Philosophisticus
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@EarlGrey : Nun ich denke es kommt darauf, was für einen Begriff von Dichtung und was für einen Begriff von Poesie man hat. Und es gibt glaube ich Denker die zwischen beiden unterscheiden. Hegel spricht beispiel von Poesie , während Heidegger lieber von Dichtung spricht. Wenn man das Verhältnis Technik/Kunst zunächst aufgreift, dann lässt sich am Beispiel der Musik zeigen, wie Technik und Kunst hier zusammengehen. Nehmen wir das Beispiel das Klavierspielens. Die Technik eines guten Pianisten kann einer virtuosen Kunst gleichkommen , in der Art nämlich wie er auf dem Klavier spielt. Dasselbe lässt sich auf die Klaviatur der Sprache übertragen, ein gut ausgebildeter Redner der dieser Technik beherrscht und auf dieser Klaviatur zu spielen vermag, ist im Besitz der Redekunst, er hat sein Können welches er demonstrativ vor Augen führen kann, so wie dies Gorgias getan hat mit seiner Sprachkunst (die Sophisten wurden nebenbei gesagt auch "Konzertredner" genannt). Sie zeigten ihr rhetorischen Können wie heutzutage der Pianist vor einem Publikum und zeigten damit welche Kunst bzw. welche ausgefeilte Technik sie beherrschten und worin sie es bis zur Meisterschaft gebracht haben. Ich glaube dass dieser Vergleich einleuchtend sein kann, und hieran wird erkennbar wie Technik mehr und mehr zur Kunst wird (also hier die Technik des Klavierspielens, die mehr und mehr zur virtuosen Kunst wird). Der Vergleich Musik und Rhetorik eignet sich hier wunderbar zur Veranschaulichung wie ich finden. Heidegger spricht interessanterweise nicht vom "Wesen der Rhetorik" soweit ich sehe , sondern lieber vom "Wesen der Dichtung" (man lese nur seine Hölderlin-Interpretationen). In der europäischen Tradition sind Rhetorik und Poetik seit Aristoteles zwei Künste, nämlich techne poetike (Dichtkunst) und techne rhetorike (Redekunst). Er hat beiden Künsten jeweils ein Buch gewidmet , betont aber auch ihren Zusammenhang, soweit ich mich erinnern kann. Man kann das bei Aristoteles nachlesen. Auch Hegel unterscheidet in seiner Ästhetik zwischen diesen beiden Künsten, aber er schätzt glaube ich die Dichtkunst höher als die Redekunst (sofern ich mich richtig erinnere). Die Begründung warum er das macht , kann ich hier jetzt nicht liefern. Bei Kant dagegen zählt vor allem meist nur die Dichtkunst (in seiner Kritik der Urteilskraft)
Ich habe eine Verständnisfrage . verstehst du Rhetorik so, dass die Rhetorik die Form ist und der Inhalt die Poesie selbst, so dass die Rhetorik quasi die äußere Form eines poetischen Inhaltes ist? Das ist mir noch nicht ganz klar.
