AW: Hilfe gesucht!
Hallo Salem!
Vorweg: Heute las ich ein Interview mit Marika Lichter, einer ca. 58-jährigen österreichischen Schlagersängerin, die durch die ORF-Sendung "Dancing Stars" ihre Popularität auffrischte und dort sogar gewann. Vielleicht kennst Du sie, sie ist sehr beleibt (mit ei!), wirkt aber frisch und fröhlich und überraschte beim Tanzen trotz oder gerade wegen ihrer Figur mit ihrer Eleganz. Sie hält sich fit durch Sauna, im Winter durch Eislaufen und im Sommer - durch Joggen! Das sollte jeden Mut machen, finde ich.
Der 38-jährige Wiener Extremsportler Michael Michlits will vom 1. Jänner bis 31. Dezember 2007 um die ganze Welt laufen: 25.000 km! (
http://wien.orf.at/stories/128122/ )
Der soll aber nicht als Beispiel dienen!
Ich glaube, wenn ich meine Zusammenstellung durchgehe, sind Deine zuletzt gestellten Fragen auch dabei.
1. Voraussetzungen: Gesundheitscheck, Ausrüstung
Bei den Schuhen sollte man bei einem Preis unter 100 € vorsichtig sein, ob es nicht ein Risiko ist. Qualität hat seinen Preis, das gilt auch hier besonders. Asphalt vermeide ich trotz guten Schuhen mit Dämpfwirkung, ich bevorzuge ausschließlich den Wald, Parks und Feldwege.
2. Konsequenz ist unabdingbar: Einen kleinen, aber fixen Platz in der Lebensgestaltung einplanen! Über das Laufen mit Partnern/in Vereinen.
Meine Tochter (Studentin) will schon seit 2003 einige Male gemeinsam mit mir ernsthaft mit dem Laufen beginnen, besonders in den Ferien, aber sie schafft es nicht für eine längere Zeit. Immer kommt etwas Anderes dazwischen.
Es müssen keine bestimmten Tage in der Woche sein, wenn das nicht möglich ist, aber zwei oder noch besser drei Tage muss man irgendwie einplanen oder möglichst nachholen, wenn man verhindert ist. Meine Frau schüttelt heute noch den Kopf, manchmal auch vorwurfsvoll, wie ich meist eine Möglichkeit suche, einen versäumten Tag nachzuholen...
Man muss ständig das Laufen suchen und nicht darauf warten, ob ein Termin frei ist, wenn man wirklich konsequent sein will!
Das Laufen mit Partnern oder in Gruppen wäre auf jeden Fall motivierend und bereichernd, aber auf die Dauer kaum realisierbar, meine ich. Ich habe es früher versucht, aber aus nahe liegenden Gründen wurde daraus nichts Beständiges - gibt es doch schon solo oft terminliche Probleme, Wettereinflüsse "pfuschen" dazwischen usw.. Das funktioniert mMn in Gruppen zu einem bestimmten Termin höchstens als Ergänzung, aber grundsätzlich geht es nur alleine oder vielleicht mit Partnern innerhalb der Familie (bei mir allerdings nicht).
3. Wie habe ich mit dem Laufen (März 1977) begonnen und was liest man heute über den Beginn?
Experten empfehlen anfangs das Laufen in Intervallen: Laufen, Gehen, Laufen, Gehen.
Die Intervallzeit wird verschieden angegeben, ist aber sicher nicht so wichtig, das sollte jeder für sich selber entscheiden.
Ich habe es 1977 damals ohne Anleitung auch so ähnlich gemacht, weil sich das ja sowieso irgendwie automatisch ergibt, finde ich. Man soll sich nicht so sehr verausgaben, wird immer wieder gewarnt. Aber ich finde, bei einem gesunden Menschen ist da kaum Gefahr gegeben, wenn man halbwegs auf seinen Körper horcht, der sich ja ohnehin deutlich meldet und wenn man nicht so lange rennt, bis man umfällt. So ähnlich hat das auch ein Sportmediziner (Uni Innsbruck) formuliert, auf den ich noch zu sprechen kommen werde, weil dieser Mann für mich ganz revolutionäre - und weil so natürliche - Feststellungen trifft, die vielen gängigen Theorien widersprechen.
Meine Teilstrecken wurden Woche für Woche länger, immer wieder kehrte ich dann aber um und lief zurück. Nach ca. 8 Wochen, glaube ich, lief ich im Wald bei meiner Laufstrecke eine ganze Runde (ca. 10 km), allerdings mit Gehen dazwischen. Nach ein paar weiteren Monaten (so genau weiß ich es nicht mehr, vielleicht um die 8 Monate?) schaffte ich es dann, die ganze Runde durchzulaufen.
