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Heidegger und die Rhetorik

@Ellemaus: Ja das habe ich mir ja gedacht, dass das Zitat Nietzsche galt, weil sich Thomas Mann mit Nietzsche eben beschäftigte. Ich weiß aber nicht, ob Thomas Mann sich auch mit Heidegger beschäftigte und was er von dessen Sprache gehalten hat. Nietzsche konnte jedenfalls sehr feinfühlig mit der Sprache umgehen und hatte rhetorisches Talent auch (man lese nur seinen Zarathustra oder seine Vorlesungen zur antiken Rhetorik, die er als klassischer Philologe hielt).

Heidegger hat sich ja nicht nur mit Nietzsche beschäftigt, sondern mit Hegel, Kant und anderen philosophischen Klassikern. Wobei mir nicht ganz klar ist, inwiefern Heideggers Termini wie Angst bzw. Sorge im Widerspruch zu Nietzsches/Wittgensteins Verhältnis zur Sprache stehen. Was alle drei Denker verbindet ist, dass sie ja philosophisch die Sprache reflektieren. Nietzsche und Heidegger tun dies aber auch aus der Beschäftigung mit der antiken Rhetorik heraus , was bei Wittgenstein nicht zu finden ist. Nietzsche und Heidegger waren sprachgewaltige Philosophen und zwar deshalb, weil sie sich auch mit Rhetorik philosophisch beschäftigen. Das ist - wenn man so will- meine These hier. Und ich glaube man kann gerade in Bezug auf ersteren -also Nietzsche- sagen, dass dessen philosophische Wirkung auch mit seiner kraftvollen Sprache zusammenhängt. Hans Blumenberg hat einmal in Bezug auf Nietzsche gesagt, dass dessen Philosophie von ihrem innersten Wesen her Rhetorik ist (so sinngemäß das Zitat von Blumenberg). Das Nietzsche die Sprache mit der Rhetorik gleichsetzt hängt natürlich damit zusammen, dass er sich eben intensiv mit antiker Rhetorik beschäftigte.

Es gibt übrigens auch bei Hegel eine Beschäftigung mit der Rhetorik , nämlich in seiner Ästhetik ;-) Während Kant leider das unsinnige Urteil über die Rhetorik fiel, dass es sich bei dieser um eine "hinterlistige Kunst" handle, die keiner "Achtung" würdig sei usw.., was ich persönlich für ein Fehlurteil bei Kant finde (er sagt das übrigens in der Kritik der Urteilskraft). Kant hat vermutlich nicht die Rhetorik des Aristoteles gelesen oder Platons Phaidros. Für Aristoteles war die Rhetorik eben keine "hinterlistige" Kunst, sondern nützlich in Bezug auf das Wahre und Gerechte. Heidegger und Nietzsche haben übrigens auch über die aristotelische Rhetorik gearbeitet und dort philosophische Inspiration gefunden, würde ich sagen.

Zur Rezeption der aristotelischen Rhetorik bei Heidegger empfehle ich zur Lektüre die Vorlesung "Grundbegriffe der aristotelischen Philosophie" und bei Nietzsche dessen Übersetzung der aristotelischen Rhetorik (zu finden in den Vorlesungsmitschriften). Dort kann man das alles in Ruhe nachlesen.... :)

Ich denke "gute" Rhetorik kann schon jemand sprachlich berühren, mich haben Philosophen wie Nietzsche eben auch sprachlich berührt und so muss "gute Philosophie" auch sein ;-)

Nietzsche und Rhetorik sah ich so noch nie. Guter Einschub!
Wittgenstein und Heidegger ging es um Sprache und Denken aus den Werken heraus vor allem mit Nietzsche 'als Antrieb', davon bin ich überzeugt.
Weshalb machte dann Heidegger eine Kehre, wenn er so eine Tiefe angeblich besaß? Bei Heidegger klar zu erkennen in 'SuZ' mit seinen neuen Wortschöpfungen. Wozu dieser Aufwand?
Mir persönlich hat Heidegger nichts gegeben, eher Ratlosigkeit, obwohl ich im Internet in einem Forum ca. 1/2 Jahr lang über Heideggers Werk 'SuZ' intensiv diskutiert habe.
Aber ich warte mal ab, wie sich hier alles entwickeln wird. Man lernt ja nie aus. Was Kant da schrieb über Rhetorik sehe ich ebenso.
 