Bei Cicero ist es z.B. so, wenn man die Unterscheidung Form /Inhalt aufgreift, dass die Rhetorik die Form betrifft, während der Inhalt die Philosophie ist. Cicero argumentiert für eine Einheit von Rhetorik und Philosophie und die Rhetorik soll dabei den philosophischen Inhalt transportieren. Das gleiche könnte man im Verhältnis zur Poesie sagen, die Rhetorik hätte dann die Aufgabe die poetischen Inhalte wirkungsvoll zu transportieren an ein Publikum. Ich denke die Rhetorik wurde von europäischen Dichtern auch deswegen für ihre Dichtungen gebraucht wie man bei Ovid, Seneca, Euripides u. a. sehen kann (man lese nur deren Texte, die durch und durch rhetorisch stilisiert sind an vielen Stellen). Es gibt aber auch Dichter die auf rhetorische Stilmittel verzichtet haben. Mir hat übrigens das Bild vom Rohdiamanten dazu sehr gefallen und leuchtet mir ein. Nietzsche hat beispielsweise seinen Zarathustra als einen Diamanten gesehen. Man kann natürlich auch die Beziehung der Rhetorik zu anderen Künsten reflektieren , wie der Musik oder der Malerie (und von einer Rhetorik des Bildes sprechen wie Roland Barthes das tut). Es sind vor allem die ästhetischen Reflexionen die hier interessant sind. Nur hat Heidegger , um auf diesen zurückzukommen, die Kunst der Rhetorik nicht weiter eingehend reflektiert hinsichtlich ihres Kunstcharakters (also nicht wie das Hegel oder Nietzsche tat in ihrem Denken). Heidegger kommt nur auf die Rhetorik zu sprechen, wenn er Platon Phaidros liest oder die aristotelische Rhetorik interpretiert. In Bezug auf seine Lektüre des Phaidros ,sagt Heidegger (Band 83 der Gesamtausgabe, S.338), dass man die Rhetorik als "Führen der Seele" verstehen muss (denn für Platon ist die Rhetorik psychagogia-Seelenführung). Diese Seelenführung erfolgt anhand der "Methode des Philosophierens", die er hier mit der dialektisch-rhetorischen Technik /techne gleichsetzt (Platon hat ja Dialektik und Rhetorik gleichgesetzt im Phaidros). Mir scheint, dass Heidegger hier die platonische Vorstellung übernimmt und die Aufgabe des philosophischen Redners es ist, seine Hörer zum "wahren Sachverhalt" zu führen. Das "Wesen der Rede" (a.a.O.,S.332) so nennt er es, ist ein Führen von Hörern mittels von Reden /Sprache. Es ist die Aufgabe des Philosophen als philosophischen Redner mittels der dialektischen Redetechnik (als "Methode des Philosophierens") seine Hörer zum Wahren bzw. zur "Sache selbst" /"zum Seienden selbst" zu führen. In diesem Sinne scheint mir Heidegger die platonische Rhetorikauffassung aus dem Phaidros zu übernehmen und in diesem Sinne Platoniker zu sein. Er stellt diese Auffassung aus dem Phaidros nicht in Frage, Ich wollte das ganze mal näher vor Augen führen wie Heidegger das sieht, indem ich auf seine Phaidros -Lektüre aus dem Band 83 der Gesamtausgabe hier mal kurz näher eingegangen bin, um zu verdeutlichen was für Heidegger Rhetorik sein kann und worin ihr "Wesen" genau besteht. Kurz: die Frage , was für einen Begriff von Rhetorik Heidegger hat, lässt sich nur anhand seiner Interpretationen zu Platon und Aristoteles gut zeigen. In anderen philosophischen Kontexten kommt er auf die Rhetorik sonst nicht zu sprechen, sofern ich das überblicken kann.
Man verzeihe mir die Länge dieses Beitrages, aber ich musste an dieser Stelle mal etwas ausführlicher sein, kann mich aber gern wieder kürzer fassen Das war sozusagen der "Sache selbst" geschuldet. Ich hoffe, dass ich damit etwas weiterhelfen und einige Fragen dadurch vielleicht etwas auch klären konnte ;-)
Ich habe eine Verständnisfrage . verstehst du Rhetorik so, dass die Rhetorik die Form ist und der Inhalt die Poesie selbst, so dass die Rhetorik quasi die äußere Form eines poetischen Inhaltes ist? Das ist mir noch nicht ganz klar.