Was mich in der Eintönigkeit ablenkte und mich anspornte (außer das Laufen in der wunderschönen Natur): Ich habe mir immer wieder Ziele gesteckt (das mache ich eigentlich heute nach 30 Jahren immer noch in anderer Form, wenn ich darüber nachdenke!). Ich merkte mir bei einem besonderen Baum, bei einem Baumstumpf, bei einem Querweg oder bei einem Hochstand, wie weit ich es ohne Gehen schaffte. Die Strecke wurde immer länger. Dann stoppte ich jahrelang bei verschiedenen Strecken bzw. bei Teilabschnitten davon die Zeit, was natürlich ein besonderer Ansporn war.
Ich glaube, solche Zielsetzungen sind für die Eigenmotivation sehr wichtig.
4. Wie oft soll man laufen?
Wie schon gesagt, ich versuche 2 - 3 mal in der Woche zu laufen, das genügt sicher, meine ich. Es gab und gibt noch immer Zeiten, wo ich fast täglich laufe, und da merke ich schon eine deutliche Leistungssteigerung und ein besonderes Wohlbefinden während des Laufens. Aber für die Gesundheit ist das nicht nötig, denke ich, und ich frage mich da eher, es gibt ja genug Beispiele dafür, ob es nicht auch schädlich sein könnte, wenn man zu ehrgeizig ist (Überlastung des Knies etwa, Abnützungserscheinungen bei den Gelenken u.a.). Ich würde vor übertriebenem Ehrgeiz warnen, Marathon ist deshalb nichts für mich.
5. Wie ist das wirklich mit der Pulsuhr und der Pulsfrequenz? Stimmt es tatsächlich, dass die mittlere Pulsfrequenz (so um 130, 140) ideal ist, z. B. zum Abnehmen???
Ich habe erst vor wenigen Jahren angefangen, mit der Pulsuhr meine Lauffrequenz zu messen. Jetzt tue ich es nicht mehr. Man soll ja angeblich bei einer bestimmten Pulsfrequenz besonders fit werden und den Körper beim Fettverbrennen (Abnehmen) am besten dadurch unterstützen. Diese Frequenz ist individuell verschieden, liegt bei ca. 135. Das kann man genauer eruieren, z.B. mit einer Laktatmessung.
Der Sportmediziner Dr. Moosburger von der Uni Innsbruck bezeichnet das für einen weit verbreiteten Irrtum:
"Der Mythos des “Fettverbrennungspulses“ zum Zwecke des Körperfettreduktion ist nach wie vor weit verbreitet, und daran wird sich so schnell nichts ändern, solang er nicht nur von den Medien und vielen Fitnessgurus genährt wird, sondern gelegentlich sogar von Leuten propagiert wird, die es besser wissen sollten (wie so manche Mediziner oder auch Sportwissenschaftler, sogar welche der renommierten deutschen Sporthochschule Köln). Dabei braucht es weder ein fundiertes Wissen auf dem Gebiet der Leistungsphysiologie, noch muss man die physikalischen Gesetze der Thermodynamik intus haben, um das Prinzip der Energiebilanz zu verstehen. Der Hausverstand genügt, um zu verstehen, dass einzig und allein eine negative Energiebilanz dafür ausschlaggebend ist, wenn der Körperfettanteil reduziert werden soll. Dazu braucht es kein Training mit einer bestimmten Herzfrequenz, also auch keine Pulsuhr. Will man abspecken, ist es nicht von Bedeutung, wie viel Fett man während des Trainings verbrennt, ja nicht einmal, dass man überhaupt Fett dabei verbrennt - entscheidend ist vielmehr, wie viel Fett der Körper rund um die Uhr verbrennt."
(
http://gin.uibk.ac.at/thema/sportundernaehrung/sinnundgrenzen.html )
Unter "Sport und Ernährung",
http://gin.uibk.ac.at/thema/sportundernaehrung/index.html , findet man äußerst interessante Informationen von Moosburger:
Nahrungsergänzungsmittel im Sport - facts and fallacies
Ist die tiefe Kniebeuge wirklich “schlecht für’s Knie“?
Fitnesstraining “light“ - “Sanftes“ Ausdauertraining
Abspecken: Entscheidend ist die negative Energiebilanz
Sinn und Grenzen eines pulsgesteuerten Ausdauertrainings
Interview rund um das Thema: "Abspecken"
Der tägliche Wasserbedarf
Abspecken durch Sport
Die richtige Belastungsintensität beim Ausdauertraining
Trinken im Sport
Fettverbrennung im Sport - Mythos und Wahrheit
Gesunde Ernährung
Der Energieumsatz: Energieverbrauch - Energiebedarf
Was ist dran am Dehnen (Stretching)? - Fakten und Mythen
Fitness-Sucht – wieviel Sport ist gesund?
u.v.a.m.
