hungrigen aber wandern aus.

Sie wandern viel tausend Meilen,
Ganz ohne Rasten und Weilen,
Gradaus in ihrem grimmigen Lauf,
Nicht Wind noch Wetter hält sie auf.

Sie klimmen wohl über die Höhen,
Sie schwimmen wohl durch die Seen;
Gar manche ersäuft oder bricht das Genick,
Die lebenden lassen die toten zurück.

Es haben diese Käuze
Gar fürchterliche Schnäuze;
Sie tragen die Köpfe geschoren egal,
Ganz radikal, ganz rattenkahl.

Die radikale Rotte
Weiß nichts von einem Gotte.
Sie lassen nicht taufen ihre Brut,
Die Weiber sind Gemeindegut.

Der sinnliche Rattenhaufen,
Er will nur fressen und saufen,
Er denkt nicht, während er säuft und frißt,
Daß unsre Seele unsterblich ist.

So eine wilde Ratze,
Die fürchtet nicht Hölle, nicht Katze;
Sie hat kein Gut, sie hat kein Geld
Und wünscht aufs neue zu teilen die Welt.

Die Wanderratten, o wehe!
Sie sind schon in der Nähe.
Sie rücken heran, ich höre schon
Ihr Pfeifen - die Zahl ist Legion.
O wehe! wir sind verloren,
Sie sind schon vor den Toren!
Der Bürgermeister und Senat,
Sie schütteln die Köpfe, und keiner weiß Rat.

Die Bürgerschaft greift zu den Waffen,
Die Glocken läuten die Pfaffen.
Gefährdet ist das Palladium
Des sittlichen Staats, das Eigentum.

Nicht Glockengeläute, nicht Pfaffengebete,
Nicht hochwohlweise Senatsdekrete,
Auch nicht Kanonen, viel Hundertpfünder,
Sie helfen Euch heute, Ihr lieben Kinder!

Heut helfen Euch nicht die Wortgespinste
Der abgelebten Redekünste.
Man fängt nicht Ratten mit Syllogismen,
Sie springen über die feinsten Sophismen.

Im hungrigen Magen Eingang finden
Nur Suppenlogik mit Knödelgründen,
Nur Argumente von Rinderbraten,
Begleitet mit Göttinger Wurst-Zitaten.

Ein schweigender Stockfisch, in Butter gesotten,
Behaget den radikalen Rotten
Viel besser als ein Mirabeau
Und alle Redner seit Cicero.
 
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