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@EarlGrey: Die Rhetorik ist ja die Kunst der Rede, bei Aristoteles und Platon eine techne (techne= Kunst). Daneben geben gibt es andere technai = Künste , wie die Kunst der Medizin. Jede Kunst kann man auch mißbrauchen , und die Rhetorik kann sich natürlich auch zu negativen Zwecken mißbrauchen lassen (an sich ist aber die Rhetorik wertneutral- kann also für positive als auch negative Dinge gebraucht werden). Die Rhetorik ist ja die Kunst des Redens mit anderen , um sie ggf. auch (positiv) zu beeinflussen im Miteinandersein. Sie ist aber kein Gespräch wie die Dialektik (als Gespräch der Seele mit sich selbst wie bei Platon). Sondern die Rhetorik bzw. ein Redner wendet sich meist an mehrere und nicht an eine Einzelperson unbedingt.
 
@Nur kurz jetzt: Kants Urteil über die Rhetorik wurde ja von Nietzsche auch kritisiert. Und ich denke man kann sagen Nietzsches Wirken ist ohne seine Studien der Rhetorik nicht zu erklären. Ich habe allerdings den Eindruck, dass sich Heidegger sehr ausführlich mit Nietzsche und dessen Rhetorikvorstellung beschäftigt hat. Allerdings findet man mehr in den Vorlesungen dazu als in SuZ.
 
@Nur kurz jetzt: Kants Urteil über die Rhetorik wurde ja von Nietzsche auch kritisiert. Und ich denke man kann sagen Nietzsches Wirken ist ohne seine Studien der Rhetorik nicht zu erklären. Ich habe allerdings den Eindruck, dass sich Heidegger sehr ausführlich mit Nietzsche und dessen Rhetorikvorstellung beschäftigt hat. Allerdings findet man mehr in den Vorlesungen dazu als in SuZ.

Kannst du dazu noch ein Zitat dazu reinstellen?

Nietzsche kritisierte ja viel. Und Nietzsche war ja auch Philologe eine zeitlang.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nietzsche war in allererster Linie ein Poet. Sein Wille zur Macht zielte primär auf die Poesie als Wille zur Kunst. Selbst die Lüge war ihm - weil kreativer akt der Schöpfung - - heiliger wie jegliche -technische - Objektivität. Heidegger kam ihm da sehr entgegen. Lesenswert in diesen zusammenhang sind seine "Bremer Vorträge" wo er Das Wesen der Kunst dem Wesen der Technik als notwendiges und zukunftsträchtiges Paradigma entgegen stellte. Hier mal eine schöne Arbeit wo Nietzsche und Heidegger (wie auch Schlegel) in ihrem Verhältnis zur Kunst nebeneinander gestellt werden. http://hss.ulb.uni-bonn.de/2000/0219/0219.pdf
 
@Ellemaus: Meinst du ein Zitat von Kant oder Nietzsche? Bei Kant heißt es beispielweise in §53 oder (§63) der KdU (in einer Fussnote dazu):

“Ich muß gestehen: daß ein schönes Gedicht mir immer ein reines Vergnügen gemacht hat, anstatt daß die Lesung der besten Rede eines römischen Volks- oder jetzigen Parlaments- oder Kanzelredners jederzeit mit dem unangenehmen Gefühl der Mißbilligung einer hinterlistigen Kunst vermengt war, welche die Menschen als Maschinen in wichtigen Dingen zu einem Urteile zu bewegen versteht, das im ruhigen Nachdenken alles Gewicht bei ihnen verlieren muß.

Beredtheit und Wohlredenheit (zusammen Rhetorik) gehören zur schönen Kunst; aber Rednerkunst (ars oratoria) ist, als Kunst sich der Schwächen der Menschen zu seinen Absichten zu bedienen (diese mögen immer so gut gemeint, oder auch wirklich gut sein, als sie wollen), gar keiner Achtung würdig. Auch erhob sie sich nur, sowohl in Athen als in Rom, zur höchsten Stufe zu einer Zeit, da der Staat seinem Verderben zueilte und wahre patriotische Denkungsart erloschen war.

Wer, bei klarer Einsicht in Sachen, die Sprache nach deren Reichtum und Reinigkeit in seiner Gewalt hat, und, bei einer fruchtbaren zur Darstellung seiner Ideen tüchtigen Einbildungskraft, lebhaften Herzensanteil am wahren Guten nimmt, ist der vir bonus dicendi peritus, der Redner ohne Kunst, aber voll Nachdruck, wie ihn Cicero haben will, ohne doch diesem Ideal selbst immer treu geblieben zu sein.”
 
Bei Nietzsche weiß ich, wo man das ungefähr nachlesen kann, nämlich hier:

Werke : kritische Gesamtausgabe. 2,4. Vorlesungsaufzeichnungen (WS 1871/72 - WS 1874/75), herausgegeben von De Gruyter

Dort sind auch seine Vorlesungen zur antiken Rhetorik gehalten und dort geht er irgendwo in einer Einleitung aufs Kants Kritik der Rhetorik (aus der KdU) ein. ich habe jetzt aber nicht den Wortlaut im Kopf und müsste da ggf. nochmal nachschlagen.
 