Bei Cicero ist es z.B. so, wenn man die Unterscheidung Form /Inhalt aufgreift, dass die Rhetorik die Form betrifft, während der Inhalt die Philosophie ist. Cicero argumentiert für eine Einheit von Rhetorik und Philosophie und die Rhetorik soll dabei den philosophischen Inhalt transportieren. Das gleiche könnte man im Verhältnis zur Poesie sagen, die Rhetorik hätte dann die Aufgabe die poetischen Inhalte wirkungsvoll zu transportieren an ein Publikum. Ich denke die Rhetorik wurde von europäischen Dichtern auch deswegen für ihre Dichtungen gebraucht wie man bei Ovid, Seneca, Euripides u. a. sehen kann (man lese nur deren Texte, die durch und durch rhetorisch stilisiert sind an vielen Stellen). Es gibt aber auch Dichter die auf rhetorische Stilmittel verzichtet haben. Mir hat übrigens das Bild vom Rohdiamanten dazu sehr gefallen und leuchtet mir ein. Nietzsche hat beispielsweise seinen Zarathustra als einen Diamanten gesehen. Man kann natürlich auch die Beziehung der Rhetorik zu anderen Künsten reflektieren , wie der Musik oder der Malerie (und von einer Rhetorik des Bildes sprechen wie Roland Barthes das tut). Es sind vor allem die ästhetischen Reflexionen die hier interessant sind. Nur hat Heidegger , um auf diesen zurückzukommen, die Kunst der Rhetorik nicht weiter eingehend reflektiert hinsichtlich ihres Kunstcharakters (also nicht wie das Hegel oder Nietzsche tat in ihrem Denken). Heidegger kommt nur auf die Rhetorik zu sprechen, wenn er Platon Phaidros liest oder die aristotelische Rhetorik interpretiert. In Bezug auf seine Lektüre des Phaidros ,sagt Heidegger (Band 83 der Gesamtausgabe, S.338), dass man die Rhetorik als "Führen der Seele" verstehen muss (denn für Platon ist die Rhetorik psychagogia-Seelenführung). Diese Seelenführung erfolgt anhand der "Methode des Philosophierens", die er hier mit der dialektisch-rhetorischen Technik /techne gleichsetzt (Platon hat ja Dialektik und Rhetorik gleichgesetzt im Phaidros). Mir scheint, dass Heidegger hier die platonische Vorstellung übernimmt und die Aufgabe des philosophischen Redners es ist, seine Hörer zum "wahren Sachverhalt" zu führen. Das "Wesen der Rede" (a.a.O.,S.332) so nennt er es, ist ein Führen von Hörern mittels von Reden /Sprache. Es ist die Aufgabe des Philosophen als philosophischen Redner mittels der dialektischen Redetechnik (als "Methode des Philosophierens") seine Hörer zum Wahren bzw. zur "Sache selbst" /"zum Seienden selbst" zu führen. In diesem Sinne scheint mir Heidegger die platonische Rhetorikauffassung aus dem Phaidros zu übernehmen und in diesem Sinne Platoniker zu sein. Er stellt diese Auffassung aus dem Phaidros nicht in Frage, Ich wollte das ganze mal näher vor Augen führen wie Heidegger das sieht, indem ich auf seine Phaidros -Lektüre aus dem Band 83 der Gesamtausgabe hier mal kurz näher eingegangen bin, um zu verdeutlichen was für Heidegger Rhetorik sein kann und worin ihr "Wesen" genau besteht. Kurz: die Frage , was für einen Begriff von Rhetorik Heidegger hat, lässt sich nur anhand seiner Interpretationen zu Platon und Aristoteles gut zeigen. In anderen philosophischen Kontexten kommt er auf die Rhetorik sonst nicht zu sprechen, sofern ich das überblicken kann.
Man verzeihe mir die Länge dieses Beitrages, aber ich musste an dieser Stelle mal etwas ausführlicher sein, kann mich aber gern wieder kürzer fassen Das war sozusagen der "Sache selbst" geschuldet. Ich hoffe, dass ich damit etwas weiterhelfen und einige Fragen dadurch vielleicht etwas auch klären konnte ;-)
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