6. Ernährung und trinken, trinken, trinken! Aber was und wie viel?
Diese Frage wird von Moosburger ausführlichst beantwortet (s. Links oben: "Trinken im Sport" und "Gesunde Ernährung"). Ein dort angegebenes Getränk als Beispiel habe ich ausprobiert:
80 g Maltodextrin (gibt es z.B. in der Apotheke) in 1 Liter Wasser + 1 bis 2 g Salz
Ich kaufte es in einer Apotheke, aber für die Dauer war mir das viel zu teuer. Ich habe darüber mit einer jungen Ernährungswissenschaftlerin gesprochen und die meinte, dass auf ihrer ehemaligen Uni in Wien die Professoren als Sportgetränk ein Gemisch von Apfelsaft und Wasser empfohlen hätten (z.B. 1:3). Man bekommt den 100%-igen Apfelsaft in jedem Supermarkt (Orangensaft ist ungeeignet und bewirkt das Gegenteil von der schnellen Verfügbarkeit des Wassers im Körper, um das es hier geht!)
7. Nimmt man durch Laufen am besten ab? Wie steht es im Vergleich dazu mit anderen Möglichkeiten, oder präziser: mit Ergänzungen dazu?
Auch dazu verweise ich auf die Links oben: "Abspecken: Entscheidend ist die negative Energiebilanz" und "Abspecken durch Sport".
Kurz: Man kann alles essen, für das Abnehmen ist es prinzipiell unwichtig, ob du Schokolade isst oder Äpfel (von Nährstoffen und Vitaminen jetzt mal abgesehen): Das, was du isst (Kalorien), musst du aber "abarbeiten" (z.B. durch Sport). Klar ist natürlich: Eine Tafel Schokolade hat mehr Kalorien als 1 Apfel, es geht nur um das Prinzip des Abnehmens.
Unter "Abspecken durch Sport" bezeichnet Moosburger das Joggen als sehr gute Möglichkeit zum Abnehemen, allerdings nicht die allerbeste.
Eindeutig am wirkungsvollsten sind Kraftübungen. Seither forciere ich nicht nur Bauchübungen (z.B. Situps), sondern wieder mehr, wie in jungen Jahren, die Liegestütze, Kniebeugen (vgl. Link "Ist die tiefe Kniebeuge wirklich schlecht für’s Knie?"), ein bisschen und bescheiden ein paar kleine Hanteln und - das ist lt. Moosburger das Wichtigste und ich spüre und merke es an mir selber - Übungen mit der Kimmstange. Zuerst machte ich es heimlich am Küchenkasten, und als ich den Erfolg tatsächlich spürte, kaufte ich eine Klimmstange, die ich im Keller an der Wand befestigte. Von den praktischen Klimmstangen zwischen den Türstangen halte ich nicht viel.
8. Sind Dehnungsübungen wirklich so wichtig beim Laufen?
Moosburger sagt nein, das würde bei diesem Sport zumindest mehr schaden als nützen, wenn man es falsch macht ("Was ist dran am Dehnen (Stretching)? - Fakten und Mythen").
Ich habe es aber trotzdem beibehalten, weil ich gute Erfahrungen habe und ich mich lockerer fühle. Aber ich dehne nur mehr aufgewärmt, also nach dem Laufen.
9. Soll ich im Winter auch laufen? Wenn ja, auch bei minus 5 oder gar bei minus 10 Grad?
In jungen Jahren machte es mir nichts aus, da lief ich bei jedem Wetter, nur tiefer Schnee konnte mich abhalten. Sportmediziner und andere Experten empfehlen als unterste Grenze -3 Grad C.
Ich habe eine chronische Nebenhöhlenentzündung, gegen die ich momentan alles unternehme, sogar mit Hyperthermie (künstliches Fieber bis 40 Grad). Und ich weiß heute nicht, ob das mit einer Mittelohrentzündung als Kind zusammenhängt (ich hatte jahrzehntelang Ruhe, wurde aber mit 40 operiert), oder ob das mit dem extremen Laufen bei manchmal minus 10 Grad zusammenhängt. Oder beides?
Jedenfalls habe ich mir vor ein paar Jahren einen Hometrainer besorgt, mit dem ich im Winter (oder bei anhaltendem Schlechtwetter im Sommer) fleißig trainiere (30-40 Minuten). Er sollte aber im Wohnzimmer vor dem Fernsehapparat stehen, weil es Dir sonst so ergeht wie vielen meiner Freunde und Bekannten, die ihn nach kurzer Zeit kaum noch verwenden, weil er im Keller oder in einem Nebenraum steht.
Wenn ich allerdings im Frühjahr zu laufen beginne, merke ich schon einen großen Unterschied, trotz fleißigen Übens im Winter. Ich brauche etwa 2, 3 Wochen, bis ich wieder in Form beim Laufen bin.
10. Nach diesen 5 Tagen hab ich gemerkt, dass meine vorher bereits erreichten Ziele wieder weit weg waren. Also so schnell wie ich aufbaue, baue ich auch wieder ab! Ist das normal, was denkst du?
Darüber werde ich morgen nachdenken, Salem, ich habe jetzt schon viereckige Augen und geschwollene Finger.
lg
Andreas