@EarlGrey : Ich würde sagen , dass Nietzsche zwar vor allem Dichter war (siehe seinen Zarathustra), er allerdings ein sehr rhetorischer Dichter war und bei ihm Rhetorik und Poetik zusammengehen (man lesen nur die Reden Zarathustras, also Zarathustra als Redner, ich denke das ist so bewusst so formuliert worden von ihm ). Für Nietzsche ist die Kunst im Grunde alles und eine "ästhetische Rechtfertigung des Daseins" (wie es bei ihm heißt). Zur Kunst gehört bei ihm auch die Redekunst als Sprachkunst. Er hat sich mal von einem gewissen Gerber in seiner Zeit als Philologe "Die Sprache als Kunst" ausgeliehen, und zwar in der Zeit wo er die Vorlesungen zur antiken Rhetorik hielt. Es ist daher für mich kein Zufall, dass er dann auch zur Gleichsetzung von Sprache und Rhetorik kommt. Es gibt auch einen Band dazu der heißt ungefähr "Nietzsche oder die Sprache ist Rhetorik" (von Kopperschmidt 1994/2000). Nietzsches Ästhetik (und Poetik) ist somit von der Rhetorik als Kunst der Rede geprägt. Nietzsche und Heidegger haben beide sich sehr mit Kunst beschäftigt und Heidegger geht in seinem Nietzsche -Buch auch auf dessen Kunstvorstellung ein, wobei soweit ich mich erinnere dort nicht auf Nietzsches Rhetorikvorstellung eingeht. Das macht er eher in seiner Vorlesung "Grundbegriffe der aristotelischen Philosophie", wo er auf Nietzsches Vorlesung über die Beredtsamkeit der Griechen am Rande eingeht. Auch in Band 83 wird Nietzsches Rhetorivorstellung am Rande berührt. Sonst hat sich Heidegger, wenn er sich mit der Kunst beschäftigte, mit allen anderen Künsten auseinandergesetzt, nur nicht unbedingt mit der Rede-Kunst.

Ich danke dir übrigens für den Link. Diese Gegenüberstellung der drei Denker finde ich interessant und kannte ich davor so noch nicht. Soweit ich weiß hat aber auch Friedrich Schlegel in seinen Vorlesungen zur antiken Rhetorik geäußert. Schlegel und Nietzsche haben eine gewisse Affinität zur Rhetorik, die auch bei Heidegger da ist, aber nicht wie mir scheint in gleicher Weise wie bei den beiden erst genannten. Alle drei haben sich aber in ihrem Werk zur Rhetorik geäußert.
 
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Singend und tanzend äussert sich der Mensch als Mitglied einer höheren Gemeinsamkeit: er hat das Gehen und das Sprechen verlernt und ist auf dem Wege, tanzend in die Lüfte emporzufliegen. Aus seinen Gebärden spricht die Verzauberung. Wie jetzt die Thiere reden, und die Erde Milch und Honig giebt, so tönt auch aus ihm etwas Uebernatürliches: als Gott fühlt er sich, er selbst wandelt jetzt so verzückt und erhoben, wie er die Götter im Traume wandeln sah. Der Mensch ist nicht mehr Künstler, er ist Kunstwerk geworden: die Kunstgewalt der ganzen Natur, zur höchsten Wonnebefriedigung des Ur-Einen, offenbart sich hier unter den Schauern des Rausches. Der edelste Thon, der kostbarste Marmor wird hier geknetet und behauen, der Mensch, und zu den Meisselschlägen des dionysischen Weltenkünstlers tönt der eleusinische Mysterienruf: „Ihr stürzt nieder, Millionen? Ahnest du den Schöpfer, Welt?
nietzsche griechische tragödie

heidegger differenzierte zwischen dem wesen der technik und dem wesen der kunst...
... das Wesen der Technik hat nichts technisches an sich...

das wesen der technik beschreibt heidegger mit "das Ge-stell" im sinne von Stall Be-stallung.. Verdinglichung der Natur und der Welt

bremer vorträge http://www.philosophie.uni-wupperta...narmaterialien/Trawny/Heideggers_Ge-Stell.pdf
um heideggers verhältnis zur rhetorik zu verstehen sollte man ergründen wie es um sie "be-stellt" ist . ist sie eher als eine art technik des redens zu verstehen oder als kunst des ausdruckes...

http://petradoom.stormpages.com/hei_tech.html
 
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